L 9 AL 321/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 391/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 321/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 16/04 BH
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 20. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist neben der Feststellung einer zwölfwöchigen Sperrzeit (21.04. mit 13.07.1999) wegen der Ablehnung eines Vermittlungsangebotes die damit korrespondierende Aufhebung der Leistungsbewilligung sowie die Erstattung der überzahlten Arbeitslosenhilfe (Alhi) und der entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung streitig.

I.

Der 1952 geborene Kläger, von Beruf Dipl.-Ing. (FH), war zuletzt im Zeitraum 01.10.1977 mit 31.05.1994 als Software-Berater/Produkt-Disponent beschäftigt und stand seit 16.04.1994 im Leistungsbezug der Beklagten, welche neben einer kaufmännischen Fortbildung für Techniker eine Maßnahme für erfahrene Arbeitnehmer, insbesondere aus dem technischen Bereich, förderte. Nach Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) wurde ihm ab 11.10.1996 Anschluss-Alhi in Höhe von DM 474,74 wöchentlich gewährt (Bescheid vom 14.04.1999; Bemessungsentgelt DM 1.630,-; Leistungssatz 57 v.H.; Leistungsgruppe A/1).

Am 07.04.1999 wurde dem Kläger persönlich durch den Arbeitsvermittler ein schriftlicher Vermittlungsvorschlag hinsichtlich einer Beschäftigung als Disponent (Arbeitsvorbereitung, Materialwirtschaft, kaufmännische Tätigkeit) unter Hinweis auf die umseitig angebrachte Rechtsfolgenbelehrung "R 1" unterbreitet. Der Kläger sollte sich umgehend schriftlich bewerben und dem Amt das Ergebnis der Verhandlungen mitteilen. Am 20.04.1999 sandte der seinerzeitige Leiter der Arbeitsvorbereitung und Disposition des Stellenanbieters, K. S. , das Antwortschreiben an das Arbeitsamt mit dem Bemerken zurück, der Bewerber werde nicht eingestellt, weil er nicht für geeignet gehalten werde. Er habe kein Interesse. Beigefügt wurde das Bewerbungsschreiben des Klägers vom 09.04.1999 im Original, in dem neben der Schilderung der bisherigen Tätigkeiten und Fortbildungsmaßnahmen ausgeführt wurde: "Nach inzwischen langer Arbeitssuche ist es mir vor allem wichtig, wieder einer geregelten Tätigkeit nachzugehen - vorausgesetzt, sie bietet mir eine gewisse Perspektive und liegt im Bereich meiner Interessen und Fähigkeiten! Trotzdem ich denke, über eine gute Qualifikation zu verfügen, möchte ich darauf hinweisen, dass ich im Bereich AV (Arbeitsvorbereitung) weder über eine Ausbildung noch über jedwede Berufspraxis verfüge und dies auch keine Wunschtätigkeit wäre." (Der Text ist teilweise durch Fettdruck und Unterstreichung hervorgehoben).

In seiner Stellungnahme gegenüber dem Arbeitsamt führte der Kläger insoweit aus, die Bewerbung sei absolut ernsthaft gemeint gewesen, jedoch habe der Vermittlungsvorschlag für ihn, der sowieso etwas ganz anderes gelernt habe, eine unklare Aussage über den Arbeitsplatz enthalten (Arbeitsvorbereitung). Mit dem letzten Absatz seines Schreibens habe er lediglich seine Bedenken hinsichtlich der angebotenen Tätigkeit in der Arbeitsvorbereitung geltend machen wollen. Nachdem die Beklagte die Leistung mit Ablauf des 30.04.1999 vorläufig eingestellt hatte, stellte sie durch Bescheid vom 31.05.1999 eine zwölfwöchige Sperrzeit (21.04. mit 13.07.1999) fest und hob die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum 21. mit 30.04.1999 auf, § 48 SGB X i.V.m. § 330 SGB III. Der Kläger habe trotz der Belehrung über den Eintritt einer Sperrzeit das Zustandekommen eines zumutbaren, sachgerechter Arbeitsvermittlung entsprechenden Beschäftigungsverhältnisses vereitelt. Er habe voraussehen müssen, infolge seines Verhaltens arbeitslos zu bleiben. Weder liege ein wichtiger Grund noch eine besondere Härte vor. Die zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von DM 678,20 seien zu erstatten, § 50 SGB X, da die Bewilligung der Leistung rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben worden sei, §§ 48 SGB X, 330 SGB III. Durch gesonderten Bescheid vom 31.05.1999 wurde die Erstattung der zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichteten Beiträge (21. mit 30.04.1999) in der Gesamthöhe von DM 257,15 verlangt. Hiergegen machte der Kläger u.a. erfolglos geltend (Widerspruchsbescheid vom 07.07.1999), zwar habe er die Tätigkeit als Disponent ca. fünf Jahre lang ausgeübt, es sei jedoch seiner Auffassung nach nicht die Aufgabe eines Disponenten, sich um die Arbeitsvorbereitung zu kümmern. Es sei ihm unklar gewesen, ob die Firma einen Disponenten oder einen Mitarbeiter für die Arbeitsvorbereitung gesucht habe. Darüber hinaus verfüge er nicht über eine kaufmännische Ausbildung oder über Refa-Kenntnisse. Er räumte eine ungeschickte Formulierung im Bewerbungsschreiben ein, es habe ihm jedoch fern gelegen, aus dem Bewerbungsverfahren auszuscheiden. Heute wisse er, dass der ehrlich gemeinte Hinweis eine Ungeschicklichkeit gewesen sei.

II.

In der zum Sozialgericht (SG) Augsburg erhobenen Klage trug der Kläger u.a. vor, der Vermittlungsvorschlag habe zwei unterschiedliche Tätigkeiten beschrieben und sei ihm daher unverständlich gewesen. Er verfüge nur über Erfahrungen als Disponent im Teilbereich der Logistik. Ungeachtet dessen halte er das Angebot nicht für unzumutbar. Seiner Auffassung nach habe er das Stellenangebot nicht abgelehnt.

Die 4. Kammer wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 20.06. 2001 im Wesentlichen mit der Begründung ab, nach dem Inhalt der Leistungsakte stehe fest, dass der Kläger, der für die angebotene Stelle grundsätzlich nach seiner Ausbildung und bisherigen Berufserfahrung in Frage gekommen sei, durch die Formulierung seines Bewerbungsschreibens vereitelt habe, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Hinweis, die angebotene Arbeitsstelle stelle keine Wunschtätigkeit dar. Diese Formulierung habe den Arbeitgeber davon abgehalten, den Kläger zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch einzuladen. Insgesamt habe der Kläger das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses durch ein Verhalten vereitelt, welches deutlich seinen Ablehnungswillen erkennen lasse. Die Kausalität sei insoweit eindeutig gegeben.

III.

Mit der am 07.08.2001 über das Erstgericht eingelegten Berufung macht der Kläger u.a. geltend, nicht über eine Ausbildung im Bereich der Logistik zu verfügen, sondern Berufserfahrung lediglich im Bereich der Materialdisposition aufzuweisen. Die Firma W. habe seinerzeit einen Disponenten für die Arbeitsvorbereitung gesucht, bereits die Verquickung der beiden Begriffe habe ihn irritiert. Er bedaure, dass aus seiner missverständlichen Formulierung im Bewerbungsschreiben der Schluss gezogen worden sei, er habe an der Tätigkeit kein Interesse gehabt. Außerdem sei die Position betriebsintern durch einen Industriemeister besetzt worden, der Kenntnisse sowohl in der Arbeitsvorbereitung als auch in der Disposition gehabt habe. Selbst wenn er zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden wäre, wäre seine Bewerbung in keinem Fall berücksichtigt worden.

Die Beklagte trägt vor, der seit 01.05.1994 arbeitslose Kläger habe 17 Jahre als Produkt-Disponent bei S. gearbeitet und sei von ihr in den Zeiträumen 04.10.1995 mit 31.07.1996 und 15.12.1997 mit 14.12.1998 beruflich fortgebildet worden. Das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses als Disponent sei aufgrund des im Bewerbungsschreiben geäußerten Desinteresses des Klägers gescheitert. Die gewählten Formulierungen ließen in der Tat Zweifel daran aufkommen, ob sich der Kläger überhaupt um die angebotene Stelle bemüht habe, insbesondere lasse der Hinweis darauf, dass es sich hier nicht gerade um eine Wunschtätigkeit handele und er die Arbeiten nur unter der Bedingung aufnehme, dass sie seinen Interessen entspräche, keinen anderen Schluss zu, als dass er die Tätigkeit im Endeffekt nicht annehmen wollte. Die entsprechende Rückmeldung des Stellenanbieters sei daher nur konsequent gewesen. Der Kläger habe durch sein Verhalten die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgepräches.

Der Senat hat neben der Leistungsakte der Beklagten die Streitakte des 1. Rechtszuges beigezogen und den Arbeitsvermittler T. P. sowie den seinerzeitigen Leiter der Arbeitsvorbereitung und Disposition bei der Firma W. , K. S. , schriftlich als Zeugen gehört. Auf deren Bekundungen im Einzelnen wird verwiesen.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 20.06. 2001 sowie die Bescheide vom 31.05.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.1999 aufzuheben.

Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 20.06.2001 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge sowie der Leistungsakte des Arbeitsamtes Augsburg Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 11.03.2004.

Entscheidungsgründe:

Die mangels einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung des Klägers, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 31.05.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.1999, gegen die sich der Kläger mit der Anfechtungsklage wehrt. Zutreffend hat die Beklagte wegen der Ablehnung eines zumutbaren und den Regeln einer ordnungsgemäßen Vermittlung entsprechenden Vermittlungsvorschlags, bei dem es sich nach herrschender Auffassung nicht um einen Verwaltungsakt handelt, sondern um den Nachweis der Gelegenheit zum Vertragsschluss mit einem Arbeitnehmer ohne Einzelfallregelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, vgl. BSG, Beschluss vom 21.10.2003, B 7 AL 280/03 B, mangels eines wichtigen Grundes eine Regelsperrzeit festgestellt, die Leistungsbewilligung aufgehoben, schließlich die entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zutreffend zurückgefordert.

Nach § 48 Abs.1 Satz 1 und 2 Nr.4 SGB X i.V.m. § 330 Abs.3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Wesentlich sind rechtserhebliche Änderungen, die dazu führen, dass die Behörde unter den nach dem Eintritt der Veränderung vorliegenden objektiven Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen, vgl. BSGE 59.111 (112).

Eine derartige Änderung tritt hinsichtlich eines durch Bescheid zugebilligten Anspruchs auf Alhi ein, wenn der Anspruch gemäß § 144 Abs.2 Satz 2 SGB III ruht. Dieser Vorschrift zufolge tritt das Ruhen eines noch zustehenden Anspruchs auf Alhi ein, wenn eine Sperrzeit im Sinne des Absatzes 1 der Vorschrift eingetreten ist.

Eine Sperrzeit von regelmäßig 12 Wochen tritt nach § 144 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB III grundsätzlich ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Arbeit nicht angenommen oder nicht angetreten hat. Diese Vorschriften für den Anspruch auf Alg gelten für die Alhi entsprechend; Besonderheiten der Alhi, die dem entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich, § 198 Abs.1 Satz 2 SGB III. Liegen die Voraussetzungen des § 144 Abs.1 SGB III vor, treten dessen Rechtsfolgen kraft Gesetzes ein, und zwar kalendermäßig, beginnend mit dem Tag nach dem die Sperrzeit begründenden Ereignis, vgl. Abs.2 Satz 1 der Vorschrift. Das Erfordernis eines von der Beklagten zu erlassenen Aufhebungsbescheides besteht nur insoweit, als die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi den formellen Rechtsgrund für das Erhalten und Behaltendürfen der bewilligten Leistung bildet, vgl. BSGE 47,241 (246). Trotz des Eintritts der Sperrzeitfolgen kraft Gesetzes ist eine ausdrückliche Aufhebung allerdings insoweit unerlässlich, als die Bindungswirkung des Bewilligungsbescheides bis zu seiner Aufhebung jede für den Kläger nachteilige abweichende Verfügung über den zuerkannten Anspruch ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage ausschließt, vgl. BSG SozR 4100 § 117 Nr.21.

Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger durch sein Bewerbungsschreiben vom 09.04.1999 das Stellenangebot der Firma W. AG abgelehnt. Demgegenüber liegt der Sachverhalt einer Vereitelung des Zustandekommens eines Beschäftigungsverhältnisses als besonderer Unterfall der stillschweigenden Arbeitsablehnung (vgl. Hennig/Kühl/Heuer, AFG, § 119 Anm.9) mangels eines zielgerichteten Verhaltens des arbeitslosen Klägers nicht vor, welches arglistig die Rücknahme des Arbeitsangebotes bewirkt und mit Wissen und Wollen geschieht. Dem gesamten Inhalt des vorgenannten Schreibens des Klägers ist jedoch der eindeutige Wille zu entnehmen, dass der Kläger wegen der im Einzelnen auch optisch besonders hervorgehobenen Formulierungen nicht bereit gewesen ist, die angebotene Arbeit anzunehmen. Denn die Darstellung am Ende seines Bewerbungsschreibens geht deutlich über die unbefangene Äußerung berechtigter Wünsche eines arbeitslosen Stellenbewerbers hinaus und kann mit der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zum Informationsrecht des Arbeitgebers sowie der damit korrespondierenden Obliegenheit eines Stellenbewerbers nicht in Einklang gebracht werden, vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2003, B 7 AL 106/02 R Seite 3 oben.

Insbesondere die Passage, es sei dem Kläger vor allem wichtig, wieder einer geregelten Tätigkeit nachzugehen, vorausgesetzt, diese biete eine gewisse Perspektive und liege im Bereich seiner Interessen und Fähigkeiten, und der Hinweis darauf, dass die angebotene Tätigkeit im Bereich der Arbeitsvorbereitung keine Wunschtätigkeit sei, er hier weder über eine Ausbildung noch über eine Berufspraxis verfüge, sprengen den Rahmen des Verhaltens, das von einem Arbeitslosen zu verlangen ist, dass er sich nämlich innerhalb eines Bewerbungsverfahrens so verhält, wie es ein Arbeitgeber üblicherweise bei einem an der Arbeitsaufnahme interessierten Arbeitnehmer erwarten kann. Vor allem ist am Beginn der Bewerbung die Aufzählung besonders nachteiliger Umstände nicht gerechtfertigt, die in keinem Zusammenhang mit der zu erbringenen Arbeitsleistung standen, solange der Arbeitgeber nicht danach gefragt hat. Nach dem Sachverhalt hat das unangemessene Verhalten des Klägers allein im Bewerbungsschreiben dazu geführt, dass der Arbeitgeber von einer Einladung zu einem Vorstellungsgespräch abgesehen hat. Die schriftlichen Äußerungen des Klägers, die dieser selbst nachträglich als ungeschickt bezeichnet hat, waren zur Überzeugung des Senats ihrem objektiven Inhalt nach ohne erkennbaren Anlass abschreckend , so dass den nach Aktenlage durchgeführten Ermittlungen des Arbeitsvermittlers zufolge der Stellenanbieter unter diesen Umständen nachvollziehbar nicht mehr bereit war, der Bewerbung des Klägers näher zu treten, sondern der Kläger bereits wegen des Schreibens aus der Auswahl für den Arbeitgeber ausscheiden musste, vgl. Kasseler Handbuch zum AFG, § 12 Rdnrn.309, 319, BSG SozR 4-4100 § 119 Nr.3. Wie die vom Senat durchgeführte schriftliche Zeugenvernehmung des seinerzeitigen Leiters der Abteilung Arbeitsvorbereitung/Disposition bei der Firma W. ergeben hat, war der Kläger insbesondere aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit als Disponent und seiner Ausbildung zum Dipl.-Ing. für die neu zu schaffende Stelle durchaus geeignet. Geplant war die Ausgestaltung der Stelle als Disponent zu nahezu 100 %. Diese Absicht wurde schließlich auch in die Tat umgesetzt, wenngleich am Anfang die Aufteilung noch nicht so klar gewesen ist. Insoweit hätte es sich dem Kläger aufdrängen müssen, einfach nachzufragen und nicht aufgrund der oben aufgeführten Formulierungen sein Ausscheiden aus dem Bewerbungsverfahren zu veranlassen. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die Stelle zum Zeitpunkt des Zugangs der Bewerbung und der Rückleitung des Antwortschreibens an das Arbeitsamt noch nicht besetzt gewesen ist. Insbesondere hat es seinerzeit nach den Bekundungen des Zeugen S. noch keinerlei Zusagen an andere Bewerber gegeben. Der Bewerber, der erst viel später, nämlich am 15.09.1999, tatsächlich eingestellt worden ist, hat sich danach erst am 18.04.1999 beworben. Bis zur Rückleitung des Antwortschreibens des Stellenangebots war die Chance des Klägers, berücksichtigt zu werden, nach den eindeutigen Bekundungen des Zeugen S. vollständig erhalten.

Die gesetzliche Vermutung der Sperrzeitregelung, dass der Kläger berücksichtigt worden wäre, kann im Übrigen nur in objektiv eindeutigen Fällen widerlegt werden; das kann z.B. der Fall sein, wenn der Arbeitsplatz zum Zeitpunkt des Arbeitsangebotes bereits vergeben war. Der Nichteintritt einer Sperrzeit kann demgegenüber nicht aus dem hypothetischen Willen des Arbeitgebers begründet werden. Denn der Eintritt einer Sperrzeit ist vom Verhalten des Arbeitslosen abhängig, nicht aber von einem hypothetischen Willen des Arbeitgebers, vgl. Niesel, SGB III, § 144 Rdnr.61. Ein derartiger Ausnahmefall lag nach dem Sachverhalt allerdings nicht vor.

Der Vermittlungsvorschlag war nach allem auch zumutbar. Ein Verstoß gegen die Grundsätze sachgerechter Arbeitsvermittlung im Sinne der §§ 35 ff. SGB III ist nicht ersichtlich, zumal sich das Angebot im Rahmen der Ausbildung (Dipl.-Ing. (FH)) und der bereits länger ausgeübten Tätigkeit des Klägers als Disponent hält. Zutreffend räumt letzterer die Zumutbarkeit der Tätigkeit auch selbst ein. Trotz der nach dem vorliegenden Original des Vermittlungsvorschlags ersichtlich konkreten, verständlichen, richtigen und vollständigen Belehrung über die Folgen einer unberechtigten Ablehnung hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 09.04.1999 gegenüber dem Stellenanbieter als einem der zwei in Frage kommenden Erklärungsempfänger den sofort anzunehmenden Vermittlungsvorschlag angelehnt. Dem Schreiben ist nämlich zur Überzeugung des Senats zu entnehmen, dass der Kläger nicht bereit war, die angebotene Arbeit anzunehmen, vgl. Niesel, AFG, § 119 Rdnr.45. Dies geschah den Umständen des Sachverhalts nach auch vorsätzlich, vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr.1. Hierdurch wurde schließlich ohne Zweifel die Dauer der seit längerem vorliegenden Arbeitslosigkeit verlängert.

Zu Recht hat die Beklagte auch festgestellt, dass der Kläger sich auf einen wichtigen Grund nicht berufen kann, zumal wie oben dargelegt, offensichtlich weder eine Über- oder Unterforderung vorliegt, noch die Grundsätze der Arbeitsvermittlung verletzt erscheinen. Angesichts der offenkundigen Gewandtheit des Klägers, seiner mündlich und schriftlich dokumentierten Ausdrucksfähigkeit, seiner beruflichen Qualifikation und Erfahrung schließt der Senat einen vermeidbaren Irrtum über einen wichtigen Grund aus, § 144 Abs.3 SGB III. Zumal der Kläger noch im Antrag vom 15.12.1998 unterschriftlich versichert hat, das Merkblatt für Arbeitslose (Dienste und Leistungen des Arbeitsamtes) erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Hinsichtlich der Nichtnutzung zumutbarer Arbeitsmöglichkeiten ohne wichtigen Grund und des Eintritts einer Sperrzeit finden sich die einschlägigen Hinweise im Merkblatt (Stand Januar 1998) auf Seite 5 Nr.7 sowie Seite 44, hinsichtlich der Erstattungspflicht auf Seite 55, hinsichtlich der Zumutbarkeit auf Seite 18.

Damit ist eine Sperrzeit eingetreten, die entsprechende Feststellung durch die Beklagte ist insoweit nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf den kalendermäßigen Ablauf geht die Beklagte von der Absendung des Antwortschreibens der Firma W. am 20.04. 1999 aus. 0ffenbar hat der seinerzeitige Leiter der Abteilung Arbeitsvorbereitung und Disposition an diesem Tag das Bewerbungsschreiben des Klägers zur Kenntnis genommen und in Abstimmung mit dem Produktionsleiter aufgrund der vom Kläger gewählten Formulierungen als Nicht-Interesse an der unterbreiteten Position bewertet, so dass der Kläger aus der engeren Wahl herausgefallen ist. Grundsätzlich beginnt eine Sperrzeit i.S. der Nr.2 der Regelung am Tag nach dieser Erklärung, d.h. am Tag nach dem Zugang, da hier eine empfangsbedürftige Willenserklärung vorliegt. Die Beklagte hat jedenfalls zutreffend davon abgesehen, nach ihrer DA 2. Abs.1 zu § 144 als Sperrzeitereignis den Tag der Meldung beim Arbeitsamt (05.05.1999) oder den Eingang des Antwortschreibens der Firma W. beim Arbeitsamt Augsburg am 21.04.1999 anzusehen, an dem das Ergebnis des Vermittlungsversuchs erstmals bekannt worden ist. Gegen den festgestellten Beginn der Sperrzeit bestehen insoweit mangels aktenkundiger abweichender Daten keine Bedenken.

Die Aufhebung der zugrunde liegenden Bewilligung erfolgte aufgrund des eingetretenen Ruhens des Leistungsanspruchs zu Recht, welches dem Kläger aufgrund der Rechtsfolgenbelehrung auf der Rückseite des schriftlichen Vermittlungsvorschlages zumindest bekannt sein musste. Ebenso ist ein Kennen müssen bereits aufgrund der Belehrung durch das entsprechende Merkblatt anläßlich der letztmaligen Antragstellung anzunehmen.

Die Festsetzung der Erstattung gemäß § 50 SGB X begegnet aufgrund der zutreffenden Aufhebung der Bewilligung keinen durchgreifenden Bedenken.

Die Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt aus § 335 Abs.1 SGB III.

Das erstinstanzielle Urteil ist nach allem ebenso wenig zu beanstanden wie die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang war die Beklagte nicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen zu verpflichten, die dem Kläger zu dessen Rechtsverfolgung entstanden sind.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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