L 2 U 58/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 167/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 58/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichts- bescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 21. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten, ob die Deformität des linken Fußes des Klägers Unfallfolge ist.

Der 1963 geborene Kläger wurde am 04.05.1971 auf dem Schulweg von einem Pkw erfasst und zu Boden geschleudert. Nach der ärztlichen Erstversorgung wurde er am selben Tag in die Chirurgische Kinderklinik R. eingeliefert. Dort wurden ein Schädel-Hirntrauma leichten Grades mit zwei größeren Kopfplatzwunden und eine Beckenfraktur (Fraktur des rechten aufsteigenden und absteigenden Schambeinastes) festgestellt. Der Aufnahmebericht verzeichnete eine Amnesie des Klägers bezüglich des Unfalls selbst. Verletzungen der unteren Gliedmaßen wurden nicht festgestellt, vielmehr wurde zu den Extremitäten ausdrücklich festgehalten, sie seien frei beweglich und es fänden sich keine pathologischen Veränderungen. Die Klinik erstellte am 24.08. 1971 für das Jugendamt der Stadt N. ein Gutachten zu den Unfallfolgen, in dem keine Unfallfolgen an den Beinen festgestellt wurden. Dieselbe Klinik stellte in einem Bericht vom 10.09.1971 fest, außer den Unfallfolgen bestehe ein mäßiger Pes adductus, der mit dem Unfall aber nicht im Zusammenhang stehe. Ferner liegen Behandlungsunterlagen des Krankenhauses R. seit 26.06.1973 vor, in denen die Unfallfolgen einerseits und eine Klumpfußbildung links andererseits erwähnt werden.

Aus der Zeit vor dem Unfall existiert bezüglich des linken Fußes lediglich der Bericht einer Fürsorgerin im Jahre 1970, in dem erwähnt wird, der Kläger habe Plattfüße und benötige Einlagen. In späteren Jahren gab der Kläger wiederholt gegenüber Ärzten an, sein linker Fuß sei bei dem Schulwegunfall verletzt worden.

Am 05.12.1997 machte die Technikerkrankenkasse beim Beklagten einen Erstattungsanspruch wegen der Folgen des Unfalls geltend und führte als Unfalldiagnosen an: Schädel-Hirntrauma, Beckenfraktur links, Verletzung linkes Bein. Am 02.06.1998 machte der Kläger beim Beklagten einen Rentenanspruch geltend und versicherte, dass der Klumpfuß auf den Unfall zurückzuführen sei. Als Kind habe er nicht gehinkt, erst ab dem Unfallzeitpunkt. Ein Pkw habe bei dem Unfall den Fuß links erfasst.

Der als Sachverständige gehörte Chirurg Dr.B. kam in seinem Gutachten vom 24.11.1998 zu dem Ergebnis, durch den Unfall sei es zu einer Fraktur des rechten Schambeinastes und des rechten Scheitelbeines gekommen. Die Sichelfußbildung rechts und der Klumpfuß links mit den daraus resultierenden Folgen könnten mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit nicht auf den Unfall zurückgeführt werden. Die unfallbedingte MdE seit 01.01. 1993 schätzte er auf unter 10 v.H. ein. Ergänzend hierzu stellte der Chirurg Dr.B. als beratender Arzt des Beklagten fest, die aktenkundigen Befunde ab dem 04.05.1971 ergäben keinerlei Hinweise für Verletzungen, die die Ausbildung einer Fußdeformität links begründen könnten. Er wies auf die Äußerung der Kinderklinik in R. vom 10.09.1971 hin und führte weiter aus, auch die Röntgenaufnahmen speziell des linken Fußes ab dem 26.06.1973 zeigten keine Veränderungen, die als verletzungsbedingt bezeichnet werden könnten.

Mit Bescheid vom 26.04.1999 erkannte der Beklagte den Unfall als Arbeitsunfall an, verweigerte jedoch die Gewährung von Verletztenrente ab dem 01.01.1993 und berief sich für die Zeit davor auf die Verjährung. Nicht als Folgen des Arbeitsunfalls wurden u.a. anerkannt der Klumpfuß links und die Sichelfußbildung rechts.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, der Klumpfuß sei kein Geburtsfehler und vom behandelnden Arzt auch bis zum Unfall nicht festgehalten worden. Er müsse deshalb als Unfallfolge angesehen werden. Der Beklagte zog neben den bereits eingeholten Berichten noch weitere medizinische Unterlagen bei und holte Gutachten vom 08.02.2000 von dem Neurologen und Psychiater Dr.N. und dem Orthopäden Dr.G. , beide Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M. , ein.

Bei Dr.N. bestätigte der Kläger die ursprünglich festgehaltene retrograde Amnesie und gab an, eine Fußverletzung gehöre nicht zu seinen Erinnerungen.

Dr.N. legte die gesamte Krankengeschichte des Klägers sowie den medizinischen Kenntnisstand über den Pes adductus und dessen Genese dar. Er kam zu dem Ergebnis, dass bezüglich der Schädelverletzung mit Gehirnerschütterung keine Unfallfolgen mehr verblieben seien. Die vom Kläger geklagten Kopfschmerzen könnten in keinen inneren ursächlichen Zusammenhang mit dieser Verletzung gebracht werden. Es bestehe ein unfallunabhängiges Wirbelsäulensyndrom einschließlich eines Zervikalsyndroms, welches die Kopfschmerzen erkläre. Zudem bestünden Hinweise auf eine allergische Rhinitis und eine Nebenhöhlenentzündung.

Es bestünden keine Befundtatsachen, welche auf eine stattgehabte Verletzung im Bereich der linken unteren Gliedmaßen hinweisen würden und welche als Anknüpfungstatsachen für die Annahme einer unfallbedingten Ursache der Fußdeformität links dienen könnten. Soweit später Ärzte von einer posttraumatischen Fußdeformität links gesprochen hätten, hätten sich diese in der diagnostischen Zuordnung offensichtlich auf die eigenanamnestischen Angaben des Klägers verlassen. Den Untersuchern hätten die für die Beurteilung der Zusammenhangsfrage notwendigen Unfallakten nicht vorgelegen.

Der orthopädische Sachverständige schloss sich in der Beurteilung der Fußdeformität dem Gutachten des Dr.N. an und bestätigte zusammenfassend, dass keine Befundtatsachen dafür sprächen, dass eine Verletzung im Bereich der linken unteren Gliedmaße stattgefunden habe. Eine unfallbedingte Ursache der Fußdeformität könne somit nicht gesehen werden. Auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet fänden sich an Unfallfolgen jetzt noch eine radiologisch erkennbare Deformierung des Foramen oburatoriums rechts ohne jegliche funktionelle Auswirkung.

Mit dem Widerspruchsbescheid vom 25.04.2000 half der Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als eine Gehirnerschütterung, Kopfplatzwunden über dem rechten Scheitelbein und rechten Hinterhauptbein, ein stumpfes Bauchtrauma sowie ein Schockzustand im Sinne einer vorübergehenden Desintegration der körperlichen Funktionen als zusätzliche Körperschäden anerkannt wurden. Im Übrigen wurde der Widerspruch als unbegründet abgewiesen.

Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst die Aufhebung der Bescheide des Beklagten beantragt und in der Begründung ausgeführt, sämtliche im Bescheid vom 24.04.1999 als unfallunabhängig aufgeführten Körperschäden seien Unfallfolgen und als solche feststellbar. In seiner Klagebegründung hat der Kläger sich sodann nur noch auf den Klumpfuß links bezogen und ausgeführt, vor dem Unfall habe er nur Plattfüße gehabt, daraus könne sich kein Klumpfuß bilden.

Neben dem Kläger hat auch sein Bevollmächtigter Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Nach einer entsprechenden Ankündigung hat das Sozialgericht die zuerst erhobene Klage als unbegründet und die als zweite erhobene Klage als unzulässig abgewiesen. In der Sachenentscheidung hat es sich auf die vom Beklagten eingeholten Sachverständigengutachten gestützt.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgetragen, er habe vor dem Unfall keinen Klumpfuß, sondern nur Plattfüße gehabt und die vermehrte Fehlbelastung durch die Beckenschräg- stellung nach dem Unfall im Jahre 1971 habe zur Klumpfußbildung geführt. Es sei medizinisch erwiesen, dass eine Beckenfraktur bei einem Kind, die eine Fehlstellung zur Folge habe, zu einem Klumpfuß führe.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 26.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2000 zu verurteilen, auch die Fußdeformität links als Unfallfolge anzuerkennen. Der Gerichtsbescheid werde nicht angefochten, soweit darin die Klage als unzulässig abgewiesen wurde.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akte des Beklagten und die Akten des Sozialgerichts Regensburg in den vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Der Senat weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Regensburg als unbegründet zurück und sieht entsprechend § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ein Sachverständigengutachten, auf das die vom Kläger begehrte Entscheidung gestützt werden könnte, liegt nicht vor. Die Akten enthalten nicht einmal eine ärztliche Meinungsäußerung, die der Kläger als für sein Begehren sprechend anführen könnte.

Die Einwendungen des Klägers im Berufungsverfahren gegen die Entscheidung des Sozialgerichts greifen nicht durch. Seine Behauptung, er habe vor dem Unfall nur Plattfüße gehabt, daraus könnten sich keine Klumpfüße bilden und der Klumfuß müsse deshalb Folge des Unfalls sein, wird weder durch frühere ärztliche Befunde noch - wie bereits ausgeführt - durch Sachverständigengutachten oder sonstige ärztliche Meinungsäußerungen gestützt. Sie wird im Gegenteil durch die Gutachten des Dr.N. und des Dr.G. widerlegt.

Auch das nunmehrige Vorbringen, eine unfallbedingte Becken- fehlstellung bei einem Kind führe zu einem Klumpfuß, ist durch keinerlei medizinische Gutachten oder ärztliche Äußerungen gestützt. Es bestünde jedoch auch dann kein Anlass zu weiterer Beweisaufnahme, wenn die vom Kläger vorgebrachte Meinung durch entsprechende ärztliche Äußerungen gestützt wäre. Aus den gesamten umfangreichen medizinischen Unterlagen ergibt sich in keinem einzigen Fall einer Befunderhebung die Feststellung einer Beckenschrägstellung beim Kläger. Ganz im Gegenteil konstatiert gerade das Gutachten des Sachverständigen Dr.G. ausdrücklich einen Beckengeradestand.

Es bestand somit auch kein Anlass zur weiteren Beweiserhebung.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass der Kläger in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved