L 3 U 59/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 277/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 59/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 26.01.2001 wird die Verhängung von Mutwillenskosten in Ziffer II des Tenors aufgehoben. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

In der Sache streiten die Beteiligten über die Höhe der MdE wegen eines Arbeitsunfalles des Klägers am 05.07.1997. Die Beklagte hatte ihm deswegen trotz eines zwischenzeitlich gestellten Verschlimmerungantrages mit Bescheiden vom 11.03.1999 hinsichtlich der vorläufigen Rente und vom 11.05.2000 hinsichtlich der Dauerrente lediglich eine MdE um 10 v.H. zugebilligt und - vor dem Hintergrund des Bezuges zweier weiterer Unfallrenten - Stützrente gewährt.

Im daraufhin eingeleiteten Verfahren vor dem Sozialgericht Regensburg hat das Erstgericht nach Beiziehung diverser medizinischer Unterlagen zunächst den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. und sodann auf den Antrag des Klägers hin den Arzt für Orthopädie Prof. Dr. P. jeweils mit der Erstellung eines medizinischen Gutachtens beauftragt. Beide Sachverständigen sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass die durch den streitgegenständlichen Unfall bedingte MdE lediglich 10 v.H. betrage; für die Einzelheiten wird insoweit auf die Ausführungen der Sachverständigen, die sich in den Akten des Erstgerichts befinden, Bezug genommen.

Mit Urteil vom 26.01.2001 hat das Sozialgericht, gestützt auf die genannten Gutachten, die Klage abgewiesen und den Kläger darüber hinaus verpflichtet, DM 1.200,00 an Mutwillenskosten an die Staatskasse zu zahlen. Weder in der Niederschrift vom 26.01.2001 noch im Tatbestand des angefochtenen Urteils findet sich jedoch ein Anhalt dafür, dass dem Kläger zuvor von der Möglichkeit einer Verhängung von Mutwillenskosten Mitteilung gemacht worden wäre. Im einzelnen wird insoweit auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Zur Begründung hat er im wesentlichen vorgetragen, die Beklagte habe die Unfallfolgen nur unvollständig anerkennt; außerdem sei die Annahme des Erstgerichts, dass die Gesundheitsstörungen, auf denen die Beeinträchtigung des Befindens des Klägers beruhe, degenerativer und nicht unfallbedingter Herkunft seien, unzutreffend; dies lasse sich schon daran erkennen, dass die Beschwerden des Klägers gerade mit dem hier umstrittenen Unfall erheblich zugenommen hätten; dies werde eine erneute Beweisaufnahme bestätigen. Zu der Kostenentscheidung müsse gesagt werden, dass Mutwillenskosten überhaupt nicht angekündigt worden seien.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung der entgegenstehenden Vorentscheidungen zu verurteilen, dem Kläger eine MdE um 20 v.H. zuzubilligen und entsprechende Verletztenrente zu bezahlen und die Kostenentscheidung des Erstgericht zu korrigieren.

Demgegenüber beantragt die Beklagte, die Berufung zurückzuweisen.

Im Erörterungstermin am 06.11.2001 haben die Beteiligten schließlich beantragt, den Rechtsstreit als streitige Verhandlung fortzu- setzen und gemäß gemäß § 155 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist in der Sache unbegründet. Dem Kläger steht für den hier gegenständlichen Unfall eine höhere MdE als um 10 v.H. nicht zu. Dies ergibt sich aus den im Verfahren I. Instanz eingeholten ärztlichen Gutachten, in denen insbesondere die unfallbedingten Gesundheitsstörungen übereinstimmend in einer Weise beschrieben sind, die eine Anhebung der MdE dafür auf 20 v.H. nicht rechtfertigt. Insoweit kann auf die Darstellung in den Gründen des Ersturteils Bezug genommen werden. Auch der Anregung des Berufungsklägers, die von ihm im Gegensatz zu den in I. Instanz gehörten Sachverständigen als weitere Unfallfolgen angesehenen Gesundheitsstörungen erneut durch ein medizinisches Sachverständigengutachten überprüfen zu lassen, ist nach der Überzeugung des Berufungsgerichts nicht Folge zu leisten. Denn die insoweit vom Berufungskläger vorgetragenen Gedankengänge sind bereits in den vom Erstgericht eingeholten Sachverständigengutachten ausreichend berücksichtigt worden und zur Überzeugung des Berufungsgerichts zutreffend in der geschehenen Weise gewürdigt worden.

Was jedoch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits angeht, so ist das Rechtsmittel des Klägers erfolgreich. Denn der Kläger hat keine Mutwillenskosten im Sinne des § 192 SGG zu tragen; die hierfür zu fordernden Voraussetzungen sind nicht gegeben. Denn ihm kann weder Irreführung des Gerichts, noch Verschleppung noch Mutwillen im engeren Sinne vorgeworfen werden. Irreführung und Verschleppung des Verfahrens scheiden offensichtlich aus.

Auch die Voraussetzungen für Mutwillen im engeren Sinne lassen sich hier jedoch nicht bejahen. Das Erstgericht hat dazu in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Klagepartei habe trotz der offensichtlichen Aussichtslosigkeit des Verfahrens seine Weiterführung bis zum Urteil betrieben. Ob dies bereits zur Annahme der Mutwilligkeit im Sinne des § 192 SGG genügt, kann hier dahingestellt bleiben. Nicht jede Fortsetzung eines Rechtsstreits, welche geschieht, obwohl die Klagepartei damit rechnen muss, zu unterliegen, ist schon deshalb mutwillig in dem hier maßgebenden Sinne. Denn es muss auch berücksichtigt werden, dass es ein legitimes Anliegen sein kann, Rechtsmittel einlegen zu wollen; es ist auch schon vorgekommen, dass ein in I. Instanz unterlegener Kläger, dem zugleich Mutwillenskosten aufgebürdet worden waren, im Berufungsverfahren in vollem Umfange obsiegt hat. Unabhängig davon kann Mutwillen in dem hier maßgebenden Sinne jedoch immer erst dann angenommen werden, wenn die des Mutwillens geziehene Partei auf die Absicht des Gerichts, mit der Verhängung besonderer Kosten zu reagieren, ausdrücklich hingewiesen worden ist. Denn dass eine Partei ihr Begehren mutwillig, also wider besseres Wissen, verfolgt, kann erst dann als erwiesen angesehen werden, wenn ihr die Absicht des Gerichts, ihr bei Fortführung des Rechtsstreits Verfahrenskosten aufzuerlegen, klar und deutlich mitgeteilt worden ist; erst wenn die Partei auch dann noch auf einer gerichtlichen Entcheidung besteht, kann überhaupt von Mutwillen in dem hier maßgebenden Sinne gesprochen werden. Denn erst die glaubhafte Androhung von Mutwillenskosten macht es der Prozesspartei möglich, eine auf eine gütliche Beendigung gerichtete nachdrückliche Argumentation durch das Gericht, zu welchem dieses schon von Gesetzes wegen verpflichtet ist (§§ 202 SGG, 279 Abs. 1 Satz 1 ZPO), von der Einschätzung, die Partei verhalte sich mutwillig, zu unterscheiden. Eine glaubhafte Androhung von Mutwillenskosten durch das Erstgericht hat hier jedoch offenbar nicht stattgefunden; weder die Sitzungsniederschrift noch der Tatbestand des angefochtenen Urteils enthalten dafür Hinweise.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 193, 202 SGG, 91 ff ZPO. Ein Grund für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 SGG besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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