L 9 AL 19/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 9/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 19/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 182/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23. November 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit.

Der 1947 geborene Kläger war seit 1984 bei der Tiefbau-Firma T. Bau GmbH mit dem Sitz in A. im Kreis R. beschäftigt. Die Firma unterhielt 1996 u.a. mehrere Baustellen in den neuen Bundesländern. Der Kläger arbeitete als Vorarbeiter auf den nahe beieinander liegenden Baustellen W. und M. in Sachsen. Vom 21.11.1996 bis 29.11.1996 war der Kläger arbeitsunfähig krank geschrieben. Am 26.11.1996 machte der Geschäftsführer der Firma, L. T., einen Krankenbesuch, wurde allerdings vom Kläger nicht eingelassen. T. und der noch hinzugezogene weitere Mitarbeiter J. bemerkten von außerhalb des Grundstücks des Klägers auf dessen Lagerplatz etliche der Firma gehörende Werkzeuge und Baugeräte, wovon sie eine Liste anfertigten. Am 13.12.1996 lieferte der Kläger auf Aufforderung des Geschäftsführers die bei ihm gelagerten Baugerätschaften der Firma dort ab. Am 21.12.1996 wurde ihm fristlos gekündigt.

Am 23.12.1996 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Er verwies darauf, dass er eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Passau erhoben habe. Am 24.03. 1997 nahm der Kläger eine neue Arbeit auf.

Die Firma T. trug im arbeitsgerichtlichen Verfahren vor: Der Kläger habe Werkzeuge und Geräte der Firma von zum Teil nicht unerheblichem Wert ohne Genehmigung und auch ohne Kenntnis der Firma bei sich zu Hause gelagert gehabt. Er habe die bei ihm gelagerten Gerätschaften der Firma erst nach Überprüfung der gesamten Bestände und nachdrücklicher Aufforderung seitens der Geschäftsführung abgegeben.

Dem entgegnete der Kläger: Außer einer Rüttelplatte der Marke Robin und einem Baustromkabel von etwa 173 m Länge habe es sich um kleinere Gerätschaften gehandelt, die er mit Kenntnis der Firma permanent in seiner Werkzeugkiste im Auto mitgeführt habe, um diese auf den verschiedenen Baustellen einsetzen zu können. Die Rüttelplatte habe er kurzfristig bei sich behalten, um einen schmalen Pflasterstreifen auf seinem Grundstück zu rütteln. Es sei bei der Firma T. üblich und erlaubt gewesen, dass sich Vorarbeiter kleinere Geräte kurzfristig für private Zwecke ausleihen dürften. Das Stromkabel, welches für private Zwecke gar nicht brauchbar gewesen sei, habe er vorübergehend als Sicherheit auf seinem Grundstück behalten, bis die Unstimmigkeit wegen der Nichtanerkennung und Bezahlung von 25 Überstunden seitens der Beklagten geklärt sein würde. Auf Aufforderung der Firma habe er am 13.12.1996 auch das Stromkabel zurückgebracht. Im Übrigen sei die Kündigung in jedem Fall als fristlose Kündigung unwirksam. Die Frist des § 626 Abs.2 BGB sei nicht eingehalten worden. Der Geschäftsführer der Beklagten habe bereits bei der Einsichtnahme auf das Grundstück am 26.11.1996 Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Umständen gehabt, so dass die Kündigung nach der Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 BGB spätestens bis zum 10.12.1996 hätte erfolgen müssen.

Darauf erwiderte die Arbeitgeberin: Der Kläger sei in Bezug auf das Ausleihen von Baugeräten nicht anders behandelt worden als die übrigen Mitarbeiter. Auch er habe fragen müssen, wenn er sich etwas habe ausleihen wollen. Dies sei zuletzt im Jahre 1995 der Fall gewesen. Die angeblich nicht bezahlten Überstunden habe der Kläger weder schriftlich noch mündlich eingefordert. Auch habe er niemals angegeben, dass er ein Stromkabel als Sicherheit in seinem Besitz behalten habe. Er habe dies erstmals eingeräumt, nachdem das Stromkabel am 26.11.1996 auf seinem Grundstück gesehen worden und er am 13.12.1996 vom Geschäftsführer T. darauf angesprochen worden sei. Ein Zurückbehaltungsrecht habe der Kläger auf keinen Fall gehabt.

Mit Urteil vom 07.07.1997 hat das Arbeitsgericht Passau die Kündigungsschutzklage des Klägers als unbegründet abgewiesen.

Unstreitig habe der Kläger am 13.12.1996 bei der Beklagten Baugerätschaften in erheblichem Umfang abgeliefert, die er in den Wochen davor in seinem Besitz gehabt habe. Es habe sich hierbei um eine Rüttelplatte, um einen Wacker-Flaschenrüttler, ein Schachtgehänge, drei Bund Wasserschlauch von etwa einem halben Zoll Durchmesser, ein Baustromkabel in der Gesamtlänge von etwa 173 m sowie weitere kleinere weitere Werkzeuge gehandelt.

Der Kläger habe für die Behauptung, dass er diejenigen Gerätschaften, die er am 13.12.1996 zurückgebracht habe, mit Duldung seitens der Beklagten in seinem Besitz gehabt habe, keine Beweismittel vorgelegt. Zwar könne man nach allgemeiner Erfahrung im Baugewerbe davon ausgehen, dass es üblich sei, dass weniger wertvolle Werkzeuge auch gelegentlich im privaten Bereich eingesetzt werden könnten, sofern der Arbeitgeber dem nicht ausdrücklich widerspreche. Bezüglich größerer Arbeitsmaterialien könne man jedoch eine derartige stillschweigende Duldung nicht unterstellen. Dies gelte wegen ihres Gebrauchswerts jedenfalls für die Rüttelplatte, den Wacker-Flaschenrüttler, die Wasserschläuche und das Stromkabel. Nur ein ausdrückliches Einverständnis der Firma hätte den Kläger berechtigt, sich vorübergehend in den Besitz dieser Gerätschaften zu setzen. Ohne dass das Verhalten des Klägers strafrechtlich genauer qualifiziert werden müsse, habe er jedenfalls einen erheblichen Vertrauensbruchtatbestand verwirklicht.

Dies gelte auch bezüglich des Baustromkabels. Auch wenn es tatsächlich Unstimmigkeiten zwischen dem Kläger und der Firma wegen eventueller Überstunden gegeben habe, habe dies den Kläger nicht dazu berechtigt, das Kabel in seinen Besitz zu bringen und zurückzubehalten. Auch insoweit liege demnach seitens des Klägers eine erhebliche Pflichtverletzung im Vertrauensbereich vor.

Die Ausschlussfrist des § 626 Abs.2 BGB sei eingehalten. Eine Kenntniserlangung im Sinne der Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 BGB liege erst dann vor, wenn der Arbeitgeber eine sichere positive Kenntnis der für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen habe. Der Ablauf dieser Frist sei gehemmt, solange der Arbeitgeber die ihm nach pflichtgemäßem Ermessen gebotenen Maßnahmen zur Aufklärung des Kündigungssachverhalts durchführen dürfe. Mithin beginne die Ausschlussfrist nicht mit dem Tag, an dem die Geschäftsführer der Beklagten aufgrund ihrer Besichtigung von außerhalb des Grundstücks erstmals festgestellt hätten, dass sich Gerätschaften der Firma auf dem Gelände des Klägers befänden, also am 26.11.1996, sondern erst mit dem 13.12.1996. Erst zu diesem Zeitpunkt, als der Kläger das Baumaterial zurückgebracht habe, habe die Beklagte sich endgültige Kenntnis darüber verschaffen können, welche Gegenstände der Kläger tatsächlich unberechtigt in seinem Besitz gehabt habe.

Die Beklagte gewährte dem Kläger nach Kenntnis des Urteils des Arbeitsgerichts Passau Arbeitslosengeld erst ab dem 17.03.1997.

Mit Bescheid vom 02.10.1997 versagte sie dem Kläger das Arbeitslosengeld bis zum 15.03.1997. Im Zeitraum vom 22.12.1996 bis 15.03.1997 habe der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld geruht, da eine Sperrzeit von 12 Wochen eingetreten sei. Der Kläger habe nämlich durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses am 21.12. 1996 gegeben.

Der Kläger erhob Widerspruch. Er verwies darauf, dass er gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Passau Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt habe.

Am 29.09.1998 beendeten der Kläger und die Firma T. das arbeitsgerichtliche Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht mit einem Vergleich. Es bestehe Einigkeit darüber, dass das Arbeitsverhältnis durch Arbeitgeberkündigung zum 31.12.1996 sein Ende gefunden habe. Die Beklagte erklärte sich bereit, dem Kläger eine Abfindung in Höhe von 18.000,- DM netto zu bezahlen und ein qualifiziertes Zeugnis zu erstellen. Das nachfolgend ausgestellte Arbeitszeugnis lautete: G. sei vom 24.10.1984 bis 31.12.1996, zuletzt als Vorarbeiter, in der Firma T. beschäftigt gewesen. Die Firma sei mit seiner Arbeitsleistung über Jahre hinweg zufrieden gewesen. Das Arbeitsverhältnis habe aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung zum 31.12.1996 geendet.

In dem nunmehr fortgesetzten Widerspruchsverfahren teilte die Firma T. der Beklagten mit Schreiben vom 23.11.1998 mit, dass sich an der Sachlage nichts geändert habe. Dem Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht sei lediglich deshalb zugestimmt worden, da der Vorsitzende Richter zu erkennen gegeben habe, dass aus seiner Sicht die Zweiwochenfrist für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung bereits am 26.11.1996 begonnen habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.12.1998 wies daraufhin die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Sperrzeitbescheid als unbegründet zurück. Nach Auskunft des Arbeitgebers bleibe es dabei, dass ein vertragswidriges Verhalten des Widerspruchsführers Anlass für die Kündigung am 21.12.1996 gewesen sei.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben.

In der Sache hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt und dem hinzugefügt, dass der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht nicht nur zum Ausdruck gebracht habe, dass die abeitgeberseitige Kündigung vom 21.12.1996 wegen Nichteinhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 BGB jedenfalls als außerordentliche Kündigung unwirksam sei, sondern dass darüber hinaus die gegen den Kläger gerichteten Vorwürfe nicht bewiesen und zweifelhaft seien.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23.11.2000 als unbegründet abgewiesen. Es werde den Ausführungen des Arbeitsgerichts Passau im Urteil vom 07.07.1997 zugestimmt, wonach in der Inbesitznahme und Lagerung zumindestens einiger der am 13.12.1996 zurückgegebenen Baugerätschaften seitens des Klägers ein derart gravierender Vertrauensverstoß gelegen habe, dass die Firma T. einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB gehabt habe. Die Kündigung sei auch innerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 Abs.2 BGB erfolgt. Am 26.11.1996 hätten die Geschäftsführer der Firma T. die gelagerten Gerätschaften nur von außen sehen können und keine Gelegenheit zur Überprüfung gehabt. Die angebliche Bewertung des Geschehensablaufes durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht sei für das nachfolgende sozialgerichtliche Verfahren nicht maßgeblich.

Im Berufungsverfahren hat sich der Kläger nochmals ausführlich zum Sachverhalt geäußert: Mit Ausnahme der Rüttelplatte, des Schachtgehänges und des Stromkabels hätten sämtliche am 13.12.1996 von ihm zurückgebrachten Baugerätschaften zu der ihm von der Firma überlassenen Grundausstattung gehört, die er stets in einer Werkzeugkiste mitgeführt habe. Es habe sich um eine Art Reservewerkzeug gehandelt. An den von ihm betreuten Baustellen habe auch in seiner Abwesenheit und ohne diese persönlichen Werkzeuge gearbeitet werden können.

Die Rüttelplatte und das Schachtgehänge seien auf diesen Baustellen nicht benötigt worden. Die Rüttelplatte habe er etwa zwei Wochen vor seiner Erkrankung mit nach Hause genommen, um ein Stück Pflaster in seinem Garten einzufügen. Er habe nicht ausdrücklich um Genehmigung gefragt und habe auch die Firma während seiner Krankheitszeit nicht über den Verbleib der Rüttelplatte informiert. Das Schachtgehänge habe er privat nicht gebraucht. Er wisse nicht mehr, wann er es zu sich nach Hause genommen habe. Im Übrigen sei es so, dass auch bei Beendigung einer Baustelle die Firmenleitung nur insoweit benachrichtigt worden sei, als Großgeräte wie z.B. ein Bagger oder ein Lkw frei geworden seien. Bezüglich sonstiger Geräte habe die Firma nicht jederzeit einen Überblick gehabt. Insoweit hätten sich die Poliere untereinander verständigt.

Das Baustromkabel sei für eine private Nutzung ungeeignet gewesen. Es sei einmal auf der Baustelle in Wiesenbad in Gebrauch gewesen, wann genau, wisse er nicht mehr. Er wisse auch nicht, wann er es zu sich nach Hause genommen habe und wie lange es bei ihm gelagert gewesen sei. Jedenfalls sei es nicht anderweitig gebraucht worden. Ursprünglich habe er sich nichts dabei gedacht, dann aber das Stromkabel noch weiter als Pfand wegen seiner Überstunden behalten. Dies sei länger gewesen als von der betrieblichen Praxis her üblich. Die Firmenleitung habe hierüber nicht Bescheid gewusst. Es sei seitens der Geschäftsführung erst anläßlich des Krankenbesuchs vom 26.11.1996 bemerkt worden. Als T. es dann von ihm zurückgefordert habe, habe er gesagt: Erst wenn seine Überstunden bezahlt seien. Als T. ihm daraufhin mit Strafanzeige gedroht habe, habe er das Stromkabel mit den anderen Geräten am 13.12.1996 zurückgebracht.

Zu seinem Verhältnis zur Firmenleitung sei noch zu sagen, dass gegen Mitte der 90iger Jahre der Junior L. T. die aktive Geschäftsführung übernommen habe. Dieser habe seine Einstellung zu ihm, dem Kläger, grundlegend geändert, nachdem er nicht bereit gewesen sei, in einem gerichtlichen Verfahren eine für T. günstige, jedoch unwahre Aussage zu machen.

Im Übrigen bleibt der Kläger, insbesondere hinsichtlich der Unwirksamkeit der Kündigung vom 21.12.1996 als außerordentliche Kündigung, bei seinem bisherigen Vortrag. Zumindest hätte der Kündigung eine Abmahnung vorausgehen müssen.

Der Kläger beantragt, die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 23.11.2000 sowie des Bescheides vom 02.10.1997 und des Widerspruchsbescheides vom 07.12.1998.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Vortrag des Klägers für nicht schlüssig und nicht glaubhaft.

Der Senat hat die Akten des SG und der Beklagten beigezogen. Er hat in Beweisterminen vom 28.10.2002 und vom 11.12.2003 den dem Kläger seinerzeit vorgesetzten Bauleiter D. sowie den dem Kläger unterstellten Rohrleitungsbauer H. uneidlich als Zeugen zur Ausleihpraxis auf dem Bau allgemein und im streitigen Zeitraum bei der Firma T. einvernommen. Auf die Sitzungsniederschriften vom 28.10.2002 und vom 11.12.2003 wird verwiesen, im Übrigen zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage gegen den Bescheid vom 02.10.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.12.1998 zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auf seinen Antrag vom 23.12.1996 hin mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.10.1997 die Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen Eintritts einer Sperrzeit zu Recht bis 15.03.1997 versagt.

Nach § 144 Abs.1 Nr.1 SGB III tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

Der Kläger hat durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses seitens der Firma T. in Gestalt der außerordentlichen Kündigung am 21.12. 1996 gegeben.

Nach § 626 Abs.1 BGB kann das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.

Die Kündigungsfrist betrug beim Kläger fünf Monate zum Monatsende. Deren Einhaltung konnte der Firma T. , die einen wichtigen Grund zur Kündigung hatte, nicht mehr zugemutet werden. Ein Anspruch auf irgendeine Art von sozialer Auslauffrist ist in einem solchen Fall nicht gegeben (Palandt/Putzo Rdz.33 zu § 626 BGB).

Der wichtige Grund für die außerordentliche Kündigung seitens der Firma T. zum gegebenen Zeitpunkt bestand in der Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Beteiligten aufgrund vertragswidrigen, grob eigenmächtigen Verhaltens des Klägers.

Nach den Aussagen der Zeugen H. und D. gehörten die hier insbesondere in Rede stehenden Baugerätschaften, nämlich die Rüttelplatte Marke Robin, der Wacker-Flaschenrüttler, das Schachtgehänge, die Wasserschläuche und das Baustromkabel von 173 m zwar nicht zu den Großgeräten, aber doch zu den größeren Gerätschaften, die die Poliere der Firma T. nicht - wie das Kleinwerkzeug - üblicherweise mit sich führten, sondern die entweder im Container auf der Baustelle verblieben oder aber bei der Firma abgeliefert wurden und über deren Verbleib die Leitung eines Unternehmens von der Größenordnung der Firma T. mit gleichzeitig mehreren Baustellen Bescheid wissen musste.

Nach den Aussagen der Zeugen über die Art und Weise, wie der Junior-Geschäftsfüher L. T. die Geschäftsführung ausübte, besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass dieser jederzeit das Recht für sich in Anspruch nahm, einen genauen Überblick über diese Gerätschaften zu haben. Dieses Recht muss ihm als Arbeitgeber zugestanden werden. Der Kläger hat sich also eine grobe Eigenmächtigkeit herausgenommen, wenn er, wie von ihm selbst zugegeben, die genannten Gerätschaften mehr oder weniger lange, selbst während seiner Erkrankung, auf dem eigenen Grundstück behielt.

Ein spezielles Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und der Geschäftsleitung bestand in dem Zeitraum, um den es hier geht, gerade nicht, jedenfalls nicht mehr. Dieses Vertrauensverhältnis ist im Vortrag des Klägers im arbeits- wie im sozialgerichtlichen Verfahren stets auf den Seniorchef bezogen. Aus den arbeitsgerichtlichen Akten ist zu entnehmen, dass es, seit der Junior, L. T., die aktive Geschäftsführung übernommen hatte, ständig zu Spannungen mit dem Kläger kam und T. eine genaue Aufsicht beanspruchte.

Gleichwohl musste man der Firma T. im Hinblick auf die langjährige Mitarbeit des Klägers und wegen dessen Verdiensten um die Firma möglicherweise noch nicht unbedingt das Recht zur fristlosen Kündigung ohne vorangegangene formelle Abmahnung geben. Eine solche sofortige Kündigung war jedoch aufgrund der Einbehaltung des Baustromkabels durch den Kläger und der hierfür gegenüber L. T. gegebenen Begründung unausweichlich. Ein Zurückbehaltungsrecht steht dem Arbeitnehmer, wenn überhaupt, allenfalls in Gestalt eines Leistungsverweigerungsrechts zu und zwar auch erst nach schriftlicher Anmahnung seiner Forderungen, die hier nicht erfolgt war. Keineswegs kann der Arbeitnehmer schlichtweg Gegenstände aus dem Eigentum des Arbeitgebers, hier ein Starkstromkabel von 173 m und von immerhin nicht nur ganz geringem Wert, im Wege einer angemaßten Zurückbehaltung bei sich behalten. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers hat er, als der Geschäftsführer das besagte Stromkabel von ihm zurückverlangte, zunächst darauf bestanden, es zu behalten, bis seine Überstunden bezahlt seien. Er habe das Stromkabel erst mit den anderen Geräten am 13.12.1996 zurückgebracht, nachdem der Geschäftsführer T. ihm mit Strafanzeige gedroht habe. Damit war aber das Vertrauenverhältnis zwischen der Firma und dem Kläger endgültig zerrüttet. T. konnte nicht mehr mit der im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses notwendigen Loyalität des Klägers rechnen, so dass die Kündigung unausweichlich war.

Die Kündigung war auch als fristlose Kündigung wirksam. Insoweit stimmt der Senat den Ausführungen des Arbeitsgerichts Passau zu. Zum einen musste man der Geschäftsführung, nachdem T. und der weitere Mitarbeiter J. am 26.11.1996 Baugerätschaften der Firma von außerhalb des Grundstücks des Klägers auf dessen Lagerplatz gesehen hatten, Zeit zur Überprüfung geben. Tatsächlich ist die Liste vom 26.11.1996 auch nicht identisch mit den als der Firma gehörend am 13.12.1996 zurückgegebenen Geräten. Auch hat der Kläger nach dem Inhalt der arbeitsgerichtlichen Akten erst anläßlich der Rückgabe der anderen Gerätschaften sich in einem vorangehenden Telefonat am 13.12.1996 mit T. zunächst wegen des von ihm beanspruchten Zurückbehaltungsrechts geweigert, auch das Baustromkabel zurückzugeben.

Der Kläger hatte für sein Verhalten keinen wichtigen Grund. Der neue Junior-Chef L. T. mag, wie aus den Aussagen der Zeugen hervorgeht, kein angenehmer, sondern ein durchaus unberechenbarer Chef gewesen sein. Auch war es für den Kläger sicher nicht einfach, von der besonderen Vertrauensstellung, die ihm der alte Chef offenbar eingeräumt hatte, Abstriche zu machen. Dies konnte aber die Eigenmächtigkeiten des Klägers in keiner Weise rechtfertigen. Der lebens- und berufserfahrene Kläger musste dies ohne weiteres und auch bei Anstellung einfachster Überlegungen wissen. Der Senat kann daher ferner nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen keine besondere Härte in der Regelsperrzeit von 12 Wochen sehen (§ 144 Abs.3 SGB III).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und das Urteil des Senats weicht nicht ab von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht auf dieser Abweichung.
Rechtskraft
Aus
Saved