Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 VJ 3/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VJ 1/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 VJ 5/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29.10.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger im Zusammenhang mit einer am 19.05.1967 stattgefundenen Pockenschutzimpfung Versorgung nach dem Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zusteht und früher hierzu ergangene bindende Ablehnungsbescheide zurückzunehmen sind.
Der Kläger wurde am 20.05.1966, 12.10.1966 und 19.05.1967 gegen Pocken geimpft. Die Impfungen waren jeweils "ohne Erfolg". Am 28.05.1967 stürzte der Kläger beim Spielen im Garten von Verwandten und war anschließend für eine kurze Zeitspanne bewusstlos. Im Krankenhaus G. wurde entsprechend einem Bericht des Chefarztes Dr.F. vom 29.05.1967 eine oberflächliche Schleimhautverletzung am weichen und harten Gaumen festgestellt, die keine Therapie erforderlich mache. Anamnestisch enthält dieser Bericht die Feststellung, "das Kind habe sich mit einem Kochlöffel in den Mund gestoßen". Nachdem sich im Laufe der folgenden Tage halbseitige Lähmungserscheinungen zeigten, wurde der Kläger von Dr.K. in die Universitätsklinik F. (Neurochirurgie) eingewiesen. Dort wurde als Grund für die Halbseitenlähmung (links) ein Verschluss der rechten Carotis interna (innere Halsarterie) diagnostiziert, der auf die anamnestisch angegebene Kochlöffelverletzung im Rachenraum zurückgeführt wurde.
I.
Im September 1971 beantragten die Eltern des Klägers erstmals Versorgung nach dem BSeuchG, weil es sich bei dem neun Tage nach der Pockenschutzimpfung vom 19.05.1967 aufgetretenen Sturz mit Bewusstlosigkeit im Garten und den in der Folgezeit aufgetretenen Lähmungen um Folgen dieser Impfung handele. Nach Beiziehung der einschlägigen medizinischen Unterlagen und Einholung eines "Berichts in einer Impfschadenssache" des Kreisgesundheitsamtes O. vom 08.11.1971 sowie einer versorgungsärztlichen Stellungnahme lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 24.05.1972 ab: Die Halbseitenlähmung des Klägers sei Folge eines traumatischen Verschlusses der Carotis interna; der Verschluss sei auf den Sturz im Garten zurückzuführen, bei dem es mittels eines Kochlöffels zu einer Verletzung im Mundinneren gekommen sei; er stehe mit der Impfung vom 19.05.1967 in keinem Zusammenhang. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.1972 zurück. Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel hatten keinen Erfolg. In ihren Urteilen vom 29.10.1973 und 24.03.1976 stützten sich das Sozialgericht Frankfurt am Mai und das Hessische Landessozialgericht vor allem auf das Gutachten des Prof.Dr.J. (Universitätsklinik F. , Abteilung Neuropädiatrie) vom 26.04.1973.
Im Oktober 1981 beantragte der Kläger erneut, ihm unter Rücknahme der vorausgegangenen Bescheide Versorgung wegen der Folgen eines Impfschadens zu gewähren. Zur Begründung legte er ein Schreiben des Prof.Dr.R. (Neurologische Universitätsklinik W.) vor, in dem die Vermutung geäußert wurde, der Sturz, bei dem es zu der Kochlöffelverletzung gekommen sei, sei im Zuge eines impfbedingten cerebralen Krampfanfalles aufgetreten. Der Beklagte lehnte diesen Neufeststellungsantrag ohne weitere Ermittlungen mit Bescheid vom 02.07.1982 ab. Den Widerspruch des Klägers wies er nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme am 23.11.1982 zurück. Auch die Rechtsmittel gegen diese Entscheidung blieben erfolglos. In ihren Urteilen vom 04.11.1985 und 15.05.1986 stützten sich das Sozialgericht Würzburg und das Bayer. Landessozialgericht vor allem auf das im Klageverfahren eingeholte Gutachten des Leiters der Bayerischen Landesimpfanstalt, Prof.Dr.S. , vom 09.04./24.09.1984, der aufgrund verschiedener Fakten (u.a. keine unmittelbaren Impfreaktionen; nicht-pathologischer Liquorbefund; normale Blutsenkung und Leukozytenzahl) die Wahrscheinlichkeit eines Impfschadens und eines impfbedingten Krampfanfalles am 28.05.1967 verneinte. Dem nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstatteten Gutachten des Prof.Dr.R. vom 02.07.1985, der den Sturz des Klägers vom 28.05.1967, bei dem es zu der Carotisverletzung gekommen sei, als möglichen postvakzinalen Krampfanfall deutete, schlossen sich die Gerichte nicht an. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wurde vom Bundessozialgericht (BSG) verworfen (Beschluss vom 31.10. 1986).
II.
Mit Schriftsatz vom 15.04./17.05.1997 stellte der Kläger wiederum - durch seinen Bruder H. K. - einen Neufeststellungsantrag, den er u.a. damit begründete, die "angebliche Rachenverletzung" sei eine "Fiktion" und beruhe auf einer Vermutung besorgter Verwandter am Tag des ersten Krampfanfalles (28.05.1967).
Mit Bescheid vom 29.07.1997 lehnte der Beklagte den erneuten Antrag auf Versorgung wegen eines Impfschadens ab, weil auch das neue Vorbringen einen Impfschaden, also einen über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsschaden, nicht beweise.
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.08.1997 als unbegründet zurück.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger beim Sozialgericht Würzburg Klage erhoben: Das Gutachten von 1972 halte heutigen humanbiologischen Erkenntnissen nicht mehr stand, beruhe auf Unwahrheiten und ignoriere wichtige Tatsachen. Dass es sich bei der Halbseitenlähmung um die Folgen eines Impfschadens handele, ergebe sich bereits daraus, dass diese Gesundheitsstörung am zehnten Tag nach der Impfung aufgetreten sei. Zu einer Verletzung mit einem Kochlöffel habe es am 28.05.1967 gar nicht kommen können, weil er bei dem Sturz im Garten keinen Kochlöffel bei sich gehabt habe; dieser sei ihm vielmehr bereits vorher in der Küche wegen des damit verursachten Lärms (Schlagen auf Kochtopfdeckel) weggenommen worden.
Das Sozialgericht hat die einschlägige Akte des Beklagten beigezogen und eidesstattliche Versicherungen von S. und R. E. (09.10.1998), H. T. (12.10.1998) sowie von den Eltern des Klägers (13.10.1998) eingeholt.
Mit Urteil vom 29.10.1998 hat das Sozialgericht - ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs.2 SGG) - die Klage abgewiesen: Das Auftreten eines Impfschadens im Anschluss an die Pockenschutzimpfung vom 19.05.1967 könne nach wie vor nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Das Vorbringen, der Kläger habe sich nicht mit einem Kochlöffel im Rachenraum verletzt, ändere hieran nichts. Im Übrigen hat das Sozialgericht ausdrücklich auf die Gründe in den Entscheidungen des Sozialgerichts Würzburg und des Bayer. Landessozialgerichts vom 04.11.1985/15.05.1986 in dem früheren Gerichtsverfahren Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger - im Wesentlichen unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens - Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Der Senat hat die einschlägigen Akten des Beklagten sowie der früheren Gerichtsverfahren beigezogen und Auskünfte des Kreisgesundheitsamtes O. , der seinerzeitigen Impfärztin Dr.H. (geb. K.), des Ltd. MedDir. Dr.S. und des Hessischen Sozialministeriums eingeholt.
Die mündliche Verhandlung vom 12.09.2001, zu der der Kläger ein - in der Folgezeit ergänztes - Privatgutachten des Dr.jur. B. G. (Institut für Medizinschaden-Begutachtung, T.) vom 07.09.2001 vorgelegt hat, ist vertagt worden. Dr.G. vertrat - als Jurist - die Auffassung, nur eine perforierende Verletzung im Gaumen-/Rachenbereich hätte zu dem Carotisverschluss führen können; es sei anzunehmen, dass dieser Verschluss die Folge einer anaphylaktisch-toxischen Wirkung des beim Kläger verwendeten Impfstoffes gewesen sei, wie sie jedenfalls bei dem zur Schutzimpfung gegen Diphterie verwendeten Impfstoff (Lebendviren) bekannt sei. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang auch ein Schreiben des Prof.Dr.E. (Prof. für Impfwesen) vom 19.03.2002 sowie ihm von diesem zugeleitete medizinische Veröffentlichungen vorgelegt.
Der Beklagte hat sich hierzu unter Vorlage versorgungsärztlicher Stellungnahmen (Nervenarzt Dr.H.) vom 05.11.2001/ 17.05./05.07.2002/12.09.2003 geäußert.
Die nach § 109 SGG beantragte Einholung eines Gutachtens von Prof.Dr.E. ist nicht zu Stande gekommen, weil der angeforderte Kostenvorschuss nicht eingezahlt und auch eine Kostenfreistellungserklärung des Sachverständigen nicht vorgelegt wurde.
Am 06.05./01.09.2003 hat das Gericht die Eltern des Klägers, G. und H. K. , sowie dessen Onkel und Tante, H. T. und P. M. als Zeugen zu den von ihnen bereits eidesstattlich beschriebenen Vorgängen im Mai 1967 - insbesondere dem "Kochlöffeltrauma" des Klägers - vernommen. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang Familienkorrespondenz vorgelegt und sich - ebenso wie der Beklagte - zum Ergebnis der Beweisaufnahme (Zeugenvernehmungen) geäußert.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 29.10.1998 und des Bescheides/Widerspruchsbescheides vom 29.07./19.08.1997 zu verurteilen, die Bescheide vom 24.05.1972/02.07.1982 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 19.09.1972/23.11.1982 zurückzunehmen und ihm unter Anerkennung von "armbetonte Halbseitenlähmung links und cerebrale Anfälle" als Impfschadensfolgen Versorgung nach einer MdE von 80 v.H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil der Sach- und Rechtslage entspreche.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 61 Abs.2 BSeuchG bzw. 68 Abs.2 IfSG i.V.m. §§ 143, 151 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, die bindenden Bescheide vom 24.05./19.09.1972 sowie 02.07./23.11.1982 zurückzunehmen und dem Kläger aus Anlass der bei diesem bestehenden Halbseitenlähmung (links) sowie der Krampfanfälle Versorgung nach einer MdE von 80 v.H. zu gewähren. Das ist dann der Fall, wenn es sich bei diesen Gesundheitsstörungen um Folgen der Pockenschutzimpfung vom 19.05.1967 handelt.
Dies hat das Sozialgericht mit Recht verneint.
§ 44 Abs.1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) bestimmt, dass ein unanfechtbarer Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Entsprechend der Regelung des - seit 01.01.2001 durch § 60 Abs.1 IfSG ersetzten - § 51 Abs.1 BSeuchG in Verbindung mit dem BVG erhält derjenige, der durch eine Impfung, die u.a. gesetzlich vorgeschrieben war, einen Impfschaden erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Voraussetzung im Einzelnen dafür ist, dass die vorgeschriebene Impfung die Gesundheitsstörungen wahrscheinlich verursacht hat. Wahrscheinlich in diesem Sinn ist die Kausalität dann, wenn wenigstens mehr für als gegen sie spricht, d.h. die für den Zusammenhang sprechenden Umstände mindestens deutlich überwiegen. Die Impfung als schädigende Einwirkung, der Impfschaden - das ist ein über die übliche Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden - und die Schädigungsfolge (Dauerleiden) müssen nachgewiesen, nicht nur wahrscheinlich sein (BSG, 19.03.1986, 9 a RV 2/84 und 26.06.1985, 9 a RVi 3/83 = BSG, SozR 3850 Nr.9 und 8).
Eine Erkrankung, die alsbald nach einer Impfung mit Sicherheit aufgetreten sein muss, ist als ungewöhnliche Impfreaktion und damit als "Impfschaden" zu verstehen, falls sie wahrscheinlich durch die Impfung verursacht wurde. Falls ein "Impfschaden" nicht erwiesen ist, erübrigt es sich, einen ursächlichen Zusammenhang mit dem letzten Glied der Ursachenkette zu prüfen. Selbst wenn man die Kausalitätsformel in § 52 Abs.2 Satz 1 BSeuchG (§ 61 Satz 1 IfSG) isoliert betrachten wollte, müsste man das Mittelglied "Impfschaden" als Brückensymptom in der durch die beiden Endglieder begrenzten Kette von Ursachen und Wirkungen mit Gewissheit feststellen; es dürfte auch dann nicht bloß wahrscheinlich sein. Andernfalls würde die Überzeugung nicht den Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges gerecht. Diese sind aber unverzichtbar. Eine Umkehr der Beweislast gibt es in diesem Bereich nicht (BSG, 19.03.1986, 9a RV 2/84 = SozR 3850 § 51 Nr.9 mit weiteren Nachweisen).
Die vorgenannten Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Bei der Pockenschutzimpfung, der sich der Kläger am 19.05.1967 unterzog, handelte es sich zwar unstreitig um eine gesetzlich vorgeschriebene Impfung. Auch ist in Gestalt des Sturzes auf dem Rasen im Anwesen der Familie T. am 28.05.1967 mit anschließender Bewusstlosigkeit sicher eine Gesundheitsstörung aufgetreten, die - wollte man sie als mögliche Impfreaktion qualifizieren - über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion nach Pockenschutzimpfung hinaus ging. Der Senat hält es aber nicht für erwiesen, dass diese Gesundheitsstörung wahrscheinlich eine Folge der neun Tage zuvor erfolgten Impfung war.
Die übrigen Fakten sprechen weit mehr gegen das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs als für einen solchen. Um als Impfschaden infrage zu kommen, hätte es sich bei dem Sturz mit Bewusstlosigkeit am 28.05.1967 um die Manifestation eines cerebralen Krampfanfalles handeln müssen. Das Auftreten von Krampfanfällen als Impfschaden innerhalb eines Zeitraumes von 3 bis 31 Tagen nach einer Pockenschutzimpfung (sog. Inkubationszeit) ist zwar bekannt (vgl. BSG, 17.12.1997, Az.: 9 RVi 1/95 = SozR 3-3850 § 52 Nr.1). Es ist aber nicht erwiesen, dass der Kläger am 28.05.1967 einen Krampfanfall erlitten hat. Der bloße zeitliche Zusammenhang beweist dies keinesfalls. Dagegen spricht vor allem, dass es beim Kläger in den folgenden Tagen, Wochen und Monaten zu keinen weiteren gesicherten Krampfanfällen kam. Solche wurden insbesondere weder in der Neurochirurgischen Abteilung der Universitätsklinik F. (stationär 03.06. bis 21.06.1967) noch in der T.klinik F. , wo sich der Kläger vom Oktober 1968 bis August 1969 in stationärer Behandlung befand, beobachtet (vgl. Bl.137, 139 der Akte des Sozialgerichts Frankfurt am Main). Seitens der T.klinik wurde mit Schreiben vom 06.11.1975 ausdrücklich mitgeteilt, bei der Erhebung der Anamnese seien Krämpfe von Seiten der Eltern als unbekannt angegeben worden. Selbst der seinerzeit nach § 109 SGG benannte Sachverständige Prof.Dr.R. (Gutachten vom 02.07.1985) hielt einen Krampfanfall lediglich für möglich. Hinzu kommt, dass es sich um einen postvakzinalen Krampfanfall gehandelt haben müsste, d.h. einen Krampfanfall, der infolge einer durch die Impfung verursachten Enzephalopathie oder Enzephalitis auftrat. Dies ist nicht wahrscheinlich. Gegen einen derartigen Zusammenhang spricht, wie u.a. Prof.Dr.S. zutreffend dargelegt hat (Gutachten vom 09.04.1984), dass der (unterstellte) Krampfanfall entgegen dem üblichen Verlauf ohne Vorzeichen - gleichsam "aus heiterem Himmel" - aufgetreten wäre. Denn in den neun Tagen zwischen Impfung und Sturz traten keinerlei Symptome auf, aus denen auf eine Affektion des Gehirnes, aus der ein Krampfanfall hätte resultieren können, geschlossen werden könnte. Das ungewohnt scheue Verhalten des Klägers zu Beginn des Verwandtenbesuches am 28.05.1967 stellt insoweit auf keinen Fall ein ausreichend typisches Symptom dar (Gutachten Prof.Dr.S. vom 09.04.1984). Auch eine sog. "blande" Enzephalopathie ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof.Dr.S. nicht wahrscheinlich zu machen. Die fehlenden Symptome für eine Affektion des Gehirns erhalten im vorliegenden Fall als Argument gegen einen wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen Impfung und (unterstelltem) Krampfanfall zusätzliches Gewicht dadurch, dass beim Kläger nicht einmal eine unmittelbare Impfreaktion in Gestalt von Hautrötung, Pustelbildung u.ä. aufgetreten ist.
Der gegenteiligen Auffassung des seinerzeit vom Sozialgericht Würzburg gehörten Sachverständigen Prof.Dr.R. (Gutachten vom 02.07.1985) vermochte sich der Senat nicht anzuschließen, weil zum einen auch dieser Sachverständige das Auftreten eines cerebralen Krampfanfalles am 28.05.1967 nicht für gesichert hielt und zum anderen den Ausführungen dieses Sachverständigen, der im Übrigen das "Kochlöffeltrauma" und dessen Folgen nicht im Geringsten in Zweifel zog, ein im Grad der Wahrscheinlichkeit anzunehmender Kausalzusammenhang zwischen dem - als gegeben unterstellten - Krampfanfall und der laut Impfpass "ohne Erfolg" durchgeführten Pockenschutzimpfung nicht abgeleitet werden kann.
Der bereits aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht zu erbringende Nachweis eines Impfschadens wird vollends unmöglich gemacht durch die schlüssige Erklärung, die das "Kochlöffeltrauma" für die Bewusstlosigkeit des Klägers am 28.05.1967 und die sich anschließend entwickelnde Halbseitenlähmung bietet. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger sich am 28.05.1967 bei einem aus banalem Grund (Stolpern o.ä.) erfolgten Sturz einen Kochlöffel in den Rachenraum stieß und sich dadurch ein stumpfes Trauma der Gefäßwand der rechten inneren Halsschlagader zuzog (Intimaläsion), als dessen Folge es zu einem Verschluss dieses Gefäßes mit dadurch bedingter Hemiparese kam.
Die durchgeführten Ermittlungen (Zeugenvernehmungen) haben in der Zusammenschau mit den sonstigen bekannten Fakten diesen Sachverhalt - als eine zur These des Impfschadens konkurrierende Causa - nicht auszuräumen vermocht. Die Aussagen der als Zeugen vernommenen Eltern des Klägers sowie dessen Onkel und Tante, H. T. und P. M. , enthalten eine Reihe von Widersprüchen, Ungereimtheiten und Erinnerungslücken. Diese erscheinen - auch angesichts der Tatsache, dass die "Kochlöffelversion" während der ersten Jahre nach dem Ereignis völlig unbestritten und von niemand in Frage gestellt war - so gewichtig, dass die Zeugen und deren Aussage, bei dem "Unfall" des Klägers sei sicher kein Kochlöffel im Spiel gewesen, nicht für ausreichend glaubhaft erachtet werden konnten. Auch der vom Bevollmächtigten des Klägers übergebene "innerfamiliäre" Schriftverkehr (Postkarte der Mutter des Klägers vom 29.05.1967; Schreiben der Tante P. M. vom 13.03.1975 und 09.07.1982; Schreiben der Großmutter des Klägers etwa 1982) vermochte hieran - insbesondere wenn man in diesem Zusammenhang die Aussage der Zeugin P. M. vom 01.09.2003 berücksichtigt - nichts zu ändern. Im Einzelnen: Während die als Zeugen vernommenen Eltern des Klägers und dessen Onkel übereinstimmend und mit ziemlich präziser Erinnerung bekundeten, dass die Kinder einschließlich des Klägers vor dessen Unfall die zum Lärmen verwendeten Kochlöffel wieder abgegeben hätten, blieben die Aussagen zu der Frage, wie es dann in der Folgezeit sowohl im Familienkreis als auch bei den behandelnden Ärzten/Kliniken einheitlich zu der Annahme des Kochlöffeltraumas gekommen sei, höchst diffus und schwer nachvollziehbar. Tatsache ist aber, dass Dr. F. , der den Kläger am 29.05.1967 als erster untersuchte, ausschließlich einen den Gaumen betreffenden Befund und als Anamnese das Kochlöffeltrauma festgehalten hat. Wäre die Anamnese aus dem Kreis der bei der Untersuchung anwesenden Erwachsenen (nach Angaben der Zeugin P. M. sprach die Mutter des Klägers mit Dr. F.) bezüglich des Grundes für den Sturz und die Bewusstlosigkeit des Klägers ungewiß gewesen, so ist nach Auffassung des Senats anzunehmen, dass dies in dem Bericht so formuliert worden wäre und auch andere Befunde als der des Rachens/ Gaumens festgehalten worden wären. Die offensichtlich anamnestisch bedingte Beschränkung auf die Gaumen-/Rachenregion erstaunt umso mehr als die Mutter des Klägers, wie sie in ihrem Brief vom 05.06.1967 an Dr. K. schrieb, die Einzelheiten über die Beteiligung eines Kochlöffels an dem Unfall erst einige Tage danach durch einen Telefonanruf der Zeugin P. M. an den Vater des Klägers erfahren haben will. Die Zeugin P. M. hat demgegenüber erklärt, diese Informationen stammten nicht von ihr; sie habe mit dem Vater des Klägers nie gesprochen. Widersprüche in den Aussagen der Zeugen bestehen auch insoweit, als der Vater des Klägers angegeben hat, er sei zum Zeitpunkt des Unfalls nicht im Garten, sondern im Wohnzimmer gewesen, während nach den Angaben der Zeugin P. M. der Vater des Klägers zum Zeitpunkt von dessen Unfall im Garten gewesen sein und mit einem Kind gespielt haben soll. Erwähnenswert erscheint hier auch die Aussage der Zeugin P. M. zum Zustandekommen der von ihr an die Mutter des Klägers gerichteten Scheiben vom 13.03.1975 und 09.07.1982: "Der Brief (gemeint: vom 13.03.1975) stammt von mir, es ist meine Handschrift. Wie ich dazu kam, diesen Brief zu schreiben, weiß ich nicht mehr. Wenn darin andere Aussagen enthalten sind, als ich sie heute gemacht habe, so liegt dies daran, dass ich immer wieder aus der Verwandschaft Versionen gehört habe, wie das ganze damals ablief und ich möglicherweise entsprechende Bilder in diesem Schreiben wieder gab. Wie es zu meinem Schreiben vom 09.07.1982 kam, weiß ich ebenfalls nicht mehr." Auf die Frage der Bevollmächtigten des Beklagten, ob sie sich durch die Verwandschaft bedrängt gefühlt habe, hinsichtlich ihrer Version der Ereignisse, bekundete die Zeugin P. M.: "Bedroht mit der Faust wurde ich nicht."
Dass der Kläger sich bei dem Sturz am 29.05.1967 durch einen Kochlöffel die fatale Verletzung im Rachenbereich zuzog, erscheint nicht nur durch den Bericht des Dr.F. vom Unfalltag, sondern auch durch das Schreiben der Mutter des Klägers vom 05.06.1967 und eine Vielzahl ärztlicher Unterlagen aus den ersten Jahren nach dem Unfall belegt, so durch die Berichte der Chirurgischen Universitätsklinik F. vom 03.06.1967, des Kinderarztes Dr.S. vom 26.06.1970, der Neurochirurgischen Abteilung der Universitätsklinik F. vom 28.06.1967, der Orthopädischen Beratungsstelle des Kreisgesundheitsamtes (Landkreis O.) vom 03.09.1968/03.09.1970, des seinerzeitigen Hausarztes Dr.K. vom 22.02.1972 und des Dr.H. vom 03.05.1972. Die erstmals 1971 von Dr.D. (Schreiben vom 05.08.1971) geäußerten Zweifel an dem "Kochlöffeltrauma" und die dann bei der Begutachtung durch Dr.J. 1993 durch die Mutter des Klägers und in der Folgezeit u.a. in den Schreiben der Zeugin P. M. (1975 und 1982) sowie nunmehr von den Zeugen gemachte Aussage, ein Kochlöffel könne nicht im Spiele gewesen sein, weil die Kinder bereits vorher die an sie verteilten Kochlöffel hätten abgeben müssen, vermag nach Auffassung des Senats die vorgenannten Belege und Argumente nicht in einer Weise auszuräumen, dass es nunmehr als gesichert (Vollbeweis) angesehen werden könnte, bei dem Unfall sei ein Kochlöffel nicht beteiligt gewesen.
Das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Prof.Dr.E. vom 19.03.2000 und die von diesem übersandten medizinischen Veröffentlichungen reichen nicht aus, um einen Impfschaden zu belegen. Danach sei zwar ein Fall bekannt, in dem es nach Pockenschutzimpfung zu einer Halbseitenlähmung gekommen sei. Zum einen handelte es sich dabei aber um einen Fall, in dem eine deutliche Impfreaktion mit meningitischen Zeichen aufgetreten war, zum andern erklärt im Falle des Klägers das Kochlöffel- trauma schlüssig und zwanglos die anschließende Halbseitenlähmung. Entsprechendes gilt für die von der Klägerseite diskutierte These eines Verschlusses der rechten inneren Halsschlagader infolge einer anaphylaktisch-toxischen Reaktion auf den Impfstoff. Auch bei dieser These, die im Übrigen vor allem im Zusammenhang mit Schutzimpfungen gegen Diphterie erwähnt wird, handelt es sich, wie Dr.H. , dessen versorgungsärztliche Stellungnahmen vom 05.11.2001/12.09.2003 im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnten, schlüssig und überzeugend dargelegt hat, allenfalls um eine (theoretische) Möglichkeit.
Für eine Begutachtung nach § 106 SGG bestand deshalb kein Anlass. Im Übrigen ist der Sachverhalt durch die 1973 vom Sozialgericht Frankfurt am Main und 1984/85 vom Sozialgericht Würzburg eingeholten, in diesem Verfahren im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Gutachten sowie die sonstigen Ermittlungen ausreichend aufgeklärt. Dass die Ermittlungen zu der Frage, ob beim Kläger die (dritte) Impfung am 19.05.1967 unter Umständen mit einer erhöhten Dosierung erfolgte, zu keinem Ergebnis geführt haben, hat keine entscheidungserhebliche Bedeutung. Denn auch wenn ein entsprechender Nachweis erbracht worden wäre, hätte dies angesichts der Erfolgslosigkeit der Impfung und der sonstigen Beweislage den Verfahrensausgang nicht beeinflusst. Der Senat hat deshalb keinen Anlass zu weiteren diesbezüglichen Ermittlungen gesehen. Hinsichtlich der Frage, ob sich der Organismus des Klägers mit dem Impfvirus auseinandergesetzt hat, gilt Entsprechendes.
Ein Gutachten nach § 109 SGG von Prof.Dr.E. hat der Senat nicht eingeholt, weil der Kläger den geforderten Kostenvorschuss nicht eingezahlt und auch keine Kostenfreistellungserklärung des Sachverständigen vorgelegt hat.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29.10.1998 musste nach alldem zurückgewiesen werden.
Der Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr.Kremzow war nicht gehindert, an der Entscheidung mitzuwirken; denn seine Beteiligung in einem früheren Instanzenzug (rechtskräftiges Urteil des Bayer. Landessozialgerichts L 10 Vi 0003/85 vom 15.05.1986 zum gleichen Streitgegenstand) stellt keinen gesetzlichen Ausschließungsgrund hinsichtlich der Ausübung des Richteramts dar (§§ 60 Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. 41 Nr.6 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger im Zusammenhang mit einer am 19.05.1967 stattgefundenen Pockenschutzimpfung Versorgung nach dem Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zusteht und früher hierzu ergangene bindende Ablehnungsbescheide zurückzunehmen sind.
Der Kläger wurde am 20.05.1966, 12.10.1966 und 19.05.1967 gegen Pocken geimpft. Die Impfungen waren jeweils "ohne Erfolg". Am 28.05.1967 stürzte der Kläger beim Spielen im Garten von Verwandten und war anschließend für eine kurze Zeitspanne bewusstlos. Im Krankenhaus G. wurde entsprechend einem Bericht des Chefarztes Dr.F. vom 29.05.1967 eine oberflächliche Schleimhautverletzung am weichen und harten Gaumen festgestellt, die keine Therapie erforderlich mache. Anamnestisch enthält dieser Bericht die Feststellung, "das Kind habe sich mit einem Kochlöffel in den Mund gestoßen". Nachdem sich im Laufe der folgenden Tage halbseitige Lähmungserscheinungen zeigten, wurde der Kläger von Dr.K. in die Universitätsklinik F. (Neurochirurgie) eingewiesen. Dort wurde als Grund für die Halbseitenlähmung (links) ein Verschluss der rechten Carotis interna (innere Halsarterie) diagnostiziert, der auf die anamnestisch angegebene Kochlöffelverletzung im Rachenraum zurückgeführt wurde.
I.
Im September 1971 beantragten die Eltern des Klägers erstmals Versorgung nach dem BSeuchG, weil es sich bei dem neun Tage nach der Pockenschutzimpfung vom 19.05.1967 aufgetretenen Sturz mit Bewusstlosigkeit im Garten und den in der Folgezeit aufgetretenen Lähmungen um Folgen dieser Impfung handele. Nach Beiziehung der einschlägigen medizinischen Unterlagen und Einholung eines "Berichts in einer Impfschadenssache" des Kreisgesundheitsamtes O. vom 08.11.1971 sowie einer versorgungsärztlichen Stellungnahme lehnte der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 24.05.1972 ab: Die Halbseitenlähmung des Klägers sei Folge eines traumatischen Verschlusses der Carotis interna; der Verschluss sei auf den Sturz im Garten zurückzuführen, bei dem es mittels eines Kochlöffels zu einer Verletzung im Mundinneren gekommen sei; er stehe mit der Impfung vom 19.05.1967 in keinem Zusammenhang. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.1972 zurück. Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel hatten keinen Erfolg. In ihren Urteilen vom 29.10.1973 und 24.03.1976 stützten sich das Sozialgericht Frankfurt am Mai und das Hessische Landessozialgericht vor allem auf das Gutachten des Prof.Dr.J. (Universitätsklinik F. , Abteilung Neuropädiatrie) vom 26.04.1973.
Im Oktober 1981 beantragte der Kläger erneut, ihm unter Rücknahme der vorausgegangenen Bescheide Versorgung wegen der Folgen eines Impfschadens zu gewähren. Zur Begründung legte er ein Schreiben des Prof.Dr.R. (Neurologische Universitätsklinik W.) vor, in dem die Vermutung geäußert wurde, der Sturz, bei dem es zu der Kochlöffelverletzung gekommen sei, sei im Zuge eines impfbedingten cerebralen Krampfanfalles aufgetreten. Der Beklagte lehnte diesen Neufeststellungsantrag ohne weitere Ermittlungen mit Bescheid vom 02.07.1982 ab. Den Widerspruch des Klägers wies er nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme am 23.11.1982 zurück. Auch die Rechtsmittel gegen diese Entscheidung blieben erfolglos. In ihren Urteilen vom 04.11.1985 und 15.05.1986 stützten sich das Sozialgericht Würzburg und das Bayer. Landessozialgericht vor allem auf das im Klageverfahren eingeholte Gutachten des Leiters der Bayerischen Landesimpfanstalt, Prof.Dr.S. , vom 09.04./24.09.1984, der aufgrund verschiedener Fakten (u.a. keine unmittelbaren Impfreaktionen; nicht-pathologischer Liquorbefund; normale Blutsenkung und Leukozytenzahl) die Wahrscheinlichkeit eines Impfschadens und eines impfbedingten Krampfanfalles am 28.05.1967 verneinte. Dem nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstatteten Gutachten des Prof.Dr.R. vom 02.07.1985, der den Sturz des Klägers vom 28.05.1967, bei dem es zu der Carotisverletzung gekommen sei, als möglichen postvakzinalen Krampfanfall deutete, schlossen sich die Gerichte nicht an. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wurde vom Bundessozialgericht (BSG) verworfen (Beschluss vom 31.10. 1986).
II.
Mit Schriftsatz vom 15.04./17.05.1997 stellte der Kläger wiederum - durch seinen Bruder H. K. - einen Neufeststellungsantrag, den er u.a. damit begründete, die "angebliche Rachenverletzung" sei eine "Fiktion" und beruhe auf einer Vermutung besorgter Verwandter am Tag des ersten Krampfanfalles (28.05.1967).
Mit Bescheid vom 29.07.1997 lehnte der Beklagte den erneuten Antrag auf Versorgung wegen eines Impfschadens ab, weil auch das neue Vorbringen einen Impfschaden, also einen über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsschaden, nicht beweise.
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.08.1997 als unbegründet zurück.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger beim Sozialgericht Würzburg Klage erhoben: Das Gutachten von 1972 halte heutigen humanbiologischen Erkenntnissen nicht mehr stand, beruhe auf Unwahrheiten und ignoriere wichtige Tatsachen. Dass es sich bei der Halbseitenlähmung um die Folgen eines Impfschadens handele, ergebe sich bereits daraus, dass diese Gesundheitsstörung am zehnten Tag nach der Impfung aufgetreten sei. Zu einer Verletzung mit einem Kochlöffel habe es am 28.05.1967 gar nicht kommen können, weil er bei dem Sturz im Garten keinen Kochlöffel bei sich gehabt habe; dieser sei ihm vielmehr bereits vorher in der Küche wegen des damit verursachten Lärms (Schlagen auf Kochtopfdeckel) weggenommen worden.
Das Sozialgericht hat die einschlägige Akte des Beklagten beigezogen und eidesstattliche Versicherungen von S. und R. E. (09.10.1998), H. T. (12.10.1998) sowie von den Eltern des Klägers (13.10.1998) eingeholt.
Mit Urteil vom 29.10.1998 hat das Sozialgericht - ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs.2 SGG) - die Klage abgewiesen: Das Auftreten eines Impfschadens im Anschluss an die Pockenschutzimpfung vom 19.05.1967 könne nach wie vor nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Das Vorbringen, der Kläger habe sich nicht mit einem Kochlöffel im Rachenraum verletzt, ändere hieran nichts. Im Übrigen hat das Sozialgericht ausdrücklich auf die Gründe in den Entscheidungen des Sozialgerichts Würzburg und des Bayer. Landessozialgerichts vom 04.11.1985/15.05.1986 in dem früheren Gerichtsverfahren Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger - im Wesentlichen unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens - Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Der Senat hat die einschlägigen Akten des Beklagten sowie der früheren Gerichtsverfahren beigezogen und Auskünfte des Kreisgesundheitsamtes O. , der seinerzeitigen Impfärztin Dr.H. (geb. K.), des Ltd. MedDir. Dr.S. und des Hessischen Sozialministeriums eingeholt.
Die mündliche Verhandlung vom 12.09.2001, zu der der Kläger ein - in der Folgezeit ergänztes - Privatgutachten des Dr.jur. B. G. (Institut für Medizinschaden-Begutachtung, T.) vom 07.09.2001 vorgelegt hat, ist vertagt worden. Dr.G. vertrat - als Jurist - die Auffassung, nur eine perforierende Verletzung im Gaumen-/Rachenbereich hätte zu dem Carotisverschluss führen können; es sei anzunehmen, dass dieser Verschluss die Folge einer anaphylaktisch-toxischen Wirkung des beim Kläger verwendeten Impfstoffes gewesen sei, wie sie jedenfalls bei dem zur Schutzimpfung gegen Diphterie verwendeten Impfstoff (Lebendviren) bekannt sei. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang auch ein Schreiben des Prof.Dr.E. (Prof. für Impfwesen) vom 19.03.2002 sowie ihm von diesem zugeleitete medizinische Veröffentlichungen vorgelegt.
Der Beklagte hat sich hierzu unter Vorlage versorgungsärztlicher Stellungnahmen (Nervenarzt Dr.H.) vom 05.11.2001/ 17.05./05.07.2002/12.09.2003 geäußert.
Die nach § 109 SGG beantragte Einholung eines Gutachtens von Prof.Dr.E. ist nicht zu Stande gekommen, weil der angeforderte Kostenvorschuss nicht eingezahlt und auch eine Kostenfreistellungserklärung des Sachverständigen nicht vorgelegt wurde.
Am 06.05./01.09.2003 hat das Gericht die Eltern des Klägers, G. und H. K. , sowie dessen Onkel und Tante, H. T. und P. M. als Zeugen zu den von ihnen bereits eidesstattlich beschriebenen Vorgängen im Mai 1967 - insbesondere dem "Kochlöffeltrauma" des Klägers - vernommen. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang Familienkorrespondenz vorgelegt und sich - ebenso wie der Beklagte - zum Ergebnis der Beweisaufnahme (Zeugenvernehmungen) geäußert.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 29.10.1998 und des Bescheides/Widerspruchsbescheides vom 29.07./19.08.1997 zu verurteilen, die Bescheide vom 24.05.1972/02.07.1982 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 19.09.1972/23.11.1982 zurückzunehmen und ihm unter Anerkennung von "armbetonte Halbseitenlähmung links und cerebrale Anfälle" als Impfschadensfolgen Versorgung nach einer MdE von 80 v.H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil der Sach- und Rechtslage entspreche.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 61 Abs.2 BSeuchG bzw. 68 Abs.2 IfSG i.V.m. §§ 143, 151 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, die bindenden Bescheide vom 24.05./19.09.1972 sowie 02.07./23.11.1982 zurückzunehmen und dem Kläger aus Anlass der bei diesem bestehenden Halbseitenlähmung (links) sowie der Krampfanfälle Versorgung nach einer MdE von 80 v.H. zu gewähren. Das ist dann der Fall, wenn es sich bei diesen Gesundheitsstörungen um Folgen der Pockenschutzimpfung vom 19.05.1967 handelt.
Dies hat das Sozialgericht mit Recht verneint.
§ 44 Abs.1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) bestimmt, dass ein unanfechtbarer Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Entsprechend der Regelung des - seit 01.01.2001 durch § 60 Abs.1 IfSG ersetzten - § 51 Abs.1 BSeuchG in Verbindung mit dem BVG erhält derjenige, der durch eine Impfung, die u.a. gesetzlich vorgeschrieben war, einen Impfschaden erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Voraussetzung im Einzelnen dafür ist, dass die vorgeschriebene Impfung die Gesundheitsstörungen wahrscheinlich verursacht hat. Wahrscheinlich in diesem Sinn ist die Kausalität dann, wenn wenigstens mehr für als gegen sie spricht, d.h. die für den Zusammenhang sprechenden Umstände mindestens deutlich überwiegen. Die Impfung als schädigende Einwirkung, der Impfschaden - das ist ein über die übliche Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden - und die Schädigungsfolge (Dauerleiden) müssen nachgewiesen, nicht nur wahrscheinlich sein (BSG, 19.03.1986, 9 a RV 2/84 und 26.06.1985, 9 a RVi 3/83 = BSG, SozR 3850 Nr.9 und 8).
Eine Erkrankung, die alsbald nach einer Impfung mit Sicherheit aufgetreten sein muss, ist als ungewöhnliche Impfreaktion und damit als "Impfschaden" zu verstehen, falls sie wahrscheinlich durch die Impfung verursacht wurde. Falls ein "Impfschaden" nicht erwiesen ist, erübrigt es sich, einen ursächlichen Zusammenhang mit dem letzten Glied der Ursachenkette zu prüfen. Selbst wenn man die Kausalitätsformel in § 52 Abs.2 Satz 1 BSeuchG (§ 61 Satz 1 IfSG) isoliert betrachten wollte, müsste man das Mittelglied "Impfschaden" als Brückensymptom in der durch die beiden Endglieder begrenzten Kette von Ursachen und Wirkungen mit Gewissheit feststellen; es dürfte auch dann nicht bloß wahrscheinlich sein. Andernfalls würde die Überzeugung nicht den Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges gerecht. Diese sind aber unverzichtbar. Eine Umkehr der Beweislast gibt es in diesem Bereich nicht (BSG, 19.03.1986, 9a RV 2/84 = SozR 3850 § 51 Nr.9 mit weiteren Nachweisen).
Die vorgenannten Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Bei der Pockenschutzimpfung, der sich der Kläger am 19.05.1967 unterzog, handelte es sich zwar unstreitig um eine gesetzlich vorgeschriebene Impfung. Auch ist in Gestalt des Sturzes auf dem Rasen im Anwesen der Familie T. am 28.05.1967 mit anschließender Bewusstlosigkeit sicher eine Gesundheitsstörung aufgetreten, die - wollte man sie als mögliche Impfreaktion qualifizieren - über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion nach Pockenschutzimpfung hinaus ging. Der Senat hält es aber nicht für erwiesen, dass diese Gesundheitsstörung wahrscheinlich eine Folge der neun Tage zuvor erfolgten Impfung war.
Die übrigen Fakten sprechen weit mehr gegen das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs als für einen solchen. Um als Impfschaden infrage zu kommen, hätte es sich bei dem Sturz mit Bewusstlosigkeit am 28.05.1967 um die Manifestation eines cerebralen Krampfanfalles handeln müssen. Das Auftreten von Krampfanfällen als Impfschaden innerhalb eines Zeitraumes von 3 bis 31 Tagen nach einer Pockenschutzimpfung (sog. Inkubationszeit) ist zwar bekannt (vgl. BSG, 17.12.1997, Az.: 9 RVi 1/95 = SozR 3-3850 § 52 Nr.1). Es ist aber nicht erwiesen, dass der Kläger am 28.05.1967 einen Krampfanfall erlitten hat. Der bloße zeitliche Zusammenhang beweist dies keinesfalls. Dagegen spricht vor allem, dass es beim Kläger in den folgenden Tagen, Wochen und Monaten zu keinen weiteren gesicherten Krampfanfällen kam. Solche wurden insbesondere weder in der Neurochirurgischen Abteilung der Universitätsklinik F. (stationär 03.06. bis 21.06.1967) noch in der T.klinik F. , wo sich der Kläger vom Oktober 1968 bis August 1969 in stationärer Behandlung befand, beobachtet (vgl. Bl.137, 139 der Akte des Sozialgerichts Frankfurt am Main). Seitens der T.klinik wurde mit Schreiben vom 06.11.1975 ausdrücklich mitgeteilt, bei der Erhebung der Anamnese seien Krämpfe von Seiten der Eltern als unbekannt angegeben worden. Selbst der seinerzeit nach § 109 SGG benannte Sachverständige Prof.Dr.R. (Gutachten vom 02.07.1985) hielt einen Krampfanfall lediglich für möglich. Hinzu kommt, dass es sich um einen postvakzinalen Krampfanfall gehandelt haben müsste, d.h. einen Krampfanfall, der infolge einer durch die Impfung verursachten Enzephalopathie oder Enzephalitis auftrat. Dies ist nicht wahrscheinlich. Gegen einen derartigen Zusammenhang spricht, wie u.a. Prof.Dr.S. zutreffend dargelegt hat (Gutachten vom 09.04.1984), dass der (unterstellte) Krampfanfall entgegen dem üblichen Verlauf ohne Vorzeichen - gleichsam "aus heiterem Himmel" - aufgetreten wäre. Denn in den neun Tagen zwischen Impfung und Sturz traten keinerlei Symptome auf, aus denen auf eine Affektion des Gehirnes, aus der ein Krampfanfall hätte resultieren können, geschlossen werden könnte. Das ungewohnt scheue Verhalten des Klägers zu Beginn des Verwandtenbesuches am 28.05.1967 stellt insoweit auf keinen Fall ein ausreichend typisches Symptom dar (Gutachten Prof.Dr.S. vom 09.04.1984). Auch eine sog. "blande" Enzephalopathie ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof.Dr.S. nicht wahrscheinlich zu machen. Die fehlenden Symptome für eine Affektion des Gehirns erhalten im vorliegenden Fall als Argument gegen einen wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen Impfung und (unterstelltem) Krampfanfall zusätzliches Gewicht dadurch, dass beim Kläger nicht einmal eine unmittelbare Impfreaktion in Gestalt von Hautrötung, Pustelbildung u.ä. aufgetreten ist.
Der gegenteiligen Auffassung des seinerzeit vom Sozialgericht Würzburg gehörten Sachverständigen Prof.Dr.R. (Gutachten vom 02.07.1985) vermochte sich der Senat nicht anzuschließen, weil zum einen auch dieser Sachverständige das Auftreten eines cerebralen Krampfanfalles am 28.05.1967 nicht für gesichert hielt und zum anderen den Ausführungen dieses Sachverständigen, der im Übrigen das "Kochlöffeltrauma" und dessen Folgen nicht im Geringsten in Zweifel zog, ein im Grad der Wahrscheinlichkeit anzunehmender Kausalzusammenhang zwischen dem - als gegeben unterstellten - Krampfanfall und der laut Impfpass "ohne Erfolg" durchgeführten Pockenschutzimpfung nicht abgeleitet werden kann.
Der bereits aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht zu erbringende Nachweis eines Impfschadens wird vollends unmöglich gemacht durch die schlüssige Erklärung, die das "Kochlöffeltrauma" für die Bewusstlosigkeit des Klägers am 28.05.1967 und die sich anschließend entwickelnde Halbseitenlähmung bietet. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger sich am 28.05.1967 bei einem aus banalem Grund (Stolpern o.ä.) erfolgten Sturz einen Kochlöffel in den Rachenraum stieß und sich dadurch ein stumpfes Trauma der Gefäßwand der rechten inneren Halsschlagader zuzog (Intimaläsion), als dessen Folge es zu einem Verschluss dieses Gefäßes mit dadurch bedingter Hemiparese kam.
Die durchgeführten Ermittlungen (Zeugenvernehmungen) haben in der Zusammenschau mit den sonstigen bekannten Fakten diesen Sachverhalt - als eine zur These des Impfschadens konkurrierende Causa - nicht auszuräumen vermocht. Die Aussagen der als Zeugen vernommenen Eltern des Klägers sowie dessen Onkel und Tante, H. T. und P. M. , enthalten eine Reihe von Widersprüchen, Ungereimtheiten und Erinnerungslücken. Diese erscheinen - auch angesichts der Tatsache, dass die "Kochlöffelversion" während der ersten Jahre nach dem Ereignis völlig unbestritten und von niemand in Frage gestellt war - so gewichtig, dass die Zeugen und deren Aussage, bei dem "Unfall" des Klägers sei sicher kein Kochlöffel im Spiel gewesen, nicht für ausreichend glaubhaft erachtet werden konnten. Auch der vom Bevollmächtigten des Klägers übergebene "innerfamiliäre" Schriftverkehr (Postkarte der Mutter des Klägers vom 29.05.1967; Schreiben der Tante P. M. vom 13.03.1975 und 09.07.1982; Schreiben der Großmutter des Klägers etwa 1982) vermochte hieran - insbesondere wenn man in diesem Zusammenhang die Aussage der Zeugin P. M. vom 01.09.2003 berücksichtigt - nichts zu ändern. Im Einzelnen: Während die als Zeugen vernommenen Eltern des Klägers und dessen Onkel übereinstimmend und mit ziemlich präziser Erinnerung bekundeten, dass die Kinder einschließlich des Klägers vor dessen Unfall die zum Lärmen verwendeten Kochlöffel wieder abgegeben hätten, blieben die Aussagen zu der Frage, wie es dann in der Folgezeit sowohl im Familienkreis als auch bei den behandelnden Ärzten/Kliniken einheitlich zu der Annahme des Kochlöffeltraumas gekommen sei, höchst diffus und schwer nachvollziehbar. Tatsache ist aber, dass Dr. F. , der den Kläger am 29.05.1967 als erster untersuchte, ausschließlich einen den Gaumen betreffenden Befund und als Anamnese das Kochlöffeltrauma festgehalten hat. Wäre die Anamnese aus dem Kreis der bei der Untersuchung anwesenden Erwachsenen (nach Angaben der Zeugin P. M. sprach die Mutter des Klägers mit Dr. F.) bezüglich des Grundes für den Sturz und die Bewusstlosigkeit des Klägers ungewiß gewesen, so ist nach Auffassung des Senats anzunehmen, dass dies in dem Bericht so formuliert worden wäre und auch andere Befunde als der des Rachens/ Gaumens festgehalten worden wären. Die offensichtlich anamnestisch bedingte Beschränkung auf die Gaumen-/Rachenregion erstaunt umso mehr als die Mutter des Klägers, wie sie in ihrem Brief vom 05.06.1967 an Dr. K. schrieb, die Einzelheiten über die Beteiligung eines Kochlöffels an dem Unfall erst einige Tage danach durch einen Telefonanruf der Zeugin P. M. an den Vater des Klägers erfahren haben will. Die Zeugin P. M. hat demgegenüber erklärt, diese Informationen stammten nicht von ihr; sie habe mit dem Vater des Klägers nie gesprochen. Widersprüche in den Aussagen der Zeugen bestehen auch insoweit, als der Vater des Klägers angegeben hat, er sei zum Zeitpunkt des Unfalls nicht im Garten, sondern im Wohnzimmer gewesen, während nach den Angaben der Zeugin P. M. der Vater des Klägers zum Zeitpunkt von dessen Unfall im Garten gewesen sein und mit einem Kind gespielt haben soll. Erwähnenswert erscheint hier auch die Aussage der Zeugin P. M. zum Zustandekommen der von ihr an die Mutter des Klägers gerichteten Scheiben vom 13.03.1975 und 09.07.1982: "Der Brief (gemeint: vom 13.03.1975) stammt von mir, es ist meine Handschrift. Wie ich dazu kam, diesen Brief zu schreiben, weiß ich nicht mehr. Wenn darin andere Aussagen enthalten sind, als ich sie heute gemacht habe, so liegt dies daran, dass ich immer wieder aus der Verwandschaft Versionen gehört habe, wie das ganze damals ablief und ich möglicherweise entsprechende Bilder in diesem Schreiben wieder gab. Wie es zu meinem Schreiben vom 09.07.1982 kam, weiß ich ebenfalls nicht mehr." Auf die Frage der Bevollmächtigten des Beklagten, ob sie sich durch die Verwandschaft bedrängt gefühlt habe, hinsichtlich ihrer Version der Ereignisse, bekundete die Zeugin P. M.: "Bedroht mit der Faust wurde ich nicht."
Dass der Kläger sich bei dem Sturz am 29.05.1967 durch einen Kochlöffel die fatale Verletzung im Rachenbereich zuzog, erscheint nicht nur durch den Bericht des Dr.F. vom Unfalltag, sondern auch durch das Schreiben der Mutter des Klägers vom 05.06.1967 und eine Vielzahl ärztlicher Unterlagen aus den ersten Jahren nach dem Unfall belegt, so durch die Berichte der Chirurgischen Universitätsklinik F. vom 03.06.1967, des Kinderarztes Dr.S. vom 26.06.1970, der Neurochirurgischen Abteilung der Universitätsklinik F. vom 28.06.1967, der Orthopädischen Beratungsstelle des Kreisgesundheitsamtes (Landkreis O.) vom 03.09.1968/03.09.1970, des seinerzeitigen Hausarztes Dr.K. vom 22.02.1972 und des Dr.H. vom 03.05.1972. Die erstmals 1971 von Dr.D. (Schreiben vom 05.08.1971) geäußerten Zweifel an dem "Kochlöffeltrauma" und die dann bei der Begutachtung durch Dr.J. 1993 durch die Mutter des Klägers und in der Folgezeit u.a. in den Schreiben der Zeugin P. M. (1975 und 1982) sowie nunmehr von den Zeugen gemachte Aussage, ein Kochlöffel könne nicht im Spiele gewesen sein, weil die Kinder bereits vorher die an sie verteilten Kochlöffel hätten abgeben müssen, vermag nach Auffassung des Senats die vorgenannten Belege und Argumente nicht in einer Weise auszuräumen, dass es nunmehr als gesichert (Vollbeweis) angesehen werden könnte, bei dem Unfall sei ein Kochlöffel nicht beteiligt gewesen.
Das vom Kläger vorgelegte Schreiben des Prof.Dr.E. vom 19.03.2000 und die von diesem übersandten medizinischen Veröffentlichungen reichen nicht aus, um einen Impfschaden zu belegen. Danach sei zwar ein Fall bekannt, in dem es nach Pockenschutzimpfung zu einer Halbseitenlähmung gekommen sei. Zum einen handelte es sich dabei aber um einen Fall, in dem eine deutliche Impfreaktion mit meningitischen Zeichen aufgetreten war, zum andern erklärt im Falle des Klägers das Kochlöffel- trauma schlüssig und zwanglos die anschließende Halbseitenlähmung. Entsprechendes gilt für die von der Klägerseite diskutierte These eines Verschlusses der rechten inneren Halsschlagader infolge einer anaphylaktisch-toxischen Reaktion auf den Impfstoff. Auch bei dieser These, die im Übrigen vor allem im Zusammenhang mit Schutzimpfungen gegen Diphterie erwähnt wird, handelt es sich, wie Dr.H. , dessen versorgungsärztliche Stellungnahmen vom 05.11.2001/12.09.2003 im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnten, schlüssig und überzeugend dargelegt hat, allenfalls um eine (theoretische) Möglichkeit.
Für eine Begutachtung nach § 106 SGG bestand deshalb kein Anlass. Im Übrigen ist der Sachverhalt durch die 1973 vom Sozialgericht Frankfurt am Main und 1984/85 vom Sozialgericht Würzburg eingeholten, in diesem Verfahren im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Gutachten sowie die sonstigen Ermittlungen ausreichend aufgeklärt. Dass die Ermittlungen zu der Frage, ob beim Kläger die (dritte) Impfung am 19.05.1967 unter Umständen mit einer erhöhten Dosierung erfolgte, zu keinem Ergebnis geführt haben, hat keine entscheidungserhebliche Bedeutung. Denn auch wenn ein entsprechender Nachweis erbracht worden wäre, hätte dies angesichts der Erfolgslosigkeit der Impfung und der sonstigen Beweislage den Verfahrensausgang nicht beeinflusst. Der Senat hat deshalb keinen Anlass zu weiteren diesbezüglichen Ermittlungen gesehen. Hinsichtlich der Frage, ob sich der Organismus des Klägers mit dem Impfvirus auseinandergesetzt hat, gilt Entsprechendes.
Ein Gutachten nach § 109 SGG von Prof.Dr.E. hat der Senat nicht eingeholt, weil der Kläger den geforderten Kostenvorschuss nicht eingezahlt und auch keine Kostenfreistellungserklärung des Sachverständigen vorgelegt hat.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29.10.1998 musste nach alldem zurückgewiesen werden.
Der Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr.Kremzow war nicht gehindert, an der Entscheidung mitzuwirken; denn seine Beteiligung in einem früheren Instanzenzug (rechtskräftiges Urteil des Bayer. Landessozialgerichts L 10 Vi 0003/85 vom 15.05.1986 zum gleichen Streitgegenstand) stellt keinen gesetzlichen Ausschließungsgrund hinsichtlich der Ausübung des Richteramts dar (§§ 60 Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. 41 Nr.6 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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