L 3 U 47/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 281/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 47/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 01.12.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung und die Entschädigung des Ski-Unfalls des Klägers vom 24.01.1997 nach § 2 Abs.1 Nr.8a SGB VII streitig.

Der am 1991 geborene Kläger, der seinerzeit den Kindergarten S. , R. , des Orts-Caritasverbandes R. eV besuchte, hat am 24.01.1997 als Teilnehmer eines Ski-Kurses einen Unfall erlitten, als er beim Aussteigen vom Ski-Lift stürzte und sich dabei eine Tibia-Fraktur links zuzog. Der Ski-Kurs wurde von der Ski-Schule P. H. während der Kindergartenzeit vom 20.01. bis 24.01.1997 durchgeführt. Die Teilnahme am Ski-Kurs war freigestellt.

Die Beklagte hat zur Aufklärung des Sachverhalts die Kindergartenleiterin Frau S. F. sowie den Vorsitzenden des Ortscaritasverbandes R. B. G. über die Einzelumstände des von den Elternbeiräten der Kindergärten St.Anna und St.Josef organisierten Ski-Kurses befragt.

Mit Schreiben vom 21.05.1998 beantragte der Kläger Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 27.05.1998 die Anerkennung und Entschädigung des Unfalls des Klägers als Kindergartenunfall nach § 2 Abs.1 Nr.8a SGB VII abgelehnt: Der Ski-Kurs sei vom Kinderelternbeirat, jedoch nicht vom Kindergarten selbst organisiert worden.

Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es habe sich bei dem Ski-Kurs um eine Veranstaltung des Kindergartens St.Anna in R. gehandelt, weil die Anmeldung über den Kindergarten erfolgt sei und Personal des Kindergartens für die Beaufsichtigung der Kinder anwesend gewesen sei. Es sei keinerlei Aufklärung der Eltern bzgl. eines eventuell nicht bestehenden gesetzlichen Versicherungsschutzes erfolgt etc. (Schreiben des Klägers vom 20.07.1998).

Die Beklagte führte daraufhin weitere Ermittlungen beim Ortscaritasverband R. durch (Schreiben des Vorsitzenden G. vom 02.10.1998).

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.1998 hat sodann die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen: Es habe sich um eine Veranstaltung der Ski-Schule P. H. gehandelt. Bei dem am 16.01.1997 durchgeführten Informationsabend im Kindergarten St.Josef sei unter anderem ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass kein Unfallversicherungsschutz bestehe und somit die Eltern für entsprechenden Versicherungsschutz selbst sorgen müssten.

Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Landshut Klage erhoben und weiterhin die Anerkennung des Unfalls vom 24.01.1997 als entschädigungspflichtigen Kindergartenunfall begehrt.

Das Sozialgericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts am 30.11. 1999 den Vorsitzenden des Ortscaritasverbandes R. B. G. und die damalige Kindergartenleiterin im Kindergarten St.Anna, Frau S. W. , vormalig F. , als Zeugen einvernommen. Wegen des Inhalts der Zeugenaussagen wird auf die Niederschrift vom 30.11.1999 verwiesen. Hierzu haben sich die Beteiligten nachfolgend schriftsätzlich geäußert. Das Gericht veranlasste sodann eine nochmalige Befragung des Zeugen B. G. , der hierzu mit Schreiben vom 16.10.2000 zu den Einzelheiten des Ablaufs dieser Veranstaltung Stellung genommen hat. Danach sei der im Kindergarten St.Josef durchgeführte Informationsabend von dem Inhaber der Ski-Schule Herrn H. durchgeführt worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 01.12.2000 wurde zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts auch der vorgenannte Inhaber der Ski-Schule P. H. als Zeuge einvernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Zeugenaussage wird auf die Niederschrift vom 01.12.2000 verwiesen.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht zuletzt beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, seinen Unfall vom 24.01.1997 als versicherten Unfall anzuerkennen und nach den gesetzlichen Bestimmungen zu entschädigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 01.12.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Der Kläger habe bei dem Ski-Unfall vom 24.01.1997 nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden (§ 2 Abs.1 Nr.8a SGB VII). Nach Auswertung aller vorliegenden Einzelheiten, insbesondere unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme, sei davon auszugehen, dass sich der Unfall nicht im Rahmen einer Veranstaltung des Kindergartens St.Anna, in dessen organisatorischem Verantwortungsbereich, sondern in dem der Ski-Schule H. ereignet habe.

Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung wird das Begehren des Klägers auf Anerkennung und Entschädigung seines Ski-Unfalls als versicherter Kindergartenunfall weiter verfolgt. Er macht geltend, dass das Sozialgericht unzutreffenderweise davon ausgegangen sei, dass es sich bei dem Ski-Kurs nicht um eine Veranstaltung des Kindergartens gehandelt habe und mithin Unfallversicherungsschutz für Kinder gemäß § 2 Abs.1 Nr.8a SGB VII nicht gegeben sei. Bei dem Ski-Kurs vom 20.01. bis zum 24.01.1997 habe es sich um eine Veranstaltung der Kindergärten St.Josef und St.Anna, die beide der Trägerschaft des Ortsverbandes der Caritas R. unterliegen, gehandelt. Die Kindergärten beauftragten die Ski-Schule H. mit der Durchführung des Ski-Kurses, die Organisation sei in Zusammenarbeit der Kindergärten mit dem Elternbeirat erfolgt. Er verwies auch auf die Rechtsprechung bezüglich Versicherungsschutz auf Schulausflügen und Schulreisen. Der Versicherungsschutz müsse sich auch danach beurteilen, ob die Eltern und Kindergartenkinder im Zeitpunkt der Durchführung der Veranstaltung davon ausgehen konnten, dass es sich um eine organisatorisch von dem Kindergarten als Kindergartenveranstaltung getragene Unternehmung handelt. Wenn dies der Fall sei, sei es sogar unschädlich, wenn eine Veranstaltung von der Schulaufsichtsbehörde nicht genehmigt wurde (vgl. BSGE 48, 1 ff., Urteil vom 25.01.1979 - 8a RU 54/78). Nach dem Gesamtbild der Veranstaltung habe es sich vorliegend um eine Kindergartenveranstaltung gehandelt. Er beruft sich zur Begründung der Berufung weiterhin auf die bereits vorgelegte Stellungnahme des Vorsitzenden des Ortscaritasverbandes R. vom 02.04.1998 an die Beklagte, wonach der Fall von der Kindergartenleiterin als irrtümlich dargestellt worden zu sein scheint.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 01.12.2000 und des Bescheides vom 27.05.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.1998 zu verurteilen, seinen Unfall vom 24.01. 1997 nach den gesetzlichen Bestimmungen zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil zutreffend sei.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Sozialgericht hat mit Recht die Klage abgewiesen. Denn der Kläger hat am 24.01.1997 keinen von der Beklagten zu entschädigenden Unfall erlitten, weil er bei seinem Sturz am Ski-Lift nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 2 Abs.1 Nr.8a SGB VII stand. Zu dieser Auffassung ist das Sozialgericht folgerichtig unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung zum "Schulunfall", der darin aufgestellten Grundsätze und deren Übertragung auf den Bereich von Kindergarten-Veranstaltungen und unter Würdigung des Ergebnisses der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme gelangt. Der Senat schließt sich dieser Auffassung in vollem Umfang an und nimmt zur weiteren Begründung auf die Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs.2 SGG ergänzend Bezug.

Das Berufungsvorbringen des Klägers enthält demgegenüber nichts, was geeignet wäre, eine andere Entscheidung zu begründen. Soweit darin insbesondere herausgestellt wird, dass sich aus der Sicht der beteiligten Eltern der Kindergartenkinder - so auch der Eltern des Klägers - die Veranstaltung, d.h. Durchführung des Ski-Kurses so dargestellt habe, dass diese selbstverständlich davon ausgegangen seien, dass es sich bei der Veranstaltung um eine solche des Kindergartens gehandelt habe und nicht um eine private Veranstaltung der Ski-Schule H. - offensichtlich habe diese Auffassung ursprünglich auch der Ortscaritasverband R. geteilt (vgl. Stellungnahme seines Vorsitzenden vom 02.04.1998) -, so kann auch diese Argumentation letztlich Versicherungsschutz nicht begründen. Insoweit verweist die Beklagte zutreffend auf das Urteil des 3. Senats vom 21.10.1997 - L 3 U 119/96 (Unfall eines Gymnasiasten auf der Fahrt zu einem abendlichen Konzertbesuch - Percussionskonzert), in dem ebenfalls Versicherungsschutz verneint worden ist. Denn darin ist davon ausgegangen worden, dass es sich bei dieser Veranstaltung nicht um eine organisatorisch von der Schule getragene Unternehmung gehandelt habe. In dem vorgenannten Fall war ebenfalls von der Klagepartei geltend gemacht worden, dass der dortige Kläger nach dem Gesamtbild der Veranstaltung davon ausgegangen sei, dass es sich bei dem Konzertbesuch um eine solche organisatorisch von der Schule getragene Veranstaltung gehandelt habe. Diese subjektive Sicht allein rechtfertigt, wie im Urteil vom 21.10.1997 im Einzelnen dargelegt, noch nicht die Annahme einer versicherten Schulveranstaltung im weitesten Sinn (vgl. hierzu u.a. BSGE 44, 96 ff.). Denn dabei ist auf objektive, dem Organisations- und Verantwortungsbereich der Schule - bzw. im vorliegenden Fall des Kindergartens - zurechenbare Faktoren abzustellen (vgl. Beispiele auf Seite 7 des vorgenannten Urteils des LSG vom 21.10.1997). Allein Hinweise auf die Möglichkeit der Teilnahme an dem Ski-Kurs, vermittelt über den Kindergartenbeirat, auch die freiwillige Betreuung durch Mitglieder und anderes, begründen Versicherungsschutz noch nicht. Denn dabei kann noch nicht davon ausgegangen werden, dass hierdurch eine Bezugnahme auf den Kindergarten als organisatorische Einheit oder Institution stattgefunden hat.

Die bisher in der Rechtsprechung zum Schulunfall aufgestellten Grundsätze werden auch in der BSG-Rechtsprechung (vgl.z.B. zuletzt Urteil vom 26.06.2001 - B 2 U 31/00R -) ersichtlich aufrecht erhalten, wonach keine Veranlassung gesehen wurde, die bisherige Rechtssprechung aufzugeben oder zu modifizieren. Danach ist ein Unfall nicht als Schülerunfall zu entschädigen, der sich nicht während des Schulbesuchs oder sonst innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereichs der Schule, sondern im Rahmen eines Trainings einer vom Schulwesen unabhängigen Sportorganisation ereignet hat. Entsprechendes gilt für den vorliegenden Fall, wonach - unter Berücksichtigung des vorliegenden Beweisergebnisses - nicht gefolgert werden kann, dass es sich um einen "Kindergarten-Unfall" im Sinne der vorgenannten Vorschrift gehandelt hat.

Nach allem konnte daher die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, sie ist unbegründet und daher zurückzuweisen gewesen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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