Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 472/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 490/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28. August 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1956 geborene Kläger ist gelernter Konditor, der vom 18.09.1984 bis 31.07.1985 die Meisterschule für Konditoren besucht und mit einem guten Prüfungsergebnis abgeschlossen hat. Von Oktober 1979 bis 30.07.1982 war er bei der Deutschen Bundesbahn tätig. Pflichtbeiträge wurden danach vom 13.10. bis 31.12.1982, vom 08.08.1983 bis 06.09.1983, vom 15.10.1985 bis 31.12.1985, vom 01.01.1988 bis 31.05.1988, im September/Oktober 1991 und im April 1997 entrichtet. In Österreich war er 1975 /1976 und von Mai bis September 1993 als Konditor versicherungspflichtig beschäftigt. Im Übrigen enthält der Versicherungsverlauf ab 1983 mit Unterbrechungen Zeiten der Arbeitslosigkeit bis September 1991. Seit 2000 erhält der Kläger Sozialhilfe. Nach der Erstantragstellung am 03.10.1999 wurde der Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz mit 50 festgestellt. Als Behinderungen wurden Alkoholkrankheit, Polyneuropathie, Störungen der Koordination, Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen und Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule genannt. Der erste Rentenantrag des Klägers vom 18.04.2000 wurde von der Beklagten am 21.08.2000 mangels besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen abgelehnt. Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 25.10.2000 erhobene Klage wurde vom Sozialgericht Konstanz am 21.06.2001 abgewiesen (S 4 RJ 2455/00). U.a. heißt es im Urteil, eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da weder entsprechende Nachweise noch der Bezug von Krankengeld die Version des Klägers stützten, er sei wegen seiner Alkoholkrankheit seit 1991 außer Stande gewesen, Beiträge zu entrichten. Das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung am 23.10.2001 zurückgewiesen (L 9 RJ 3302/01). Auch bei fiktiver Erwerbsunfähigkeit ab dem Zeitpunkt der letzten Beschäftigungsaufgabe im Oktober 1993 seien keine 36 Pflichtbeiträge gegeben. Dieselbe Sachlage stelle sich bei einem fiktiven Eintritt des Versicherungsfalls im Mai 1988 dar. Eine Verlängerung des Fünfjahreszeitraums durch Arbeitsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da der Kläger keine entsprechenden Nachweise besitze und die eigenen Angaben des Klägers zu Beginn des Rentenverfahrens dagegen stünden. Auch spreche der Zeitpunkt des Schwerbehindertenantrags dagegen. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundessozialgericht am 24.04.2002 als unzulässig verworfen. Der 2. Rentenantrag des Klägers vom 01.02.2002 wurde von der Beklagten am 13.06.2002 mit denselben Gründen wie 2000 abgelehnt. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, seine Beitragslücken entsprächen seinem Krankheitsbild des Alkoholismus. Im Widerspruchsbescheid vom 23.07.2002 heißt es, die Alkholkrankheit habe nicht zwangsläufig Arbeitsunfähigkeit zur Folge. Dagegen hat der Kläger am 07.08.2002 unter dem Az.: S 6 RJ 472/02 Klage erhoben und hilfsweise Beitragserstattung wegen Bedürftigkeit geltend gemacht. Zur Begründung hat er vorgetragen, aufgrund seiner Krankheit sei er zur Beitragsleistung außerstande gewesen. Sein Antrag auf Beitragserstattung vom 12.11.2002 wurde von der Beklagten am 05.12.2002 mit der Begründung abgelehnt, er habe das Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung. Der Widerspruch wurde am 09.04.2003 zurückgewiesen. Ein neuerlicher Rentenantrag vom 15.01.2003 wurde von der Beklagten am 17.02.2003 mangels besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen abgelehnt, der Widerspruch am 09.04.2003 zurückgewiesen. Gegen die Ablehnung der Beitragserstattung hat der Kläger am 28.04.2003 unter dem Az.: S 6 RJ 348/03 Klage erhoben und auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen. Das Sozialgericht hat die Streitsachen 348/03 und 472/02 am 21.08.2003 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Es hat die Klage gegen den Bescheid vom 13.06.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2002 sowie gegen den Bescheid vom 05.12.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09.04.2003 unter Berufung auf die Gründe des Landessozialgerichts Baden-Württemberg abgewiesen und einen Anspruch auf Beitragserstattung verneint, da die Voraussetzung des § 210 Abs.1 Nr.1 SGB VI nicht erfüllt seien. Dagegen hat der Kläger am 12.09.2003 Berufung eingelegt und Rente beantragt. Er sei durch die 15 Monate Wehrpflicht (1976/77) zu Alkohol gekommen und habe seitdem täglich getrunken, bis er die letzten Jahre nicht mehr arbeiten konnte und auch keine freiwilligen Beiträge zahlen konnte. Er könne nicht mehr arbeiten, da der Alkohol sein Leben ruiniert habe. Aus den beigezogenen Schwerbehindertenakten ist ersichtlich, dass die erste Suchtbehandlung im Mai 1997 durchgeführt worden und auf eigenen Wunsch abgebrochen worden ist. In einem Sozialbericht vom 26.10.1998 heißt es, in den letzten sechs bis acht Jahren sei ein zunehmender Bierkonsum zu verzeichnen. Der Versuch, sich selbständig zu machen, habe mit hohen Schulden geendet. Die fehlende versicherungspflichtige Beschäftigung ab 1991 sei auf die Alkoholkrankheit und die hohe Verschuldung zurückzuführen. Seinen Lebensunterhalt habe der Kläger aushilfsweise in verschiedenen Hotels und auf russischen Kreuzfahrtschiffen erzielt. Laut Anamnese im Gutachten Dr.R. (im Auftrag des AVF) vom 05.06.2002 ist u.a. 1988 ein finanzielles Engagement im Gastronomiebereich fehlgeschlagen. Damals sei der Kläger auch nicht zur Konditormeisterprüfung zugelassen worden. Das Landratsamt L. hat Sozialhilfeleistungen am 17.07. 2002 wegen erhaltener Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Arbeiten reduziert. Das Leistungsvermögen war durch ein Gutachten des Gesundheitsamts L. festgestellt worden. Ausweislich der erledigten Prozessakte AL 14/93 hat der Kläger 1990 bei der Bundesanstalt für Arbeit einen Antrag auf Überbrückungsgeld für die Dauer von 26 Wochen zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Immobilienmakler gestellt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28.08. 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2002 zu verurteilen, ab 01.02.2002 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28.08.2003 zurückzuweisen.
Am 07.08.2002 hat der Kläger beim Sozialgericht Augsburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung und Gewährung einer Rente, hilfsweise Beitragserstattung gestellt. Dieser Antrag ist am 09.08.2002 mit Beschluss des Sozialgerichts abgelehnt worden Die Beschwerde dagegen ist mit Beschluss des 5. Senats vom 05.11.2002 mangels Aussicht auf Erfolg in der Hauptsache zurückgewiesen worden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der erledigten Prozessakten des LSG L 9 Al 14 und 13/93, der Klageakten des Sozialgerichts Augsburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens wegen Rentengewährung ist nicht nur der ablehnende Bescheid vom 13.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2002, sondern auch der weitere rentenablehnende Bescheid vom 17.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2003. Zwar hat das Sozialgericht hierüber nicht explizit entschieden, es hat jedoch konkludent mit der Ablehnung eines Rentenanspruchs ab 01.02.2002 die Rechtmäßigkeit auch dieser gemäß § 96 SGG streitgegenständlichen Bescheide festgestellt.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Rente wegen Erwerbsminderung steht bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zu, wenn ein Versicherter teilweise bzw. voll erwerbsgemindert ist, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt hat und die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§§ 43 Abs.1 und Abs.2 SGB VI). Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger seit Rentenantragstellung im Januar 2002 erwerbsgemindert ist. Zweifel an der entsprechenden Behauptung des Klägers ergeben sich sowohl aus dem Grad der Behinderung mit 50 als auch aus dem Gutachten des Gesundheitsamts L. , das im Auftrag des Landratsamts L. erstellt worden ist. Jedenfalls scheitert ein Anspruch an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Ausgehend vom fiktiven Eintritt des Versicherungsfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung am 01.02.2002 sind in den letzten fünf Jahren keine drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt. Aus dem Versicherungsverlauf ist ersichtlich, dass im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum, nämlich vom 01.02.1997 bis 31.01.2002, lediglich ein Beitragsmonat mit einem Pflichtbeitrag belegt ist.
Zwar verlängert sich der Fünfjahreszeitraum gemäß § 43 Abs.4 SGB VI um sogenannte Aufschubzeiten, zu denen auch Zeiten gehören, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind (§ 43 Abs.4 Ziffer 1 SGB VI in Verbindung mit § 58 Abs.1 Ziffer 1 SGB VI). Es kann unterstellt werden, dass die Aussage des Klägers zutrifft, er sei seit seiner letzten Beschäftigung im April 1997 arbeitsunfähig. In dieser Zeit fand die erste Suchtbehandlung statt, und nach dem 30.04.1997 wurde keinerlei Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt. Im Hinblick auf § 252 Abs.3 SGB VI kommt als Aufschubtatbestand bei dem Kläger, der kein Krankengeld bezogen hat, lediglich der Zeitraum vom 01.01. 1998 bis 31.01.2002 in Betracht. Durch diese 49 Monate verlagerte sich der Fünfjahreszeitraum bis 01.01.1993, worin lediglich fünf weitere Pflichtbeiträge enthalten sind. In Österreich war der Kläger von Mai bis September 1993 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Ein Rentenbezug ist vom österreichischen Sozialversicherungsträger ebenfalls mangels besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen abgelehnt worden.
Zutreffend hat die Beklagte festgestellt, dass das Vorliegen von drei Jahren an Pflichtbeitragszeiten im Fünfjahreszeitraum dann nicht notwendig ist, falls vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt war und jeder Kalendermonat ab 01.01. 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit sogenannten Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist (§ 241 Abs.2 SGB VI). In der Zeit vom 01.01.1984 bis zum 31.01.2002 ist jedoch nicht jeder Monat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Lücken sind insbesondere von Januar 1986 bis 31.12. 1987, von Juni bis August 1988, Juli, Oktober 1990 und Juni 1991 vorhanden. Dass auch diese Lücken bereits durch die Krankheit des Klägers entstanden sein sollen, ist mangels Krankengeldbezugs nicht nachvollziehbar. Zudem ergibt sich aus den Unterlagen in den Schwerbehindertenakten, dass die Alkoholkrankheit erst ab etwa 1991 für die fehlende versicherungspflichtige Beschäftigung mitverantwortlich gemacht werden kann. Als Grund für die Beitragslücken wurde auch die hohe Verschuldung des Klägers genannt. Schließlich hat der Kläger noch 1990 beim zuständigen Arbeitsamt Überbrückungsgeld für eine Beschäftigung als Immobilienmakler beantragt. Zudem hat er zwischen Mai und September 1993 über einen längeren Zeitraum in seinem erlernten Beruf gearbeitet.
Selbst wenn der Versicherungsfall der Erwerbsminderung bereits 1993 zum Zeitpunkt der Aufgabe der letzten mehrmonatigen Beschäftigung oder 1988 zum Zeitpunkt der Aufgabe der letzten mehrmonatigen Beschäftigung in Deutschland eingetreten wäre, ließe sich mangels versicherungsrechtlicher Voraussetzungen kein Anspruch des Klägers auf Rentenleistung begründen. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23. Oktober 2001 dargelegt. Dessen Ausführungen ist voll inhaltlich zuzustimmen.
Aus diesen Gründen war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28.08.2003 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1956 geborene Kläger ist gelernter Konditor, der vom 18.09.1984 bis 31.07.1985 die Meisterschule für Konditoren besucht und mit einem guten Prüfungsergebnis abgeschlossen hat. Von Oktober 1979 bis 30.07.1982 war er bei der Deutschen Bundesbahn tätig. Pflichtbeiträge wurden danach vom 13.10. bis 31.12.1982, vom 08.08.1983 bis 06.09.1983, vom 15.10.1985 bis 31.12.1985, vom 01.01.1988 bis 31.05.1988, im September/Oktober 1991 und im April 1997 entrichtet. In Österreich war er 1975 /1976 und von Mai bis September 1993 als Konditor versicherungspflichtig beschäftigt. Im Übrigen enthält der Versicherungsverlauf ab 1983 mit Unterbrechungen Zeiten der Arbeitslosigkeit bis September 1991. Seit 2000 erhält der Kläger Sozialhilfe. Nach der Erstantragstellung am 03.10.1999 wurde der Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz mit 50 festgestellt. Als Behinderungen wurden Alkoholkrankheit, Polyneuropathie, Störungen der Koordination, Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen und Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule genannt. Der erste Rentenantrag des Klägers vom 18.04.2000 wurde von der Beklagten am 21.08.2000 mangels besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen abgelehnt. Die gegen den Widerspruchsbescheid vom 25.10.2000 erhobene Klage wurde vom Sozialgericht Konstanz am 21.06.2001 abgewiesen (S 4 RJ 2455/00). U.a. heißt es im Urteil, eine Anrechnungszeit wegen Arbeitsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da weder entsprechende Nachweise noch der Bezug von Krankengeld die Version des Klägers stützten, er sei wegen seiner Alkoholkrankheit seit 1991 außer Stande gewesen, Beiträge zu entrichten. Das LSG Baden-Württemberg hat die Berufung am 23.10.2001 zurückgewiesen (L 9 RJ 3302/01). Auch bei fiktiver Erwerbsunfähigkeit ab dem Zeitpunkt der letzten Beschäftigungsaufgabe im Oktober 1993 seien keine 36 Pflichtbeiträge gegeben. Dieselbe Sachlage stelle sich bei einem fiktiven Eintritt des Versicherungsfalls im Mai 1988 dar. Eine Verlängerung des Fünfjahreszeitraums durch Arbeitsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da der Kläger keine entsprechenden Nachweise besitze und die eigenen Angaben des Klägers zu Beginn des Rentenverfahrens dagegen stünden. Auch spreche der Zeitpunkt des Schwerbehindertenantrags dagegen. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundessozialgericht am 24.04.2002 als unzulässig verworfen. Der 2. Rentenantrag des Klägers vom 01.02.2002 wurde von der Beklagten am 13.06.2002 mit denselben Gründen wie 2000 abgelehnt. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, seine Beitragslücken entsprächen seinem Krankheitsbild des Alkoholismus. Im Widerspruchsbescheid vom 23.07.2002 heißt es, die Alkholkrankheit habe nicht zwangsläufig Arbeitsunfähigkeit zur Folge. Dagegen hat der Kläger am 07.08.2002 unter dem Az.: S 6 RJ 472/02 Klage erhoben und hilfsweise Beitragserstattung wegen Bedürftigkeit geltend gemacht. Zur Begründung hat er vorgetragen, aufgrund seiner Krankheit sei er zur Beitragsleistung außerstande gewesen. Sein Antrag auf Beitragserstattung vom 12.11.2002 wurde von der Beklagten am 05.12.2002 mit der Begründung abgelehnt, er habe das Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung. Der Widerspruch wurde am 09.04.2003 zurückgewiesen. Ein neuerlicher Rentenantrag vom 15.01.2003 wurde von der Beklagten am 17.02.2003 mangels besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen abgelehnt, der Widerspruch am 09.04.2003 zurückgewiesen. Gegen die Ablehnung der Beitragserstattung hat der Kläger am 28.04.2003 unter dem Az.: S 6 RJ 348/03 Klage erhoben und auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen. Das Sozialgericht hat die Streitsachen 348/03 und 472/02 am 21.08.2003 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Es hat die Klage gegen den Bescheid vom 13.06.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2002 sowie gegen den Bescheid vom 05.12.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09.04.2003 unter Berufung auf die Gründe des Landessozialgerichts Baden-Württemberg abgewiesen und einen Anspruch auf Beitragserstattung verneint, da die Voraussetzung des § 210 Abs.1 Nr.1 SGB VI nicht erfüllt seien. Dagegen hat der Kläger am 12.09.2003 Berufung eingelegt und Rente beantragt. Er sei durch die 15 Monate Wehrpflicht (1976/77) zu Alkohol gekommen und habe seitdem täglich getrunken, bis er die letzten Jahre nicht mehr arbeiten konnte und auch keine freiwilligen Beiträge zahlen konnte. Er könne nicht mehr arbeiten, da der Alkohol sein Leben ruiniert habe. Aus den beigezogenen Schwerbehindertenakten ist ersichtlich, dass die erste Suchtbehandlung im Mai 1997 durchgeführt worden und auf eigenen Wunsch abgebrochen worden ist. In einem Sozialbericht vom 26.10.1998 heißt es, in den letzten sechs bis acht Jahren sei ein zunehmender Bierkonsum zu verzeichnen. Der Versuch, sich selbständig zu machen, habe mit hohen Schulden geendet. Die fehlende versicherungspflichtige Beschäftigung ab 1991 sei auf die Alkoholkrankheit und die hohe Verschuldung zurückzuführen. Seinen Lebensunterhalt habe der Kläger aushilfsweise in verschiedenen Hotels und auf russischen Kreuzfahrtschiffen erzielt. Laut Anamnese im Gutachten Dr.R. (im Auftrag des AVF) vom 05.06.2002 ist u.a. 1988 ein finanzielles Engagement im Gastronomiebereich fehlgeschlagen. Damals sei der Kläger auch nicht zur Konditormeisterprüfung zugelassen worden. Das Landratsamt L. hat Sozialhilfeleistungen am 17.07. 2002 wegen erhaltener Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere Arbeiten reduziert. Das Leistungsvermögen war durch ein Gutachten des Gesundheitsamts L. festgestellt worden. Ausweislich der erledigten Prozessakte AL 14/93 hat der Kläger 1990 bei der Bundesanstalt für Arbeit einen Antrag auf Überbrückungsgeld für die Dauer von 26 Wochen zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Immobilienmakler gestellt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28.08. 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2002 zu verurteilen, ab 01.02.2002 Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28.08.2003 zurückzuweisen.
Am 07.08.2002 hat der Kläger beim Sozialgericht Augsburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung und Gewährung einer Rente, hilfsweise Beitragserstattung gestellt. Dieser Antrag ist am 09.08.2002 mit Beschluss des Sozialgerichts abgelehnt worden Die Beschwerde dagegen ist mit Beschluss des 5. Senats vom 05.11.2002 mangels Aussicht auf Erfolg in der Hauptsache zurückgewiesen worden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der erledigten Prozessakten des LSG L 9 Al 14 und 13/93, der Klageakten des Sozialgerichts Augsburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens wegen Rentengewährung ist nicht nur der ablehnende Bescheid vom 13.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2002, sondern auch der weitere rentenablehnende Bescheid vom 17.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.04.2003. Zwar hat das Sozialgericht hierüber nicht explizit entschieden, es hat jedoch konkludent mit der Ablehnung eines Rentenanspruchs ab 01.02.2002 die Rechtmäßigkeit auch dieser gemäß § 96 SGG streitgegenständlichen Bescheide festgestellt.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Rente wegen Erwerbsminderung steht bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zu, wenn ein Versicherter teilweise bzw. voll erwerbsgemindert ist, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt hat und die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§§ 43 Abs.1 und Abs.2 SGB VI). Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger seit Rentenantragstellung im Januar 2002 erwerbsgemindert ist. Zweifel an der entsprechenden Behauptung des Klägers ergeben sich sowohl aus dem Grad der Behinderung mit 50 als auch aus dem Gutachten des Gesundheitsamts L. , das im Auftrag des Landratsamts L. erstellt worden ist. Jedenfalls scheitert ein Anspruch an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Ausgehend vom fiktiven Eintritt des Versicherungsfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung am 01.02.2002 sind in den letzten fünf Jahren keine drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt. Aus dem Versicherungsverlauf ist ersichtlich, dass im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum, nämlich vom 01.02.1997 bis 31.01.2002, lediglich ein Beitragsmonat mit einem Pflichtbeitrag belegt ist.
Zwar verlängert sich der Fünfjahreszeitraum gemäß § 43 Abs.4 SGB VI um sogenannte Aufschubzeiten, zu denen auch Zeiten gehören, in denen Versicherte wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sind (§ 43 Abs.4 Ziffer 1 SGB VI in Verbindung mit § 58 Abs.1 Ziffer 1 SGB VI). Es kann unterstellt werden, dass die Aussage des Klägers zutrifft, er sei seit seiner letzten Beschäftigung im April 1997 arbeitsunfähig. In dieser Zeit fand die erste Suchtbehandlung statt, und nach dem 30.04.1997 wurde keinerlei Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt. Im Hinblick auf § 252 Abs.3 SGB VI kommt als Aufschubtatbestand bei dem Kläger, der kein Krankengeld bezogen hat, lediglich der Zeitraum vom 01.01. 1998 bis 31.01.2002 in Betracht. Durch diese 49 Monate verlagerte sich der Fünfjahreszeitraum bis 01.01.1993, worin lediglich fünf weitere Pflichtbeiträge enthalten sind. In Österreich war der Kläger von Mai bis September 1993 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Ein Rentenbezug ist vom österreichischen Sozialversicherungsträger ebenfalls mangels besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen abgelehnt worden.
Zutreffend hat die Beklagte festgestellt, dass das Vorliegen von drei Jahren an Pflichtbeitragszeiten im Fünfjahreszeitraum dann nicht notwendig ist, falls vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt war und jeder Kalendermonat ab 01.01. 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit sogenannten Anwartschaftserhaltungszeiten belegt ist (§ 241 Abs.2 SGB VI). In der Zeit vom 01.01.1984 bis zum 31.01.2002 ist jedoch nicht jeder Monat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Lücken sind insbesondere von Januar 1986 bis 31.12. 1987, von Juni bis August 1988, Juli, Oktober 1990 und Juni 1991 vorhanden. Dass auch diese Lücken bereits durch die Krankheit des Klägers entstanden sein sollen, ist mangels Krankengeldbezugs nicht nachvollziehbar. Zudem ergibt sich aus den Unterlagen in den Schwerbehindertenakten, dass die Alkoholkrankheit erst ab etwa 1991 für die fehlende versicherungspflichtige Beschäftigung mitverantwortlich gemacht werden kann. Als Grund für die Beitragslücken wurde auch die hohe Verschuldung des Klägers genannt. Schließlich hat der Kläger noch 1990 beim zuständigen Arbeitsamt Überbrückungsgeld für eine Beschäftigung als Immobilienmakler beantragt. Zudem hat er zwischen Mai und September 1993 über einen längeren Zeitraum in seinem erlernten Beruf gearbeitet.
Selbst wenn der Versicherungsfall der Erwerbsminderung bereits 1993 zum Zeitpunkt der Aufgabe der letzten mehrmonatigen Beschäftigung oder 1988 zum Zeitpunkt der Aufgabe der letzten mehrmonatigen Beschäftigung in Deutschland eingetreten wäre, ließe sich mangels versicherungsrechtlicher Voraussetzungen kein Anspruch des Klägers auf Rentenleistung begründen. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23. Oktober 2001 dargelegt. Dessen Ausführungen ist voll inhaltlich zuzustimmen.
Aus diesen Gründen war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28.08.2003 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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