Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 SB 747/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SB 51/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.03.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger die Schwerbehinderteneigenschaft nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. seit 01.07.2001 nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) sowie die Merkzeichen "G" und "B" zustehen.
Die Eltern des 1982 geborenen Klägers stellten im September 1999 erstmals Antrag auf Feststellung seiner Behinderung und des Grades der Behinderung (GdB). Zur Begründung wurden Arztbriefe der Kinderpoliklinik der Universität M. (Prof.Dr.R.) vom Dezember 1997 und September 1999 vorgelegt. Nach letztgenanntem Schreiben war der im Juni 1999 16 Jahre alte Kläger 179,5 cm groß und 60,5 kg schwer. Das Längensollgewicht liege daher nur bei 86 %. Eine Lungenfunktionsprüfung vom 22.06.1999 habe eine deutliche Erhöhung des Atemwegswiderstands mit Einschränkungen besonders im Bereich der kleinen wie auch der großen Atemwege ergeben. Der Kläger müsse derzeit dreimal täglich mit drei verschiedenen Medikamenten inhalieren, eine Physiotherapie mit Flutter und autogener Drainage durchführen und mehrmals täglich eine Zusatznahrung sowie bestimmte Tropfen und Kapseln zu sich nehmen. Der Beklagte zog außerdem ein Gutachten von Dr.L. vom 07.08.1997 für die DAK K. - Pflegekasse - bei. Darin wurden schwere Einschränkungen der inneren Organe durch rezidivierende pulmonale Infekte mit weißlich-gelblichem Auswurf ca. 70-100 ml täglich beschrieben. Eine Pflegebedürftigkeit wurde nicht angenommen, wohl aber eine Überwachung/Kontrolle der häuslichen Therapien. Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch den Allgemeinmediziner B. erging am 29.10.1999 ein Bescheid in dem als Behinderung festgestellt wurde: "Karthagener Syndrom - Situs inversus totalis - mit rezidivierenden Infekten der Atemwege."
Der GdB wurde auf 30 eingeschätzt.
Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch eingelegt und vorgetragen, die Krankheit des Klägers sei hinsichtlich der GdB-Bewertung wie eine Mukoviszidoseerkrankung zu behandeln. Der Beklagte zog daraufhin nochmals eine fachärztliche Bescheinigung von Prof.Dr.R. vom 20.12.1999 bei. Dieser gab an, es bestehe seines Erachtens eine erhebliche Gehbehinderung und die Notwendigkeit einer ständigen Begleitung. Es lägen mindestens ein GdB von 60 vor sowie die Merkzeichen "G" und "B".
Der Kläger wurde anschließend auf Veranlassung des Beklagten am 06.04.2000 von dem Internisten und Pneumologen Dr.S. untersucht. Bei der Untersuchung war der Kläger 180 cm groß und 64 kg schwer und gab an, er besuche die 11. Klasse einer Wirtschaftsschule und sei vom 2. bis 14. Lebensjahr siebenmal in stationärer Behandlung wegen einer Pneumonie gewesen. Er habe täglich Husten mit gelblichem Auswurf (100 ml) im infektfreien Intervall. Pro Jahr würden 10 bis 15 Atemwegsinfekte durchgemacht mit einer Verlaufsdauer von drei bis zehn Tagen im Durchschnitt. Gehen in der Ebene sei in normalem Tempo ohne Atemnot möglich (zwei bis drei Kilometer pro Stunde), nach einer Stunde trete ein leichtes Giemen und Atemnotsempfindung ein. Nach 300 bis 400 m Joggen habe er Atemnot, zwei bis drei Stockwerke Treppensteigen sei kein Problem. Hinsichtlich des Magen-Darm-Systems gebe es keine Schwierigkeiten. Nach Beiziehung und Auswertung eines Befundberichts des HNO-Arztes Dr.K. wurde die bisherige GdB-Bewertung am 25.07.2000 von Dr.S. bestätigt. Da das seltene Krankheitsbild des Klägers in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" 1996 (AP) nicht gesondert berücksichtigt sei, schlug er eine Anlehnung an die Vorgaben zur Bewertung der Mukoviszidose nach AP Nr.26.15 vor. Am 25.08.2000 erging dementsprechend ein zurückweisender Widerspruchsbescheid.
Mit Schriftsatz vom 20.09.2000 hat sich der Kläger klageführend an das Sozialgericht Augsburg gewandt und bezugnehmend auf die Bescheinigung von Prof.Dr.R. einen GdB von 60 sowie die Merkzeichen "G" und "B" begehrt.
Das Sozialgericht hat wiederum einen Befundbericht von Prof. Dr.R. vom 11.12.2000 eingeholt, der mitteilte, dass es am 04.12.2000 zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustands gekommen sei. Es bestehe ein Untergewicht (Längensollgewicht 88 %) trotz hochkalorischer Zusatzernährung. Eine Lungenfunktionsuntersuchung am 18.05.2000 habe eine deutliche Einschränkung mit obstruktiver und restriktiver Komponente ergeben sowie massive Einschränkungen im Bereich der kleinen Atemwege (FVC 65 %, FEV1 62 %, MEF 75 65 %, MEF 25 12 %, Sreff 304 %). Zuletzt habe im August 2000 eine Pneumonie vorgelegen, der letzte Infekt im Dezember 2000. Es bestünden polyvalente Allergien.
Das Sozialgericht hat anschließend von Dr.N. , Chefarzt der W. Kliniken, ein lungenärztliches Gutachten vom 10.05.2001 eingeholt. Bei der Untersuchung am 09.01.2001 hat der Kläger angegeben, er habe die Wirtschaftsschule abgeschlossen und arbeite seit September 2000 in einem Softwareunternehmen als Auszubildender. Er habe sich seit Beginn der Ausbildung zweimal krankschreiben lassen müssen, einmal einen Arbeitstag, einmal acht Arbeitstage wegen eitrigen hochfieberhaften Atemwegsinfekten. Er sei jetzt wiederum erkältet mit Temperaturen bis 37,8 Grad seit einer Woche, vermehrt gelbem Auswurf und Abgeschlagenheit. Diese Infektepisoden stellten das Hauptproblem für ihn dar. Sie kämen jährlich sechs- bis zehnmal vor, insbesondere im Winterhalbjahr. Er habe häufig Fieber um 39 Grad, so dass zumeist ein Antibiotikum eingesetzt werden müsse. Er müsse zweimal wöchentlich zur Krankengymnastik, täglich inhalieren (dreimal mit dem Pariboy), spezielle krankengymnastische und atemtherapeutische Übungen mit Inhalationen durchführen und PEP und Flutter benutzen. Sportliche Betätigungen seien Basketball spielen, Snowboard- und Fahrradfahren. Der Kläger hat bei der Untersuchung 67 kg gewogen bei 180 cm Grösse. Die Lungenfunktionsuntersuchung hat eine leichte, weitgehend fixierte Obstruktion ergeben, wobei insbesondere die kleinen Atemwege betroffen gewesen seien (MEF 25 24 % des Solls, Vitalkapazität 75 % des Solls, FEV1 69 % des Solls). Ein Belastungs-EKG ist über vier Minuten bis 150 Watt möglich gewesen. Es habe eine altersentsprechend gute durchschnittliche Belastbarkeit vorgelegen. HNO-ärztlich habe das Krankheitsbild eine chronische Rhinosinusitis verursacht sowie einen chronischen Paukenerguss mit Schallleitungsschwerhörigkeit, die im Alltag allerdings nicht relevant erscheine. Der GdB für die Hörminderung liege unter 10. Die statischen und dynamischen Messwerte der Lungenfunktionsprüfung lägen um bis zu 1/3 niedriger als die Sollwerte, so dass sich hieraus ein GdB von 40 ableiten lasse. Stelle man in Rechnung, dass der Sauerstoffpartialdruck in Ruhe nicht mehr im Normbereich liege, lasse sich auch für einen höheren GdB (50 bis 70) argumentieren. Dafür spreche auch der erhöhte tagtägliche Therapieaufwand. Da es sich nicht nur um eine Erkrankung wie ein Asthma bronchiale, sondern eher wie eine zystische Fibrose handele, ergebe sich ein Gesamt-GdB von 50. Dies gelte auch ab September 1999, da sich keine signifikante Änderung ergeben habe. Das Gehvermögen des Klägers sei nicht erheblich eingeschränkt, auch lägen die Voraussetzungen für Merkzeichen "B" nicht vor.
Mit Schriftsatz vom 11.07.2001 hat der Beklagte ein Vergleichsangebot vorgelegt und sich bereiterklärt, ab 31.01.2001 (Untersuchung in der Fachklinik W.) einen GdB von 40 festzustellen. Zur Begründung hat die Internistin Dr.W. ausgeführt, im Juli 2000 habe der Versorgungsarzt Dr.S. die leicht eingeschränkte Lungenfunktion zutreffend mit GdB 30 bewertet. Im September 2000 habe der behandelnde Kinderarzt eine Verschlechterung der pneumologischen Situation attestiert. Die gerichtsärztliche Untersuchung habe ähnliche Lungenfunktionswerte ergeben. Erstmalig sei jedoch eine geringgradige Hypoxämie nachgewiesen worden. Da der Sauerstoffpartialdruck während der körperlichen Belastung auf 69 mmHg angestiegen sei und damit die untere Normgrenze erreicht habe, lasse sich noch keine wesentliche Störung der Blutgassituation ableiten, die zur Schwerbehinderteneigenschaft führen würde (lt. Dr.N. lag der Druck in Ruhe bei 66, nach vierminütiger Belastung mit 50 Watt bei 64 und am Belastungsende bei 69 mmHg). Unter Berücksichtigung der häufigen Infekte, des Hustens mit großen Sputummengen, der Lungenfunktionsstörung und des täglichen Therapieaufwands lasse sich grenzwertig ein GdB von 40 rechtfertigen, da die allgemeine Leistungsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt sei und der Kläger ergometrisch bis 150 Watt belastbar gewesen und sportlich aktiv sei.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 25.09.2001 hat Dr.N. der Versorgungsärztin Dr.W. widersprochen. Es bestehe definitiv eine Hypoxämie trotz tendenzieller Besserung unter Belastung. Die gemessenen Werte von 66 und 69 mmHg seien für einen eher untergewichtigen 18-jährigen eindeutig zu niedrig, definitiv im pathologischen Bereich. Auch habe die Belastung bei 150 Watt abgebrochen werden müssen, während nach den BG-Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (1994, Anhang 2) die Maximalbelastung für 20-jährige immerhin bei 230 Watt liege. Ein GdB von 50 sei allein aus der Betrachtung der Sauerstoff-partialdrucke ohne Berücksichtigung der erhöhten Infektanfälligkeit und der nochmals verschlechterten Lungenfunktion des Klägers gerechtfertigt.
Die Versorgungsärztin Dr.W. hat am 12.12.2001 erwidert, ein GdB von 50 sei nach den Anhaltspunkten erst für eine Lungenfunktionseinschränkung mittleren Grades, d.h. Atemnot bei alltäglicher leichter Belastung, wie Treppensteigen oder Spazierengehen, vorgesehen. In der Regel sei dann eine erhebliche Gehbehinderung anzunehmen. Diese Situation sei beim Kläger nicht gegeben. Bei alleiniger Beurteilung der Lungenfunktion wäre ein Einzel-GdB von 20 richtig gewesen.
Das Sozialgericht hat anschließend von dem Internisten Dr. R. ein Gutachten nach Aktenlage vom 21.01.2002 eingeholt. Das Karthagener Syndrom sei gekennzeichnet durch Unterbeweglichkeit der Flimmerhärchen der Bronchialschleimhaut (immotiles Ziliensyndrom), Bronchiektasen und seitenverkehrte Organposition (Situs inversus totalis). Nach den Vorgaben der AP für die Mukoviszidose sei beim Kläger keine Entwicklungsstörung festzustellen. In der Zeit seit September 1999 bis Mai 2001 sei es zu einer Gewichtszunahme von 6,5 kg gekommen. Sportliche Aktivitäten seien möglich, die körperliche Belastbarkeit sei noch sehr gut. Unter Berücksichtigung der AP sei ein GdB von 30 bis 40 angemessen, wenn unter Therapie Aktivitäten und Lungenfunktion leicht eingeschränkt, das Gedeihen und Ernährung jedoch noch altersgemäß seien. Diese Kriterien lägen beim Kläger vor. Ab Untersuchung im Mai 2001 sei gegenüber 1999 eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Hinblick auf vermehrte Infekte und reduzierte Sauerstoffwerte in der Blutgasanalyse eingetreten. Seit diesem Zeitpunkt sei der GdB von 40 vertretbar. Die Merkzeichen "G" und "B" seien nicht begründbar.
Mit Schriftsatz vom 26.02.2001 hat der Kläger weiterhin einen Gesamt-GdB von 50 begehrt. Sein Gesundheitszustand habe sich deutlich verschlechtert, seit September 2001 nehme er verstärkt regelmäßig Antibiotika, sportliche Aktivitäten seien seitdem nicht mehr möglich. Eine Untersuchung durch Prof.Dr. R. sei erforderlich.
Aufgrund mündlicher Verhandlung am 27.03.2003, zu der für den Kläger niemand erschienen ist, ist der Beklagte mit Urteil vom gleichen Tag verpflichtet worden, die Behinderungen wie in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 10.07.2001 zu bezeichnen und den GdB ab Januar 2001 mit 40 festzustellen. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden. Zur Begründung hat sich das Sozialgericht vor allem auf das Gutachten von Dr.R. gestützt und die Auffassung vertreten, dass das Karthagener Syndrom analog einer Mukoviszidose zu bewerten sei.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22.04.2003 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung ist mit Schriftsatz vom 16.09.2003 ausgeführt worden, dass dem Gutachten von Dr.N. , der den Kläger untersucht habe und der in den W. Kliniken Mukoviszidose-Patienten schwerpunktmäßig behandele, mehr Bedeutung beigemessen werden müsse als dem Aktenlagegutachten von Dr.R ... Da das in den Anhaltspunkten nicht enthaltene Karthagener Syndrom in Anlehnung an die Mukoviszidosebewertung beurteilt werde, sei auch anzunehmen, dass Dr.N. eine leidensgerechte GdB-Beurteilung vorgenommen hat. Außerdem sei die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B" gerechtfertigt. Ergänzend werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.
Der Senat hat einen aktuellen Befundbericht von Prof.Dr.G. (Dr.von H. Kinderspital, Klinikum der Universität M.) eingeholt. Danach habe sich der Zustand des Klägers durch regelmäßige und konsequente Therapie in den letzten fünf Jahren recht konstant gehalten. Der Zustand der Lunge habe sich von Januar 2001 bis Oktober 2003 (FEV1 von 75,9 % auf 67 %) etwas verschlechtert. Nach einem beigefügten "Trendreport" vom 09.10.2003 zeigen die beigefügten Einzeluntersuchungsergebnisse folgende FEV1 %-Soll-Werte seit 1999: 06/1999: 71,35 %, 11/1999: 75,02 %, 05/2000: 62,06 %, 04/2001: 75,90 %, 08/2001: 66,15 %, 06/2002: 78,80 %, 07/2003: 67 %, 10/2003: 67,03 %.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 02.12.2003 die Auffassung vertreten (versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr.W.), dass sich durch diese aktuellen Befundberichte, wonach die gesundheitliche Situation des Klägers unverändert sei, keine andere Bewertung als bisher ergebe. Einer leichten tendenziellen Verschlechterung in den letzten Jahren sei Rechnung getragen worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 27.03.2003 und des Bescheids vom 29.10.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2000 zu verurteilen, bei ihm ab September 1999 einen GdB von 50 festzustellen sowie die Merkzeichen "G" und "B" zuzuerkennen.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.03.2003 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die beigezogene Akte des Beklagten, die Akte des vorangegangenen Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Augsburg und den Inhalt der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Der Gesundheitszustand des Klägers, der an dem seltenen Karthagener Syndrom leidet, hat sich seit Antragstellung im September 1999 auch nach Aussage von Prof.Dr.G. in seinem Befundbericht vom 06.11.2003 nur geringfügig verschlechtert. Die begehrte Schwerbehinderteneigenschaft steht noch nicht zu. Ohne Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis bestehen auch keine Ansprüche auf Merkzeichen.
Die für die GdB-Bewertung maßgebenden AP enthalten die Erkrankung des Klägers nicht ausdrücklich. Da die Erkrankung, ähnlich wie die Mukoviszidoseerkrankung zu einer Ansammlung von zähem Schleim in den Bronchien mit rezidivierenden Atemwegsinfekten und Lungenfunktionseinschränkungen führt, sind in erster Linie die Regelungen der AP 1996 Nr.26.15 auf S.120 hinsichtlich der Mukoviszidose (zystischen Fibrose) heranzuziehen. Danach ist ein GdB von 30 bis 40 vorgesehen, wenn unter Therapie die Aktivitäten und die Lungenfunktion des Betroffenen leicht eingeschränkt sind, Gedeihen und Ernährung jedoch noch altersgemäß erscheint. Der Kläger war im Juni 1999 16 Jahre alt, 179,5 cm groß und wog 60,5 kg. Bei seiner Untersuchung durch Dr.N. im Januar 2001 war der Kläger 180 cm groß und wog 67 kg. Die neueste Mitteilung vom Dr.von H. Kinderspital enthielt im Oktober 2003 eine Größe des Klägers von 181 cm und ein Gewicht von 65,7 kg. Aus diesen Angaben ergibt sich, dass der Kläger seit Juni 1999 1 1/2 cm gewachsen ist und mindestens 5 kg zugenommen hat, d.h. zwar relativ schlank, jedoch nicht GdB-wirksam untergewichtig ist. Nach seinen Angaben bei den Untersuchungen durch den Versorgungsmediziner Dr.S. im April 2000 sowie durch Dr.N. im Januar 2001 war der Kläger in der Lage, verschiedene anstrengende Sportarten (z.B. Volleyball/Basketball-Spielen und Snowboardfahren) auszuüben. Er beendete im Übrigen im Sommer 2000 erfolgreich die Ausbildung an einer Wirtschaftsschule und ist seitdem Auszubildender in einer Softwarefirma. Hauptproblem sind nach wie vor seine Atemwegsinfekte, die bei der ersten versorgungsärztlichen Untersuchung mit zehn bis fünfzehn Erkrankungen jährlich und bei der Untersuchung durch Dr.N. mit sechs bis zehn Erkrankungen jährlich angegeben wurden. Nach seinen Angaben war er in den fünf Monaten seit 01.09.2000 bis 31.01.2001 zweimal krankgeschrieben (einmal einen Arbeitstag, einmal acht Arbeitstage). Dies erscheint hinsichtlich Erkrankungsdauer und Häufigkeit nicht außergewöhnlich hoch. Die Lungenfunktionswerte, die sich in erster Linie nach den unter FEV1 angebenen Prozentsätzen orientieren, haben sich nicht - wie Prof.Dr.G. am 06.11.2003 mitteilte - von Januar 2001 bis Oktober 2003 von 75,9 auf 67,0 % des Sollwertes verschlechtert. Aus der Grafik des beigefügten Trendreports vom 09.10.2003 ergibt sich, dass der FEV1-Wert seit Juni 1999 zwischen 62,06 % (niedrigster Wert) und 78,80 % (höchster Wert) bis 09.10.2003 geschwankt hat, vielleicht auch aufgrund unterschiedlich guter Mitarbeit. Wenn man für die Jahre 1999 und 2000 einen Mittelwert bilden würde, läge dieser bei 68 %, für 2001 bei 71 % und für 2002/2003 bei 73 % des Sollwerts.
Wenn man zusätzlich den Bewertungsrahmen der AP 1996 für "Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion" (Nr.26.8) heranzieht, entspricht jeder dieser Mittelwerte einer Einschränkung der Lungenfunktion geringen Grades (AP S.83), weil die statischen und dynamischen Messwerte der Lungenfunktionsprüfung weniger als 1/3 niedriger als das Soll sind. Der für diesen Bereich vorgegebene GdB-Rahmen reicht von 20 bis 40, sofern die Blutgaswerte im Normbereich liegen. Letztere waren bei der Untersuchung durch Dr.N. im Januar 2001 zu niedrig. Das Sozialgericht hat daher zutreffend ab Januar 2001 einen GdB von 40, davor von 30 angenommen.
Ein GdB von 50 würde dagegen nach den AP Nr.26.8 (S.83) eine Atemnot bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z.B. Treppensteigen bis zu einem Stockwerk) und statischen und dynamischen Messwerten der Lungenfunktionsprüfung, die bis zu 2/3 niedriger als die Sollwerte liegen, voraussetzen, ferner eine respiratorische Partialinsuffizienz. Diese Situation liegt beim Kläger erfreulicherweise nicht vor. Unter Berücksichtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers, der im April 2000 angab, zwei bis drei Stockwerke Treppen ohne Probleme bewältigen zu können bzw. im Januar 2001 von Basketball-Spielen berichtete, ist ein GdB von 50 nicht gerechtfertigt. Gegen die Schwerbehinderteneigenschaft spricht auch die nach Nr.26.9 der AP ("Herz- und Kreislauf") gute Belastbarkeit des Klägers mit 150 Watt über vier Minuten im Belastungs-EKG, auch wenn Dr.N. dies nach Grundsätzen für die Berufsgenossenschaften für nicht optimal hält.
Trotz des insbesondere auch von Dr.N. hervorgehobenen erhöhten tagtäglichen Therapieaufwands ist somit nach sämtlichen einschlägigen Bewertungsmöglichkeiten der AP (Nr.26.15, 26.8 und 26.9) das Urteil des Sozialgerichts Augsburg im Ergebnis zutreffend.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger die Schwerbehinderteneigenschaft nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. seit 01.07.2001 nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) sowie die Merkzeichen "G" und "B" zustehen.
Die Eltern des 1982 geborenen Klägers stellten im September 1999 erstmals Antrag auf Feststellung seiner Behinderung und des Grades der Behinderung (GdB). Zur Begründung wurden Arztbriefe der Kinderpoliklinik der Universität M. (Prof.Dr.R.) vom Dezember 1997 und September 1999 vorgelegt. Nach letztgenanntem Schreiben war der im Juni 1999 16 Jahre alte Kläger 179,5 cm groß und 60,5 kg schwer. Das Längensollgewicht liege daher nur bei 86 %. Eine Lungenfunktionsprüfung vom 22.06.1999 habe eine deutliche Erhöhung des Atemwegswiderstands mit Einschränkungen besonders im Bereich der kleinen wie auch der großen Atemwege ergeben. Der Kläger müsse derzeit dreimal täglich mit drei verschiedenen Medikamenten inhalieren, eine Physiotherapie mit Flutter und autogener Drainage durchführen und mehrmals täglich eine Zusatznahrung sowie bestimmte Tropfen und Kapseln zu sich nehmen. Der Beklagte zog außerdem ein Gutachten von Dr.L. vom 07.08.1997 für die DAK K. - Pflegekasse - bei. Darin wurden schwere Einschränkungen der inneren Organe durch rezidivierende pulmonale Infekte mit weißlich-gelblichem Auswurf ca. 70-100 ml täglich beschrieben. Eine Pflegebedürftigkeit wurde nicht angenommen, wohl aber eine Überwachung/Kontrolle der häuslichen Therapien. Nach versorgungsärztlicher Stellungnahme durch den Allgemeinmediziner B. erging am 29.10.1999 ein Bescheid in dem als Behinderung festgestellt wurde: "Karthagener Syndrom - Situs inversus totalis - mit rezidivierenden Infekten der Atemwege."
Der GdB wurde auf 30 eingeschätzt.
Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch eingelegt und vorgetragen, die Krankheit des Klägers sei hinsichtlich der GdB-Bewertung wie eine Mukoviszidoseerkrankung zu behandeln. Der Beklagte zog daraufhin nochmals eine fachärztliche Bescheinigung von Prof.Dr.R. vom 20.12.1999 bei. Dieser gab an, es bestehe seines Erachtens eine erhebliche Gehbehinderung und die Notwendigkeit einer ständigen Begleitung. Es lägen mindestens ein GdB von 60 vor sowie die Merkzeichen "G" und "B".
Der Kläger wurde anschließend auf Veranlassung des Beklagten am 06.04.2000 von dem Internisten und Pneumologen Dr.S. untersucht. Bei der Untersuchung war der Kläger 180 cm groß und 64 kg schwer und gab an, er besuche die 11. Klasse einer Wirtschaftsschule und sei vom 2. bis 14. Lebensjahr siebenmal in stationärer Behandlung wegen einer Pneumonie gewesen. Er habe täglich Husten mit gelblichem Auswurf (100 ml) im infektfreien Intervall. Pro Jahr würden 10 bis 15 Atemwegsinfekte durchgemacht mit einer Verlaufsdauer von drei bis zehn Tagen im Durchschnitt. Gehen in der Ebene sei in normalem Tempo ohne Atemnot möglich (zwei bis drei Kilometer pro Stunde), nach einer Stunde trete ein leichtes Giemen und Atemnotsempfindung ein. Nach 300 bis 400 m Joggen habe er Atemnot, zwei bis drei Stockwerke Treppensteigen sei kein Problem. Hinsichtlich des Magen-Darm-Systems gebe es keine Schwierigkeiten. Nach Beiziehung und Auswertung eines Befundberichts des HNO-Arztes Dr.K. wurde die bisherige GdB-Bewertung am 25.07.2000 von Dr.S. bestätigt. Da das seltene Krankheitsbild des Klägers in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" 1996 (AP) nicht gesondert berücksichtigt sei, schlug er eine Anlehnung an die Vorgaben zur Bewertung der Mukoviszidose nach AP Nr.26.15 vor. Am 25.08.2000 erging dementsprechend ein zurückweisender Widerspruchsbescheid.
Mit Schriftsatz vom 20.09.2000 hat sich der Kläger klageführend an das Sozialgericht Augsburg gewandt und bezugnehmend auf die Bescheinigung von Prof.Dr.R. einen GdB von 60 sowie die Merkzeichen "G" und "B" begehrt.
Das Sozialgericht hat wiederum einen Befundbericht von Prof. Dr.R. vom 11.12.2000 eingeholt, der mitteilte, dass es am 04.12.2000 zu einer Verschlechterung des Allgemeinzustands gekommen sei. Es bestehe ein Untergewicht (Längensollgewicht 88 %) trotz hochkalorischer Zusatzernährung. Eine Lungenfunktionsuntersuchung am 18.05.2000 habe eine deutliche Einschränkung mit obstruktiver und restriktiver Komponente ergeben sowie massive Einschränkungen im Bereich der kleinen Atemwege (FVC 65 %, FEV1 62 %, MEF 75 65 %, MEF 25 12 %, Sreff 304 %). Zuletzt habe im August 2000 eine Pneumonie vorgelegen, der letzte Infekt im Dezember 2000. Es bestünden polyvalente Allergien.
Das Sozialgericht hat anschließend von Dr.N. , Chefarzt der W. Kliniken, ein lungenärztliches Gutachten vom 10.05.2001 eingeholt. Bei der Untersuchung am 09.01.2001 hat der Kläger angegeben, er habe die Wirtschaftsschule abgeschlossen und arbeite seit September 2000 in einem Softwareunternehmen als Auszubildender. Er habe sich seit Beginn der Ausbildung zweimal krankschreiben lassen müssen, einmal einen Arbeitstag, einmal acht Arbeitstage wegen eitrigen hochfieberhaften Atemwegsinfekten. Er sei jetzt wiederum erkältet mit Temperaturen bis 37,8 Grad seit einer Woche, vermehrt gelbem Auswurf und Abgeschlagenheit. Diese Infektepisoden stellten das Hauptproblem für ihn dar. Sie kämen jährlich sechs- bis zehnmal vor, insbesondere im Winterhalbjahr. Er habe häufig Fieber um 39 Grad, so dass zumeist ein Antibiotikum eingesetzt werden müsse. Er müsse zweimal wöchentlich zur Krankengymnastik, täglich inhalieren (dreimal mit dem Pariboy), spezielle krankengymnastische und atemtherapeutische Übungen mit Inhalationen durchführen und PEP und Flutter benutzen. Sportliche Betätigungen seien Basketball spielen, Snowboard- und Fahrradfahren. Der Kläger hat bei der Untersuchung 67 kg gewogen bei 180 cm Grösse. Die Lungenfunktionsuntersuchung hat eine leichte, weitgehend fixierte Obstruktion ergeben, wobei insbesondere die kleinen Atemwege betroffen gewesen seien (MEF 25 24 % des Solls, Vitalkapazität 75 % des Solls, FEV1 69 % des Solls). Ein Belastungs-EKG ist über vier Minuten bis 150 Watt möglich gewesen. Es habe eine altersentsprechend gute durchschnittliche Belastbarkeit vorgelegen. HNO-ärztlich habe das Krankheitsbild eine chronische Rhinosinusitis verursacht sowie einen chronischen Paukenerguss mit Schallleitungsschwerhörigkeit, die im Alltag allerdings nicht relevant erscheine. Der GdB für die Hörminderung liege unter 10. Die statischen und dynamischen Messwerte der Lungenfunktionsprüfung lägen um bis zu 1/3 niedriger als die Sollwerte, so dass sich hieraus ein GdB von 40 ableiten lasse. Stelle man in Rechnung, dass der Sauerstoffpartialdruck in Ruhe nicht mehr im Normbereich liege, lasse sich auch für einen höheren GdB (50 bis 70) argumentieren. Dafür spreche auch der erhöhte tagtägliche Therapieaufwand. Da es sich nicht nur um eine Erkrankung wie ein Asthma bronchiale, sondern eher wie eine zystische Fibrose handele, ergebe sich ein Gesamt-GdB von 50. Dies gelte auch ab September 1999, da sich keine signifikante Änderung ergeben habe. Das Gehvermögen des Klägers sei nicht erheblich eingeschränkt, auch lägen die Voraussetzungen für Merkzeichen "B" nicht vor.
Mit Schriftsatz vom 11.07.2001 hat der Beklagte ein Vergleichsangebot vorgelegt und sich bereiterklärt, ab 31.01.2001 (Untersuchung in der Fachklinik W.) einen GdB von 40 festzustellen. Zur Begründung hat die Internistin Dr.W. ausgeführt, im Juli 2000 habe der Versorgungsarzt Dr.S. die leicht eingeschränkte Lungenfunktion zutreffend mit GdB 30 bewertet. Im September 2000 habe der behandelnde Kinderarzt eine Verschlechterung der pneumologischen Situation attestiert. Die gerichtsärztliche Untersuchung habe ähnliche Lungenfunktionswerte ergeben. Erstmalig sei jedoch eine geringgradige Hypoxämie nachgewiesen worden. Da der Sauerstoffpartialdruck während der körperlichen Belastung auf 69 mmHg angestiegen sei und damit die untere Normgrenze erreicht habe, lasse sich noch keine wesentliche Störung der Blutgassituation ableiten, die zur Schwerbehinderteneigenschaft führen würde (lt. Dr.N. lag der Druck in Ruhe bei 66, nach vierminütiger Belastung mit 50 Watt bei 64 und am Belastungsende bei 69 mmHg). Unter Berücksichtigung der häufigen Infekte, des Hustens mit großen Sputummengen, der Lungenfunktionsstörung und des täglichen Therapieaufwands lasse sich grenzwertig ein GdB von 40 rechtfertigen, da die allgemeine Leistungsfähigkeit nicht wesentlich eingeschränkt sei und der Kläger ergometrisch bis 150 Watt belastbar gewesen und sportlich aktiv sei.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 25.09.2001 hat Dr.N. der Versorgungsärztin Dr.W. widersprochen. Es bestehe definitiv eine Hypoxämie trotz tendenzieller Besserung unter Belastung. Die gemessenen Werte von 66 und 69 mmHg seien für einen eher untergewichtigen 18-jährigen eindeutig zu niedrig, definitiv im pathologischen Bereich. Auch habe die Belastung bei 150 Watt abgebrochen werden müssen, während nach den BG-Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (1994, Anhang 2) die Maximalbelastung für 20-jährige immerhin bei 230 Watt liege. Ein GdB von 50 sei allein aus der Betrachtung der Sauerstoff-partialdrucke ohne Berücksichtigung der erhöhten Infektanfälligkeit und der nochmals verschlechterten Lungenfunktion des Klägers gerechtfertigt.
Die Versorgungsärztin Dr.W. hat am 12.12.2001 erwidert, ein GdB von 50 sei nach den Anhaltspunkten erst für eine Lungenfunktionseinschränkung mittleren Grades, d.h. Atemnot bei alltäglicher leichter Belastung, wie Treppensteigen oder Spazierengehen, vorgesehen. In der Regel sei dann eine erhebliche Gehbehinderung anzunehmen. Diese Situation sei beim Kläger nicht gegeben. Bei alleiniger Beurteilung der Lungenfunktion wäre ein Einzel-GdB von 20 richtig gewesen.
Das Sozialgericht hat anschließend von dem Internisten Dr. R. ein Gutachten nach Aktenlage vom 21.01.2002 eingeholt. Das Karthagener Syndrom sei gekennzeichnet durch Unterbeweglichkeit der Flimmerhärchen der Bronchialschleimhaut (immotiles Ziliensyndrom), Bronchiektasen und seitenverkehrte Organposition (Situs inversus totalis). Nach den Vorgaben der AP für die Mukoviszidose sei beim Kläger keine Entwicklungsstörung festzustellen. In der Zeit seit September 1999 bis Mai 2001 sei es zu einer Gewichtszunahme von 6,5 kg gekommen. Sportliche Aktivitäten seien möglich, die körperliche Belastbarkeit sei noch sehr gut. Unter Berücksichtigung der AP sei ein GdB von 30 bis 40 angemessen, wenn unter Therapie Aktivitäten und Lungenfunktion leicht eingeschränkt, das Gedeihen und Ernährung jedoch noch altersgemäß seien. Diese Kriterien lägen beim Kläger vor. Ab Untersuchung im Mai 2001 sei gegenüber 1999 eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Hinblick auf vermehrte Infekte und reduzierte Sauerstoffwerte in der Blutgasanalyse eingetreten. Seit diesem Zeitpunkt sei der GdB von 40 vertretbar. Die Merkzeichen "G" und "B" seien nicht begründbar.
Mit Schriftsatz vom 26.02.2001 hat der Kläger weiterhin einen Gesamt-GdB von 50 begehrt. Sein Gesundheitszustand habe sich deutlich verschlechtert, seit September 2001 nehme er verstärkt regelmäßig Antibiotika, sportliche Aktivitäten seien seitdem nicht mehr möglich. Eine Untersuchung durch Prof.Dr. R. sei erforderlich.
Aufgrund mündlicher Verhandlung am 27.03.2003, zu der für den Kläger niemand erschienen ist, ist der Beklagte mit Urteil vom gleichen Tag verpflichtet worden, die Behinderungen wie in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 10.07.2001 zu bezeichnen und den GdB ab Januar 2001 mit 40 festzustellen. Im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden. Zur Begründung hat sich das Sozialgericht vor allem auf das Gutachten von Dr.R. gestützt und die Auffassung vertreten, dass das Karthagener Syndrom analog einer Mukoviszidose zu bewerten sei.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22.04.2003 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung ist mit Schriftsatz vom 16.09.2003 ausgeführt worden, dass dem Gutachten von Dr.N. , der den Kläger untersucht habe und der in den W. Kliniken Mukoviszidose-Patienten schwerpunktmäßig behandele, mehr Bedeutung beigemessen werden müsse als dem Aktenlagegutachten von Dr.R ... Da das in den Anhaltspunkten nicht enthaltene Karthagener Syndrom in Anlehnung an die Mukoviszidosebewertung beurteilt werde, sei auch anzunehmen, dass Dr.N. eine leidensgerechte GdB-Beurteilung vorgenommen hat. Außerdem sei die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "B" gerechtfertigt. Ergänzend werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.
Der Senat hat einen aktuellen Befundbericht von Prof.Dr.G. (Dr.von H. Kinderspital, Klinikum der Universität M.) eingeholt. Danach habe sich der Zustand des Klägers durch regelmäßige und konsequente Therapie in den letzten fünf Jahren recht konstant gehalten. Der Zustand der Lunge habe sich von Januar 2001 bis Oktober 2003 (FEV1 von 75,9 % auf 67 %) etwas verschlechtert. Nach einem beigefügten "Trendreport" vom 09.10.2003 zeigen die beigefügten Einzeluntersuchungsergebnisse folgende FEV1 %-Soll-Werte seit 1999: 06/1999: 71,35 %, 11/1999: 75,02 %, 05/2000: 62,06 %, 04/2001: 75,90 %, 08/2001: 66,15 %, 06/2002: 78,80 %, 07/2003: 67 %, 10/2003: 67,03 %.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 02.12.2003 die Auffassung vertreten (versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr.W.), dass sich durch diese aktuellen Befundberichte, wonach die gesundheitliche Situation des Klägers unverändert sei, keine andere Bewertung als bisher ergebe. Einer leichten tendenziellen Verschlechterung in den letzten Jahren sei Rechnung getragen worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 27.03.2003 und des Bescheids vom 29.10.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2000 zu verurteilen, bei ihm ab September 1999 einen GdB von 50 festzustellen sowie die Merkzeichen "G" und "B" zuzuerkennen.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 27.03.2003 zurückzuweisen.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die beigezogene Akte des Beklagten, die Akte des vorangegangenen Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Augsburg und den Inhalt der Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Der Gesundheitszustand des Klägers, der an dem seltenen Karthagener Syndrom leidet, hat sich seit Antragstellung im September 1999 auch nach Aussage von Prof.Dr.G. in seinem Befundbericht vom 06.11.2003 nur geringfügig verschlechtert. Die begehrte Schwerbehinderteneigenschaft steht noch nicht zu. Ohne Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis bestehen auch keine Ansprüche auf Merkzeichen.
Die für die GdB-Bewertung maßgebenden AP enthalten die Erkrankung des Klägers nicht ausdrücklich. Da die Erkrankung, ähnlich wie die Mukoviszidoseerkrankung zu einer Ansammlung von zähem Schleim in den Bronchien mit rezidivierenden Atemwegsinfekten und Lungenfunktionseinschränkungen führt, sind in erster Linie die Regelungen der AP 1996 Nr.26.15 auf S.120 hinsichtlich der Mukoviszidose (zystischen Fibrose) heranzuziehen. Danach ist ein GdB von 30 bis 40 vorgesehen, wenn unter Therapie die Aktivitäten und die Lungenfunktion des Betroffenen leicht eingeschränkt sind, Gedeihen und Ernährung jedoch noch altersgemäß erscheint. Der Kläger war im Juni 1999 16 Jahre alt, 179,5 cm groß und wog 60,5 kg. Bei seiner Untersuchung durch Dr.N. im Januar 2001 war der Kläger 180 cm groß und wog 67 kg. Die neueste Mitteilung vom Dr.von H. Kinderspital enthielt im Oktober 2003 eine Größe des Klägers von 181 cm und ein Gewicht von 65,7 kg. Aus diesen Angaben ergibt sich, dass der Kläger seit Juni 1999 1 1/2 cm gewachsen ist und mindestens 5 kg zugenommen hat, d.h. zwar relativ schlank, jedoch nicht GdB-wirksam untergewichtig ist. Nach seinen Angaben bei den Untersuchungen durch den Versorgungsmediziner Dr.S. im April 2000 sowie durch Dr.N. im Januar 2001 war der Kläger in der Lage, verschiedene anstrengende Sportarten (z.B. Volleyball/Basketball-Spielen und Snowboardfahren) auszuüben. Er beendete im Übrigen im Sommer 2000 erfolgreich die Ausbildung an einer Wirtschaftsschule und ist seitdem Auszubildender in einer Softwarefirma. Hauptproblem sind nach wie vor seine Atemwegsinfekte, die bei der ersten versorgungsärztlichen Untersuchung mit zehn bis fünfzehn Erkrankungen jährlich und bei der Untersuchung durch Dr.N. mit sechs bis zehn Erkrankungen jährlich angegeben wurden. Nach seinen Angaben war er in den fünf Monaten seit 01.09.2000 bis 31.01.2001 zweimal krankgeschrieben (einmal einen Arbeitstag, einmal acht Arbeitstage). Dies erscheint hinsichtlich Erkrankungsdauer und Häufigkeit nicht außergewöhnlich hoch. Die Lungenfunktionswerte, die sich in erster Linie nach den unter FEV1 angebenen Prozentsätzen orientieren, haben sich nicht - wie Prof.Dr.G. am 06.11.2003 mitteilte - von Januar 2001 bis Oktober 2003 von 75,9 auf 67,0 % des Sollwertes verschlechtert. Aus der Grafik des beigefügten Trendreports vom 09.10.2003 ergibt sich, dass der FEV1-Wert seit Juni 1999 zwischen 62,06 % (niedrigster Wert) und 78,80 % (höchster Wert) bis 09.10.2003 geschwankt hat, vielleicht auch aufgrund unterschiedlich guter Mitarbeit. Wenn man für die Jahre 1999 und 2000 einen Mittelwert bilden würde, läge dieser bei 68 %, für 2001 bei 71 % und für 2002/2003 bei 73 % des Sollwerts.
Wenn man zusätzlich den Bewertungsrahmen der AP 1996 für "Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion" (Nr.26.8) heranzieht, entspricht jeder dieser Mittelwerte einer Einschränkung der Lungenfunktion geringen Grades (AP S.83), weil die statischen und dynamischen Messwerte der Lungenfunktionsprüfung weniger als 1/3 niedriger als das Soll sind. Der für diesen Bereich vorgegebene GdB-Rahmen reicht von 20 bis 40, sofern die Blutgaswerte im Normbereich liegen. Letztere waren bei der Untersuchung durch Dr.N. im Januar 2001 zu niedrig. Das Sozialgericht hat daher zutreffend ab Januar 2001 einen GdB von 40, davor von 30 angenommen.
Ein GdB von 50 würde dagegen nach den AP Nr.26.8 (S.83) eine Atemnot bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z.B. Treppensteigen bis zu einem Stockwerk) und statischen und dynamischen Messwerten der Lungenfunktionsprüfung, die bis zu 2/3 niedriger als die Sollwerte liegen, voraussetzen, ferner eine respiratorische Partialinsuffizienz. Diese Situation liegt beim Kläger erfreulicherweise nicht vor. Unter Berücksichtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers, der im April 2000 angab, zwei bis drei Stockwerke Treppen ohne Probleme bewältigen zu können bzw. im Januar 2001 von Basketball-Spielen berichtete, ist ein GdB von 50 nicht gerechtfertigt. Gegen die Schwerbehinderteneigenschaft spricht auch die nach Nr.26.9 der AP ("Herz- und Kreislauf") gute Belastbarkeit des Klägers mit 150 Watt über vier Minuten im Belastungs-EKG, auch wenn Dr.N. dies nach Grundsätzen für die Berufsgenossenschaften für nicht optimal hält.
Trotz des insbesondere auch von Dr.N. hervorgehobenen erhöhten tagtäglichen Therapieaufwands ist somit nach sämtlichen einschlägigen Bewertungsmöglichkeiten der AP (Nr.26.15, 26.8 und 26.9) das Urteil des Sozialgerichts Augsburg im Ergebnis zutreffend.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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