Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RJ 1015/00 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 314/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 13. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin, die 1950 geboren und Staatsangehörige der Republik Kroatien ist, hat nach ihren Angaben keine Berufsausbildung zurückgelegt. Zu ihrer Berufstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland (vom 01.08.1969 bis 31.08.1975 mit anschließender Arbeitslosigkeit bis 06.05.1977) gibt sie an, zunächst (bis 12.01.1973) in der Elektroindustrie als Montiererin von Stromzählern und sodann (ab 25.06.1973) als Laborassistentin in einem Photogeschäft beschäftigt gewesen zu sein. Seit 01.01.1999 bezieht die Klägerin vom kroatischen Versicherungsträger Invalidenrente.
Mit Bescheid vom 02.02.2000 und Widerspruchsbescheid vom 16.08. 2000 lehnte die Beklagte den am 09.03.1999 gestellten Antrag der Klägerin auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit ab, weil die Versicherte vollschichtig leistungsfähig und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.
Mit der am 25.09.2000 zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihren Rentenanspruch weiter. Sie sei zu keiner Erwerbstätigkeit mehr fähig.
Das SG erhob über Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen der Klägerin im Wesentlichen Beweis durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Z. (vom 11.12.2002 unter Verwertung eines nervenärztlichen Zusatzgutachtens des Arztes für Neurologie Dr. P. und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom selben Tag). Dr. Z. kam zum Ergebnis, dass die Klägerin leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig verrichten könne.
Mit Urteil vom 13.12.2002 wies das SG hierauf die Klage ab.
Am 12.06.2003 ging die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil, das an sie am 18.03.2003 zur Post gegeben worden war, beim Bayer. Landessozialgericht ein.
Der Senat zog die Klageakten des SG Landshut sowie die Verwaltungsakten der Beklagten bei und erholte Auskünfte über die von der Klägerin in Deutschland zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit. Hierbei ergab sich, dass die Klägerin als Laborhilfskraft beschäftigt gewesen war (Aufgaben: Vorsortieren der Filme, Entnahme der Filme aus der Entwicklungsmaschine, Schneiden und Einsortieren der Bilder, Zerschneiden und Eintaschen der Filme, Mithilfe beim Versand).
Außerdem erholte der Senat medizinische Sachverständigengutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. (Gutachten vom 02.12.2003), von dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. (Gutachten vom 01.12.2003) und von dem Internisten Dr. E. (Gutachten vom 19.12.2003).
Dr. K. erhob bei der Klägerin nervenärztlicherseits folgende Diagnosen:
- Reaktiv depressives Syndrom.
- Somatisierungsstörung.
- Lendenwirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallserscheinungen.
Dr. L. stellte auf orthopädischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen fest:
- Leichtgradiges Halswirbelsäulen Syndrom, leichtes, allenfalls mittelschweres Lendenwirbelsäulen Syndrom mit sich daraus ergebendem geringgradigen Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher neurogenen Defekts.
- Beginnende Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks bei leichtem Funktionsdefizit sowie Zustand nach operativ versorgter Sprunggelenksfraktur mit der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel und daraus resultierender leichtgradig verminderter Geh und Stehfähigkeit.
Aus internistischer Sicht diagnostizierte Dr. E.:
- Vegetativ labiler Blutdruck.
- Verdacht auf funktionelle Abdominalbeschwerden.
- Hyperlipidämie.
Die Sachverständigen führten zum beruflichen Leistungsvermögen aus, die Klägerin könne unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses bei der Möglichkeit zum Wechsel der Ausgangslage (kein ausschließliches Sitzen, Stehen oder Gehen) jedenfalls leichte Arbeiten noch vollschichtig (d.h. acht Stunden täglich) verrichten; hierbei seien Arbeiten in Zwangshaltungen ebensowenig zumutbar wie häufiges Bücken, Heben oder Tragen von Lasten über 10 Kilogramm, Akkord- oder Schichtarbeit sowie Arbeiten mit besonderen nervlichen Belastungen. Die Klägerin könne Fußwege von mehr als 500 Meter an einem Stück in angemessener Geschwindigkeit (höchstens 15 Minuten für 500 Meter) zurücklegen, um die Entfernungen zwischen Wohnung, öffentlichem Verkehrsmittel und Arbeitsplatz vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende zu überwinden. Sie könne sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen.
Die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 13.12.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.02.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr aufgrund ihres Antrags vom 09.03.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG Landshut vom 13.12.2002 ist nicht zu beanstanden, weil die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der Anspruch der Klägerin auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen, da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht, vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI. Für den Anspruch der Klägerin sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit sinngemäß auch (hilfsweise) vorgetragen ist, dass jedenfalls ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben sei, vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI a.F., weil sie ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom 09.03.1999 bis jetzt nicht im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift berufsunfähig ist. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit liegen bei der Klägerin nicht vor.
Das nach Satz 1 dieser Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist bereits eingeschränkt. Sie kann aber unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses bei der Möglichkeit zum Wechsel der Ausgangslage (kein ausschließliches Sitzen, Stehen oder Gehen) jedenfalls leichte Arbeiten noch vollschichtig (d.h. acht Stunden täglich) verrichten; hierbei sind Arbeiten in Zwangshaltungen ebensowenig zumutbar wie häufiges Bücken, Heben oder Tragen von Lasten über 10 Kilogramm, Akkord- oder Schichtarbeit sowie Arbeiten mit besonderen nervlichen Belastungen. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte liegen nicht vor, weil die Klägerin die durchschnittlich erforderlichen Fußwege zurücklegen kann (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Sie kann sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen.
Dieses berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ergibt sich vor allem aus den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. , des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. und des Internisten Dr. E ...
Bei der Klägerin liegen folgende wesentlichen Gesundheitsstörungen vor:
- Reaktiv depressives Syndrom.
- Somatisierungsstörung.
- Leichtgradiges Halswirbelsäulen Syndrom, leichtes, allen- falls mittelschweres Lendenwirbelsäulen Syndrom mit sich daraus ergebendem geringgradigen Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher neurogenen Defekts.
- Beginnende Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks bei leichtem Funktionsdefizit sowie Zustand nach operativ versorgter Sprunggelenksfraktur mit der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel und daraus resultierender leichtgradig verminderter Geh- und Stehfähigkeit.
- Vegetativ labiler Blutdruck.
- Verdacht auf funktionelle Abdominalbeschwerden.
- Hyperlipidämie.
Im Vordergrund der Beschwerdesymptomatik stehen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und der Beine. Im Rahmen der chirurgisch-orthopädischen Begutachtung wird ein physiologischer, jedoch etwas verlangsamter Bewegungsablauf beschrieben. Im Halswirbelsäulenbereich zeigt sich eine höchstens endgradige Bewegungseinschränkung. Eine etwas stärker eingeschränkte Beweglichkeit läßt sich im Lendenwirbelsäulenbereich nachweisen. Zusätzlich wird eine leichte Bewegunqseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks gefunden. Daraus resultiert ein geringgradiges Funktionsdefizit der Wirbelsäule und eine leichtgradig verminderte Geh und Stehfähigkeit. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit ergibt sich daraus jedoch nicht. Der neurologische Untersuchungsbefund ist regelrecht. Radikuläre Reiz- oder Ausfallserscheinungen bei dem bekannten Lendenwirbelsyndrom lassen sich neurologisch nicht nachweisen. Aus psychiatrischer Sicht macht die Klägerin einen wenig belastbaren, deutlich bedrückten Eindruck, wirkt allerdings nicht höhergradig depressiv. Es ist eine leichte reaktive depressive Symptomatik zu diagnostizieren. Daneben besteht eine Somatisierungsstörung, worunter eine Projektion der seelischen Problematik auf die körperlicher Ebene zu verstehen ist. Im Bereich des internistischen Fachgebiets bestehen keine sozialmedizinisch relevanten Gesundheitsstörungen. Die internistische Symptomatik ist im wesentlichen als psychosomatisch gefärbtes Beschwerdebild zu sehen. Insgesamt gesehen ist die Klägerin bei Berücksichtigung ihrer Gesundheitsstörungen in der Lage, unter den üblichen Bedingungen eines Beschäftigungsverhältnisses eine Arbeitsleistung mit den oben angeführten qualitativen Einscheränkungen von acht Stunden täglich zu erbringen.
Nach dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 21 ff. mit weiteren Nachweisen). Maßgeblicher Hauptberuf ist vorliegend der einer Laborhilfskraft.
Auch wenn die Klägerin ihren maßgeblichen Beruf möglicherweise nicht mehr ausüben kann, ist sie aber dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 1246 Nr. 138).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27 und 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Klägerin der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters, und zwar höchstens des unteren Bereichs (Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei Monaten bis zu einem Jahr, vgl. BSG-Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45), zuzuordnen. Dies ergibt sich aus dem Inhalt der Berufstätigkeit, soweit er sich noch hat ermitteln lassen, und aus der arbeitgeberseits gewählten Berufsbezeichnung "Hilfskraft".
Als angelernter Arbeiterin des unteren Bereichs ist der Klägerin die Verweisung auf praktisch alle - auch ungelernten - Berufstätigkeiten sozial zumutbar, denen sie körperlich, geistig und seelisch gewachsen ist. Der Benennung eines konkreten Verweisungsberufs bedarf es grundsätzlich nicht. Auch liegt bei der Klägerin weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auch bei einer Versicherten erforderlich machen würde, die der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereichs zuzuordnen ist. Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz auf dem dafür maßgeblichen Gesamtgebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI a.F., dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Die Klägerin, die keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß der bis 31.12.2000 geltenden Vorschrift des § 44 Abs. 1 SGB VI, weil sie die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des zweiten Absatzes dieser Bestimmung nicht erfüllt. Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI sind solche Versicherte nicht erwerbsunfähig, die - wie die Klägerin - (irgend)eine Berufstätigkeit noch vollschichtig ausüben können; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach den §§ 43, 240 SGB VI n.F. hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn eine Versicherte - wie die Klägerin - einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen sogar noch vollschichtig ausüben kann.
Dass die Klägerin nach dem Recht ihres Herkunftslandes Anspruch auf Invalidenrente hat, führt nicht zwingend dazu, dass sie auch in der Bundesrepublik Deutschland Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen könnte. Der Anspruch auf eine deutsche Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung ist nämlich unabhängig davon allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hiesigen sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Landshut vom 13.12.2002 war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Klägerin, die 1950 geboren und Staatsangehörige der Republik Kroatien ist, hat nach ihren Angaben keine Berufsausbildung zurückgelegt. Zu ihrer Berufstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland (vom 01.08.1969 bis 31.08.1975 mit anschließender Arbeitslosigkeit bis 06.05.1977) gibt sie an, zunächst (bis 12.01.1973) in der Elektroindustrie als Montiererin von Stromzählern und sodann (ab 25.06.1973) als Laborassistentin in einem Photogeschäft beschäftigt gewesen zu sein. Seit 01.01.1999 bezieht die Klägerin vom kroatischen Versicherungsträger Invalidenrente.
Mit Bescheid vom 02.02.2000 und Widerspruchsbescheid vom 16.08. 2000 lehnte die Beklagte den am 09.03.1999 gestellten Antrag der Klägerin auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit ab, weil die Versicherte vollschichtig leistungsfähig und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.
Mit der am 25.09.2000 zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihren Rentenanspruch weiter. Sie sei zu keiner Erwerbstätigkeit mehr fähig.
Das SG erhob über Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen der Klägerin im Wesentlichen Beweis durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Z. (vom 11.12.2002 unter Verwertung eines nervenärztlichen Zusatzgutachtens des Arztes für Neurologie Dr. P. und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom selben Tag). Dr. Z. kam zum Ergebnis, dass die Klägerin leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig verrichten könne.
Mit Urteil vom 13.12.2002 wies das SG hierauf die Klage ab.
Am 12.06.2003 ging die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil, das an sie am 18.03.2003 zur Post gegeben worden war, beim Bayer. Landessozialgericht ein.
Der Senat zog die Klageakten des SG Landshut sowie die Verwaltungsakten der Beklagten bei und erholte Auskünfte über die von der Klägerin in Deutschland zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit. Hierbei ergab sich, dass die Klägerin als Laborhilfskraft beschäftigt gewesen war (Aufgaben: Vorsortieren der Filme, Entnahme der Filme aus der Entwicklungsmaschine, Schneiden und Einsortieren der Bilder, Zerschneiden und Eintaschen der Filme, Mithilfe beim Versand).
Außerdem erholte der Senat medizinische Sachverständigengutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. (Gutachten vom 02.12.2003), von dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. (Gutachten vom 01.12.2003) und von dem Internisten Dr. E. (Gutachten vom 19.12.2003).
Dr. K. erhob bei der Klägerin nervenärztlicherseits folgende Diagnosen:
- Reaktiv depressives Syndrom.
- Somatisierungsstörung.
- Lendenwirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallserscheinungen.
Dr. L. stellte auf orthopädischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen fest:
- Leichtgradiges Halswirbelsäulen Syndrom, leichtes, allenfalls mittelschweres Lendenwirbelsäulen Syndrom mit sich daraus ergebendem geringgradigen Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher neurogenen Defekts.
- Beginnende Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks bei leichtem Funktionsdefizit sowie Zustand nach operativ versorgter Sprunggelenksfraktur mit der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel und daraus resultierender leichtgradig verminderter Geh und Stehfähigkeit.
Aus internistischer Sicht diagnostizierte Dr. E.:
- Vegetativ labiler Blutdruck.
- Verdacht auf funktionelle Abdominalbeschwerden.
- Hyperlipidämie.
Die Sachverständigen führten zum beruflichen Leistungsvermögen aus, die Klägerin könne unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses bei der Möglichkeit zum Wechsel der Ausgangslage (kein ausschließliches Sitzen, Stehen oder Gehen) jedenfalls leichte Arbeiten noch vollschichtig (d.h. acht Stunden täglich) verrichten; hierbei seien Arbeiten in Zwangshaltungen ebensowenig zumutbar wie häufiges Bücken, Heben oder Tragen von Lasten über 10 Kilogramm, Akkord- oder Schichtarbeit sowie Arbeiten mit besonderen nervlichen Belastungen. Die Klägerin könne Fußwege von mehr als 500 Meter an einem Stück in angemessener Geschwindigkeit (höchstens 15 Minuten für 500 Meter) zurücklegen, um die Entfernungen zwischen Wohnung, öffentlichem Verkehrsmittel und Arbeitsplatz vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende zu überwinden. Sie könne sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen.
Die in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 13.12.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.02.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr aufgrund ihres Antrags vom 09.03.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG Landshut vom 13.12.2002 ist nicht zu beanstanden, weil die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der Anspruch der Klägerin auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen, da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht, vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI. Für den Anspruch der Klägerin sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit sinngemäß auch (hilfsweise) vorgetragen ist, dass jedenfalls ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben sei, vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI a.F., weil sie ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom 09.03.1999 bis jetzt nicht im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift berufsunfähig ist. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit liegen bei der Klägerin nicht vor.
Das nach Satz 1 dieser Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist bereits eingeschränkt. Sie kann aber unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses bei der Möglichkeit zum Wechsel der Ausgangslage (kein ausschließliches Sitzen, Stehen oder Gehen) jedenfalls leichte Arbeiten noch vollschichtig (d.h. acht Stunden täglich) verrichten; hierbei sind Arbeiten in Zwangshaltungen ebensowenig zumutbar wie häufiges Bücken, Heben oder Tragen von Lasten über 10 Kilogramm, Akkord- oder Schichtarbeit sowie Arbeiten mit besonderen nervlichen Belastungen. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte liegen nicht vor, weil die Klägerin die durchschnittlich erforderlichen Fußwege zurücklegen kann (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Sie kann sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen.
Dieses berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ergibt sich vor allem aus den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. , des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. und des Internisten Dr. E ...
Bei der Klägerin liegen folgende wesentlichen Gesundheitsstörungen vor:
- Reaktiv depressives Syndrom.
- Somatisierungsstörung.
- Leichtgradiges Halswirbelsäulen Syndrom, leichtes, allen- falls mittelschweres Lendenwirbelsäulen Syndrom mit sich daraus ergebendem geringgradigen Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher neurogenen Defekts.
- Beginnende Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks bei leichtem Funktionsdefizit sowie Zustand nach operativ versorgter Sprunggelenksfraktur mit der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel und daraus resultierender leichtgradig verminderter Geh- und Stehfähigkeit.
- Vegetativ labiler Blutdruck.
- Verdacht auf funktionelle Abdominalbeschwerden.
- Hyperlipidämie.
Im Vordergrund der Beschwerdesymptomatik stehen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und der Beine. Im Rahmen der chirurgisch-orthopädischen Begutachtung wird ein physiologischer, jedoch etwas verlangsamter Bewegungsablauf beschrieben. Im Halswirbelsäulenbereich zeigt sich eine höchstens endgradige Bewegungseinschränkung. Eine etwas stärker eingeschränkte Beweglichkeit läßt sich im Lendenwirbelsäulenbereich nachweisen. Zusätzlich wird eine leichte Bewegunqseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks gefunden. Daraus resultiert ein geringgradiges Funktionsdefizit der Wirbelsäule und eine leichtgradig verminderte Geh und Stehfähigkeit. Eine Einschränkung der Wegefähigkeit ergibt sich daraus jedoch nicht. Der neurologische Untersuchungsbefund ist regelrecht. Radikuläre Reiz- oder Ausfallserscheinungen bei dem bekannten Lendenwirbelsyndrom lassen sich neurologisch nicht nachweisen. Aus psychiatrischer Sicht macht die Klägerin einen wenig belastbaren, deutlich bedrückten Eindruck, wirkt allerdings nicht höhergradig depressiv. Es ist eine leichte reaktive depressive Symptomatik zu diagnostizieren. Daneben besteht eine Somatisierungsstörung, worunter eine Projektion der seelischen Problematik auf die körperlicher Ebene zu verstehen ist. Im Bereich des internistischen Fachgebiets bestehen keine sozialmedizinisch relevanten Gesundheitsstörungen. Die internistische Symptomatik ist im wesentlichen als psychosomatisch gefärbtes Beschwerdebild zu sehen. Insgesamt gesehen ist die Klägerin bei Berücksichtigung ihrer Gesundheitsstörungen in der Lage, unter den üblichen Bedingungen eines Beschäftigungsverhältnisses eine Arbeitsleistung mit den oben angeführten qualitativen Einscheränkungen von acht Stunden täglich zu erbringen.
Nach dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 21 ff. mit weiteren Nachweisen). Maßgeblicher Hauptberuf ist vorliegend der einer Laborhilfskraft.
Auch wenn die Klägerin ihren maßgeblichen Beruf möglicherweise nicht mehr ausüben kann, ist sie aber dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 1246 Nr. 138).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27 und 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Klägerin der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters, und zwar höchstens des unteren Bereichs (Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei Monaten bis zu einem Jahr, vgl. BSG-Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45), zuzuordnen. Dies ergibt sich aus dem Inhalt der Berufstätigkeit, soweit er sich noch hat ermitteln lassen, und aus der arbeitgeberseits gewählten Berufsbezeichnung "Hilfskraft".
Als angelernter Arbeiterin des unteren Bereichs ist der Klägerin die Verweisung auf praktisch alle - auch ungelernten - Berufstätigkeiten sozial zumutbar, denen sie körperlich, geistig und seelisch gewachsen ist. Der Benennung eines konkreten Verweisungsberufs bedarf es grundsätzlich nicht. Auch liegt bei der Klägerin weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auch bei einer Versicherten erforderlich machen würde, die der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereichs zuzuordnen ist. Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz auf dem dafür maßgeblichen Gesamtgebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI a.F., dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Die Klägerin, die keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß der bis 31.12.2000 geltenden Vorschrift des § 44 Abs. 1 SGB VI, weil sie die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des zweiten Absatzes dieser Bestimmung nicht erfüllt. Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI sind solche Versicherte nicht erwerbsunfähig, die - wie die Klägerin - (irgend)eine Berufstätigkeit noch vollschichtig ausüben können; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach den §§ 43, 240 SGB VI n.F. hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn eine Versicherte - wie die Klägerin - einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen sogar noch vollschichtig ausüben kann.
Dass die Klägerin nach dem Recht ihres Herkunftslandes Anspruch auf Invalidenrente hat, führt nicht zwingend dazu, dass sie auch in der Bundesrepublik Deutschland Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen könnte. Der Anspruch auf eine deutsche Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung ist nämlich unabhängig davon allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hiesigen sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Landshut vom 13.12.2002 war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved