L 16 RJ 549/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 1122/02 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 549/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 24. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1949 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Republik Bosnien-Herzegowina, hat dort seinen Wohnsitz und bezieht seit 1. September 2001 eine Invalidenrente aus der dortigen Rentenversicherung (BOH-D 202 und 206 vom 19. November 2001).

Er war vom 27. April 1970 bis 30. November 1970 und vom 18. Februar 1971 bis 5. Mai 1975 (Versicherungsverlauf vom 12. Februar 2002)in Deutschland nach eigenen Angaben als Bauhelfer und als Arbeiter in einer Molkerei mit einer Anlernzeit von 30 Tagen versicherungspflichtig beschäftigt.

Vom 2. Dezember 1975 bis 31. August 2001 hat er im ehemaligen Jugoslawien/in Bosnien-Herzegowina insgesamt 25 Jahre 7 Monate und 26 Tage Versicherungszeiten zurückgelegt (BOH-D 205 vom 19. November 2001.

Am 27. September 2001 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (BOH-D 202 vom 19. November 2001). Nach Auswertung eines Gutachtens der Invalidenkom- mission in S. vom 8. August 2001, in der ein unter zweistündiges Leistungsvermögen angenommen wurde, sowie weiterer medizinischer Befunde durch ihren sozialärztlichen Dienst lehnte die Beklagte den Antrag ab (Bescheid vom 8. Januar 2002). Der Kläger könne trotz Herzleistungsminderung bei Bluthochdruck und Herzinsuffizienz, Geschwürserkrankung des Zwölffingerdarms und depressiver Störung noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein und sei daher weder erwerbsgemindert noch berufsunfähig.

Dagegen legte der Kläger unter Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen aus den Jahren 1997 (Myocardinfarkt), 1999 sowie 2001 und 2002 Widerspruch ein und machte geltend, sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert.

Die Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung einer Stellungnahme des Sozialärztlichen Dienstes zurück (Widerspruchs- bescheid vom 2. Juli 2002). Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten zu ebener Erde, in geschlossenen, normal temperierten trockenen Räumen, ohne besonderen Zeitdruck verrichten. Als ungelernter Arbeiter sei er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Am 27. August 2002 hat der Kläger dagegen Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und um eine ärztliche Untersuchung in Deutschland gebeten. Er habe zwei Herzinfarkte erlitten (1997 und 1999) und sei in sehr schlechter seelischer Verfassung. Das SG hat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten der Dres. P./S. vom 22. April 2003 und ein Gutachten des Allgemeinmediziners Dr. Z. vom 28. April 2003 (jeweils nach Untersuchung am 15. April 2003) eingeholt.

Dres. P./S. haben beim Kläger eine leichtgradige depressive Störung (Dysthymie) mit psychosomatischen Symptomen diagnostiziert, die zu einer leichtgradigen Einschränkung der psychophysischen Belastbarkeit führe. Leichte und mittelschwere Arbeiten ohne Akkord, Schichtarbeit oder überdurchschnittliche nervliche Belastungen seien dem Kläger noch acht Stunden täglich möglich. Seine Umstellungsfähigkeit sei nicht eingeschränkt.

Dr. Z. hat nach kardiologischer Untersuchung des Klägers durch Dr. K. ergänzend eine Herzleistungsminderung bei Bluthochdruck und Herzdurchblutungsstörungen nach abgelaufenem Herzinfarkt sowie ein leichtes Wirbelsäulensyndrom bei Abnützungserscheinungen ohne neurologische Ausfälle diagnostiziert. Ein Belastungs-EKG im Jahr 2002 habe eine Belastbarkeit bis 100 Watt ergeben. Eine erneute Belastungsergometrie habe der Kläger wegen Kniebeschwerden abgelehnt, obwohl keine kniegelenksbezogenen Beschwerden oder pathologische Befunde vorlägen. Unter Berücksichtigung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus ohne Bücken, Zwangshaltung, schweres Heben und Tragen oder große Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit wie Schicht- und Akkordarbeiten acht Stunden täglich verrichten. Er könne noch viermal täglich Wegstrecken von mindestens 500 m zurücklegen, benötige keine zusätzlichen Arbeitspausen und sei in seiner Umstellungsfähigkeit nicht wesentlich beeinträchtigt.

Das SG hat sich dieser Leistungseinschätzung angeschlossen und die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 24. Juni 2003). Der Kläger sei als ungelernter Arbeiter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und könne dort noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein.

Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 6. August 2003 - bei der Beklagten am 14. August 2003 und beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) am 14. Oktober 2003 eingegangen - Berufung eingelegt. Bei der Untersuchung in Deutschland sei ihm gesagt worden, er müsse Herz und Lunge tomographisch untersuchen lassen. Niere, Leber, Magen und Beinvenen seien gar nicht untersucht worden. Er hat unter anderem einen CT-Befund des Brustkorbs vom 13. August 2003, einen Ultraschallbefund des oberen Abdomens und des Urotraktes vom 10. Juli 2003 sowie den Befund einer Ösophagogastroduodenoskopie vom 10. Juli 2003 vorgelegt. Der Sachverständige Dr. Z. hat dazu in Ergänzung seines Gutachtens vom 28. März 2003 mitgeteilt, beim Kläger sei im Juli 2003 eine erosive Gastritis festgestellt worden, die einer Behandlung gut zugänglich sei und allenfalls vorübergehende Arbeitsunfähigkeit bewirke. Eine Änderung der Leistungsbeurteilung oder eine erneute ambulante Untersuchung sei nicht veranlasst.

Der Senat hat dem Kläger mitgeteilt, dass die Berufung voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Er hat sich hierzu nicht geäußert.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 24. Juni 2003 und den Bescheid der Beklagte vom 8. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund des Antrags vom 27. September 2001 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 105 Abs.2 Satz 1, 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 8. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Juli 2002, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 27. September 2001 eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Gerichtsbescheid vom 24. Juni 2003 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach §§ 43, 240 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung, da der Rentenantrag nach dem 2. April 2001 gestellt wurde (§ 300 Abs.2 SGB VI i.V.m. § 26 Abs.3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -). Der Kläger erfüllt jedoch nicht die dort normierten Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente, da er nach dem Ergebnis der medizinischen Begutachtung im erstinstanzlichen Verfahren - der sich der Senat anschließt - noch in der Lage ist, mehr als sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Zur Begründung wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug genommen (§ 153 Abs.2 SGG) mit der Maßgabe, dass der Kläger 1997 und möglicherweise 1999, nicht aber 1992 einen Herzinfarkt erlitten hat. Die daraus resultierenden Leistungseinschränkungen wurden vom Sachverständigen Dr. Z. unter Berücksichtigung der vom Kläger vorgelegten kardiologischen Befunde und der Ergebnisse einer eingehenden kardiologischen Untersuchung durch Dr. K. ausführlich dargelegt. Die Sachverständigen Dr. Z. , Dr. P. und Dr. S. haben das unter Berücksichtigung weiterer Gesundheitsstörungen beim Kläger festzustellende Restleistungsvermögen eingehend, schlüssig und überzeugend begründet. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dabei für das Leistungsvermögen wesentliche Gesundheitsstörungen unberücksichtigt geblieben sind.

Alle Sachverständigen haben sich sowohl mit den Vorbefunden als auch mit den Beschwerdeangaben des Klägers auseinandergesetzt. Für eine aktuelle leistungsmindernde Erkrankung an Niere, Leber, Magen und Beinvenen finden sich in den Gutachten weder in der Anamnese noch in den Befunden Hinweise. Auch die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Untersuchungsbefunde aus Bosnien-Herzegowina geben lediglich Aufschluss über eine nach der erstinstanzlichen Begutachtung aufgetretene erosive Gastritis, die nach der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. Z. lediglich eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, jedoch keine dauerhafte Leistungseinschränkung bedingt. Bezüglich der seit 1997 nebenbefundlich genannten Nierensteine und Vergrößerung der Leber - bei unauffälligem Ultraschallbefund vom Juli 2003 - sowie 2002 genannter diskreter prätibialer Ödeme - bei unauffälligem Untersuchungsbefund in Deutschland - enthalten die Unterlagen keine Befunde, die zu einer erneuten ambulanten Begutachtung des Klägers Anlass geben würden.

Gegen die Zuordnung des Klägers zur Gruppe der ungelernten Arbeiter bestehen keine Bedenken. Er hat gegenüber dem SG angegeben, er habe in Deutschland keine Facharbeitertätigkeit ausgeübt und sei für die hier ausgeübte Tätigkeit lediglich 30 Tage angelernt worden, wobei die Zeitangabe "1971" für eine Einarbeitung in die ab 1971 ausgeübte Beschäftigung als Molkereiarbeiter spricht. Anhaltspunkte für eine höher qualifizierte Tätigkeit in Deutschland sind nicht ersichtlich. Eine berufliche Ausbildung macht der Kläger selbst erst für die Jahre 1983 (Hauer) bzw. 1987 (Maschinenbediener) in Jugoslawien geltend.

Der Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf es bei den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen nicht (vgl. BSG 80, 24).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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