L 6 RJ 340/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 678/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 340/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 23. Mai 2002 sowie des Bescheides vom 21. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2000 verpflichtet, dem Kläger ab 1. Juni 1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu leisten. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu zwei Dritteln zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung.

Der 1951 geborene Kläger hat vom September 1965 bis Februar 1969 den Beruf eines Maschinenschlossers erlernt und war während seines Arbeitslebens in diesem Beruf bzw. als Dreher überwiegend versicherungspflichtig beschäftigt. Sein letztes Arbeitsverhältnis bei der Firma K. H. , Schwenkmotoren, CNC-Auftragsfertigung, endete zum 31.07.1998. Den am 30.06.1999 bei der Beklagten gestellten Antrag auf Zahlung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit hat diese nach Einholung eines Gutachtens des Arztes für Allgemeinmedizin Dr.L. vom 01.10.1999, der den Kläger noch für fähig erachtete, als Maschinenschlosser und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mittelschwere Arbeiten vollschichtig ohne häufiges schweres Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne überwiegend einseitige Körperhaltung und ohne inhalative Reizstoffe zu verrichten, mit Bescheid vom 21.10.1999 abgelehnt, weil der Kläger weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig sei. Im anschließenden Widerspruchsverfahren hat der Kläger eine Äußerung des Dr. K. M. , Dermatologe, Umweltmedizin, Venorologie vom 06.01.2000 vorgelegt, von dem die Beklagte anschließend einen Befundbericht eingeholt hat. Der Internist Dr.R. hat in dem am 23.08.2000 erstellten Gutachten erklärt, der Kläger leide an wiederkehrenden Schmerzen im Lendenwirbelsäulen- sowie im Kreuz- und Steißbeingebiet, an Leibgefühlsstörungen, an einem labormäßig nachgewiesenen persistierenden Epstein-Barr-Virusinfekt sowie an Spreizfüßen. Der Kläger sei noch in der Lage, vollschichtig mittelschwere Tätigkeiten (auch als Maschinenschlosser) zu verrichten. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.09. 2000 hat die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurückgewiesen. Der Kläger genieße zwar Berufsschutz als Maschinenschlosser; nach dem Beweisergebnis stehe jedoch fest, dass er noch in der Lage sei, den erlernten Beruf vollschichtig auszuüben.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben und vorgebracht, die tätig gewordenen Gutachter hätten die tatsächlich vorhandenen pathologisch nachweisbaren Beeinträchtigungen organischerseits heruntergespielt. Auch seien die Beschwerdeschilderungen und die Ausführungen des Dr. K. M. nicht beachtet worden.

Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht die Schwerbehindertenakten des Amts für Versorgung und Familienförderung Augsburg, die Leistungsakten des Arbeitsamts Kempten sowie die Klageakten des Sozialgerichts Augsburg, betreffend die Unfallversicherungsstreitsache des Klägers (S 9 U 28/01 und 29/01) beigezogen, eine Auskunft der Firma K. H. über die vom Kläger dort verrichtete Tätigkeit und Befundberichte von Dr.P. , Dr.B. und Dr.K. M. eingeholt. Der zum gerichtlichen Sachverständigen bestellte Orthopäde Dr.G. kam in seinem Gutachten vom 24.04.2001 zu dem Ergebnis, dass der Kläger noch in der Lage sei, vollschichtig zu arbeiten. Unzumutbar seien Schwerarbeit, Zeitdruckarbeit, Einzel- und Gruppenakkord, Fließband- und taktgebundene Arbeiten sowie Wechselschicht und Nachtarbeiten. Die Tätigkeiten sollten im Wechsel zwischen Stehen, Sitzen und Gehen ohne Zwangshaltung durchgeführt werden. Unzumutbar seien auch Arbeiten mit häufigem Heben und Tragen von schweren Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, gehäuftes Bücken sowie gehäuftes Treppen- und Leiternsteigen, die Einwirkung von Kälte, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe. Aus orthopädischer Sicht sei die Tätigkeit eines Maschinenschlossers vollschichtig möglich.

In einem Gutachten nach Aktenlage stellte sodann der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Sozialmedizin, Umweltmedizin, Rehabilitationswesen, Dr.H. fest, es seien beim Kläger keine wesentlichen körperlichen und geistigen Funktionsausfälle und Behinderungen feststellbar. Aufgrund der degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule bestehe Unzumutbarkeit für körperliche Schwerarbeiten und für Tätigkeiten mit häufigem Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel. Der Kläger könne acht Stunden täglich Tätigkeiten aus dem Berufskreis Maschinenschlosser und des allgemeinen Arbeitsmarkts verrichten. Hierzu hat der Kläger erklären lassen, Dr.H. sei voreingenommen gegenüber Herrn Dr.M. und auch gegenüber Umwelterkrankungen.

Mit Urteil vom 23.05.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, nachdem es berufskundliche Informationen zum Beruf des Drehers in das Verfahren eingeführt hatte. Das Gericht schließe sich der Beurteilung durch Dr.H. an, die verwertet werden könne, nachdem kein wirksamer Ablehnungsantrag wegen Besorgnis der Befangenheit gestellt worden sei. Im Übrigen sei als Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme davon auszugehen, dass der Kläger in seinem bisherigen Beruf noch vollschichtig tätig sein könne. Die von Dr.M. bescheinigte toxische Enzephalopathie und Neuropathie seien nicht nachgewiesen, was sich insbesondere aus dem Gutachten von Dr.H. ergebe. Die Belastung des Klägers am Arbeitsplatz durch Gase, Dämpfe, Staub und Hautreizstoffe liege unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte. Eine Berufskrankheit sei bisher noch nicht anerkannt worden. Der Kontakt mit Hautreizstoffen, Ölen, Fetten, Schmier- und Kühlmitteln könne durch Verwendung entsprechender Schutzkleidung vermieden werden.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Nach seiner Auffasung sei weiterhin eine fachorientierte Begutachtung durch einen Umweltmediziner im Wege der Amtsermittlung erforderlich.

Zur Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat das von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.P. am 27.03.2003 erstattete Gutachten eingeholt. Diese stellte beim Kläger eine Neurasthenie bei Primärpersönlichkeit mit zwanghaften und depressiven Zügen sowie degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit zeitweiligem Nervenwurzelreiz fest. Während diagnostisch Übereinstimmung mit den Vorgutachten von Dr.H. bestehe, gelte dies nicht für die sozialmedizinischen Konsequenzen. Dr.H. berücksichtige in seinen Ausführungen zu wenig die Tatsache, dass der Kläger aufgrund der neurotisch-psychosomatischen Entwicklung seine Beschwerden keineswegs willentlich überwinden könne. Seit dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung sei der Kläger nicht mehr in der Lage, eine Tätigkeit als Maschinenschlosser auszuüben oder sich auf ein anderes, ähnlich qualifiziertes Tätigkeitsfeld mit einer wettbewerbsfähigen Arbeitsleistung umzustellen. Grundsätzlich zumutbar erschienen noch körperlich leichte und psychisch nicht belastende Tätigkeiten acht Stunden pro Tag.

Zu der von der Beklagten sodann vorgelegten Stellungnahme der Ärztin für Psychiatrie, Dipl.Psych. Dr.W. , vom 17.06.2003, nach deren Auffassung keine neuen medizinischen Befundtatsachen mit sozialmedizinischer Relevanz gegeben seien, äußerte sich Dr.P. ergänzend zu ihrem Gutachten am 02.08.2003 dahin, dass sich kein Anlass ergebe, an den Ausführungen in ihren Gutachten eine Änderung vorzunehmen.

Nachdem die Beklagte eine weitere Stellungnahme von Dr.W. vom 24.10.2003 vorgelegt hatte, übermittelte der Senat den Parteien einen Auszug aus dem "Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen", herausgegeben von der Bundesanstalt für Arbeit, betreffend die Berufe des Maschinenschlossers und Drehers. Dr.P. hat sodann in ihrer Stellungnahme vom 17.11.2003 ausgeführt, es verbleibe weiterhin bei der von ihr geäußerten Auffassung, dass der Kläger eine Tätigkeit als Maschinenschlosser nicht mehr ausüben könne. Er sei nicht mehr in der Lage, eben diejenigen Tätigkeiten auszuüben, wie sie in der berufskundlichen Dokumentation angegeben seien.

Auf das Schreiben des Klägers vom 04.12.2003 wurde ihm eine Frist zur Benennung eines Gutachters gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bis 15.01.2004 gesetzt. Mit Schreiben vom 21.01.2004 benannte der Kläger sodann den Internisten Prof. Dr.H. , H. , als Sachverständigen gemäß § 109 SGG. Auch werde beantragt, das Verfahren abzutrennen und über das Vorliegen von Berufsunfähigkeit durch Teilurteil zu entscheiden. Im Übrigen gehe aus den Unterlagen seines Bevollmächtigten hervor (Schriftsatz vom 19.03.2004), dass ihm wohl eine Fristverlängerung bis 31.01.2004 zur Benennung eines Gutachters bewilligt worden sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 23.05.2002 sowie des Bescheides vom 21.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.09.2000 zu verurteilen, ihm aufgrund des Antrags vom 30.06.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise wegen Erwerbsminderung, zu leisten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist auch insoweit begründet, als die Beklagte verpflichtet ist, ihm Rente wegen Berufsunfähigkeit zu leisten. Hinsichtlich des weiter gehenden Antrags auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit konnte das Rechtsmittel keinen Erfolg haben.

Der Kläger ist noch nicht erwerbsunfähig im Sinne der bis 31.12.2000 gültigen und vorliegend wegen des am 30.06.1999 gestellten Antrags noch anwendbaren Vorschrift des § 44 Abs.2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), weil er noch nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande war und ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00 DM überstiegen hat. Damit ist er auch nicht (ab 01.01.2001) voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl.I S.827). Seit Antragstellung ist er jedoch berufsunfähig, weil seine Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (§ 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI, gültig bis 31.12.2000). Dies steht fest aufgrund des Ergebnisses der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme.

Bei der Untersuchung durch Frau Dr.P. hat der Kläger angegeben, er leide schon seit Mitte der 70er Jahre unter heftigen Kopfschmerzen und an Migräneanfällen und er sei immer wieder mit Antidepressiva behandelt worden. Im Jahre 1994 seien dann massive Schmerzen aufgetreten im Zusammenhang mit einem Bandscheibenvorfall und er habe lange Zeit therapieressistente, vor allem in der Nacht auftretende Schmerzen gehabt. In der Folgezeit habe er die auch bereits vorher aufgetretene Beschwerden stärker wahrgenommen, so u.a. ein Rauschgefühl im Kopf nach einem Arbeitstag oder eine massive Sehbeeinträchtigung vor allem des rechten Auges. Es sei verstärkt eine Unsicherheit in der Feinmotorik aufgetreten. Auch leide er an starken Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, ausstrahlend vor allem in das rechte Bein und an Schmerzen in der rechten Schulter. Er gibt ein Taubheitsgefühl in der rechten Schläfe an, rezidivierende Hautausschläge, Überempfindlichkeit gegen manche Nahrungsmittel und Stoffe sowie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Mundtrockenheit, Schwierigkeiten beim Wasserlassen, Impotenz, Stuhlgangsunregelmäßigkeiten und zeitweiligen Schwindel sowie eine Hörbeeinträchtigung und Durchschlafstörungen.

Psychopathologisch bezeichnet die Sachverständige die Auffälligkeiten als mittelgradig. Der Kläger zeigte nur geringe Einschränkungen von Konzentrations- und Merkfähigkeit. Auffällig war die Einengung des inhaltlichen Denkens auf diverse Beschwerden und Befindlichkeitsstörungen. Hier zeigte sich auch ein deutlicher Leidensdruck. Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte und der aktuellen Symptomatik ergibt sich die Diagnose einer Neurasthenie bei Primärpersönlichkeit mit zwanghaften und depressiven Zügen. Im Vordergrund steht damit ein krankheitswertiges psychosomatisches Bild, das nach den Feststellungen der Sachverständigen zu einem erheblichen Leidensdruck führt. Eine schwere Depression und eine Psychose könne hingegegen ausgeschlossen werden. Gleiches gilt für ein schwergradiges hirnorganisches Psychosyndrom. Die Sachverständige betont, dass diskrete kognitive Störungen, wie sie vom Kläger subjektiv als sehr beeinträchtigend erlebt werden, durch die ambulante Untersuchung nicht ausgeschlossen werden können. Hierzu wäre eine längerfristige Beobachtung und Belastungserprobung in einer geeigneten stationären Einrichtung erforderlich.

Zusammenfassend führt Frau Dr.P. aus, dass zwar eine wesentliche Veränderung der Gesundheitsstörungen im Vergleich zu denen im Gutachten des Dr.H. sowie von Dr.L. und Dr.R. nicht eingetreten ist. Den sozialmedizinischen Folgerungen der Vorgutachter könne jedoch nur teilweise gefolgt werden. Unabhängig davon, ob sich die leichteren kognitiven oder feinmotorischen Störungen sichern ließen, ergaben sich jedoch erhebliche Einschränkungen, die den Kläger in seiner Aktionsfähigkeit im aktuellen Alltag und im Privatleben deutlich einschränkten. Aufgrund der orthopädischen Veränderungen könne der Kläger in Übereinstimmung mit den Vorgutachten körperlich schwere und auch überwiegend mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr verrichten sowie Tätigkeiten mit häufigem Bücken, schwerem Heben und Tragen und Wirbelsäulenzwangshaltungen. Damit seien schon aus rein orthopädischer Sicht erhebliche Zweifel daran zu äußern, ob die Tätigkeit eines Maschinenschlossers noch wettbewerbsfähig ausgeübt werden könne. Dr.P. verweist abschließend auf die den Beteiligten zugeleiteten Ausführungen im "Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen", herausgegeben von der Bundesanstalt für Arbeit, zum Beruf des Maschinenschlossers hin, wonach notwendige Merkmale für die Tätigkeit eines Maschinenschlossers sind, dass mittelschwere und oft auch schwere Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen, Sitzen und auch häufig im Hocken, Knien oder Bücken auszuführen sind. Notwendig ist danach auch eine intakte Wirbelsäule, beidhändiges Arbeiten sowie Finger- und Handgeschick wegen der Fein- und Präzisionsarbeiten. Schon unter Beachtung dieser Voraussetzungen hätten die Vorgutachter zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Tätigkeit eines Maschinenschlossers nicht mehr zumutbar ist, was jedoch ohne nähere Begründung und die hierfür erforderliche berufskundliche Fachkenntnis behauptet wurde.

Frau Dr.P. betont, dass darüber hinaus die Einschränkungen durch die krankheitswertige psychosomatische Störung zu berücksichtigen sind, durch die generell die nervliche Belastbarkeit gemindert und Tätigkeiten unter Zeitdruck, Akkord- oder Nachtschichtbedingungen nicht mehr möglich sind. Gleichermaßen ist die Ausdauer durch die subjektiven Beschwerden gemindert; durch die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichen Befindlichkeitsstörungen sind auch Konzentration, Umstellungsfähigkeit, geistige Beweglichkeit und das Reaktionsvermögen eingeschränkt. Die Tätigkeit als Maschinenschlosser oder auch die Umstellung auf eine vergleichbare anspruchsvolle Tätigkeit setzen jedoch ungestörtes Konzentrationsvermögen, Ausdauer und Überschauvermögen voraus, weil sonst die Arbeiten nicht in der notwendigen Präzision vorgenommen werden können.

Die objektivierbaren Einschränkungen und auch die Angaben des Klägers lassen letztlich jedoch noch eine verbliebene Restbelastbarkeit erkennen, wovon der Kläger auch selbst ausgeht. Er ist insgesamt noch in der Lage, leichte Tätigkeiten ohne höhere Anforderungen an die körperliche und nervliche Belastbarkeit acht Stunden täglich auszuüben.

Nachdem der Kläger auch bei dem Zurücklegen von Wegen zu und von der Arbeitsstelle bzw. einer Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels keinen relevanten Einschränkungen unterliegt, da er in der Lage ist, viermal täglich mehr als 500 m zu Fuß in angemessener Geschwindigkeit zurückzulegen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.23), kann angesichts des noch gegebenen vollschichtigen Leistungsvermögens nicht von Erwerbsunfähigkeit ausgegangen werden (§ 44 Abs.2 Satz 2 Nr.2 SGB VI a.F.), auch wenn er seinen erlernten Beruf als Maschinenschlosser nicht mehr auszuüben in der Lage ist. Bei der Prüfung der Frage, ob Erwerbsunfähigkeit vorliegt, ist nämlich eine Verweisung auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vorzunehmen (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 Nr.7; SozR 3-2200 § 1247 Nr.8). Die Benennung einer konkreten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes, die der Kläger noch auszuüben in der Lage ist, wäre nur dann erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegen würde, weil nur dann nicht ohne weiteres gesagt werden kann, dass der Arbeitsmarkt noch offene Stellen für den Versicherten bietet. Die Beurteilung, ob ein Versicherter erwerbsfähig oder erwerbsunfähig ist, muss im Regelfall nicht nach Anforderungsprofilen einer oder mehrerer bestimmter Berufstätigkeiten erfolgen, es genügt vielmehr eine Beurteilung, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen, erlaubt, wie es bei ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert wird (vgl. hierzu Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts vom 19.12. 1996 - GS 2/95 in SozR 3-2600 § 44 Nr.8). Für die Mehrheit dieser Verrichtungen reicht das körperliche Leistungsvermögen des Klägers zweifellos noch aus. Auch liegt ein so genannter "Katalogfall" nicht vor.

Der Kläger ist aber seit Antragstellung berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs.2 SGB VI a.F., weil er nicht mehr in der Lage ist, mehr als die gesetzliche Lohnhälfte zu leisten und zu verdienen. Ob Berufsunfähigkeit vorliegt, beurteilt sich danach, welche seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechenden Tätigkeiten dem Kläger unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Der bisherige Beruf als Ausgangspunkt der Beurteilung ist der vom Kläger erlernte Beruf eines Maschinenschlossers bzw. der eines Drehers, den er wettbewerbsfähig bei der Firma K. H. zwischen 1970 und 1998 ausgeübt hat. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten geht der Senat in Übereinstimmung mit der Sachverständigen Dr.P. davon aus, dass dieser Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann und sich der Kläger nur mehr auf geistig einfache und damit für einen Facharbeiter nicht umutbare Tätigkeiten umstellen könnte.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten vorgelegten Äußerungen der Ärztin für Psychiatrie und Dipl.Psych. Dr.W. vom 17.06.2003 und 28.10. 2003, mit denen sich Dr.P. eingehend auseinandergesetzt hat und deren Unbrauchbarkeit für die Entscheidung des Rechtsstreits sie darlegt. So besteht zunächst Übereinstimmung zwischen den beiden Sachverständigen, dass der Kläger noch über ein vollschichtiges Arbeitsleistungsvermögen verfügt. Unterschiede bestehen allerdings in der Beurteilung der dabei zu beachtenden Einschränkungen, wobei Dr.W. moniert, dass diese durch Dr.P. aus den subjektiven Beschwerden des Klägers abgeleitet worden seien, ohne Prüfung der Korrelation mit objektiven Befunden. Hierzu führt die gerichtliche Sachverständige aus, es sei gerade die Eigenart psychosomatischer Störungen, dass sie nicht mit apperativen Untersuchungsmethoden oder auch Tests zum Ausmaß von Depression oder hirnorganischer Leistungsminderung erfasst werden können. Es handelt sich vielmehr um subjektiv als erheblich erlebte Beeinträchtigung durch vorzeitige Ermüdbarkeit, nachlassende Konzentration, allgemeine Minderbelastbarkeit, die sich einer Objektivierbarkeit entziehen. Im Gegensatz zu Anamnesen in anderen Fachgebieten hat die psychiatrische Anamnese auch einen objektiven Beweiswert. Es ist Aufgabe des psychiatrischen Gutachters, die Schlüssigkeit der Angaben des Klägers bei Vergleich mit der Lebensgeschichte, den vorliegenden Befunden und dem aktuell beschriebenen Aktionsradius abzugleichen. Die Schlüssigkeit der vom Kläger gemachten Angaben unterliegen danach aufgrund des persönlichen Eindrucks keinerlei Zweifel.

Dr.P. widerspricht auch der Auffassung, es liege eine jahrelange leere Behandlungsanamnese vor. Der Kläger hat über einen Verlauf von 20 Jahren über verschiedene Behandlungsversuche mit Psychopharmaka berichtet und ab 1996 erfolgte eine umweltmedizinsche Behandlung.

Auch die Einbeziehung fachfremder Befunde in die Beurteilung war von der Sachverständigen vorzunehmen, eine irgendwie geartete Kritik daran ist nicht nachvollziehbar, zumal Frau Dr.P. keineswegs Diagnosen eines anderen Fachgebiets gestellt hat, sondern nur diese in ihre Beurteilung zur Erstellung eines Leistungsbildes des Klägers einzubeziehen hatte.

Nachdem die von der gerichtlichen Sachverständigen vorgenommene Beurteilung auch den in das Verfahren eingeführten berufskundlichen Unterlagen entspricht, muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger seinen erlernten Beruf nicht mehr auszuüben in der Lage ist. Da auch im Hinblick auf die eingeschränkte Umstellungsfähigkeit Verweisungstätigkeiten nicht erkennbar sind und auch von der Beklagten nicht benannt wurden, liegt beim Kläger Berufsunfähigkeit mit einem entsprechenden Rentenanspruch gegen die Beklagte seit Rentenantragstellung vor.

Die Beklagte war deshalb unter Abänderung des angefochtenen Urteils sowie ihrer ablehnenden Entscheidungen zu einer entsprechenden Rentenleistung zu verurteilen. Es bestand für den Senat keinerlei Veranlassung, dem im Schriftsatz vom 21.01.2004 gestellten Antrag des Klägers zu folgen, ein Gutachten gemäß § 109 SGG einzuholen und ein Teilurteil zur Frage der Berufsunfähigkeit zu erlassen. So war dem Kläger bereits seit Kenntnis des Gutachtens, das mit Schreiben vom 14.04.2003 an seinen Bevollmächtigten übersandt worden war, bekannt, dass die gerichtliche Sachverständige von einem vollschichtigen Arbeitsleistungsvermögen ausgegangen ist und allenfalls zu seinen Gunsten von Berufsunfähigkeit ausgegangen werden konnte. Auch ohne Fristsetzung wäre es dem rechtskundig vertretenen Kläger zumutbar gewesen, zumindest rein vorsorglich einen derartigen Antrag zu stellen. Zuletzt war ihm eine Frist bis 15.01.2004 eingeräumt worden, einen Gutachter zu benennen. Diese Frist hat er mit dem Schreiben vom 21.01.2004 versäumt, weshalb der Senat den Antrag unter Bezugnahme auf § 109 Abs.2 SGG abgelehnt hat. Irgendwelche Hinweise auf eine etwaige telefonisch erteilte Fristverlängerung liegen nicht vor, die im Übrigen nur durch richterliche Verfügung erteilt werden kann. Wegen der durchgeführten umfassenden Sachaufklärung war eine weitere Begutachtung von Amts wegen nicht durchzuführen. Unter diesen Umständen stellte sich auch nicht die Frage einer Teilung des Rechtssteits und Erlass eines Teilurteils.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das teilweise Obsiegen des Klägers.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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