Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 869/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 566/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6. August 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht ein überzahltes Übergangsgeld in Höhe von insgesamt 5.680,51 DM zurückfordern darf.
Mit Bescheid vom 27.09.1993 hatte die Beklagte dem Kläger ab 23.02.1993 Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt.
Mit Bescheiden vom 28.06.1995 und 29.06.1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur beruflichen Rehabilitation gemäß §§ 16 bis 19 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), die in der Zeit vom 24.10.1994 bis 20.12.1994 und vom 06.02. bis 16.08.1995 durchgeführt werden sollten. Die Maßnahme selbst wurde unter der Regie des Arbeitsamtes Landshut durchgeführt, das auch für die laufenden Geldleistungen an den Kläger in Vorleistung trat. Die Berechnung des Übergangsgeldes durch die Beklagte erfolgte mit gesondertem Bescheid erst bei Beginn der Maßnahme.
Nachdem der Kläger die berufsfördernde Maßnahme zum 01.06.1995 abgebrochen hatte und dies der Beklagten mit Schreiben des Arbeitsamtes Landshut vom 05.07.1995 mitgeteilt worden war, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 19.09.1995 Übergangsgeld für die Zeiten vom 24.10.1994 bis 20.12.1994 und vom 06.02.1995 bis 01.06.1995. In diesem Bescheid teilte die Beklagte unter Zahlungshinweisen mit, dass die Auszahlung des festgestellten Übergangsgeldanspruchs bis zur Bekanntgabe eines Erstattungsanspruches des Arbeitsamtes Landshut (das in Vorleistung getreten war) einbehalten werde.
Anschließend sandte die Beklagte dem Kläger eine "Abrechnung über zustehendes Übergangsgeld" am 26.10.1995, darin wird für den Zeitraum vom 06.02.1995 bis12.10.1995 ein Gesamtbetrag von 12.036,31 DM ausgewiesen und mitgeteilt, dass davon an das Arbeitsamt Landshut 6.355,80 DM zu überweisen seien. Dem Kläger stehe demnach ein Restbetrag von 5.680,51 DM zu. Dieser Betrag werde auf das angegebene Konto des Klägers überwiesen.
Nachdem der Betrag bereits auf dem Konto des Klägers eingegangen war, verständigte die Beklagte am 17. November 1995 tele- fonisch den Kläger davon, dass der an ihn überwiese Betrag in Höhe von 5.680,51 DM zu Unrecht ausbezahlt worden sei und von ihm zurückgefordert werde.
Mit Schreiben vom 08.12.1995 hörte die Beklagte den Kläger hier- zu gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) an. Das mit Bescheid vom 19.09.1995 festgestellte Übergangsgeld sei aufgrund des Ersatzanspruches des Arbeitsamtes Landshut in voller Höhe dem Arbeitsamt auszuzahlen. Der Übergangsgeldanspruch habe bereits am 01.06.1995 geendet. Das für die Zeit bis 12.10.1995 festgestellte Übergangsgeld sei aufgrund eines "technischen Fehlers" an ihn ausbezahlt worden. Er habe daher 5.680,51 DM zu Unrecht erhalten. Es sei beabsichtigt, diese zurückzufordern.
Nachdem die Ehefrau des Klägers telefonisch mitgeteilt hatte, dass sie nicht in der Lage seien, den überzahlten Betrag auf einmal zurückzuzahlen, erließ die Beklagte am 10.01.1996 einen Rückforderungsbescheid über den Betrag von 5.680,51 DM, der gemäß § 50 Abs.2 SGB X zurückgefordert werde. Der Kläger habe eine Leistung ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erhalten im Sinne des § 50 Abs.2 SGB X. Der überzahlte Betrag sei daher zurückzuzahlen.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 1997 zurück. Es sei dem Kläger mit Bescheid vom 19.09.1995 lediglich bis 01.06.1995 Übergangsgeld bewilligt worden. Mit der am 26.10.1995 erstellten Abrechnung des Übergangsgeldes bis 12.10.1995 sei eine Überzahlung entstanden, die gemäß § 50 Abs.2 i.V.m. § 45 SGB X zurückgefordert werde. Der Kläger habe erkennen müssen, dass ihm das Übergangsgeld vom 02.06.1995 bis 12.10.1995 nicht zugestanden habe. Dennoch habe er es unterlassen, die vom Bewilligungsbescheid abweichenden Zahlungen durch Rückfrage bei der Beklagten zu klären. Der Kläger habe deshalb zumindest grob fahrlässig gehandelt und hätte nicht auf die Rechtmäßigkeit der Abrechnung vertrauen dürfen. Auch die übrigen in § 45 SGB X genannten Voraussetzungen für eine Rückforderung des überzahlten Betrages seien gegeben.
Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 06.08.1998 den Bescheid vom 10.01.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.1997 aufgehoben. Die Beklagte sei nicht berechtigt gemäß § 45 SGB X die aus Verschulden der Beklagten rechtswidrige Überzahlung zurückzufordern.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Auch wenn die Überzahlung ausschließlich aufgrund fehlerhafter Sachbearbeitung entstanden sei, sei sie dennoch berechtigt, diese zurückzufordern.
Der Kläger weist dagegen darauf hin, dass ungeachtet der Frage, ob er vor Erteilung des Rückforderungsbescheides ordnungsgemäß angehört worden sei, er einen Vertrauensschutz des § 45 Abs.2 Satz 1 SGB X genieße. Die Überzahlung sei allein aus unsachgemäßer Bearbeitung der Beklagten entstanden, damit ausschließlich auf das Verschulden eines Bediensteten der Beklagten zurückzuführen. Der Kläger habe die Rechtswidrigkeit der Abrechnung nicht erkennen können und deshalb auch auf die Richtigkeit der Entscheidung vertrauen dürfen. Es sei ihm noch am 18.07. 1995 - also, nachdem er die Maßnahme bereits sieben Wochen vorher abgebrochen hatte - der Bewilligungsbescheid vom 29.06.1995 für eine neunmonatige ambulante praxisorientierte Maßnahme bis voraussichtlich 16.08.1995 zugestellt worden. Mit weiterem Bescheid vom 19.09.1995 sei ihm der Übergangsgeldanspruch bis 01.06.1995 der Höhe nach mitgeteilt worden. Er habe aufgrund der Inhalte der ihm zugesandten Entscheidungen deren Fehlerhaftigkeit nicht feststellen können. Er genieße daher vorrangigen Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs.2 Satz 1 SGB X. Die Überzahlung dürfe daher nicht zurückgefordert werden.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 06.08.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Landshut, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakten zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, sachlich ist sie jedoch nicht begründet, weil sie nicht berechtigt ist, die entstandene Überzahlung zurückzufordern.
Auch wenn der Senat entgegen den Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts Landshut davon ausgeht, dass das Anhörungsverfahren der Beklagten den Anforderungen des § 24 Abs.1 SGB X genügte, so ist die Entscheidung des Sozialgerichts dennoch nicht zu beanstanden. Im Rahmen der Anhörung sind den Betroffenen alle entscheidungserheblichen Tatsachen mitzuteilen, auf die die Behörde ihre Entscheidung stützen will oder auf die es nach ihrer materiell-rechtlichen Ansicht objektiv ankommt (vgl. BSG SozR 3-1300 § 24 SGB X Nr.4). Dies hat die Beklagte nach Ansicht des Senats auch getan. Das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 08.12.1995 enthält alle Tatsachen, auf die sich die Beklagte bei der Subsumtion des Sachverhalts unter Voraussetzungen der Rückforderung gemäß § 45 SGB X stützt. Die Anforderungen des § 24 SGB X sind nicht dadurch verletzt, dass eine Behörde einen rechtserheblichen Gesichtspunkt übersieht oder die falschen Schlüsse zieht (BSG SozR 3-1300 § 24 SGB X Nr.9).
Dennoch ist die Beklagte nicht berechtigt, die Überzahlung gemäß § 50 Abs.2 i.V.m. § 45 SGB X vom Kläger zurückzuverlangen. Unstreitig hat die Auszahlung des Übergangsgeldes für die Zeit ab 02.06.1995 den Kläger rechtswidrig für die Vergangenheit begünstigt. Es sind deshalb die Vorschriften des § 45 SGB X auf die Rückforderung anzuwenden. Gemäß § 45 Abs.4 SGB X darf die für die Vergangenheit geleis- tete Zahlung nur dann zurückgenommen werden, wenn sich der begünstigte Versicherte nicht auf das Vertrauen in die Richtigkeit der Entscheidung der Beklagten berufen kann. Dies ist dann der Fall, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat oder der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grobfahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Während die beiden erstgenannten Alternativen offensichtlich zur Begründung eines Rückforderungsanspruch nicht in Frage kommen, liegt auch die dritte Alternative, die zur Begründung der Rückforderung von der Beklagten herangezogen worden ist, nicht vor. Dabei ist der gesamte zugrundeliegende Sachverhalt zu berücksichtigen. Der Kläger hat von der Beklagten eine Leistung erhalten, die im Wege der Vorleistung in Zusammenarbeit der Beklagten mit dem Arbeitsamt von diesem vollzogen worden ist. Im Rahmen der Durchführung der berufsfördernden Maßnahmen erhielt der Kläger eine undurchsichtige Abrechnung der Beklagten vom 26.10.1995 mit der ein angeblich zustehendes Übergangsgeld teilweise dem Arbeitsamt Landshut und teilweise ihm selbst zustehend festgestellt wird. Vorangegangen war zwar der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 19.09.1995 über die Höhe des Übergangsgeldes vom 24.10. bis 20.12.1994 und vom 06.02. bis 01.06.1995, wieso der Kläger daraus jedoch zu folgern hätte, dass die Übergangsgeldabrechnung vom 26.10.1995 rechtswidrig sein sollte oder er nur deshalb dies nicht erkannt hat, weil er in besonderem schweren Maße die erforderliche Sorgfalt verletzt hätte, erschließt sich dem Senat nicht. Aus der Abrechnung vom 26.10.1995 lässt sich weder entnehmen, für welche Zeiträume der von der Beklagten festgestellte Gesamtanspruch dem Arbeitsamt noch für welche Zeiträume dem Kläger die Zahlung zusteht. Es bleiben insgesamt alle Möglichkeiten der Deutung offen, so dass sich dem Kläger die Rechtswidrigkeit dieser Abrechnung nicht derart aufdrängen musste, dass ihm grobe Fahrlässigkeit im Sinne einer besonders schweren Verletzung seiner Sorgfaltspflicht vorgeworfen werden kann.
Dementsprechend hat der Kläger erst durch das Telefonat vom 17. November 1995 von der Rechtswidrigkeit der Zahlung Kenntnis erlangt. Dies rechtfertigt jedoch nicht mehr die Rücknahme für die bereits in der Vergangenheit vollzogene Auszahlung, von der der Kläger zum Zeitpunkt der Überweisung davon ausgehen durfte, dass er sie zu Recht erhalten habe.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6. August 1998 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht ein überzahltes Übergangsgeld in Höhe von insgesamt 5.680,51 DM zurückfordern darf.
Mit Bescheid vom 27.09.1993 hatte die Beklagte dem Kläger ab 23.02.1993 Rente wegen Berufsunfähigkeit gewährt.
Mit Bescheiden vom 28.06.1995 und 29.06.1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur beruflichen Rehabilitation gemäß §§ 16 bis 19 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), die in der Zeit vom 24.10.1994 bis 20.12.1994 und vom 06.02. bis 16.08.1995 durchgeführt werden sollten. Die Maßnahme selbst wurde unter der Regie des Arbeitsamtes Landshut durchgeführt, das auch für die laufenden Geldleistungen an den Kläger in Vorleistung trat. Die Berechnung des Übergangsgeldes durch die Beklagte erfolgte mit gesondertem Bescheid erst bei Beginn der Maßnahme.
Nachdem der Kläger die berufsfördernde Maßnahme zum 01.06.1995 abgebrochen hatte und dies der Beklagten mit Schreiben des Arbeitsamtes Landshut vom 05.07.1995 mitgeteilt worden war, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 19.09.1995 Übergangsgeld für die Zeiten vom 24.10.1994 bis 20.12.1994 und vom 06.02.1995 bis 01.06.1995. In diesem Bescheid teilte die Beklagte unter Zahlungshinweisen mit, dass die Auszahlung des festgestellten Übergangsgeldanspruchs bis zur Bekanntgabe eines Erstattungsanspruches des Arbeitsamtes Landshut (das in Vorleistung getreten war) einbehalten werde.
Anschließend sandte die Beklagte dem Kläger eine "Abrechnung über zustehendes Übergangsgeld" am 26.10.1995, darin wird für den Zeitraum vom 06.02.1995 bis12.10.1995 ein Gesamtbetrag von 12.036,31 DM ausgewiesen und mitgeteilt, dass davon an das Arbeitsamt Landshut 6.355,80 DM zu überweisen seien. Dem Kläger stehe demnach ein Restbetrag von 5.680,51 DM zu. Dieser Betrag werde auf das angegebene Konto des Klägers überwiesen.
Nachdem der Betrag bereits auf dem Konto des Klägers eingegangen war, verständigte die Beklagte am 17. November 1995 tele- fonisch den Kläger davon, dass der an ihn überwiese Betrag in Höhe von 5.680,51 DM zu Unrecht ausbezahlt worden sei und von ihm zurückgefordert werde.
Mit Schreiben vom 08.12.1995 hörte die Beklagte den Kläger hier- zu gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) an. Das mit Bescheid vom 19.09.1995 festgestellte Übergangsgeld sei aufgrund des Ersatzanspruches des Arbeitsamtes Landshut in voller Höhe dem Arbeitsamt auszuzahlen. Der Übergangsgeldanspruch habe bereits am 01.06.1995 geendet. Das für die Zeit bis 12.10.1995 festgestellte Übergangsgeld sei aufgrund eines "technischen Fehlers" an ihn ausbezahlt worden. Er habe daher 5.680,51 DM zu Unrecht erhalten. Es sei beabsichtigt, diese zurückzufordern.
Nachdem die Ehefrau des Klägers telefonisch mitgeteilt hatte, dass sie nicht in der Lage seien, den überzahlten Betrag auf einmal zurückzuzahlen, erließ die Beklagte am 10.01.1996 einen Rückforderungsbescheid über den Betrag von 5.680,51 DM, der gemäß § 50 Abs.2 SGB X zurückgefordert werde. Der Kläger habe eine Leistung ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erhalten im Sinne des § 50 Abs.2 SGB X. Der überzahlte Betrag sei daher zurückzuzahlen.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 1997 zurück. Es sei dem Kläger mit Bescheid vom 19.09.1995 lediglich bis 01.06.1995 Übergangsgeld bewilligt worden. Mit der am 26.10.1995 erstellten Abrechnung des Übergangsgeldes bis 12.10.1995 sei eine Überzahlung entstanden, die gemäß § 50 Abs.2 i.V.m. § 45 SGB X zurückgefordert werde. Der Kläger habe erkennen müssen, dass ihm das Übergangsgeld vom 02.06.1995 bis 12.10.1995 nicht zugestanden habe. Dennoch habe er es unterlassen, die vom Bewilligungsbescheid abweichenden Zahlungen durch Rückfrage bei der Beklagten zu klären. Der Kläger habe deshalb zumindest grob fahrlässig gehandelt und hätte nicht auf die Rechtmäßigkeit der Abrechnung vertrauen dürfen. Auch die übrigen in § 45 SGB X genannten Voraussetzungen für eine Rückforderung des überzahlten Betrages seien gegeben.
Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 06.08.1998 den Bescheid vom 10.01.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.1997 aufgehoben. Die Beklagte sei nicht berechtigt gemäß § 45 SGB X die aus Verschulden der Beklagten rechtswidrige Überzahlung zurückzufordern.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Auch wenn die Überzahlung ausschließlich aufgrund fehlerhafter Sachbearbeitung entstanden sei, sei sie dennoch berechtigt, diese zurückzufordern.
Der Kläger weist dagegen darauf hin, dass ungeachtet der Frage, ob er vor Erteilung des Rückforderungsbescheides ordnungsgemäß angehört worden sei, er einen Vertrauensschutz des § 45 Abs.2 Satz 1 SGB X genieße. Die Überzahlung sei allein aus unsachgemäßer Bearbeitung der Beklagten entstanden, damit ausschließlich auf das Verschulden eines Bediensteten der Beklagten zurückzuführen. Der Kläger habe die Rechtswidrigkeit der Abrechnung nicht erkennen können und deshalb auch auf die Richtigkeit der Entscheidung vertrauen dürfen. Es sei ihm noch am 18.07. 1995 - also, nachdem er die Maßnahme bereits sieben Wochen vorher abgebrochen hatte - der Bewilligungsbescheid vom 29.06.1995 für eine neunmonatige ambulante praxisorientierte Maßnahme bis voraussichtlich 16.08.1995 zugestellt worden. Mit weiterem Bescheid vom 19.09.1995 sei ihm der Übergangsgeldanspruch bis 01.06.1995 der Höhe nach mitgeteilt worden. Er habe aufgrund der Inhalte der ihm zugesandten Entscheidungen deren Fehlerhaftigkeit nicht feststellen können. Er genieße daher vorrangigen Vertrauensschutz gemäß § 45 Abs.2 Satz 1 SGB X. Die Überzahlung dürfe daher nicht zurückgefordert werden.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 06.08.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Landshut, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakten zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, sachlich ist sie jedoch nicht begründet, weil sie nicht berechtigt ist, die entstandene Überzahlung zurückzufordern.
Auch wenn der Senat entgegen den Ausführungen im Urteil des Sozialgerichts Landshut davon ausgeht, dass das Anhörungsverfahren der Beklagten den Anforderungen des § 24 Abs.1 SGB X genügte, so ist die Entscheidung des Sozialgerichts dennoch nicht zu beanstanden. Im Rahmen der Anhörung sind den Betroffenen alle entscheidungserheblichen Tatsachen mitzuteilen, auf die die Behörde ihre Entscheidung stützen will oder auf die es nach ihrer materiell-rechtlichen Ansicht objektiv ankommt (vgl. BSG SozR 3-1300 § 24 SGB X Nr.4). Dies hat die Beklagte nach Ansicht des Senats auch getan. Das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 08.12.1995 enthält alle Tatsachen, auf die sich die Beklagte bei der Subsumtion des Sachverhalts unter Voraussetzungen der Rückforderung gemäß § 45 SGB X stützt. Die Anforderungen des § 24 SGB X sind nicht dadurch verletzt, dass eine Behörde einen rechtserheblichen Gesichtspunkt übersieht oder die falschen Schlüsse zieht (BSG SozR 3-1300 § 24 SGB X Nr.9).
Dennoch ist die Beklagte nicht berechtigt, die Überzahlung gemäß § 50 Abs.2 i.V.m. § 45 SGB X vom Kläger zurückzuverlangen. Unstreitig hat die Auszahlung des Übergangsgeldes für die Zeit ab 02.06.1995 den Kläger rechtswidrig für die Vergangenheit begünstigt. Es sind deshalb die Vorschriften des § 45 SGB X auf die Rückforderung anzuwenden. Gemäß § 45 Abs.4 SGB X darf die für die Vergangenheit geleis- tete Zahlung nur dann zurückgenommen werden, wenn sich der begünstigte Versicherte nicht auf das Vertrauen in die Richtigkeit der Entscheidung der Beklagten berufen kann. Dies ist dann der Fall, wenn er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat oder der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grobfahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Während die beiden erstgenannten Alternativen offensichtlich zur Begründung eines Rückforderungsanspruch nicht in Frage kommen, liegt auch die dritte Alternative, die zur Begründung der Rückforderung von der Beklagten herangezogen worden ist, nicht vor. Dabei ist der gesamte zugrundeliegende Sachverhalt zu berücksichtigen. Der Kläger hat von der Beklagten eine Leistung erhalten, die im Wege der Vorleistung in Zusammenarbeit der Beklagten mit dem Arbeitsamt von diesem vollzogen worden ist. Im Rahmen der Durchführung der berufsfördernden Maßnahmen erhielt der Kläger eine undurchsichtige Abrechnung der Beklagten vom 26.10.1995 mit der ein angeblich zustehendes Übergangsgeld teilweise dem Arbeitsamt Landshut und teilweise ihm selbst zustehend festgestellt wird. Vorangegangen war zwar der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 19.09.1995 über die Höhe des Übergangsgeldes vom 24.10. bis 20.12.1994 und vom 06.02. bis 01.06.1995, wieso der Kläger daraus jedoch zu folgern hätte, dass die Übergangsgeldabrechnung vom 26.10.1995 rechtswidrig sein sollte oder er nur deshalb dies nicht erkannt hat, weil er in besonderem schweren Maße die erforderliche Sorgfalt verletzt hätte, erschließt sich dem Senat nicht. Aus der Abrechnung vom 26.10.1995 lässt sich weder entnehmen, für welche Zeiträume der von der Beklagten festgestellte Gesamtanspruch dem Arbeitsamt noch für welche Zeiträume dem Kläger die Zahlung zusteht. Es bleiben insgesamt alle Möglichkeiten der Deutung offen, so dass sich dem Kläger die Rechtswidrigkeit dieser Abrechnung nicht derart aufdrängen musste, dass ihm grobe Fahrlässigkeit im Sinne einer besonders schweren Verletzung seiner Sorgfaltspflicht vorgeworfen werden kann.
Dementsprechend hat der Kläger erst durch das Telefonat vom 17. November 1995 von der Rechtswidrigkeit der Zahlung Kenntnis erlangt. Dies rechtfertigt jedoch nicht mehr die Rücknahme für die bereits in der Vergangenheit vollzogene Auszahlung, von der der Kläger zum Zeitpunkt der Überweisung davon ausgehen durfte, dass er sie zu Recht erhalten habe.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6. August 1998 war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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