Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 13 U 259/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 66/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 10.01.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Gewährung von Verletztengeld und Verletztenrente nach einem Arbeitsunfall.
Der Kläger erlitt in seiner versicherten Tätigkeit am 30.07.1996 einen Auffahrunfall, bei dem ein anderer Verkehrsteilnehmer im stehenden Verkehr versehentlich losfuhr und auf das Heck des vom Kläger gefahrenen Autos prallte. Der Durchgangsarztbericht vom selben Tag diagnostizierte ein HWS-Schleudertrauma mit HWK-5-Vorderkantenabsprengung und Verdacht auf Luxation zwischen HWK 5 und 6. Nach einer stationären Behandlung vom 30.07. bis 14.11.1996 stellte die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau fest, eine neurologische Konsiliaruntersuchung zeige keine umschriebenen pathologischen Veränderungen. Eine durchgeführte kernspintomographische Untersuchung der Halswirbelsäule sei vollständig unauffällig gewesen. Ebenso hätten die durchgeführten radiologischen Untersuchungen der Wirbelsäule bis auf eine Steilstellung keine pathologischen Besonderheiten gezeigt. In einem Bericht über eine Untersuchung am 30.12.1996 teilte die Klinik mit, es bestehe ein Beschwerdebild, das mit den bisher erhobenen Befunden nicht in Einklang gebracht werden könne. Welcher Körperschaden tatsächlich unfallbedingt eingetreten sei, sei noch nicht erwiesen, lediglich die erheblichen Verspannungen der Nacken- und Schultergürtelmuskulatur könnten mit einigem Vorbehalt als Folge des Unfalls angesehen werden. In einem weiteren Untersuchungsbericht zum 16.01.1997 wurde ausgeführt, aus allen mittlerweile vorliegenden Berichten gehe hervor, dass krankhafte Veränderungen oder Residuen von Verletzungen nicht festzustellen seien. Auch nach den entsprechenden Untersuchungen müsse man letztendlich feststellen, dass posttraumatische Veränderungen nicht festgestellt hätten werden können.
Nachdem sich herausstellte, dass der Kläger im Jahre 1992 im Krankenhaus L. eine Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule hatte durchführen lassen, berichtete diese Klinik, dass sich der Kläger am 19.01.1992 vorgestellt habe, nachdem er am Vortag beim Ski fahren gestürzt sei. Er habe u.a. rechts paravertebral im Bereich der Halswirbelsäule Schmerzen angegeben. Aus diesem Grunde seien die Röntgenaufnahmen angefertigt worden. Hierzu stellte die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau in einem Bericht vom 13.05.1997 fest, der Kläger habe vorbestehende Verletzungen der Halswirbelsäule ihnen gegenüber verneint. Auch in anderen Anamnesen hatte der Kläger diesen Unfall nicht wiedergegeben, hingegen eine leichte Gehirnerschütterung nach einem Auffahrunfall im Jahre 1987.
Die Beklagte holte ein Gutachten von Dr.P. , Neurologische Klinik und Klinische Neurophysiologie im Zentralklinikum A. , vom 04.09.1997 ein. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, nach dem beschriebenen Unfallhergang und den geklagten Beschwerden des Probanden sowie dem klinisch-neurologischen Be- fund mit verminderter HWS-Beweglichkeit sei ein HWS-Distorsions- strauma anzunehmen. Es handele sich bei dem linksseitig ausgefallenen Bizepsreflex um einen objektivierbaren neurologischen Befund, der auf eine spinale Läsion im Sinne einer Contusio spinalis hinweise. Anamnestisch lasse sich eine kurzzeitige Amnesie eruieren, eine kurzzeitige Bewusstseinsstörung könne nicht ausgeschlossen werden. Bei fehlendem zentralneurologischem Defizit, regelrechtem EEG-Befund und fehlender morphologischer Läsion in der Bildgebung geht der Sachverständige von einer Commotio cerebri aus. Bei den migräneartig geschilderten Kopfschmerzen handele es sich glaubwürdig um posttraumatisch aufgetretene Schmerzen, obwohl sich diese aufgrund des subjektiven Charakters in einer neurologischen oder technischen Untersuchung nicht beweisen ließen. Hinsichtlich der Kausalgie, der körperlichen und psychischen Einschränkungen des Klägers ergebe sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 %, aufgrund der posttraumatischen Kopfschmerzen bestehe eine MdE von 20 %. Insgesamt ergebe sich eine MdE von 30 % für die ersten zwei Jahre nach dem Unfall.
Der von der Beklagten beigezogene Notaufnahmebefund nach dem Unfall ergab, dass der Kläger keine Bewusstlosigkeit, kein Erbrechen und keine Amnesie angegeben hatte.
Auf Anfrage der Beklagten nahm Dr.P. ergänzend am 25.11.1997 Stellung. Die nachgewiesene alte Fraktur im Bereich des 5. Halswirbelkörpers habe schon vier Jahre vor dem Unfall bestanden, der Kläger habe keine Beschwerden geklagt, so dass von einem stabilen Zustand ausgegangen werden könne. Die Diagnose eines HWS-Schleudertraumas sei röntgenologisch weder beweisbar noch widerlegbar, so dass ein posttraumatisch unveränderter Befund nicht gegen diese Diagnose spreche. Posttraumatische Kopfschmerzen stellten ein typisches Symptom auch nach einer HWS-Schleuderverletzung dar und würden üblicherweise für einen Zeitraum von einem bis zwei Jahren nach dem Unfall gutachterlich als posttraumatisch anerkannt.
Hierzu holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Prof.Dr.M. vom 12.01.1998 ein. Dieser stimmte den Feststellungen in dem Vorgutachten und in der ergänzenden Stellungnahme nicht zu. Die Diagnosen eines Schädelhirntraumas mit Commotio cerebri und die einer Commotio spinalis ließen sich aus den mitgeteilten Beobachtungen und Befunden nicht begründen. Im Durchgangsarztbericht und in weiteren Arztberichten seien keine Beobachtungen und keine Befunde vermerkt, die noch nachträglich als Ausdruck einer initialen Hirnfunktionsstörung gewertet werden könnten. Auch für eine Commotio oder Contusio spinalis oder Armplexusläsion ergäben sich nach den mitgeteilten Beobachtungen und Befunden keine Hinweise. Der Kläger habe eine Distorsion der Halswirbelsäule ersten Grades ohne knöcherne und diskoligamentäre Verletzungen und ohne Verletzung zentraler oder neuronaler Strukturen erlitten. Nicht auszuschließen sei eine Zerrung bzw. Reizung cervikaler Nervenwurzeln mit vorübergehend auch sensiblen Missempfindungen und Schmerzen. Hierfür könne Arbeitsunfähigkeit angenommen werden entsprechend den unfallchirurgischen Empfehlungen für die Zeit vom 27.01.1997 bis 27.04.1997. Danach sei noch eine MdE neurologisch-psychiatrisch anzunehmen für weitere drei Monate in Höhe von 20 v.H.
Mit Bescheid vom 23.02.1998 erkannte die Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall an. Die Gewährung von Verletztengeld über den 27.01.1997 hinaus wurde abgelehnt. Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. gewährte die Klägerin für die Zeit vom 28.01. bis 27.04.1997. In der Folge holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Prof.Dr.R. vom 23.05.1998 ein. Knöcherne Verletzungen, Einrisse oder Risse an den Bändern und am Rückenmark seien durch den Unfall nicht eingetreten. Es sei somit unter klinischen Gesichtspunkten nicht erklärbar, dass acht Monate nach dem Unfallereignis eine so massive Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule und des rechten Schultergelenkes noch nachweisbar sei. Dem Wiederbeginn der Arbeitsfähigkeit ab 28.01.1997 sei zuzustimmen. Die Bemessung der MdE mit 20 v.H. sei entsprechend, aus seiner Sicht könne eine solche bis zum Ende des ersten Unfalljahres, 30.07.1997, angenommen werden. Nach allen vorgelegten Befunden seien jedoch die Unfallfolgen ab dem 01.08.1997 gesichert abgeklungen.
Mit Bescheid vom 13.07.1998 gewährte die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.02.1998 Verletztenrente über den 27.04.1997 hinaus bis 31.07.1997 nach einer MdE um 20 v.H.
Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger Verletztengeld bis einschließlich 14.08.1997 und Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. bis 29.07.1998.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht zunächst ein Gutachten von dem Neurologen und Psychiater Dr.K. vom 06.05.1999 eingeholt. Der Sachverständige stellt fest, bei nur geringer Kraftentfaltung im Bereich der Muskelgruppen des rechten Armes fänden sich objektiv gesehen keine Zeichen für eine höhergradige Schonung der rechten oberen Extremität. Auch die recht eindrückliche mimische und gestische Schmerzbetonung bei der Überprüfung des rechten Armes sei gemessen an den objektiven Befunden kaum nachvollziehbar. Die vom Kläger angegebenen Störungen bei der Überprüfung der Sensibilität seien organisch gesehen nicht nachvollziehbar. Es sei eine rechtsseitige median begrenzte Hemihypästhesie der ganzen Körperhälfte angegeben worden, unter Einbeziehung des Gesichtes. Median begrenzte Sensibilitätsstörungen seien jedoch ein psychogenes Symptom. Organische Sensibilitätsstörungen seien obligat paramedian begrenzt. Die Zunahme der Sensibilitätsstörungen im Vergleich zu den Voruntersuchungen spreche ebenfalls gegen eine traumatische Bedingtheit dieser sensiblen Ausfälle. Die vorliegenden objektiven Befunde ließen weder den Schluss zu, dass es beim Kläger im Rahmen des Unfalls zu einer peripheren radikulären Symptomatik gekommen sei, noch dass es zu einer zentralnervösen Schädigung gekommen sein könnte. Die diagnostischen Erwägungen, die die Augsburger Gutachter angestellt hätten, seien nicht überzeugend, so dass im Wesentlichen der Aussage von Prof.Dr.M. zuzustimmen sei. Auch die in dem Augsburger Gutachten genannte Commotio cerebri sei nicht nachvollziehbar. Dies gelte auch für die Diagnose einer posttraumatischen Migräne. Eine Kausalgie impliziere per definitionem eine direkte Verletzung des peripheren Nerven. Eine solche sei jedoch durch die vorliegenden Befunde zu keinem Zeitpunkt belegt worden. Bei der Verletzung, die sich der Kläger am 30.07.1996 zugezogen habe, handele es sich um eine Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule Grad I bzw. Grad II. Vorübergehend könne eine Irritation cervikaler Nervenwurzeln vorgelegen haben, die den rechten Arm versorgten. Zu keinem Zeitpunkt habe allerdings eine strukturelle Nervenverletzung nachgewiesen werden können. Eine nervenärztliche MdE sei insofern nicht zu begründen. Derzeit lägen beim Kläger keine nervenärztlichen Folgen des Unfalls mehr vor, eine unfallbedingte MdE resultiere nicht. Im Übrigen empfiehlt der Sachverständige, sich den Vorschlägen des Prof.Dr.R. und des Prof.Dr.M. anzuschließen.
Das Sozialgericht hat weiter ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.F. vom 17.05.1999 eingeholt. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, es sei davon auszugehen, dass nach dem Auffahrunfall ohne zeitliches Intervall sofort Beschwerden in der Halswirbelsäule aufgetreten seien. Zu keinem Zeitpunkt, weder am Unfalltag noch später, hätten morphologische Strukturveränderungen nachgewiesen werden können, welche als unfallbedingt einzuordnen seien. Das gelte insbesondere für wiederholte kernspintomographische Untersuchungen, die Standardröntgenaufnahmen und auch den heute erhobenen Röntgenbefund. Es lägen einwandfrei dokumentierte Hinweise auf einen Vorschaden an der Halswirbelsäule vor, da exakt die gleichen Veränderungen, wie sie im August 1996 radiologisch festgestellt hätten werden können und praktisch unverändert noch vorlägen, schon am 19.01.1992 dargestellt worden seien. Die vom Kläger demonstrierten Funktionsverluste der Halswirbelsäule und des rechten Armes seien mit objektivierbaren Befunden nicht in Einklang zu bringen. Eine Arbeitsunfähigkeitszeit über den 28.01.1997 hinaus liege nicht vor. Die MdE um 20 v.H. bis zum Ende des ersten Unfalljahres sei sicher relativ großzügig. Eine Weitergewährung oder eine höhere MdE sei nicht zu begründen.
Auf umfangreiche Einwendungen des Klägerbevollmächtigten hat das Sozialgericht eine gutachterliche Stellungnahme des Dr.F. vom 21.09.1999 eingeholt. Hierin wendet sich der Sachverständige gegen den Vorwurf, er habe die Umfangmaße zwischen dem rechten und linken Arm verwechselt. Darüber hinaus habe Dr.K. keine Muskelminderung des rechten Armes durch die Inspektion festgestellt. Objektiviert sei die muskuläre Situation durch ein EMG, wo sich nirgends ein Nachweis einer akuten oder chronischen Denervierung gefunden habe. In keinem der untersuchten Muskeln seien Zeichen eines auch nur geringfügigen neurogenen Umbaus erkennbar, so dass apparativ die Auffassung des Klägervertreters über eine eventuelle Muskelminderung des rechten Armes eindeutig widerlegt sei. In den nunmehr vorgelegten kernspintomographischen Funktionsaufnahmen werde ein Funktionsdefizit des Dens gesehen, woraus auf eine posttraumatische Instabilität des kraniocervikalen Überganges geschlossen worden sei. Zunächst einmal sei herauszustellen, dass der Kläger bereits 1986 oder 1987 in einen Auffahrunfall verwickelt gewesen sei und schon damals Schmerzen in der Halswirbelsäule und im Kopf verspürt habe. Schon vor dem Unfall habe die Halswirbelsäule durch Massagen behandelt werden müssen. Dass die Halswirbelsäule vorgeschädigt gewesen sei, sei durch Röntgenaufnahmen vom 19.01.1992 nachgewiesen, wobei diese Röntgenuntersuchung im Zusammenhang mit einem Skiunfall, also einer weiteren Traumatisierung erfolgt sei. Inwieweit Veränderungen an den Bändern einer bekannten Harnsäureerhöhung zuzuschreiben sei, lasse sich nicht im Rahmen eines radiologischen Gutachtens abklären. Die zeitliche Zuordnung eventueller tatsächlicher posttraumatische Veränderungen an den Kopfgelenkbändern halte er aufgrund eines kernspintomographischen Befundes für völlig ausgeschlossen.
Nach entsprechender Ankündigung hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.01.2000 als unbegründet abgewiesen und sich auf die Gutachten des Dr.K. und des Dr.F. gestützt und ist dem Gutachten des Dr.P. nicht gefolgt.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und hat zunächst Gewährung von Verletztengeld für die Zeit vom 28.01. bis 14.08.1997 und die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. beantragt. Nach Abschluss der Beweisaufnahme hat er den Antrag auf Gewährung von Verletztenrente auf die Zeit bis 31.07.2001 erweitert.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Radiologen Dr.N. vom 04.06.2001 eingeholt. Der Sachverständige stellt einen Vergleich der Röntgenaufnahmen und MRT im Zeitraum vom 19.01.1992 bis 23.05.2001 her. Es geht dabei im Wesentlichen um die Feststellung der Dens-Atlas-Stellung in der Halswirbelsäule und deren Verschiebung. Er konstatiert in der Röntgenaufnahme vom 19.01.1992 den Verdacht auf rechtstranslatorische Atlasverschiebung gegenüber dem Axis und hält sie differenzialdiagnostisch für eine Normvariante ohne pathologische Bedeutung. Auf der Röntgenaufnahme vom 30.07.1996 habe sich eine Veränderung der atlantodentalen Stellung ergeben, der Dens sei jetzt eindeutig mittelständig. Im Vergleich zur Voruntersuchung vom 19.01.1992 habe sich damit eine Veränderung ergeben, wobei nur eine von beiden Stellungen physiologisch korrekt sein könne. In der MRT-Untersuchung vom 30.07.1996 sei der Dens wieder nicht mittelständig. Dies sei als Zeichen einer sogenannten muskulären Atlasinstabilität zu werten. Im Röntgenbild vom 20.08.1996 zeige sich wieder eine eindeutige Mittelstellung des Dens. Soweit die übrigen Untersuchungen eine Beurteilung des betreffenden Sachverhaltes zuließen, habe sich im MRT vom 23.01.1997 wieder eine rechtstranslatorische Atlasverschiebung ergeben, ebenso in der Röntgenuntersuchung des Dr.F. vom 05.05.1999. Alle Folgeuntersuchungen bis zur gutachterlichen Untersuchung hätten danach weiterhin eine rechtsgerichtete Translationsfehlstellung des Atlas gegenüber dem Axis ergeben. Darüber hinaus habe sich seit dem Unfalltag ein atlantodentaler Gelenkerguss ergeben, ferner eine zunehmende Einschränkung der Halswirbelsäulenbeweglichkeit. Die verminderte Fähigkeit, die Halswirbelsäule nach vorn zu neigen, die im Rahmen der Untersuchung am Unfalltag festgestellt worden sei, müsse nach gängiger Lehrmeinung als typisches Zeichen einer frischen Distorsion gewertet werden. Am Unfalltag und in der Folgezeit müsse sich ein pathologischer Vorgang zwischen Atlas und Axis abgespielt haben, nachdem die asymetrische Stellung am 30.07.1996 überraschenderweise auf den Röntgenaufnahmen nicht mehr nachweisbar gewesen sei, wohl aber wieder bei der MRT-Untersuchung am gleichen Tag, wiederum nicht jedoch am 20.08.1996. Dieses Hin- und Herwandern des Dens zwischen den Atlasseitenmassen sei als Zeichen einer sogenannten muskulären Atlasinstabilität zu werten. Sie sei nicht frakturbedingt. Unfallfolge sei eine zunehmende Störung von Inklination und Reklination der Halswirbelsäule, mit späterer partieller Rückbildung der Störung. Folge sei weiter ein persistierender atlantodentaler Gelenkerguss am rechten Gelenkrand mit Rechtsverschiebung des Atlas gegenüber dem Axis seit dem Unfalldatum und wiederholte Veränderung der Stellung im Vergleich zur Voruntersuchung von 1992. Derartige Verschiebungen könnten bei leichten und schweren Unfällen verschiedener Art aufttreten, bei denen eine Scherwirkung zwischen Kopf, kraniocervikalem Übergang und Halswirbelsäule auftrete. Der Unfallablauf sei somit geeignet gewesen, eine zusätzliche atlantodentale Reizung und mutmaßlich folgende atlantoaxiale Instabilität zusätzlich zur vorbestehenden Atlasverschiebung hervorzurufen und habe dies mit großer Wahrscheinlichkeit getan. Bei unveränderten Befunden sei kein Grund ersichtlich, warum die früher als unfallbedingt angesehene Arbeitsunfähigkeit nunmehr nicht anzuerkennen sei. Die MdE sei mit 30 v.H. gerechtfertigt, aus den Vergleichswerten für Sehunschärfen, Funktionsstörungen des Unterarmes und Hirnschädigungen (hier nicht nachgewiesen) mit zentralen vegetativen Störungen (u.a. Kopfschmerzen, Schwindel etc.). Im Anschluss daran stützt der Sachverständige jedoch seine MdE-Bildung auf den Begriff der Instabilität im Rahmen von Wirbelsäulenschäden und auf die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz. Betrachte man die Halswirbelsäule mit dem kraniocervikalen Übergang gemeinsam als einen Abschnitt der Wirbelsäule, berücksichtige man den Zeitverlauf bzw. die Persistenz der geklagten Beschwerden, u.a. jedoch die bei jeder der vorliegenden diesbezüglich aussagekräftigen Röntgen- und MRT-Untersuchungen nicht zu widerlegenden Bewegungseinschränkungen und atlantoaxialen Instabilitätszeichen, erscheine ein MdE-Grad von 30 als gerechtfertigt. Eine MdE um 20 v.H. erscheine nicht haltbar, da die pathologischen Befunde jeweils nicht nur einige Tage, sondern, wenn nicht permanent, so zumindest in Schüben von Wochen bis Monaten existieren dürften.
Hierzu hat die Beklagte eine Stellungnahme des Prof.Dr.R. vom 21.03.2002 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, einer Einschränkung der Halswirbelsäule nach vorn als Beweis für das Zeichen einer frischen Distorsion sei nicht zu widersprechen, da ein Unfallereignis stattgefunden habe, wenn auch leider aus dem ersten Bericht eine funktionelle Bewertung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule nicht zu ersehen sei. Zu der zunehmenden Störung von Inklination und Reklination weist der Sachverständige darauf hin, dass die Funktion der Halswirbelsäule zum Unfallzeitpunkt nicht exakt bekannt sei und deshalb auch nicht gesagt werden könne, ob nicht schon früher eine Bewegungseinschränkung vorhanden gewesen sei. Dr.N. begründe nicht, dass am Unfalltag und in der Folgezeit ein pathologischer Vorgang zwischen Atlas und Axis eingetreten sein müsse. Aus dem ausführlichen röntgenologischen Gutachten ergäben sich Gesichtspunkte, die einerseits für und gegen einen Unfallzusammenhang sprächen. Andererseits seien die beschriebenen radiologischen Veränderungen nicht in Einklang zu bringen mit dem festgestellten klinischen Befund im fachorthopädischen Gutachten. Die Umfänge der Schultermuskulatur würden als seitengleich beschrieben und auch nach mehrjähriger Immobilisierung sei ein Defizit der Muskulatur am rechten Arm nicht eingetreten. Es müsse somit bei der getroffenen Feststellung des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit ab 27.01.1997 und der Rentenfeststellung bis zum 31.07.1997 mit 20 v.H. verbleiben.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sind die Akten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts München in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht. Die Berufung ist auch bzgl. der Erweiterung des Hauptsacheantrages zulässig. Der Senat geht in Anlehnung an die Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 23.10.1989 -GrS 2/87 (NVwZ 1990, 598) davon aus, dass eine am Ergebnis der Beweisaufnahme orientierte Ausweitung des Hauptsacheantrages dann noch zulässig ist, wenn dem vorher begrenzten Antrag nicht eindeutig zu entnehmen ist, es werde von einem weitergehenden Begehren abgesehen (Urteil vom 23.08.1995 Az.: L 2 U 122/92). So ist es im vorliegenden Fall.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch über die bereits gewährten Leistungen hinaus. Der Senat hält die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Landshut für unbegründet und sieht nach § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Daran hat das Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren nichts geändert.
Das vom Senat eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr.N. spricht für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Das Gutachten hat den Senat jedoch nicht überzeugt.
Es stellt im Wesentlichen dar, dass an der Halswirbelsäule eine Atlas-Translation eingetreten sei und zwar in Gestalt einer krankhaften Beweglichkeit des betreffenden Wirbels. Grund hierfür und nicht etwa Folge davon sei ein Defizit der Muskelhaltefunktion. Dass der entsprechende krankhafte Zustand am Unfalltag eingetreten sei, schließt der Sachverständige aus dem Umstand, dass 1992 eine Asymmetrie der Dens-Atlas-Stellung bestanden habe und am Unfalltag zuerst in einer Röntgenaufnahme eine Symmetriestellung und dann im MRT wieder eine Asymmetriestellung festzustellen gewesen sei. Eine derartige Atlas-Verschiebung könne bei Unfällen der hier vorliegenden Art auftreten.
Schon dies ist für den Senat nicht nachzuvollziehen. Unterstellt man, dass es durch den Unfall zu einer Atlas-Verschiebung gekommen ist, ist vom Sachverständigen nicht hinreichend dargetan, warum diese Verschiebung zu einer Beweglichkeit des Dens geführt hätte. Hierzu benötigt die Argumentation des Sachverständigen ein Defizit in der Muskelhaltefunktion. Dass die Muskelhaltefunktion durch den Unfall geschädigt worden wäre, ist vom Sachverständigen jedoch nicht dargetan. Es ist auch nicht dargetan und aus dem Gutachten nicht ersichtlich, dass die Atlas-Verschiebung ihrerseits zu einer Muskelinstabilität geführt hätte.
Wesentlich entscheidungserheblich ist jedoch, dass die Argumentation des Sachverständigen von der Annahme eines Sachverhaltes ausgeht, der der Beurteilung nicht hätte zugrunde gelegt werden dürfen. Alle für die Annahme eines Arbeitsunfalles und der dadurch verursachten Gesundheitsstörungen rechtserheblichen Tatsachen bedürfen des vollen Beweises dergestalt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben (vgl. BSGE 45, 285). Die Beweiserleichterung der Wahrscheinlichkeit gilt für den Ursachenzusammenhang von schädigender Einwirkung einerseits und dem Unfall und seiner gesundheitlichen Folgen andererseits. Die Befunde, von denen ein Sachverständiger bezüglich der Verhältnisse vor dem Unfall ausgeht, bedürfen demnach des vollen Beweises.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Befundungen des Sachverständigen Dr.N. , die zuvor von keinem einzigen der zahlreichen Radiologen getroffen worden waren, als zutreffend angesehen werden müssen. Dies unterstellt, geht der Sachverständige ausweislich seines Gutachtens von einer Asymmetrie der Dens-Atlas-Stellung im Jahre 1992 aus. Als rechtserhebliche Tatsache in der gutachterlichen Argumentation bedürfte dies des vollen Beweises. Ausweislich seiner eigenen Beurteilung kann er jedoch nur von einem Verdacht auf eine rechtstranslatorische Atlasverschiebung gegenüber dem Axis im Jahre 1992 und damit vor dem Unfall ausgehen. Mit einer solchen Verdachtsdiagnose kann der notwendige Beweis jedoch nicht als geführt angesehen werden. Die vom Sachverständigen angefügte Differentialdiagnose einer Normvariante ohne pathologische Bedeutung hat damit keine Berechtigung mehr. Es kann damit auch nicht als erwiesen angesehen werden, dass zwischen der Röntgenaufnahme 1992 und der ersten Röntgenaufnahme nach dem Unfall eine Atlas-Verschiebung stattgefunden hat. Der Beweis einer Atlas-Verschiebung könnte damit nur im zeitlichen Ablauf zwischen der ersten Röntgenaufnahme nach dem Unfall und dem ersten MRT als geführt angesehen werden. Das Unfallereignis liegt aber schon zeitlich nicht dazwischen. Mit der gutachterlichen Argumentation ist deshalb weder die Verschiebung noch die Verschieblichkeit des Atlas durch den Arbeitsunfall erklärbar.
Der Senat schließt sich insoweit auch der Stellungnahme des Prof.Dr.R. an. Auch den weiteren Einwendungen des Prof.Dr.R. , die den gutachterlichen Feststellungen des Prof.Dr.M. , des Dr.K. und des Dr.F. entsprechen, schließt sich der Senat an.
Die Berufung war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Gewährung von Verletztengeld und Verletztenrente nach einem Arbeitsunfall.
Der Kläger erlitt in seiner versicherten Tätigkeit am 30.07.1996 einen Auffahrunfall, bei dem ein anderer Verkehrsteilnehmer im stehenden Verkehr versehentlich losfuhr und auf das Heck des vom Kläger gefahrenen Autos prallte. Der Durchgangsarztbericht vom selben Tag diagnostizierte ein HWS-Schleudertrauma mit HWK-5-Vorderkantenabsprengung und Verdacht auf Luxation zwischen HWK 5 und 6. Nach einer stationären Behandlung vom 30.07. bis 14.11.1996 stellte die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau fest, eine neurologische Konsiliaruntersuchung zeige keine umschriebenen pathologischen Veränderungen. Eine durchgeführte kernspintomographische Untersuchung der Halswirbelsäule sei vollständig unauffällig gewesen. Ebenso hätten die durchgeführten radiologischen Untersuchungen der Wirbelsäule bis auf eine Steilstellung keine pathologischen Besonderheiten gezeigt. In einem Bericht über eine Untersuchung am 30.12.1996 teilte die Klinik mit, es bestehe ein Beschwerdebild, das mit den bisher erhobenen Befunden nicht in Einklang gebracht werden könne. Welcher Körperschaden tatsächlich unfallbedingt eingetreten sei, sei noch nicht erwiesen, lediglich die erheblichen Verspannungen der Nacken- und Schultergürtelmuskulatur könnten mit einigem Vorbehalt als Folge des Unfalls angesehen werden. In einem weiteren Untersuchungsbericht zum 16.01.1997 wurde ausgeführt, aus allen mittlerweile vorliegenden Berichten gehe hervor, dass krankhafte Veränderungen oder Residuen von Verletzungen nicht festzustellen seien. Auch nach den entsprechenden Untersuchungen müsse man letztendlich feststellen, dass posttraumatische Veränderungen nicht festgestellt hätten werden können.
Nachdem sich herausstellte, dass der Kläger im Jahre 1992 im Krankenhaus L. eine Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule hatte durchführen lassen, berichtete diese Klinik, dass sich der Kläger am 19.01.1992 vorgestellt habe, nachdem er am Vortag beim Ski fahren gestürzt sei. Er habe u.a. rechts paravertebral im Bereich der Halswirbelsäule Schmerzen angegeben. Aus diesem Grunde seien die Röntgenaufnahmen angefertigt worden. Hierzu stellte die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau in einem Bericht vom 13.05.1997 fest, der Kläger habe vorbestehende Verletzungen der Halswirbelsäule ihnen gegenüber verneint. Auch in anderen Anamnesen hatte der Kläger diesen Unfall nicht wiedergegeben, hingegen eine leichte Gehirnerschütterung nach einem Auffahrunfall im Jahre 1987.
Die Beklagte holte ein Gutachten von Dr.P. , Neurologische Klinik und Klinische Neurophysiologie im Zentralklinikum A. , vom 04.09.1997 ein. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, nach dem beschriebenen Unfallhergang und den geklagten Beschwerden des Probanden sowie dem klinisch-neurologischen Be- fund mit verminderter HWS-Beweglichkeit sei ein HWS-Distorsions- strauma anzunehmen. Es handele sich bei dem linksseitig ausgefallenen Bizepsreflex um einen objektivierbaren neurologischen Befund, der auf eine spinale Läsion im Sinne einer Contusio spinalis hinweise. Anamnestisch lasse sich eine kurzzeitige Amnesie eruieren, eine kurzzeitige Bewusstseinsstörung könne nicht ausgeschlossen werden. Bei fehlendem zentralneurologischem Defizit, regelrechtem EEG-Befund und fehlender morphologischer Läsion in der Bildgebung geht der Sachverständige von einer Commotio cerebri aus. Bei den migräneartig geschilderten Kopfschmerzen handele es sich glaubwürdig um posttraumatisch aufgetretene Schmerzen, obwohl sich diese aufgrund des subjektiven Charakters in einer neurologischen oder technischen Untersuchung nicht beweisen ließen. Hinsichtlich der Kausalgie, der körperlichen und psychischen Einschränkungen des Klägers ergebe sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 %, aufgrund der posttraumatischen Kopfschmerzen bestehe eine MdE von 20 %. Insgesamt ergebe sich eine MdE von 30 % für die ersten zwei Jahre nach dem Unfall.
Der von der Beklagten beigezogene Notaufnahmebefund nach dem Unfall ergab, dass der Kläger keine Bewusstlosigkeit, kein Erbrechen und keine Amnesie angegeben hatte.
Auf Anfrage der Beklagten nahm Dr.P. ergänzend am 25.11.1997 Stellung. Die nachgewiesene alte Fraktur im Bereich des 5. Halswirbelkörpers habe schon vier Jahre vor dem Unfall bestanden, der Kläger habe keine Beschwerden geklagt, so dass von einem stabilen Zustand ausgegangen werden könne. Die Diagnose eines HWS-Schleudertraumas sei röntgenologisch weder beweisbar noch widerlegbar, so dass ein posttraumatisch unveränderter Befund nicht gegen diese Diagnose spreche. Posttraumatische Kopfschmerzen stellten ein typisches Symptom auch nach einer HWS-Schleuderverletzung dar und würden üblicherweise für einen Zeitraum von einem bis zwei Jahren nach dem Unfall gutachterlich als posttraumatisch anerkannt.
Hierzu holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Neurologen und Psychiaters Prof.Dr.M. vom 12.01.1998 ein. Dieser stimmte den Feststellungen in dem Vorgutachten und in der ergänzenden Stellungnahme nicht zu. Die Diagnosen eines Schädelhirntraumas mit Commotio cerebri und die einer Commotio spinalis ließen sich aus den mitgeteilten Beobachtungen und Befunden nicht begründen. Im Durchgangsarztbericht und in weiteren Arztberichten seien keine Beobachtungen und keine Befunde vermerkt, die noch nachträglich als Ausdruck einer initialen Hirnfunktionsstörung gewertet werden könnten. Auch für eine Commotio oder Contusio spinalis oder Armplexusläsion ergäben sich nach den mitgeteilten Beobachtungen und Befunden keine Hinweise. Der Kläger habe eine Distorsion der Halswirbelsäule ersten Grades ohne knöcherne und diskoligamentäre Verletzungen und ohne Verletzung zentraler oder neuronaler Strukturen erlitten. Nicht auszuschließen sei eine Zerrung bzw. Reizung cervikaler Nervenwurzeln mit vorübergehend auch sensiblen Missempfindungen und Schmerzen. Hierfür könne Arbeitsunfähigkeit angenommen werden entsprechend den unfallchirurgischen Empfehlungen für die Zeit vom 27.01.1997 bis 27.04.1997. Danach sei noch eine MdE neurologisch-psychiatrisch anzunehmen für weitere drei Monate in Höhe von 20 v.H.
Mit Bescheid vom 23.02.1998 erkannte die Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall an. Die Gewährung von Verletztengeld über den 27.01.1997 hinaus wurde abgelehnt. Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. gewährte die Klägerin für die Zeit vom 28.01. bis 27.04.1997. In der Folge holte die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Prof.Dr.R. vom 23.05.1998 ein. Knöcherne Verletzungen, Einrisse oder Risse an den Bändern und am Rückenmark seien durch den Unfall nicht eingetreten. Es sei somit unter klinischen Gesichtspunkten nicht erklärbar, dass acht Monate nach dem Unfallereignis eine so massive Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule und des rechten Schultergelenkes noch nachweisbar sei. Dem Wiederbeginn der Arbeitsfähigkeit ab 28.01.1997 sei zuzustimmen. Die Bemessung der MdE mit 20 v.H. sei entsprechend, aus seiner Sicht könne eine solche bis zum Ende des ersten Unfalljahres, 30.07.1997, angenommen werden. Nach allen vorgelegten Befunden seien jedoch die Unfallfolgen ab dem 01.08.1997 gesichert abgeklungen.
Mit Bescheid vom 13.07.1998 gewährte die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23.02.1998 Verletztenrente über den 27.04.1997 hinaus bis 31.07.1997 nach einer MdE um 20 v.H.
Mit seinem Widerspruch begehrte der Kläger Verletztengeld bis einschließlich 14.08.1997 und Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. bis 29.07.1998.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht zunächst ein Gutachten von dem Neurologen und Psychiater Dr.K. vom 06.05.1999 eingeholt. Der Sachverständige stellt fest, bei nur geringer Kraftentfaltung im Bereich der Muskelgruppen des rechten Armes fänden sich objektiv gesehen keine Zeichen für eine höhergradige Schonung der rechten oberen Extremität. Auch die recht eindrückliche mimische und gestische Schmerzbetonung bei der Überprüfung des rechten Armes sei gemessen an den objektiven Befunden kaum nachvollziehbar. Die vom Kläger angegebenen Störungen bei der Überprüfung der Sensibilität seien organisch gesehen nicht nachvollziehbar. Es sei eine rechtsseitige median begrenzte Hemihypästhesie der ganzen Körperhälfte angegeben worden, unter Einbeziehung des Gesichtes. Median begrenzte Sensibilitätsstörungen seien jedoch ein psychogenes Symptom. Organische Sensibilitätsstörungen seien obligat paramedian begrenzt. Die Zunahme der Sensibilitätsstörungen im Vergleich zu den Voruntersuchungen spreche ebenfalls gegen eine traumatische Bedingtheit dieser sensiblen Ausfälle. Die vorliegenden objektiven Befunde ließen weder den Schluss zu, dass es beim Kläger im Rahmen des Unfalls zu einer peripheren radikulären Symptomatik gekommen sei, noch dass es zu einer zentralnervösen Schädigung gekommen sein könnte. Die diagnostischen Erwägungen, die die Augsburger Gutachter angestellt hätten, seien nicht überzeugend, so dass im Wesentlichen der Aussage von Prof.Dr.M. zuzustimmen sei. Auch die in dem Augsburger Gutachten genannte Commotio cerebri sei nicht nachvollziehbar. Dies gelte auch für die Diagnose einer posttraumatischen Migräne. Eine Kausalgie impliziere per definitionem eine direkte Verletzung des peripheren Nerven. Eine solche sei jedoch durch die vorliegenden Befunde zu keinem Zeitpunkt belegt worden. Bei der Verletzung, die sich der Kläger am 30.07.1996 zugezogen habe, handele es sich um eine Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule Grad I bzw. Grad II. Vorübergehend könne eine Irritation cervikaler Nervenwurzeln vorgelegen haben, die den rechten Arm versorgten. Zu keinem Zeitpunkt habe allerdings eine strukturelle Nervenverletzung nachgewiesen werden können. Eine nervenärztliche MdE sei insofern nicht zu begründen. Derzeit lägen beim Kläger keine nervenärztlichen Folgen des Unfalls mehr vor, eine unfallbedingte MdE resultiere nicht. Im Übrigen empfiehlt der Sachverständige, sich den Vorschlägen des Prof.Dr.R. und des Prof.Dr.M. anzuschließen.
Das Sozialgericht hat weiter ein Gutachten von dem Orthopäden Dr.F. vom 17.05.1999 eingeholt. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, es sei davon auszugehen, dass nach dem Auffahrunfall ohne zeitliches Intervall sofort Beschwerden in der Halswirbelsäule aufgetreten seien. Zu keinem Zeitpunkt, weder am Unfalltag noch später, hätten morphologische Strukturveränderungen nachgewiesen werden können, welche als unfallbedingt einzuordnen seien. Das gelte insbesondere für wiederholte kernspintomographische Untersuchungen, die Standardröntgenaufnahmen und auch den heute erhobenen Röntgenbefund. Es lägen einwandfrei dokumentierte Hinweise auf einen Vorschaden an der Halswirbelsäule vor, da exakt die gleichen Veränderungen, wie sie im August 1996 radiologisch festgestellt hätten werden können und praktisch unverändert noch vorlägen, schon am 19.01.1992 dargestellt worden seien. Die vom Kläger demonstrierten Funktionsverluste der Halswirbelsäule und des rechten Armes seien mit objektivierbaren Befunden nicht in Einklang zu bringen. Eine Arbeitsunfähigkeitszeit über den 28.01.1997 hinaus liege nicht vor. Die MdE um 20 v.H. bis zum Ende des ersten Unfalljahres sei sicher relativ großzügig. Eine Weitergewährung oder eine höhere MdE sei nicht zu begründen.
Auf umfangreiche Einwendungen des Klägerbevollmächtigten hat das Sozialgericht eine gutachterliche Stellungnahme des Dr.F. vom 21.09.1999 eingeholt. Hierin wendet sich der Sachverständige gegen den Vorwurf, er habe die Umfangmaße zwischen dem rechten und linken Arm verwechselt. Darüber hinaus habe Dr.K. keine Muskelminderung des rechten Armes durch die Inspektion festgestellt. Objektiviert sei die muskuläre Situation durch ein EMG, wo sich nirgends ein Nachweis einer akuten oder chronischen Denervierung gefunden habe. In keinem der untersuchten Muskeln seien Zeichen eines auch nur geringfügigen neurogenen Umbaus erkennbar, so dass apparativ die Auffassung des Klägervertreters über eine eventuelle Muskelminderung des rechten Armes eindeutig widerlegt sei. In den nunmehr vorgelegten kernspintomographischen Funktionsaufnahmen werde ein Funktionsdefizit des Dens gesehen, woraus auf eine posttraumatische Instabilität des kraniocervikalen Überganges geschlossen worden sei. Zunächst einmal sei herauszustellen, dass der Kläger bereits 1986 oder 1987 in einen Auffahrunfall verwickelt gewesen sei und schon damals Schmerzen in der Halswirbelsäule und im Kopf verspürt habe. Schon vor dem Unfall habe die Halswirbelsäule durch Massagen behandelt werden müssen. Dass die Halswirbelsäule vorgeschädigt gewesen sei, sei durch Röntgenaufnahmen vom 19.01.1992 nachgewiesen, wobei diese Röntgenuntersuchung im Zusammenhang mit einem Skiunfall, also einer weiteren Traumatisierung erfolgt sei. Inwieweit Veränderungen an den Bändern einer bekannten Harnsäureerhöhung zuzuschreiben sei, lasse sich nicht im Rahmen eines radiologischen Gutachtens abklären. Die zeitliche Zuordnung eventueller tatsächlicher posttraumatische Veränderungen an den Kopfgelenkbändern halte er aufgrund eines kernspintomographischen Befundes für völlig ausgeschlossen.
Nach entsprechender Ankündigung hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.01.2000 als unbegründet abgewiesen und sich auf die Gutachten des Dr.K. und des Dr.F. gestützt und ist dem Gutachten des Dr.P. nicht gefolgt.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und hat zunächst Gewährung von Verletztengeld für die Zeit vom 28.01. bis 14.08.1997 und die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 30 v.H. beantragt. Nach Abschluss der Beweisaufnahme hat er den Antrag auf Gewährung von Verletztenrente auf die Zeit bis 31.07.2001 erweitert.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Radiologen Dr.N. vom 04.06.2001 eingeholt. Der Sachverständige stellt einen Vergleich der Röntgenaufnahmen und MRT im Zeitraum vom 19.01.1992 bis 23.05.2001 her. Es geht dabei im Wesentlichen um die Feststellung der Dens-Atlas-Stellung in der Halswirbelsäule und deren Verschiebung. Er konstatiert in der Röntgenaufnahme vom 19.01.1992 den Verdacht auf rechtstranslatorische Atlasverschiebung gegenüber dem Axis und hält sie differenzialdiagnostisch für eine Normvariante ohne pathologische Bedeutung. Auf der Röntgenaufnahme vom 30.07.1996 habe sich eine Veränderung der atlantodentalen Stellung ergeben, der Dens sei jetzt eindeutig mittelständig. Im Vergleich zur Voruntersuchung vom 19.01.1992 habe sich damit eine Veränderung ergeben, wobei nur eine von beiden Stellungen physiologisch korrekt sein könne. In der MRT-Untersuchung vom 30.07.1996 sei der Dens wieder nicht mittelständig. Dies sei als Zeichen einer sogenannten muskulären Atlasinstabilität zu werten. Im Röntgenbild vom 20.08.1996 zeige sich wieder eine eindeutige Mittelstellung des Dens. Soweit die übrigen Untersuchungen eine Beurteilung des betreffenden Sachverhaltes zuließen, habe sich im MRT vom 23.01.1997 wieder eine rechtstranslatorische Atlasverschiebung ergeben, ebenso in der Röntgenuntersuchung des Dr.F. vom 05.05.1999. Alle Folgeuntersuchungen bis zur gutachterlichen Untersuchung hätten danach weiterhin eine rechtsgerichtete Translationsfehlstellung des Atlas gegenüber dem Axis ergeben. Darüber hinaus habe sich seit dem Unfalltag ein atlantodentaler Gelenkerguss ergeben, ferner eine zunehmende Einschränkung der Halswirbelsäulenbeweglichkeit. Die verminderte Fähigkeit, die Halswirbelsäule nach vorn zu neigen, die im Rahmen der Untersuchung am Unfalltag festgestellt worden sei, müsse nach gängiger Lehrmeinung als typisches Zeichen einer frischen Distorsion gewertet werden. Am Unfalltag und in der Folgezeit müsse sich ein pathologischer Vorgang zwischen Atlas und Axis abgespielt haben, nachdem die asymetrische Stellung am 30.07.1996 überraschenderweise auf den Röntgenaufnahmen nicht mehr nachweisbar gewesen sei, wohl aber wieder bei der MRT-Untersuchung am gleichen Tag, wiederum nicht jedoch am 20.08.1996. Dieses Hin- und Herwandern des Dens zwischen den Atlasseitenmassen sei als Zeichen einer sogenannten muskulären Atlasinstabilität zu werten. Sie sei nicht frakturbedingt. Unfallfolge sei eine zunehmende Störung von Inklination und Reklination der Halswirbelsäule, mit späterer partieller Rückbildung der Störung. Folge sei weiter ein persistierender atlantodentaler Gelenkerguss am rechten Gelenkrand mit Rechtsverschiebung des Atlas gegenüber dem Axis seit dem Unfalldatum und wiederholte Veränderung der Stellung im Vergleich zur Voruntersuchung von 1992. Derartige Verschiebungen könnten bei leichten und schweren Unfällen verschiedener Art aufttreten, bei denen eine Scherwirkung zwischen Kopf, kraniocervikalem Übergang und Halswirbelsäule auftrete. Der Unfallablauf sei somit geeignet gewesen, eine zusätzliche atlantodentale Reizung und mutmaßlich folgende atlantoaxiale Instabilität zusätzlich zur vorbestehenden Atlasverschiebung hervorzurufen und habe dies mit großer Wahrscheinlichkeit getan. Bei unveränderten Befunden sei kein Grund ersichtlich, warum die früher als unfallbedingt angesehene Arbeitsunfähigkeit nunmehr nicht anzuerkennen sei. Die MdE sei mit 30 v.H. gerechtfertigt, aus den Vergleichswerten für Sehunschärfen, Funktionsstörungen des Unterarmes und Hirnschädigungen (hier nicht nachgewiesen) mit zentralen vegetativen Störungen (u.a. Kopfschmerzen, Schwindel etc.). Im Anschluss daran stützt der Sachverständige jedoch seine MdE-Bildung auf den Begriff der Instabilität im Rahmen von Wirbelsäulenschäden und auf die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz. Betrachte man die Halswirbelsäule mit dem kraniocervikalen Übergang gemeinsam als einen Abschnitt der Wirbelsäule, berücksichtige man den Zeitverlauf bzw. die Persistenz der geklagten Beschwerden, u.a. jedoch die bei jeder der vorliegenden diesbezüglich aussagekräftigen Röntgen- und MRT-Untersuchungen nicht zu widerlegenden Bewegungseinschränkungen und atlantoaxialen Instabilitätszeichen, erscheine ein MdE-Grad von 30 als gerechtfertigt. Eine MdE um 20 v.H. erscheine nicht haltbar, da die pathologischen Befunde jeweils nicht nur einige Tage, sondern, wenn nicht permanent, so zumindest in Schüben von Wochen bis Monaten existieren dürften.
Hierzu hat die Beklagte eine Stellungnahme des Prof.Dr.R. vom 21.03.2002 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, einer Einschränkung der Halswirbelsäule nach vorn als Beweis für das Zeichen einer frischen Distorsion sei nicht zu widersprechen, da ein Unfallereignis stattgefunden habe, wenn auch leider aus dem ersten Bericht eine funktionelle Bewertung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule nicht zu ersehen sei. Zu der zunehmenden Störung von Inklination und Reklination weist der Sachverständige darauf hin, dass die Funktion der Halswirbelsäule zum Unfallzeitpunkt nicht exakt bekannt sei und deshalb auch nicht gesagt werden könne, ob nicht schon früher eine Bewegungseinschränkung vorhanden gewesen sei. Dr.N. begründe nicht, dass am Unfalltag und in der Folgezeit ein pathologischer Vorgang zwischen Atlas und Axis eingetreten sein müsse. Aus dem ausführlichen röntgenologischen Gutachten ergäben sich Gesichtspunkte, die einerseits für und gegen einen Unfallzusammenhang sprächen. Andererseits seien die beschriebenen radiologischen Veränderungen nicht in Einklang zu bringen mit dem festgestellten klinischen Befund im fachorthopädischen Gutachten. Die Umfänge der Schultermuskulatur würden als seitengleich beschrieben und auch nach mehrjähriger Immobilisierung sei ein Defizit der Muskulatur am rechten Arm nicht eingetreten. Es müsse somit bei der getroffenen Feststellung des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit ab 27.01.1997 und der Rentenfeststellung bis zum 31.07.1997 mit 20 v.H. verbleiben.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sind die Akten der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts München in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht. Die Berufung ist auch bzgl. der Erweiterung des Hauptsacheantrages zulässig. Der Senat geht in Anlehnung an die Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 23.10.1989 -GrS 2/87 (NVwZ 1990, 598) davon aus, dass eine am Ergebnis der Beweisaufnahme orientierte Ausweitung des Hauptsacheantrages dann noch zulässig ist, wenn dem vorher begrenzten Antrag nicht eindeutig zu entnehmen ist, es werde von einem weitergehenden Begehren abgesehen (Urteil vom 23.08.1995 Az.: L 2 U 122/92). So ist es im vorliegenden Fall.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch über die bereits gewährten Leistungen hinaus. Der Senat hält die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Landshut für unbegründet und sieht nach § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Daran hat das Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren nichts geändert.
Das vom Senat eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr.N. spricht für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Das Gutachten hat den Senat jedoch nicht überzeugt.
Es stellt im Wesentlichen dar, dass an der Halswirbelsäule eine Atlas-Translation eingetreten sei und zwar in Gestalt einer krankhaften Beweglichkeit des betreffenden Wirbels. Grund hierfür und nicht etwa Folge davon sei ein Defizit der Muskelhaltefunktion. Dass der entsprechende krankhafte Zustand am Unfalltag eingetreten sei, schließt der Sachverständige aus dem Umstand, dass 1992 eine Asymmetrie der Dens-Atlas-Stellung bestanden habe und am Unfalltag zuerst in einer Röntgenaufnahme eine Symmetriestellung und dann im MRT wieder eine Asymmetriestellung festzustellen gewesen sei. Eine derartige Atlas-Verschiebung könne bei Unfällen der hier vorliegenden Art auftreten.
Schon dies ist für den Senat nicht nachzuvollziehen. Unterstellt man, dass es durch den Unfall zu einer Atlas-Verschiebung gekommen ist, ist vom Sachverständigen nicht hinreichend dargetan, warum diese Verschiebung zu einer Beweglichkeit des Dens geführt hätte. Hierzu benötigt die Argumentation des Sachverständigen ein Defizit in der Muskelhaltefunktion. Dass die Muskelhaltefunktion durch den Unfall geschädigt worden wäre, ist vom Sachverständigen jedoch nicht dargetan. Es ist auch nicht dargetan und aus dem Gutachten nicht ersichtlich, dass die Atlas-Verschiebung ihrerseits zu einer Muskelinstabilität geführt hätte.
Wesentlich entscheidungserheblich ist jedoch, dass die Argumentation des Sachverständigen von der Annahme eines Sachverhaltes ausgeht, der der Beurteilung nicht hätte zugrunde gelegt werden dürfen. Alle für die Annahme eines Arbeitsunfalles und der dadurch verursachten Gesundheitsstörungen rechtserheblichen Tatsachen bedürfen des vollen Beweises dergestalt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben (vgl. BSGE 45, 285). Die Beweiserleichterung der Wahrscheinlichkeit gilt für den Ursachenzusammenhang von schädigender Einwirkung einerseits und dem Unfall und seiner gesundheitlichen Folgen andererseits. Die Befunde, von denen ein Sachverständiger bezüglich der Verhältnisse vor dem Unfall ausgeht, bedürfen demnach des vollen Beweises.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Befundungen des Sachverständigen Dr.N. , die zuvor von keinem einzigen der zahlreichen Radiologen getroffen worden waren, als zutreffend angesehen werden müssen. Dies unterstellt, geht der Sachverständige ausweislich seines Gutachtens von einer Asymmetrie der Dens-Atlas-Stellung im Jahre 1992 aus. Als rechtserhebliche Tatsache in der gutachterlichen Argumentation bedürfte dies des vollen Beweises. Ausweislich seiner eigenen Beurteilung kann er jedoch nur von einem Verdacht auf eine rechtstranslatorische Atlasverschiebung gegenüber dem Axis im Jahre 1992 und damit vor dem Unfall ausgehen. Mit einer solchen Verdachtsdiagnose kann der notwendige Beweis jedoch nicht als geführt angesehen werden. Die vom Sachverständigen angefügte Differentialdiagnose einer Normvariante ohne pathologische Bedeutung hat damit keine Berechtigung mehr. Es kann damit auch nicht als erwiesen angesehen werden, dass zwischen der Röntgenaufnahme 1992 und der ersten Röntgenaufnahme nach dem Unfall eine Atlas-Verschiebung stattgefunden hat. Der Beweis einer Atlas-Verschiebung könnte damit nur im zeitlichen Ablauf zwischen der ersten Röntgenaufnahme nach dem Unfall und dem ersten MRT als geführt angesehen werden. Das Unfallereignis liegt aber schon zeitlich nicht dazwischen. Mit der gutachterlichen Argumentation ist deshalb weder die Verschiebung noch die Verschieblichkeit des Atlas durch den Arbeitsunfall erklärbar.
Der Senat schließt sich insoweit auch der Stellungnahme des Prof.Dr.R. an. Auch den weiteren Einwendungen des Prof.Dr.R. , die den gutachterlichen Feststellungen des Prof.Dr.M. , des Dr.K. und des Dr.F. entsprechen, schließt sich der Senat an.
Die Berufung war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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