Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 696/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 422/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 253/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. November 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für 54 Tage im Jahr 1996 und 23 Tage im Jahr 1997 wegen Ortsabwesenheit und die Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von DM 9.423,60 und Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von DM 1.933,46 und Beiträgen zur Pflegeversicherung in Höhe von DM 220,04 streitig.
Der 1944 geborene Kläger meldete sich nach einer Tätigkeit als Finanzleiter bei der Firma N.L. & Co. GmbH vom 30.05.1994 bis 30.09.1995 am 09.10.1995 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg). Die Frage nach einer selbständigen Tätigkeit verneinte er. Mit Bescheid vom 13.11.1995 bewilligte die Beklagte antragsgemäß Alg ab 09.10.1995, welches der Kläger bis zum 05.10.1997 bezog.
Im Arbeitslosenhilfe-Antrag (Alhi) vom 12.08.1996 bejahte der Kläger die Frage nach einer selbstständigen Tätigkeit. Ergänzend gab er an, selbstverständlich bemühe er sich persönlich intensivst um eine neue Aktivität als Einnahmequelle. Er versuche derzeit eine neue Existenzgründung als Berater, basierend auf seiner internationalen Erfahrung, und Kontakten zu Institutionen und Personen in diversen Ländern. Insofern "übe er eine selbstständige Tätigkeit aus", verzeichne jedoch bislang keinerlei Einnahmen. Den Umfang seiner selbstständigen Tätigkeit bewertete er mit wöchentlich zehn Arbeitsstunden.
Aus Unterlagen des Finanzamtes erfuhr die Beklagte im Juni 1998, dass der Kläger seit 1995 versucht hatte, als Unternehmensberater Geschäftsbeziehungen in südamerikanischen Ländern und Spanien aufzubauen und er in Argentinien mehrere Firmen betreute.
Nach erfolgter Anhörung hob die Beklagte mit Bescheid vom 19.10.1998 daraufhin die Bewilligung von Alg ab 09.10.1995 ganz auf. Aufgrund der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die nach den vorliegenden Unterlagen des Finanzamtes einen erheblichen Aufwand erfordert habe und erfordere, sei davon auszugehen, dass er zu keinem Zeitpunkt arbeitslos gewesen sei und für eine Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Entscheidung über die Bewilligung von Alg/Alhi werde somit ganz zurückgenommen. Die fehlerhafte Leistungsbewilligung sei nur deshalb erfolgt, weil er in allen gestellten Anträgen bis zum 12.08.1996 die Frage nach der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit verneint habe. Es liege ein Rücknahmetatbestand nach § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Die Aufhebung sei den Umständen nach auch für die Vergangenheit vorzunehmen. Die ohne Rechtsgrund erhaltenen Leistungen seien deshalb zu erstatten.
Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs führte der Kläger im Wesentlichen aus, der Bescheid sei aufzuheben, da die Voraussetzungen des § 45 SGB X offensichtlich nicht vorlägen.
Mit Schreiben vom 12.11.1998 erstattete die Beklagte Strafanzeige wegen des Verdachts des Betruges bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I.
Am 22.08.2001 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Kläger wegen Betrugs, wobei das Verfahren im Hinblick auf dieses Berufungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
Nach einer Durchsuchung der Wohnung des Klägers am 15.01.1999, bei der umfangreiche Unterlagen sichergestellt wurden, hob die Beklagte sodann unter Abänderung des Bescheides vom 19.10.1998 mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2000 die Entscheidung über die Bewilligung von Alg für 54 Tage im Jahr 1996 und 23 Tage im Jahr 1997 auf, weil sich der Kläger nach den Unterlagen des Finanzamtes, die den Steuererklärungen für die Jahre 1996 und 1997 beigefügt waren, im In- und Ausland aufgehalten habe, ohne diese Zeiten der Ortsabwesenheit durch die Arbeitsvermittlung genehmigen zu lassen. Der Kläger habe während dieser Tage der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden und habe damit keinen Anspruch auf Alg. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, Alg in Höhe von insgesamt DM 9.423,60 sowie die Beiträge zur Krankenversicherung von DM 1.933,46 und die Beiträge zur Pflegeversicherung von DM 220,04 zu erstatten. An der Erstattungspflicht ändere auch der Einwand nichts, dass seine Ortsabwesenheit dadurch bedingt gewesen sei, dass er im Ausland nach Beschäftigungsmöglichkeiten gesucht habe. Da er während der Dauer der nichtgenehmigten Ortsabwesenheit der Arbeitsvermittlung gem. § 103 Abs.1 Satz 1 Nr.3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht zur Verfügung gestanden habe, habe er während dieser Zeit auch keinen Anspruch auf Leistungen. Nach dem Merkblatt für Arbeitslose habe er wissen müssen, dass er das Arbeitsamt sofort zu benachrichtigen habe, wenn er seinen Wohnort für einige Tage verlasse. Ebenso habe er dem Merkblatt entnehmen können, dass die Postübermittlung durch Familienangehörige nicht den Anforderungen der Erreichbarkeit genüge.
Zur Begründung seiner dagegen zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 19.10.1998 sei aufzuheben, da die Voraussetzungen gemäß § 48 SGB X nicht vorgelegen hätten. Er habe dem Arbeitsamt mit Schreiben vom 17.08.1996 mitgeteilt, dass er auf der Suche als Berater in selbstständiger oder angestellter Tätigkeit im internationalen Verkehr in diversen Ländern sei und Kontakte in diversen Ländern pflege. Darüber hinaus habe er auch während der folgenden Besuche beim Arbeitsamt wiederholt mitgeteilt, dass er sich immer wieder zu ausländischen Firmen begebe, um entweder als freier Handelsvertreter sich eine langfristige Einnahmequelle zu schaffen oder eine Anstellung bei ausländischen Firmen zu suchen. Er sei aufgrund des rechtlich geschützten Freizügigkeitsgrundsatzes davon ausgegangen, dass die Beschäftigungssuche sich im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft zwingend festgeschriebenen Freizügigkeit bewege, auch Reisen, die zur Förderung einer Erwerbstätigkeit in einem anderen EU-Land führen und zur Verbesserung der Vermittlungsmöglichkeit dienen, nicht zum Wegfall des Anspruchs auf Alg führen würden. Folglich habe er davon ausgehen dürfen, dass die in der Regel kurzen Aufenthalte einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Tätigkeit dienen und nicht zum Wegfall des Alg führen. Gemäß § 1 Abs.3 der Erreichbarkeitsanordnung würden gerade Abwesenheiten, die der Arbeitsuche gedient hätten, nicht der Verfügbarkeit des Arbeitsamtes entgegenstehen. Vielmehr sei das Arbeitsamt gemäß § 3 der Erreichbarkeitsanordnung gehalten, einer Abwesenheit des Arbeitslosen von drei Wochen zuzustimmen, soweit dies einer Vermittelbarkeit des Arbeitslosen nicht entgegenstehe. Gemäß § 3 Abs.2 Erreichbarkeitsanordnung müsste die Beklagte das Ziel haben, einen Arbeitslosen beruflich wiedereinzugliedern. Es könne daher nicht angehen, dass ein Arbeitsloser, der auf eigene Kosten sich um eine Erwerbsquelle kümmere und Kontakte zu ausländischen Firmen pflege, dafür bestraft werde, dass er nicht tatenlos am Arbeitsamt sitze, sondern Eigeninitiative entwickle, um die Arbeitslosigkeit zu beenden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte bei der hier streitgegenständlichen Entscheidung rechtsfehlerhaft europäische Normen nicht angewandt habe, insbesondere Art.69 EWG-Verordnung 1408/71 und die EWG-Verordnung Nr.574/72. Danach verliere der Arbeitslose nicht seinen Anspruch auf Alg, wenn er sich im EU-Ausland um eine Arbeitsstelle bemühe. Gemäß Art.83 Abs.2 Satz 3 EWG-VO 574/72 sei die Beklagte zwingend verpflichtet gewesen, ihn zu informieren, welche Rechte und Pflichten er im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes zur Arbeitssuche habe. Eine Unterrichtung sei nicht erfolgt, weshalb er auf Grund des sogenannten sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruchs so zu stellen sei, als wenn sich das Arbeitsamt München entsprechend der EWG-VO verhalten hätte. Vorsorglich werde um Vorlage des Verfahrens wegen der Folgen der Verletzung von Art.83 Verordnung Nr.574/72 beim Europäischen Gerichtshof nachgesucht.
Die Beklagte hat dagegen im Wesentlichen eingewandt, hier seien nicht die Vorschriften der zitierten Erreichbarkeitsanordnung vom 23.10.1997, in Kraft getreten ab 01.01.1998, maßgebend, sondern die der Aufenthaltsanordnung (in Kraft bis 31.12.1997). Die Vorschriften der Aufenthaltsanordnung seien nicht identisch mit denen der Erreichbarkeitsanordnung. Die zitierten Artikel der EWG-VO 1408/71 und EWG-VO 574/72 seien hier nicht einschlägig. Im Übrigen habe hier auch eine Anhörung stattgefunden. Sein Bevollmächtigter habe gegen das Anhörungsschreiben vom 28.09.1998 Widerspruch eingelegt. Mit Schreiben vom 20.12.1999, das zwar nicht als Anhörung betitelt gewesen sei, sei ihm nochmals Gelegenheit gegeben worden, sich zu äußern. Die sei auch mit Schriftsatz vom 18.01.2000 geschehen. Auf Grund dieser Stellungnahme sei der hier streitige Widerspruchsbescheid ergangen.
Mit Urteil vom 23.11.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Dabei hat es im Wesentlichen in seinen Entscheidungsgründen auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 20.04.2000 Bezug genommen.
Zur Begründung seiner Berufung verweist der Kläger im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.11.2001 sowie dien Bescheid dvom 19.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch sie beruft sich im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Das Urteil des SG München vom 23.11.2001 sowie der abgeänderte Bescheid der Beklagten vom 19.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2000 entsprechen der Sach- und Rechtslage und waren von daher nicht zu beanstanden.
Denn der Kläger ist gemäß §§ 45 Abs.2 Satz 2, 50 SGB X i.V.m. §§ 117, 119, 330 Abs.2, 335 Abs.1 und 335 Abs.5 SGB III verpflichtet, für 54 Tage im Jahr 1996 und 23 Tage im Jahr 1997 zu Unrecht erhaltenes Alg in Höhe von DM 9.423,60, KV-Beiträge in Höhe von DM 1.933,46 und Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von DM 220,04 zu erstatten.
Nach § 45 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, auch im Falle seiner Unanfechtbarkeit nur unter den Voraussetzungen der Abs.2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs.2 Nr.2 SGB X kann ein Begünstigter auf Vertrauen sich nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Bei seiner Arbeitslosmeldung am 09.10.1995 verneinte der Kläger die Frage nach einer selbstständigen Tätigkeit. Dementsprechend wurde ihm mit Bescheid vom 13.11.1995 antragsgemäß Alg bewilligt. Erst im weiteren Antrag vom 12.08.1996 bejahte der Kläger die Frage nach einer selbstständigen Tätigkeit, wobei er den Arbeitsaufwand mit zehn Stunden wöchentlich bewertete. Im Juni 1998 erfuhr die Beklagte, dass der Kläger seit 1995 versucht hatte, als Unternehmensberater Geschäftsbeziehungen in südamerikanischen Ländern und Spanien aufzubauen und in Argentinien mehrere Firmen betreute. So gab er gegenüber dem Finanzamt im Einzelnen an: Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit: Wie bereits im Jahre 1995 versuche er auch im Jahr 1996 im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit als Unternehmensberater Geschäftsbeziehungen in südamerikanischen Ländern und Spanien aufzubauen. Hierbei nutze er seine langjährigen Erfahrungen aus seiner früheren Tätigkeit in diesen Ländern.
Die sich aus den Steuerunterlagen ergebenden einzelnen Aktivitäten und die damit verbundenen Ortsabwesenheiten hat der Kläger pflichtwidrig der Beklagten nicht mitgeteilt, obwohl er durch das Merkblatt für Arbeitslose hinreichend über seine Pflichten informiert worden war. Der durchaus wegen der Arbeitsmarktlage für gut geheißene Kontaktaufbau für die künftige Ausübung einer selbständigen Tätigkeit hat den Kläger jedoch nicht von einer vorherigen Anzeige einer Ortsabwesenheit, durch die er unter der von ihm angegebenen Anschrift nicht mehr erreichbar im Sinne der hier anzuwendenen Aufenthaltsanordnung war, entbunden.
Etwas anderes folgt auch nicht aus den Angaben des Klägers vom 17.08.1996, wo es heißt: "Selbstverständlich bemühe ich mich persönlich intenstivst um eine neue Aktivität als Einnahmequelle. Ich versuche derzeit - ich habe vom Arbeitsamt bislang nicht ein einziges Angebot erhalten - eine neue Existensgründung als Berater, basierend auf meinen internationalen Erfahrungen, um Kontakte zu Institutionen und Personen in diversen Ländern. Insofern "übe ich eine selbständige Tätigkeit aus", verzeichne jedoch bislang keinerlei Einnahmen. Diesen Angaben konnte die Beklagte nicht entnehmen, dass sich der Kläger häufig im Ausland aufhielt. Auch aus den Beratungsvermerken der Beklagten ergibt sich nichts anderes. Unter dem 10.09.1996 ist "lediglich" festgehalten, dass sich der Kläger eventuell selbständig machen wolle (Kontaktvermittlung zu spanischen Firmen), dass er nach Überbrückungsgeld gefragt habe, worüber er dann auch informiert worden sei, ihm ein entsprechendes Merkblatt ausgehändigt wurde und er auf die rechtzeitige Antragstellung hingewiesen wurde. Unter dem 17.02.1997 heißt es: "Anruf - keine Änderung, ist bei diversen Zeitmangementagenturen vorgemerkt, versucht deswegen, sich selbständig zu machen."
Entgegen der Auffassung des Klägers folgt aus diesen Angaben keine Verpflichtung der Beklagten, ihn weiter aufzuklären, da diesen Angaben gerade nicht eine häufige Ortsabwesenheit zu entnehmen war.
Während der hier in Frage stehenden Zeiträume - sie betreffen die Jahre 1996 und 1997 - war der Kläger nicht arbeitslos, §§ 101, 101 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Denn bis zum 31.12.1997 galt die Aufenthaltsanordnung. Nach § 1 Satz 1 dieser VO muss das Arbeitsamt den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift, erreichen können. Nach § 3 der VO wird die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung "lediglich" bis zu drei Wochen im Jahr fingiert, wenn vorher vom Arbeitsamt festgestellt wurde, dass dadurch in dieser Zeit die Vermittlung in Arbeit etc. nicht beeinträchtigt wird.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist bezüglich der hier streitigen Zeiträume die ab 01.01.1998 gültige Rechtslage nach der Erreichbarkeitsanordnung zu § 119 SGB III nicht anwendbar, denn hier sind die Vorschriften des AFG anzuwenden, nachdem das 3. Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) erst zum 01.01.1998 in Kraft getreten ist und somit die zu § 119 SGB III erlassene Erreichbarkeitsanordnung nicht herangezogen werden kann. Im Übrigen betrifft der vom Kläger zitierte § 1 Abs.3 der Erreichbarkeitsanordnung nicht den hier vorliegenden Sachverhalt, sondern z.B. die Klärung der Rechtmäßigkeit von Alg-Zahlungen für Zeiten nachgewiesener Vorstellungstermine, auf Grund derer der Leistungsempfänger Vorschlägen des Arbeitsamtes nicht zeitnah Folge leisten konnte. Das setzt aber u.a. voraus, dass eventuelle auswärtige Abwesenheitszeiten bereits dem Arbeitsamt im Vorfeld angezeigt werden, um deren Unschädlichkeit für den Leistungsbezug feststellen zu können.
Der Rechtsauffassung des Klägers, der Rechtsstreit wäre dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung der Frage vorzulegen, ob Art.69 VO (EWG) Nr.1408/71 und Art.83 der dazu ergangenen Durchführungsanordnung 574/72 für den vorliegenden Fall so auszulegen wären, als müssten die festgestellten Abwesenheitszeiten als Arbeitssuche in den Mitgliedstaaten anerkannt werden, kann nicht beigetreten werden, da diese Rechtsfrage hier nicht zu klären ist. Art.69 VO (EWG) 1408/71 regelt insoweit den Bezug von Leistungen während Arbeitslosigkeit in Zeiten, in denen sich der Betroffene in einen anderen Mitgliedstaat zur Arbeitssuche begibt. Voraussetzung für dessen Anwendung ist, dass der Betroffene beim Leistungsträger den auswärtigen Aufenthalt anzeigt, und erst recht, dass die in Art.69 a.a.O. genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählt u.a., dass sich der Betroffene bei dem zuständigen Leistungsträger im Mitgliedsstaat der Arbeitssuche meldet, was beim Kläger nicht der Fall war. Nachdem der Kläger aber gegenüber der Beklagten gar nicht angezeigt hatte, wann er ggf. nach Spanien zur "Kontaktaufnahme" ausreiste, konnte er weder über die überstaatlichen Regelungen nach Art.69 a.a.O. aufgeklärt werden, noch konnte vorab geklärt werden, ob ein erforderlicher Aufenthalt im Ausland über die sog. Urlaubsregelung mit Leistungen abgedeckt werden konnte. Zudem lagen hier auch Zeiten des Aufenthalts in Argentinien zu Grunde, welches kein Mitgliedstaat in der EU ist. Aus den Ausführungen ergibt sich, dass hier keine Verpflichtung der Beklagten bestand, den Kläger über die genannten Möglichkeiten aufzuklären, nachdem dieser gerade nicht bekannt war, dass sich der Kläger häufig im Ausland aufhielt. Wie vom Kläger begehrt, lässt sich hieraus somit auch kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch begründen.
Somit war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für 54 Tage im Jahr 1996 und 23 Tage im Jahr 1997 wegen Ortsabwesenheit und die Erstattung von Arbeitslosengeld in Höhe von DM 9.423,60 und Krankenversicherungsbeiträgen in Höhe von DM 1.933,46 und Beiträgen zur Pflegeversicherung in Höhe von DM 220,04 streitig.
Der 1944 geborene Kläger meldete sich nach einer Tätigkeit als Finanzleiter bei der Firma N.L. & Co. GmbH vom 30.05.1994 bis 30.09.1995 am 09.10.1995 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg). Die Frage nach einer selbständigen Tätigkeit verneinte er. Mit Bescheid vom 13.11.1995 bewilligte die Beklagte antragsgemäß Alg ab 09.10.1995, welches der Kläger bis zum 05.10.1997 bezog.
Im Arbeitslosenhilfe-Antrag (Alhi) vom 12.08.1996 bejahte der Kläger die Frage nach einer selbstständigen Tätigkeit. Ergänzend gab er an, selbstverständlich bemühe er sich persönlich intensivst um eine neue Aktivität als Einnahmequelle. Er versuche derzeit eine neue Existenzgründung als Berater, basierend auf seiner internationalen Erfahrung, und Kontakten zu Institutionen und Personen in diversen Ländern. Insofern "übe er eine selbstständige Tätigkeit aus", verzeichne jedoch bislang keinerlei Einnahmen. Den Umfang seiner selbstständigen Tätigkeit bewertete er mit wöchentlich zehn Arbeitsstunden.
Aus Unterlagen des Finanzamtes erfuhr die Beklagte im Juni 1998, dass der Kläger seit 1995 versucht hatte, als Unternehmensberater Geschäftsbeziehungen in südamerikanischen Ländern und Spanien aufzubauen und er in Argentinien mehrere Firmen betreute.
Nach erfolgter Anhörung hob die Beklagte mit Bescheid vom 19.10.1998 daraufhin die Bewilligung von Alg ab 09.10.1995 ganz auf. Aufgrund der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die nach den vorliegenden Unterlagen des Finanzamtes einen erheblichen Aufwand erfordert habe und erfordere, sei davon auszugehen, dass er zu keinem Zeitpunkt arbeitslos gewesen sei und für eine Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe. Die Entscheidung über die Bewilligung von Alg/Alhi werde somit ganz zurückgenommen. Die fehlerhafte Leistungsbewilligung sei nur deshalb erfolgt, weil er in allen gestellten Anträgen bis zum 12.08.1996 die Frage nach der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit verneint habe. Es liege ein Rücknahmetatbestand nach § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor. Die Aufhebung sei den Umständen nach auch für die Vergangenheit vorzunehmen. Die ohne Rechtsgrund erhaltenen Leistungen seien deshalb zu erstatten.
Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs führte der Kläger im Wesentlichen aus, der Bescheid sei aufzuheben, da die Voraussetzungen des § 45 SGB X offensichtlich nicht vorlägen.
Mit Schreiben vom 12.11.1998 erstattete die Beklagte Strafanzeige wegen des Verdachts des Betruges bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I.
Am 22.08.2001 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Kläger wegen Betrugs, wobei das Verfahren im Hinblick auf dieses Berufungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
Nach einer Durchsuchung der Wohnung des Klägers am 15.01.1999, bei der umfangreiche Unterlagen sichergestellt wurden, hob die Beklagte sodann unter Abänderung des Bescheides vom 19.10.1998 mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2000 die Entscheidung über die Bewilligung von Alg für 54 Tage im Jahr 1996 und 23 Tage im Jahr 1997 auf, weil sich der Kläger nach den Unterlagen des Finanzamtes, die den Steuererklärungen für die Jahre 1996 und 1997 beigefügt waren, im In- und Ausland aufgehalten habe, ohne diese Zeiten der Ortsabwesenheit durch die Arbeitsvermittlung genehmigen zu lassen. Der Kläger habe während dieser Tage der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden und habe damit keinen Anspruch auf Alg. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, Alg in Höhe von insgesamt DM 9.423,60 sowie die Beiträge zur Krankenversicherung von DM 1.933,46 und die Beiträge zur Pflegeversicherung von DM 220,04 zu erstatten. An der Erstattungspflicht ändere auch der Einwand nichts, dass seine Ortsabwesenheit dadurch bedingt gewesen sei, dass er im Ausland nach Beschäftigungsmöglichkeiten gesucht habe. Da er während der Dauer der nichtgenehmigten Ortsabwesenheit der Arbeitsvermittlung gem. § 103 Abs.1 Satz 1 Nr.3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht zur Verfügung gestanden habe, habe er während dieser Zeit auch keinen Anspruch auf Leistungen. Nach dem Merkblatt für Arbeitslose habe er wissen müssen, dass er das Arbeitsamt sofort zu benachrichtigen habe, wenn er seinen Wohnort für einige Tage verlasse. Ebenso habe er dem Merkblatt entnehmen können, dass die Postübermittlung durch Familienangehörige nicht den Anforderungen der Erreichbarkeit genüge.
Zur Begründung seiner dagegen zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 19.10.1998 sei aufzuheben, da die Voraussetzungen gemäß § 48 SGB X nicht vorgelegen hätten. Er habe dem Arbeitsamt mit Schreiben vom 17.08.1996 mitgeteilt, dass er auf der Suche als Berater in selbstständiger oder angestellter Tätigkeit im internationalen Verkehr in diversen Ländern sei und Kontakte in diversen Ländern pflege. Darüber hinaus habe er auch während der folgenden Besuche beim Arbeitsamt wiederholt mitgeteilt, dass er sich immer wieder zu ausländischen Firmen begebe, um entweder als freier Handelsvertreter sich eine langfristige Einnahmequelle zu schaffen oder eine Anstellung bei ausländischen Firmen zu suchen. Er sei aufgrund des rechtlich geschützten Freizügigkeitsgrundsatzes davon ausgegangen, dass die Beschäftigungssuche sich im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft zwingend festgeschriebenen Freizügigkeit bewege, auch Reisen, die zur Förderung einer Erwerbstätigkeit in einem anderen EU-Land führen und zur Verbesserung der Vermittlungsmöglichkeit dienen, nicht zum Wegfall des Anspruchs auf Alg führen würden. Folglich habe er davon ausgehen dürfen, dass die in der Regel kurzen Aufenthalte einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Tätigkeit dienen und nicht zum Wegfall des Alg führen. Gemäß § 1 Abs.3 der Erreichbarkeitsanordnung würden gerade Abwesenheiten, die der Arbeitsuche gedient hätten, nicht der Verfügbarkeit des Arbeitsamtes entgegenstehen. Vielmehr sei das Arbeitsamt gemäß § 3 der Erreichbarkeitsanordnung gehalten, einer Abwesenheit des Arbeitslosen von drei Wochen zuzustimmen, soweit dies einer Vermittelbarkeit des Arbeitslosen nicht entgegenstehe. Gemäß § 3 Abs.2 Erreichbarkeitsanordnung müsste die Beklagte das Ziel haben, einen Arbeitslosen beruflich wiedereinzugliedern. Es könne daher nicht angehen, dass ein Arbeitsloser, der auf eigene Kosten sich um eine Erwerbsquelle kümmere und Kontakte zu ausländischen Firmen pflege, dafür bestraft werde, dass er nicht tatenlos am Arbeitsamt sitze, sondern Eigeninitiative entwickle, um die Arbeitslosigkeit zu beenden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte bei der hier streitgegenständlichen Entscheidung rechtsfehlerhaft europäische Normen nicht angewandt habe, insbesondere Art.69 EWG-Verordnung 1408/71 und die EWG-Verordnung Nr.574/72. Danach verliere der Arbeitslose nicht seinen Anspruch auf Alg, wenn er sich im EU-Ausland um eine Arbeitsstelle bemühe. Gemäß Art.83 Abs.2 Satz 3 EWG-VO 574/72 sei die Beklagte zwingend verpflichtet gewesen, ihn zu informieren, welche Rechte und Pflichten er im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes zur Arbeitssuche habe. Eine Unterrichtung sei nicht erfolgt, weshalb er auf Grund des sogenannten sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruchs so zu stellen sei, als wenn sich das Arbeitsamt München entsprechend der EWG-VO verhalten hätte. Vorsorglich werde um Vorlage des Verfahrens wegen der Folgen der Verletzung von Art.83 Verordnung Nr.574/72 beim Europäischen Gerichtshof nachgesucht.
Die Beklagte hat dagegen im Wesentlichen eingewandt, hier seien nicht die Vorschriften der zitierten Erreichbarkeitsanordnung vom 23.10.1997, in Kraft getreten ab 01.01.1998, maßgebend, sondern die der Aufenthaltsanordnung (in Kraft bis 31.12.1997). Die Vorschriften der Aufenthaltsanordnung seien nicht identisch mit denen der Erreichbarkeitsanordnung. Die zitierten Artikel der EWG-VO 1408/71 und EWG-VO 574/72 seien hier nicht einschlägig. Im Übrigen habe hier auch eine Anhörung stattgefunden. Sein Bevollmächtigter habe gegen das Anhörungsschreiben vom 28.09.1998 Widerspruch eingelegt. Mit Schreiben vom 20.12.1999, das zwar nicht als Anhörung betitelt gewesen sei, sei ihm nochmals Gelegenheit gegeben worden, sich zu äußern. Die sei auch mit Schriftsatz vom 18.01.2000 geschehen. Auf Grund dieser Stellungnahme sei der hier streitige Widerspruchsbescheid ergangen.
Mit Urteil vom 23.11.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Dabei hat es im Wesentlichen in seinen Entscheidungsgründen auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 20.04.2000 Bezug genommen.
Zur Begründung seiner Berufung verweist der Kläger im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.11.2001 sowie dien Bescheid dvom 19.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch sie beruft sich im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Das Urteil des SG München vom 23.11.2001 sowie der abgeänderte Bescheid der Beklagten vom 19.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2000 entsprechen der Sach- und Rechtslage und waren von daher nicht zu beanstanden.
Denn der Kläger ist gemäß §§ 45 Abs.2 Satz 2, 50 SGB X i.V.m. §§ 117, 119, 330 Abs.2, 335 Abs.1 und 335 Abs.5 SGB III verpflichtet, für 54 Tage im Jahr 1996 und 23 Tage im Jahr 1997 zu Unrecht erhaltenes Alg in Höhe von DM 9.423,60, KV-Beiträge in Höhe von DM 1.933,46 und Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von DM 220,04 zu erstatten.
Nach § 45 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, auch im Falle seiner Unanfechtbarkeit nur unter den Voraussetzungen der Abs.2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs.2 Nr.2 SGB X kann ein Begünstigter auf Vertrauen sich nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Bei seiner Arbeitslosmeldung am 09.10.1995 verneinte der Kläger die Frage nach einer selbstständigen Tätigkeit. Dementsprechend wurde ihm mit Bescheid vom 13.11.1995 antragsgemäß Alg bewilligt. Erst im weiteren Antrag vom 12.08.1996 bejahte der Kläger die Frage nach einer selbstständigen Tätigkeit, wobei er den Arbeitsaufwand mit zehn Stunden wöchentlich bewertete. Im Juni 1998 erfuhr die Beklagte, dass der Kläger seit 1995 versucht hatte, als Unternehmensberater Geschäftsbeziehungen in südamerikanischen Ländern und Spanien aufzubauen und in Argentinien mehrere Firmen betreute. So gab er gegenüber dem Finanzamt im Einzelnen an: Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit: Wie bereits im Jahre 1995 versuche er auch im Jahr 1996 im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit als Unternehmensberater Geschäftsbeziehungen in südamerikanischen Ländern und Spanien aufzubauen. Hierbei nutze er seine langjährigen Erfahrungen aus seiner früheren Tätigkeit in diesen Ländern.
Die sich aus den Steuerunterlagen ergebenden einzelnen Aktivitäten und die damit verbundenen Ortsabwesenheiten hat der Kläger pflichtwidrig der Beklagten nicht mitgeteilt, obwohl er durch das Merkblatt für Arbeitslose hinreichend über seine Pflichten informiert worden war. Der durchaus wegen der Arbeitsmarktlage für gut geheißene Kontaktaufbau für die künftige Ausübung einer selbständigen Tätigkeit hat den Kläger jedoch nicht von einer vorherigen Anzeige einer Ortsabwesenheit, durch die er unter der von ihm angegebenen Anschrift nicht mehr erreichbar im Sinne der hier anzuwendenen Aufenthaltsanordnung war, entbunden.
Etwas anderes folgt auch nicht aus den Angaben des Klägers vom 17.08.1996, wo es heißt: "Selbstverständlich bemühe ich mich persönlich intenstivst um eine neue Aktivität als Einnahmequelle. Ich versuche derzeit - ich habe vom Arbeitsamt bislang nicht ein einziges Angebot erhalten - eine neue Existensgründung als Berater, basierend auf meinen internationalen Erfahrungen, um Kontakte zu Institutionen und Personen in diversen Ländern. Insofern "übe ich eine selbständige Tätigkeit aus", verzeichne jedoch bislang keinerlei Einnahmen. Diesen Angaben konnte die Beklagte nicht entnehmen, dass sich der Kläger häufig im Ausland aufhielt. Auch aus den Beratungsvermerken der Beklagten ergibt sich nichts anderes. Unter dem 10.09.1996 ist "lediglich" festgehalten, dass sich der Kläger eventuell selbständig machen wolle (Kontaktvermittlung zu spanischen Firmen), dass er nach Überbrückungsgeld gefragt habe, worüber er dann auch informiert worden sei, ihm ein entsprechendes Merkblatt ausgehändigt wurde und er auf die rechtzeitige Antragstellung hingewiesen wurde. Unter dem 17.02.1997 heißt es: "Anruf - keine Änderung, ist bei diversen Zeitmangementagenturen vorgemerkt, versucht deswegen, sich selbständig zu machen."
Entgegen der Auffassung des Klägers folgt aus diesen Angaben keine Verpflichtung der Beklagten, ihn weiter aufzuklären, da diesen Angaben gerade nicht eine häufige Ortsabwesenheit zu entnehmen war.
Während der hier in Frage stehenden Zeiträume - sie betreffen die Jahre 1996 und 1997 - war der Kläger nicht arbeitslos, §§ 101, 101 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Denn bis zum 31.12.1997 galt die Aufenthaltsanordnung. Nach § 1 Satz 1 dieser VO muss das Arbeitsamt den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift, erreichen können. Nach § 3 der VO wird die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung "lediglich" bis zu drei Wochen im Jahr fingiert, wenn vorher vom Arbeitsamt festgestellt wurde, dass dadurch in dieser Zeit die Vermittlung in Arbeit etc. nicht beeinträchtigt wird.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist bezüglich der hier streitigen Zeiträume die ab 01.01.1998 gültige Rechtslage nach der Erreichbarkeitsanordnung zu § 119 SGB III nicht anwendbar, denn hier sind die Vorschriften des AFG anzuwenden, nachdem das 3. Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) erst zum 01.01.1998 in Kraft getreten ist und somit die zu § 119 SGB III erlassene Erreichbarkeitsanordnung nicht herangezogen werden kann. Im Übrigen betrifft der vom Kläger zitierte § 1 Abs.3 der Erreichbarkeitsanordnung nicht den hier vorliegenden Sachverhalt, sondern z.B. die Klärung der Rechtmäßigkeit von Alg-Zahlungen für Zeiten nachgewiesener Vorstellungstermine, auf Grund derer der Leistungsempfänger Vorschlägen des Arbeitsamtes nicht zeitnah Folge leisten konnte. Das setzt aber u.a. voraus, dass eventuelle auswärtige Abwesenheitszeiten bereits dem Arbeitsamt im Vorfeld angezeigt werden, um deren Unschädlichkeit für den Leistungsbezug feststellen zu können.
Der Rechtsauffassung des Klägers, der Rechtsstreit wäre dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung der Frage vorzulegen, ob Art.69 VO (EWG) Nr.1408/71 und Art.83 der dazu ergangenen Durchführungsanordnung 574/72 für den vorliegenden Fall so auszulegen wären, als müssten die festgestellten Abwesenheitszeiten als Arbeitssuche in den Mitgliedstaaten anerkannt werden, kann nicht beigetreten werden, da diese Rechtsfrage hier nicht zu klären ist. Art.69 VO (EWG) 1408/71 regelt insoweit den Bezug von Leistungen während Arbeitslosigkeit in Zeiten, in denen sich der Betroffene in einen anderen Mitgliedstaat zur Arbeitssuche begibt. Voraussetzung für dessen Anwendung ist, dass der Betroffene beim Leistungsträger den auswärtigen Aufenthalt anzeigt, und erst recht, dass die in Art.69 a.a.O. genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu zählt u.a., dass sich der Betroffene bei dem zuständigen Leistungsträger im Mitgliedsstaat der Arbeitssuche meldet, was beim Kläger nicht der Fall war. Nachdem der Kläger aber gegenüber der Beklagten gar nicht angezeigt hatte, wann er ggf. nach Spanien zur "Kontaktaufnahme" ausreiste, konnte er weder über die überstaatlichen Regelungen nach Art.69 a.a.O. aufgeklärt werden, noch konnte vorab geklärt werden, ob ein erforderlicher Aufenthalt im Ausland über die sog. Urlaubsregelung mit Leistungen abgedeckt werden konnte. Zudem lagen hier auch Zeiten des Aufenthalts in Argentinien zu Grunde, welches kein Mitgliedstaat in der EU ist. Aus den Ausführungen ergibt sich, dass hier keine Verpflichtung der Beklagten bestand, den Kläger über die genannten Möglichkeiten aufzuklären, nachdem dieser gerade nicht bekannt war, dass sich der Kläger häufig im Ausland aufhielt. Wie vom Kläger begehrt, lässt sich hieraus somit auch kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch begründen.
Somit war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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