Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 229/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 152/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22. März 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1957 geborene Kläger war seit August 1973 zunächst als Lehrling, dann als Geselle und ab 1983 als Meister im Bäcker- und Konditoreiberuf tätig. Von 1985 bis 1990 übte er diesen Beruf nur noch aushilfsweise und dann gar nicht mehr aus.
Im Dezember 1998 trat die gesetzliche Krankenkasse an die Beklagte mit einem Heil- und Kostenplan heran und machte im Februar 1999 einen Ersatzanspruch wegen ihrer diesbezüglichen Ausgaben geltend.
Die Beklagte holte Unterlagen und Berichte des behandelnden Zahnarztes ein und hörte den Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der Universität R. Prof. Dr.S. als Sachverständigen nach Aktenlage. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 28.01.2000 zu dem Ergebnis, die Lokalisation der Karies an den Frontzähnen und Prämolaren mit übergreifender Zerstörung am Zahnhals und zum Teil flächenhafter Ausbreitung seien typische Anzeichen der Bäckerkaries. Zahnverluste und große Füllungen im Seitenzahnbereich seien allerdings Zeichen dafür, dass schon vor der Berufsausbildung die Zähne kariöse Defekte aufgewiesen hätten. Wissenschaftliche Untersuchungen gäben auch an, dass bei ausreichender Mundhygiene kein überdurchschnittlicher Kariesbefall bei der Berufsgruppe der Bäcker und Konditoren vorhanden sei und somit keine Berufskrankheit entstehen könne.
Das typische Bild sei beim Kläger nicht mehr zu erkennen, da alle Oberkieferfrontzähne und -prämolaren entweder überkront seien oder fehlten. Allerdings seien die Wurzelkanalbehandlungen Zeichen dafür, dass schon vor Beginn der Lehre die Zähne kariöse Defekte aufgewiesen hätten. Weiter seien Wurzelkanalfüllungen erfolgt, nachdem der Kläger in seinem Beruf als Bccker zu arbeiten aufgehört habe. Auch die vorhandenen Entzündungen der Gingiva insbesondere im Oberkiefer und die Beläge seien Zeichen dafür, dass die Mundhygiene nicht ausreichend sei, obwohl der Kläger etwas anderes angebe. Von Seiten des Sachverständigen sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr feststellbar, ob die Zahnschäden und Zahnverluste hauptsächlich durch berufsbedingte Noxen entstanden seien oder ob als Hauptursache die nicht ausreichende Mundhygiene verantwortlich sei. Es sei nicht mehr feststellbar, ob Zahnschäden durch berufliche Einwirkung entstanden oder wesentlich verschlimmert worden seien. Das Gewerbeaufsichtsamt N. schloss sich dieser Beurteilung an und führte aus, die vorhandenen Zahnschäden ließen sich nicht mit Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einflüsse zurückführen.
Mit Bescheid vom 13.03.2000 verweigerte die Beklagte die Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit nach Ziffer 1312 Anlage zur BKVO. Ein Anspruch auf Entschädigungsleistungen bestehe daher nicht.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe bis 1985 als Bäcker gearbeitet und dann auf Anraten der Zahnärzte diesen Beruf aufgegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06. 2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Erkrankungen seiner Zähne berufsbedingt nach § 9 SGB VII i.V.m. Nr.1312 der Anlage zur BKVO und die sich hieraus ergebenden Entschädigungsleistungen zu gewähren seien.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht den behandelnden Zahnarzt Dr.L. mit Gutachten vom 31.01.2001 als Sachverständigen gehört. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, beim Kläger liege ein kariös massiv geschädigtes Gebiss mit insgesamt guter parodontaler Situation vor. Da trotz des weit überdurchschnittlichen Kariesbefalls sowohl das Zahnfleisch als auch der Zahnhalteapparat in unauffälligem, alters-entsprechendem Zustand seien, sei eine generell insuffiziente Mundhygiene als Ursache für die hohe kariöse Schädigung zu verneinen. Eine solche Vermutung sei auch nicht mit den eigenen Erfahrungen als behandelnder Zahnarzt für die letzten 13 Jahre in Deckung zu bringen, diese attestierten vielmehr eine über die gesamte Zeit gleichbleibende gute Mundhygiene. Es sei vielmehr die überproportionale Exposition der Zähne mit Zucker, der im Mund zu kariesverursachenden Säuren abgebaut werde, die Ursache für die starke kariöse Schädigung des Gebisses des Klägers.
Der Kläger habe den Sachverständigen nach Abschluss seiner Tätigkeit als Bäcker aufgesucht. Damals seien bereits die Frontzähne überkront gewesen, weitgehende Zerstörungen am Zahnhals hätten eine Überkronung weiterer Zähne notwendig gemacht. Insgesamt sei neben diesen beiden auch noch mit der flächenhaften Ausdehnung der Karies das dritte in der Literatur beschriebene typische Merkmal der Bäckerkaries erfüllt. Insgesamt sei im Rahmen der Behandlung erkennbar gewesen, dass eine schädigende Noxe vor dem Erstbesuch der Praxis vorhanden gewesen sein müsse.
Gegen die Zuckerexposition bilde auch eine gute Mundhygiene keinen geeigneten Schutz. Ein intensives Putzen nach jedem Abschmecken würde eventuell Abhilfe schaffen. Neueren Studien, die den Zusammenhang zwischen erhöhter Kariesinzidenz und der Bäckertätigkeit verneinten, sei insofern bedingt Rechnung zu tragen, als ab etwa 1980 verstärkt Fertigbackmischungen das individuelle Abschmecken überflüssig gemacht hätten. Diese Änderung habe beim Kläger aber nicht mehr gegriffen. Das Gesamtbild der Erkrankung des Klägers entspreche nahezu exemplarisch dem Typus der Bäckerkaries, die als Berufskrankheit anzuerkennen sei.
Die Beklagte hat hiergegen eingewendet, soweit dieser Sachverständige eine inadäquate Mundhygiene ausschließe, könne dies nicht überzeugen, da er eine gute Mundhygiene erst ab 1986 bescheinigen könne. Rückschlüsse auf die Zeit davor seien nicht zulässig. Nach dem Gutachten des Prof. Dr.S. sprächen darüber hinaus die Entzündungen der Gingiva und die Beläge gegen eine gute Mundhygiene.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein weiteres Gutachten nach Aktenlage von dem Zahnarzt Dr.J. vom 04.09.2001 eingeholt. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, sichere Anzeichen einer sogenannten Bäckerkaries seien wegen der Überkronung bzw. fehlender Zähne nicht mehr festzustellen. Solche seien die typischen, auf den vorderen Flächen der Zähne weißlich aufbereiteten kariösen Läsionen, die vornehmlich an den Zahnhälsen der Oberkieferfrontzähne und -prämolaren lokalisiert seien. Beim Kläger sei auffallend, dass schon nach drei Jahren Lehre die oberen Frontzähne massiv beschliffen und überkront werden mussten. Ein fehlender Zahn habe ebenfalls ersetzt werden müssen. Dies sei ein Zeichen dafür, dass die Zähne schon am Beginn der Lehre kariöse Defekte aufgewiesen hätten, zerstört oder nicht vorhanden gewesen seien. Implizit heiße dies, dass die Mundhygiene vor und während der Bäckertätigkeit nicht ausreichend gewesen sei. Nach neuen Erkenntnissen würden die typischen kariösen Läsionen der Bäckerkaries nicht mehr durch Abschmecken bzw. Mehl-Zucker-Staub verursacht, sondern durch mangelnde Mundhygiene. 1986 sei beim Kläger festgestellt worden, dass die Ausbreitung der Karies an den Zähnen von okklusal (Kaufläche der Zähne) und interdental erfolge. Bei der Bäckerkaries folge die Ausbreitung der Karies von labial aus (vordere Seite der Zähne). Da der Kläger seit 1985 nicht mehr als Bäcker-Konditor gearbeitet habe, könne man die Karieserkrankung der Zähne wegen beruflichen Einflüssen ausschließen. Ob die ursprüngliche Überkronung der Frontzähne wegen beruflicher Schäden oder wegen unzureichender Mundhygiene bzw. wegen fehlender Zähne geschehen sei, sei nicht feststellbar.
Der Sachverständige hält die parodontale Erkrankung des Klägers nicht für eine Berufskrankheit, die kariöse Erkrankung der Zähne sei wesentlich auf eine unzureichende Mundhygiene zurückzuführen. Die 1986 festgestellte Karieslokalisation entspreche nicht der der Bäckerkaries. Das Vorhandensein von festen, bräunlichen, girlandenförmigen Belägen sei ein Zeichen dafür, dass die Mundhygiene verbesserungsbedürftig gewesen sei. Man könne nicht erkennen, dass die ursprüngliche Karieserkrankung wegen Einwirkung beruflicher Noxen entstanden oder verschlimmert worden sei.
Mit Urteil vom 22.03.2002 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat sich in der Begründung im Wesentlichen auf die Gutachten des Prof. Dr.S. und des Dr.J. gestützt. Dem Gutachten des Dr.L. ist es aus den von dem Sachverständigen Dr.J. ausgeführten Gründen nicht gefolgt.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Er stützt sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr.L. und rügt, dass die anderen Sachverständigen ihn nicht persönlich untersucht hätten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Regensburg in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, denn die Zahnerkrankung des Klägers ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich durch berufliche Einwirkungen wenigstens mitverursacht.
Die Entscheidung über den Rechtsstreit richtet sich nach den Vorschriften der RVO, denn die vom Kläger als Berufskrankheit geltend gemachte Erkrankung war bereits vor dem 01.01.1997 eingetreten (§ 212 SGB VII). Die insoweit vom Sozialgericht herangezogene Vorschrift des § 9 SGB VII enthält für den vorliegenden Fall jedoch keine sachlich unterschiedliche Regelung zu § 551 Abs.1 RVO.
Das Gericht weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Regensburg bezüglich der Bewertung des Beweisergebnisses als unbegründet zurück und sieht nach § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Die Einwendungen des Klägers hiergegen greifen nicht durch. Soweit der Kläger sein Begehren auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.L. stützt, enthält die angefochtene Entscheidung eine Bewertung des Beweisergebnisses hauptsächlich anhand des Gutachtens des Sachverständigen Dr.J. , in der die vom Kläger vorgebrachten Einwendungen bereits abgehandelt sind. Insgesamt ergibt sich auch aus der Sicht des Senats, dass die Zahnschädigungen des Klägers 1986, nachdem der Kläger seine Haupttätigkeit als Bäcker-Konditor bereits aufgegeben hatte, schon ein erhebliches Ausmaß hatten, andererseits aber nicht mehr zu beurteilen war, ob die beruflichen Einwirkungen durch Säuren mit Wahrscheinlichkeit einen wesentlichen Beitrag geleistet hatten. Für die Zeit danach, insbesondere die 90-er Jahre, sind Zweifel verblieben, ob die weiter fortschreitenden Zahnschädigungen des Klägers noch ein Bild aufweisen, wie es als Folge einer Erkrankung der Zähne durch Säuren, entstanden beim Abschmecken von Backmischungen, zu erwarten gewesen wäre. Das exemplarische Bild einer Bäckerkaries, das Dr.L. beim Kläger sieht, wird von den Sachverständigen Prof.Dr.S. und Dr.J. mit detaillierten Darlegungen gerade infrage gestellt. Schon die Überkronung der Frontzähne noch vor der Behandlung durch Dr.L. kann, wie der Sachverständige Prof. Dr.S. ausführt und der Sachverständige Dr.J. bekräftigt, nicht für das Bild der Bäckerkaries in Anspruch genommen werden, weil der Status vor der Überkronung nicht bekannt ist. Auch das Argument der flächenhaften Ausdehnung der Karies kann anhand der differenzierten Bewertung durch die Sachverständigen Prof. Dr.S. und Dr.J. nicht mehr als ausreichend angesehen werden. Insgesamt verbleibt nach dem Sachverständigengutachten des Dr.L. als Argument für die Kausalität lediglich die berufliche Einwirkung von Säuren auf die Zähne. Dies würde zur Begründung der Kausalität jedoch nur dann ausreichen, wenn dieser Zusammenhang wenigstens regelhaft wäre. Dass dem jedoch bezüglich der Bäckerkaries nicht so ist, ergibt sich ebenfalls aus den Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr.S. und Dr.J ...
Die Berufung hat deshalb keinen Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass der Kläger in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1957 geborene Kläger war seit August 1973 zunächst als Lehrling, dann als Geselle und ab 1983 als Meister im Bäcker- und Konditoreiberuf tätig. Von 1985 bis 1990 übte er diesen Beruf nur noch aushilfsweise und dann gar nicht mehr aus.
Im Dezember 1998 trat die gesetzliche Krankenkasse an die Beklagte mit einem Heil- und Kostenplan heran und machte im Februar 1999 einen Ersatzanspruch wegen ihrer diesbezüglichen Ausgaben geltend.
Die Beklagte holte Unterlagen und Berichte des behandelnden Zahnarztes ein und hörte den Direktor der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie der Universität R. Prof. Dr.S. als Sachverständigen nach Aktenlage. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 28.01.2000 zu dem Ergebnis, die Lokalisation der Karies an den Frontzähnen und Prämolaren mit übergreifender Zerstörung am Zahnhals und zum Teil flächenhafter Ausbreitung seien typische Anzeichen der Bäckerkaries. Zahnverluste und große Füllungen im Seitenzahnbereich seien allerdings Zeichen dafür, dass schon vor der Berufsausbildung die Zähne kariöse Defekte aufgewiesen hätten. Wissenschaftliche Untersuchungen gäben auch an, dass bei ausreichender Mundhygiene kein überdurchschnittlicher Kariesbefall bei der Berufsgruppe der Bäcker und Konditoren vorhanden sei und somit keine Berufskrankheit entstehen könne.
Das typische Bild sei beim Kläger nicht mehr zu erkennen, da alle Oberkieferfrontzähne und -prämolaren entweder überkront seien oder fehlten. Allerdings seien die Wurzelkanalbehandlungen Zeichen dafür, dass schon vor Beginn der Lehre die Zähne kariöse Defekte aufgewiesen hätten. Weiter seien Wurzelkanalfüllungen erfolgt, nachdem der Kläger in seinem Beruf als Bccker zu arbeiten aufgehört habe. Auch die vorhandenen Entzündungen der Gingiva insbesondere im Oberkiefer und die Beläge seien Zeichen dafür, dass die Mundhygiene nicht ausreichend sei, obwohl der Kläger etwas anderes angebe. Von Seiten des Sachverständigen sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr feststellbar, ob die Zahnschäden und Zahnverluste hauptsächlich durch berufsbedingte Noxen entstanden seien oder ob als Hauptursache die nicht ausreichende Mundhygiene verantwortlich sei. Es sei nicht mehr feststellbar, ob Zahnschäden durch berufliche Einwirkung entstanden oder wesentlich verschlimmert worden seien. Das Gewerbeaufsichtsamt N. schloss sich dieser Beurteilung an und führte aus, die vorhandenen Zahnschäden ließen sich nicht mit Wahrscheinlichkeit auf berufliche Einflüsse zurückführen.
Mit Bescheid vom 13.03.2000 verweigerte die Beklagte die Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit nach Ziffer 1312 Anlage zur BKVO. Ein Anspruch auf Entschädigungsleistungen bestehe daher nicht.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er habe bis 1985 als Bäcker gearbeitet und dann auf Anraten der Zahnärzte diesen Beruf aufgegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.06. 2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Erkrankungen seiner Zähne berufsbedingt nach § 9 SGB VII i.V.m. Nr.1312 der Anlage zur BKVO und die sich hieraus ergebenden Entschädigungsleistungen zu gewähren seien.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das Sozialgericht den behandelnden Zahnarzt Dr.L. mit Gutachten vom 31.01.2001 als Sachverständigen gehört. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, beim Kläger liege ein kariös massiv geschädigtes Gebiss mit insgesamt guter parodontaler Situation vor. Da trotz des weit überdurchschnittlichen Kariesbefalls sowohl das Zahnfleisch als auch der Zahnhalteapparat in unauffälligem, alters-entsprechendem Zustand seien, sei eine generell insuffiziente Mundhygiene als Ursache für die hohe kariöse Schädigung zu verneinen. Eine solche Vermutung sei auch nicht mit den eigenen Erfahrungen als behandelnder Zahnarzt für die letzten 13 Jahre in Deckung zu bringen, diese attestierten vielmehr eine über die gesamte Zeit gleichbleibende gute Mundhygiene. Es sei vielmehr die überproportionale Exposition der Zähne mit Zucker, der im Mund zu kariesverursachenden Säuren abgebaut werde, die Ursache für die starke kariöse Schädigung des Gebisses des Klägers.
Der Kläger habe den Sachverständigen nach Abschluss seiner Tätigkeit als Bäcker aufgesucht. Damals seien bereits die Frontzähne überkront gewesen, weitgehende Zerstörungen am Zahnhals hätten eine Überkronung weiterer Zähne notwendig gemacht. Insgesamt sei neben diesen beiden auch noch mit der flächenhaften Ausdehnung der Karies das dritte in der Literatur beschriebene typische Merkmal der Bäckerkaries erfüllt. Insgesamt sei im Rahmen der Behandlung erkennbar gewesen, dass eine schädigende Noxe vor dem Erstbesuch der Praxis vorhanden gewesen sein müsse.
Gegen die Zuckerexposition bilde auch eine gute Mundhygiene keinen geeigneten Schutz. Ein intensives Putzen nach jedem Abschmecken würde eventuell Abhilfe schaffen. Neueren Studien, die den Zusammenhang zwischen erhöhter Kariesinzidenz und der Bäckertätigkeit verneinten, sei insofern bedingt Rechnung zu tragen, als ab etwa 1980 verstärkt Fertigbackmischungen das individuelle Abschmecken überflüssig gemacht hätten. Diese Änderung habe beim Kläger aber nicht mehr gegriffen. Das Gesamtbild der Erkrankung des Klägers entspreche nahezu exemplarisch dem Typus der Bäckerkaries, die als Berufskrankheit anzuerkennen sei.
Die Beklagte hat hiergegen eingewendet, soweit dieser Sachverständige eine inadäquate Mundhygiene ausschließe, könne dies nicht überzeugen, da er eine gute Mundhygiene erst ab 1986 bescheinigen könne. Rückschlüsse auf die Zeit davor seien nicht zulässig. Nach dem Gutachten des Prof. Dr.S. sprächen darüber hinaus die Entzündungen der Gingiva und die Beläge gegen eine gute Mundhygiene.
Das Sozialgericht hat daraufhin ein weiteres Gutachten nach Aktenlage von dem Zahnarzt Dr.J. vom 04.09.2001 eingeholt. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, sichere Anzeichen einer sogenannten Bäckerkaries seien wegen der Überkronung bzw. fehlender Zähne nicht mehr festzustellen. Solche seien die typischen, auf den vorderen Flächen der Zähne weißlich aufbereiteten kariösen Läsionen, die vornehmlich an den Zahnhälsen der Oberkieferfrontzähne und -prämolaren lokalisiert seien. Beim Kläger sei auffallend, dass schon nach drei Jahren Lehre die oberen Frontzähne massiv beschliffen und überkront werden mussten. Ein fehlender Zahn habe ebenfalls ersetzt werden müssen. Dies sei ein Zeichen dafür, dass die Zähne schon am Beginn der Lehre kariöse Defekte aufgewiesen hätten, zerstört oder nicht vorhanden gewesen seien. Implizit heiße dies, dass die Mundhygiene vor und während der Bäckertätigkeit nicht ausreichend gewesen sei. Nach neuen Erkenntnissen würden die typischen kariösen Läsionen der Bäckerkaries nicht mehr durch Abschmecken bzw. Mehl-Zucker-Staub verursacht, sondern durch mangelnde Mundhygiene. 1986 sei beim Kläger festgestellt worden, dass die Ausbreitung der Karies an den Zähnen von okklusal (Kaufläche der Zähne) und interdental erfolge. Bei der Bäckerkaries folge die Ausbreitung der Karies von labial aus (vordere Seite der Zähne). Da der Kläger seit 1985 nicht mehr als Bäcker-Konditor gearbeitet habe, könne man die Karieserkrankung der Zähne wegen beruflichen Einflüssen ausschließen. Ob die ursprüngliche Überkronung der Frontzähne wegen beruflicher Schäden oder wegen unzureichender Mundhygiene bzw. wegen fehlender Zähne geschehen sei, sei nicht feststellbar.
Der Sachverständige hält die parodontale Erkrankung des Klägers nicht für eine Berufskrankheit, die kariöse Erkrankung der Zähne sei wesentlich auf eine unzureichende Mundhygiene zurückzuführen. Die 1986 festgestellte Karieslokalisation entspreche nicht der der Bäckerkaries. Das Vorhandensein von festen, bräunlichen, girlandenförmigen Belägen sei ein Zeichen dafür, dass die Mundhygiene verbesserungsbedürftig gewesen sei. Man könne nicht erkennen, dass die ursprüngliche Karieserkrankung wegen Einwirkung beruflicher Noxen entstanden oder verschlimmert worden sei.
Mit Urteil vom 22.03.2002 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat sich in der Begründung im Wesentlichen auf die Gutachten des Prof. Dr.S. und des Dr.J. gestützt. Dem Gutachten des Dr.L. ist es aus den von dem Sachverständigen Dr.J. ausgeführten Gründen nicht gefolgt.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Er stützt sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr.L. und rügt, dass die anderen Sachverständigen ihn nicht persönlich untersucht hätten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Regensburg in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, denn die Zahnerkrankung des Klägers ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich durch berufliche Einwirkungen wenigstens mitverursacht.
Die Entscheidung über den Rechtsstreit richtet sich nach den Vorschriften der RVO, denn die vom Kläger als Berufskrankheit geltend gemachte Erkrankung war bereits vor dem 01.01.1997 eingetreten (§ 212 SGB VII). Die insoweit vom Sozialgericht herangezogene Vorschrift des § 9 SGB VII enthält für den vorliegenden Fall jedoch keine sachlich unterschiedliche Regelung zu § 551 Abs.1 RVO.
Das Gericht weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Regensburg bezüglich der Bewertung des Beweisergebnisses als unbegründet zurück und sieht nach § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Die Einwendungen des Klägers hiergegen greifen nicht durch. Soweit der Kläger sein Begehren auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.L. stützt, enthält die angefochtene Entscheidung eine Bewertung des Beweisergebnisses hauptsächlich anhand des Gutachtens des Sachverständigen Dr.J. , in der die vom Kläger vorgebrachten Einwendungen bereits abgehandelt sind. Insgesamt ergibt sich auch aus der Sicht des Senats, dass die Zahnschädigungen des Klägers 1986, nachdem der Kläger seine Haupttätigkeit als Bäcker-Konditor bereits aufgegeben hatte, schon ein erhebliches Ausmaß hatten, andererseits aber nicht mehr zu beurteilen war, ob die beruflichen Einwirkungen durch Säuren mit Wahrscheinlichkeit einen wesentlichen Beitrag geleistet hatten. Für die Zeit danach, insbesondere die 90-er Jahre, sind Zweifel verblieben, ob die weiter fortschreitenden Zahnschädigungen des Klägers noch ein Bild aufweisen, wie es als Folge einer Erkrankung der Zähne durch Säuren, entstanden beim Abschmecken von Backmischungen, zu erwarten gewesen wäre. Das exemplarische Bild einer Bäckerkaries, das Dr.L. beim Kläger sieht, wird von den Sachverständigen Prof.Dr.S. und Dr.J. mit detaillierten Darlegungen gerade infrage gestellt. Schon die Überkronung der Frontzähne noch vor der Behandlung durch Dr.L. kann, wie der Sachverständige Prof. Dr.S. ausführt und der Sachverständige Dr.J. bekräftigt, nicht für das Bild der Bäckerkaries in Anspruch genommen werden, weil der Status vor der Überkronung nicht bekannt ist. Auch das Argument der flächenhaften Ausdehnung der Karies kann anhand der differenzierten Bewertung durch die Sachverständigen Prof. Dr.S. und Dr.J. nicht mehr als ausreichend angesehen werden. Insgesamt verbleibt nach dem Sachverständigengutachten des Dr.L. als Argument für die Kausalität lediglich die berufliche Einwirkung von Säuren auf die Zähne. Dies würde zur Begründung der Kausalität jedoch nur dann ausreichen, wenn dieser Zusammenhang wenigstens regelhaft wäre. Dass dem jedoch bezüglich der Bäckerkaries nicht so ist, ergibt sich ebenfalls aus den Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr.S. und Dr.J ...
Die Berufung hat deshalb keinen Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass der Kläger in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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