L 16 LW 2/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 1 LW 63/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 LW 2/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 LW 23/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21. November 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Beitragszuschusses für die Zeit vom 01.01.2000 bis 31.01.2002 und dabei über die Berechnung des Einkommens nach § 34 Abs.4 iVm § 32 ALG.

Der 1959 geborene Kläger ist seit Juni 1992 in das Mitgliederverzeichnis der Beklagten aufgenommen. Er bewirtschaftet eine landwirtschaftliche Fläche von rund 27 Hektar sowie zusätzlich 47 Hektar forstwirtschaftliche Flächen.

Erstmals mit Bescheid vom 05.08.1993 gewährte die Beklagte ab 01.05.1993 einen Beitragszuschuss.

Bei den Angaben zum Einkommen gab der Kläger 1995 an, in den letzten vier Jahren keinen Einkommensteuerbescheid erhalten zu haben. Ab 01.01.1996 errechnete sich ein Beitragszuschuss von monatlich 70,00 DM, 1997 von 105,00 DM und 1998 64,00 DM.

Für 1998 gab der Kläger an, keinen Einkommensteuerbescheid erhalten zu haben, ebenso für 1999.

Im streitgegenständlichen Bescheid vom 19.01.2000 errechnete sich wegen der Herabsetzung der jährlichen Einkommensgrenze in § 32 Abs.1 ALG kein Beitragszuschuss mehr, da das Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft 37.815,00 DM betrug.

Durch persönliche Vorsprache am 27.01.2000 erhob der Kläger Widerspruch. Der dem Bescheid zugrunde liegende Einkommenswert aus Land- und Forstwirtschaft entspreche nicht den Tatsachen, da der tatsächliche Ertrag sowie die Verbindlichkeiten völlig unberücksichtigt blieben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Mit Schreiben vom 20.04.2000 erhob der Kläger dagegen Klage.

Diese begründete er damit, er erfülle die Voraussetzungen für einen Beitragszuschuss, da das Einkommen unter den geforderten 30.000,00 DM liege. Es müssten vom Einkommen die jährlichen Verbindlichkeiten von derzeit ca. 45.000,00 DM sowie Zinsen abgezogen werden. Nach einem Urteil des BSG stünden Landwirten auch dann Beitragszuschüsse zu, wenn sie keine Steuererklärung abgegeben haben. Da bei buchführungspflichtigen Landwirten die Verbindlichkeiten berücksichtigt werden, liege eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vor.

In der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2001 wurde dem Kläger aufgegeben, die Einkommensteuerunterlagen für das Jahr 1998 sowie die Folgejahre vorzulegen.

Dieser Auflage kam er nach; vorgelegt wurden die Anlagen zur Einkommensteuererklärung für 1998, eine Aufstellung der Gewinnermittlung nach § 13 a EStG und eine Berechnung der Einkommensteuer und Kirchensteuer für 1998 sowie die gleichen Unterlagen für 1999.

In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, noch keinen Steuerbescheid erhalten zu haben.

Mit Urteil vom 21.11.2001 wies das Sozialgericht die Klage ab. Das klageabweisende Urteil begründete es damit, dass nach § 34 Abs 4 iVm § 32 ALG beim nicht buchführungspflichtigen Kläger das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft aus dem Wirtschaftswert zu errechnen sei, so dass sich beim Kläger ein Arbeitseinkommen von 37.815,00 DM errechne. Damit sei die Einkommenshöchstgrenze von 30.000,00 DM ab 01.01.2000 überschritten. Dies stelle entgegen der Auffassung des Klägers keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar, denn der sachliche Grund für die unterschiedliche Behandlung der nichtbuchführungspflichtigen und der buchführungspflichtigen Landwirte liege in den Unterschieden bei den Gewinnermittlungsarten nach Steuerrecht. Dass dies Rechtens sei, habe das BSG im Urteil vom 08.10.1998 bereits ausdrücklich entschieden.

Die mit Schriftsatz vom 17.01.2002, eingegangen am selben Tag, gegen das am 04.01.2002 zugestellte Urteil eingelegte Berufung wurde im Schriftsatz vom 29.07.2002 begründet. Nach Auffassung des Klägerbevollmächtigten sei im Bescheid des Finanzamts S. vom 07.02. 2000 eine gesonderte Feststellung des verbliebenen Verlustvortrags zur Einkommensteuer in Höhe von 31.465,00 DM ausgewiesen. Von daher sei das in den Bescheiden festgestellte Einkommen in Höhe von 37.815,00 DM nicht mehr nachvollziehbar.

Die Beklagte erwiderte, der Kläger sei seit 01.06.1992 bei der Beklagten als Landwirt versicherungspflichtig. Wegen der Herabsetzung der Einkommenshöchstgrenze für den Beitragszuschuss ab 01.01.2000 habe sich kein Beitragszuschuss beim Kläger mehr errechnet. Da er angegeben habe, in den Jahren 1996 bis 1999 keinen Einkommensteuerbescheid erhalten zu haben, sei das Einkommen nach § 32 Abs 5 ALG zu ermitteln gewesen. Bei dieser Ermittlung habe sich ein Wirtschaftswert von 18.995,00 DM ergeben, so dass sich unter Berücksichtigung des Beziehungswertes ein Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft von 37.815,00 DM errechne. Somit bestehe kein Anspruch mehr auf Beitragszuschuss. Da der Kläger am 07.02.2000 vom Finanzamt S. einen Einkommensteuerbescheid für die Jahre 1998, 1999 und 2000 erhalten habe, sei nun der zeitnähere Steuerbescheid von 2000 maßgebend, mit der Folge, dass ihm aufgrund des nach Buchführungsgrundsätzen ermittelten Einkommens ab 01.02.2002 wieder ein Beitragszuschuss in Höhe von monatlich 112,00 EUR zustehe. Ab 01.01.2003 betrage der Beitragszuschuss 119,00 EUR (Bescheid vom 23.09.2002).

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21.11.2001 und den Bescheid der Beklagten vom 19.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 01.01.2000 bis 31.01.2002 Beitragszuschuss nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Landshut und des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

In der streitigen Zeit vom 01.01.2000 bis 31.01.2002 hat der Kläger keinen Anspruch auf Beitragszuschuss. Die Beklagte und das Sozialgericht haben zu Recht unter Anwendung der Berechnungsvorschrift der §§ 32 und 34 ALG den Anspruch in diesem Zeitraum verneint. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 12.08. 2003 zu Recht erklärt, dass die Bescheide vom 23.09.2002 und 01.08.2003 nicht Gegenstand des Verfahrens sind; der Kläger war durch diese Bescheide nicht beschwert, denn dort wurde erstmals der Beitragszuschuss nach Vorlage des Steuerbescheides für den Kläger als buchführungspflichtige Landwirt errechnet. Der streitgegenständliche Bescheid vom 19.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2000 erweist sich als zutreffend. Nach § 32 Abs.1 ALG haben versicherungspflichtige Landwirte Anspruch auf einen Zuschuss zu ihrem Beitrag, wenn das jährliche Einkommen 30.000,00 DM bzw. 15.500,00 EUR nicht übersteigt (§ 32 Abs.1 in der ab 01.01.2000 jeweils geltenden Fassung). Dabei hat sich die Einkommensgrenze des § 32 Abs.1 ALG zum Stichtag 01.01.2000 geändert. Bis zu diesem Zeitpunkt betrug das Einkommen, bis zu dessen Höhe Beitragszuschuss zustand, 40.000,00 DM. Diese Änderung der Einkommensgrenze ist auch der Grund dafür, dass sich beim Kläger bei gleichbleibenden Berechnungsgrundlagen eine Änderung im Anspruch ergeben hat. Der Kläger war ab In-Kraft-Treten des ALG bzw. seit seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht buchführungspflichtiger Landwirt. Er selbst hat angegeben, erst ab 2002 eine Steuererklärung gefertigt zu haben. Demzufolge ist unstreitig, dass der Kläger bis zum Jahre 2002, nämlich bis zur Vorlage des vom Finanzamt erstellten Steuerbescheides, als nicht buchführungspflichtiger Landwirt bei der Berechnung des Beitragszuschusses zu gelten hat. Die Beklagte hat deshalb zu Recht bei der Einkommensermittlung im Sinne des § 32 ALG die Berechnung nach Abs.3 iVm Abs.5 ALG durchgeführt. Dabei wird vom Kläger auch nicht bestritten, dass die Beklagte die dort niedergelegten Berechnungsfaktoren richtig angewandt hat. Der Kläger wendet grundsätzlich nur ein, dass es eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes darstelle, wenn bei nicht buchführungspflichtigen Landwirten negative Einkünfte sich nicht Erwerbseinkommen mindernd auswirken würden.

Wie die Beklagte und das Sozialgericht zu Recht ausgeführt haben, kann der Kläger mit diesen Einwendungen jedoch nicht gehört werden, denn die Einkommensermittlung nach § 32 Abs.5, 6 ALG bestimmt eindeutig, dass bei nicht buchführungspflichtigen Landwirten, also wenn der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nicht nach § 4 Abs.1 oder 3 Einkommensteuergesetz ermittelt wird, für Landwirte das Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft nach Abs.6 von der Alterskasse festgesetzt wird. Dabei wird das Arbeitseinkommen auf der Grundlage von Beziehungswerten ermittelt, die sich aus dem Wirtschaftswert und dem fünfjährigen Durchschnitt der Gewinne der für den Agrarbericht der Bundesregierung ausgewerteten landwirtschaftlichen Testbetriebe ergeben (§ 32 Abs.6 Ziffer 1). Das Gesetz unterscheidet hierbei nach verschiedenen Gruppen, die sich an der Größe und dem evtl. vorhandenen außerbetrieblichen Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen orientieren. Dass diese Einkommensermittlung grundsätzlich wirksam und ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht vom Gesetzgeber so festgesetzt werden konnte, hat das BSG bereits in der Entscheidung vom 08.10.1998 (B 10 LW 1/97 R) entschieden. Das BSG hat sich dabei vor allem auf die Begründung zum ASRG (BT-Drucksache 12/5700 S.67) bezogen. Danach kann der für den Beitragszuschuss maßgebende korrigierte Wirtschaftswert durch Übergang zur Buchführung widerlegt werden. Dieser "mittelbare" Anreiz zur Buchführung überzugehen, wurde "als ordnungspolitisch erwünschter Nebeneffekt begrüßt" (Rombach, Alterssicherung der Landwirte, 1995 S.220). Das heißt also, sofern der Landwirt mit den für ihn evtl. ungünstigen Regelungen nicht einverstanden ist, hat er es selbst in der Hand, durch Buchführungspflicht die für ihn günstigere Lösung herbeizuführen. Das BSG hat aber ausdrücklich betont, dass die vom Gesetzgeber gewählte Regelung weder gegen den Gleichheitsgrundsatz von Art.3 Abs.1 GG noch gegen das Sozialstaatsprinzip des Art.20 Abs.1 GG verstößt. Es hat ausgeführt, dass eine Differenzierung im Allgemeinen verfassungsrechtlich nur dann nicht zu beanstanden sei, wenn für sie Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Diese unterschiedliche Behandlung von Landwirten, deren Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Abs.1 oder 3 Einkommensteuergesetz ermittelt worden ist, gegenüber solchen, bei denen es nicht der Fall ist, stelle keine Verletzung des Grundgesetzes dar. Das BSG hat dann weiter ausgeführt, dass hier der Landwirt durch seine Buchführung den Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben errechne. Es handle sich dabei also um eine konkrete Berechnung, bei der Ist-Ausgaben und -einnahmen berücksichtigt werden. Dagegen erfolge die Durchschnitts-Gewinnermittlung nach § 13 a EStG im Wege eines pauschalierten Verfahrens und knüpfe in erster Linie an den am Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes orientierten Grundbetrag und den Wert der Arbeitsleistung an, ohne dass der tatsächliche Gewinn zuverlässig erfasst werde. Deshalb könnten Landwirte, die nach diesem Verfahren wirtschafteten, nicht gleichbehandelt werden mit den Landwirten, bei denen durch Buchführungspflicht der tatsächliche Gewinn nachgewiesen sei. Da die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen keine realitätsnahen Rückschlüsse auf die betriebsindividuelle Leistungsfähigkeit ermögliche, sei es sachlich gerechtertigt, nur die Besteuerung nach § 4 Abs.1 oder 3 EStG zu einer gegenüber dem korrigierten Wirtschaftswert (§ 32 Abs.6 ALG) vorrangigen Grundlage der Einkommensermittlung zu machen (BSG aaO). § 32 Abs.5 und 6 ALG stelle somit eine sachgerechte Methode zur Feststellung des Arbeitseinkommens bei nicht buchführungspflichtigen Landwirten dar. Da der Kläger diese Art der Besteuerung zunächst gewählt hat, ist solange an diesem Verhalten festzuhalten, bis er gegenüber dem Finanzamt durch Abgabe einer Steurerklärung einen anderen Einkommensnachweis gewählt hat. Dies ist in dem nicht streitgegenständlichen Bescheid ab Januar 2002 berücksichtigt. Aufgrund der ausführlichen Darstellung der verfassungsgemäßen Regelung des § 32 ALG kann der Senat keine Verstöße gegen Rechte des Klägers feststellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind im Hinblick auf das zitierte Urteil des BSG, das zu dieser Problematik in diesem bzw. weiteren Urteilen bereits Stellung genommen hat, nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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