Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 401/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 28/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.10.2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes (Alg) wegen des Eintritts dreier Sperrzeiten (20.09.2000 - 29.05.2001) und die Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Leistungen.
Der 1973 geborene Kläger, der zuletzt (01.06.1998 bis 31.07.2000) als Elektromonteur tätig gewesen war, bezog von der Beklagten ab 01.08.2000 Alg (Bescheid vom 01.09.2000). Am 09.08.2000 bot ihm die Beklagte per Post eine Stelle als Elektriker beim Sozialverein D. e.V. (A.) mit einem Stundenlohn von 14,76 DM an. Nach den Angaben des potenziellen Arbeitgebers vom 30.09.2000 kam kein Arbeitsverhältnis zustande, weil der Kläger unter Hinweis auf eine andere Stelle abgesagt und auf eine nochmalige Nachfrage des Arbeitgebers vom 28.09.2000 nicht geantwortet habe. Am 05.09.2000 / 18.09.2000 bot die Beklagte dem Kläger eine Tätigkeit als Elektroinstallateur bei der Fa.E.R. (H.) bzw. bei der Zeitarbeits-GmbH M. (A.) an. Dort stellte sich der Kläger jedoch nicht vor. Sein Verhalten entschuldigte er mit dem Vorbringen, er sei wegen chronischer Erkrankung nicht belastbar. Die Beklagte ließ den Kläger am 19.12.2000 untersuchen und begutachten durch den Arbeitsamtsarzt Dr.P ... Dieser hielt den Kläger in dem Beruf des Elektroinstallateurs weiterhin für vollschichtig einsatzfähig (Gutachten vom 08.03.2001).
Mit Bescheiden vom 03.05.2001 stellte die Beklagte für die Zeit vom 20.09.2000 bis 29.05.2001 den Eintritt dreier Sperrzeiten von jeweils zwölf Wochen fest. Dem Kläger seien zumutbare Arbeitsangebote unterbreitet worden, die dieser trotz Rechtsfolgenbelehrung ohne wichtigen Grund nicht angenommen habe. Die Beklagte hob die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 20.09.2000 bis 29.05.2001 auf und forderte Erstattung des zu Unrecht bezogenen Alg in Höhe von 8.963,86 DM.
Der Kläger legte dagegen unter Vorlage eines Attestes des prakt. Arztes Dr.B.O. (A.) vom 20.09.1994 (Diagnose: Hohl-Rundrücken, Skoliose lumbosacral und thorokal) Widerspruch ein. Der von der Beklagten erneut gehörte Dr.P. hielt nunmehr eine orthopädische Begutachtung des Klägers für angezeigt (Gutachten nach Aktenlage vom 17.07.2001). Allerdings habe sich der Kläger in den letzten vier bis fünf Jahren zu keiner Zeit beim Hausarzt wegen Rückenbeschwerden vorgestellt. Der Einladung zur orthopädischen Untersuchung kam der Kläger nicht nach. Er halte den Arzt der Beklagten für befangen. Für die Beurteilung seiner Gesundheitsstörungen sei das Attest seines Hausarztes entscheidend.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 31.07.2001 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Der Kläger habe die Stellenangebote ohne wichtigen Grund abgelehnt. Auch sei er der Aufforderung zur ärztlichen Untersuchung nicht nachgekommen. Damit habe er seine Mitwirkungspflicht nicht erfüllt, so dass von einer vollen Einsatzfähigkeit des Klägers auszugehen sei.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat Befundberichte der Allgemeinärztin Dr.K.S. (A.) vom 27.03.2002 (Behandlungsbeginn ab 18.09.2001), des Dr.O. vom 03.04.2002 (Laborparameter im Oktober 2000 o.B.) und des HNO-Arztes Dr.H.G. (A.) vom 21.04.2002 (Arbeitsunfähigkeit vom 01.02.2000 bis 08.02.2000) beigezogen und mit Urteil vom 22.10.2002 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Leistungsbewilligungen wegen wesentlicher Änderungen der Verhältnisse - Eintritt der Sperrzeiten - aufheben dürfen. Zu Recht habe die Beklagte die Voraussetzungen des Sperrzeiteintritts bejaht, denn der Kläger habe Arbeitsangebote ohne wichtigen Grund nicht angenommen. Die geltend gemachten aktuellen Gesundheitsstörungen seien nicht entscheidungserheblich; die beigezogenen ärztlichen Unterlagen und das Gutachten des Dr.P. bestätigten für den streitigen Zeitraum keine relevanten Gesundheitsstörungen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt.
Er beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Würzburg vom 22.10.2002 sowie die Bescheide vom 03.05.2001 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 31.07.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn die Beklagte hat zutreffend den Eintritt dreier Sperrzeiten festgestellt und zu Unrecht bezogenes Alg zurückgefordert.
Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss entscheiden, denn er hält diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten wurden vorher gehört (§ 153 Abs 4 Satz 1, 2 SGG).
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Alg-Bewilligungen vom 01.09.2000 / 09.01.2001 ist § 48 Abs 1 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Satz 1). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Satz 2 Nr 4). Vorliegend ist eine wesentliche Änderung deshalb eingetreten, weil die Beklagte mit Wirkung ab 29.09.2000 den Eintritt von Sperrzeiten festgestellt hat. Während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Alg (§ 144 Abs 2 Satz 2 SGB Arbeitsförderung (SGB III).
Die Feststellung der Sperrzeiten durch die Beklagte erfolgte zu Recht.
Nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs, durch sein Verhalten verhindert hat (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung), ohne für sein Verhalten eine wichtigen Grund zu haben.
Die Arbeitsangebote waren jeweils hinreichend benannt, da Art der Tätigkeit und Arbeitgeber aus den Angeboten ersichtlich waren. Konkrete Angaben über das Arbeitsentgelt waren nicht unbedingt erforderlich, denn der Kläger sollte nicht in einen neuen Beruf vermittelt, sondern im bisherigen Beruf des Elektrikers eingesetzt werden (Niesel, SGB III, 2.Auflage, § 144 Rdnr 54).
Die Beschäftigungsangebote waren auch sonst zumutbar. Sie verstießen nicht gegen die Grundsätze sachgerechter Arbeitsvermittlung (§ 35 ff SGB III), insbesondere wurde die gesundheitliche Leistungsfähigkeit des Klägers von der Beklagten zutreffend beurteilt. So kam der ärztliche Sachverständige Dr.P. nach Untersuchung des Klägers vom 19.12.2000 im Gutachten vom 08.03.2001 zu der richtigen Einschätzung, dass der Kläger als Elektroinstallateur weiterhin vollschichtig einsetzbar sei. Die vom Kläger mit der Vorlage des ärztlichen Attestes des Dr.O. vom 29.09.1994 geltend gemachten Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet ließen sich dagegen nicht nachvollziehen. Dr.P. fand nämlich eine nur unwesentliche Seitverbiegung der Wirbelsäule, eine nicht wesentlich verspannte Rumpfmuskulatur und einen lediglich leichten Knick-Senkfuß beidseits. Der Kläger war auch nach den Angaben des Dr.O. in den letzten vier bis fünf Jahren vor Juli 2001 bei ihm wegen Rückenbeschwerden nicht mehr in Behandlung. Auch bei Dr.S. klagte der Kläger im September 2001 nicht über Wirbelsäulenbeschwerden. Seine Beschwerden auf HNO-ärztlichem Gebiet (rezidivierende Halsschmerzen und Schluckbeschwerden) verursachten nach dem Befundbericht des Dr.G. lediglich vom 01.02.2000 bis 08.02.2000 Arbeitsunfähigkeit, im streitigen Zeitraum mithin nicht.
Der Kläger hat die angebotenen Beschäftigungen nicht angenommen. Insoweit ist schlüssiges Verhalten - es wird z.B. ein vereinbarter Vorstellungstermin nicht wahrgenommen - ausreichend (Niesel aaO § 144 Rdnr 57). Dieses Verhalten war für die weitere Arbeitslosigkeit des Klägers kausal. Über die Folgen der Nichtannahme eines Beschäftigungsangebotes wurde der Kläger jeweils konkret aufgeklärt. Dies hat er am 09.08.2000, 05.09.2000 und 18.09.2000 durch seine Unterschrift bestätigt. Einen wichtigen Grund für sein Verhalten hatte er nicht, insbesondere lag keine körperliche Überforderung vor.
Die Beklagte hat daher zu Recht den Eintritt der Sperrzeiten festgestellt. Mehrere Sperrzeiten treten auch dann ein, wenn der Arbeitslose - wie hier - kurz hintereinander mehrere Beschäftigungsangebote ablehnt (BayLSG Urteil vom 31.08.1993 - L 8 AL 112/91). Der Lauf der Sperrzeiten richtet sich nach § 144 Abs 2 Satz 1 SGB III. Nach dieser Vorschrift verschiebt sich der Beginn einer weiteren Sperrzeit auf das Ende der ersten Sperrzeit, wenn der Tag des Beginns der weiteren Sperrzeit in den Lauf der ersten Sperrzeit fällt. Arbeitslose sollen nämlich während des Laufs einer Sperrzeit Arbeitsangebote nicht sanktionslos ablehnen können (BayLSG aaO).
Der Kläger wusste wenigstens grob fahrlässig (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 2.HS SGB X) nicht, dass der sich aus der Alg-Bewilligung ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen war. Der Zeitpunkt der Bösgläubigkeit des Klägers begann mit dem 20.09.2000, denn er hat sich auf das Schreiben des potenziellen Arbeitgebers vom 19.09.2000 mit diesem nicht in Verbindung gesetzt. Über den Wegfall des Anspruchs durch Eintritt einer Sperrzeit war der Kläger durch die erteilten Rechtsfolgenbelehrungen und ab 14.08.2000 zusätzlich durch das Merkblatt für Arbeitslose, dessen Empfang und Kenntnisnahme er bestätigt hat, informiert. Die Nichtbeachtung dieser Ausführungen begründet im Allgemeinen grobe Fahrlässigkeit (BSG Urteil vom 24.04.1997 - 11 RA 89/96). Er hätte somit aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen sicher erkennen können, dass der Anspruch entfallen war (BSG SozR 1300 § 48 Nr 39).
Die Beklagte war somit berechtigt, die Alg-Bewilligung für die Zeit vom 20.09.2000 bis 29.05.2001 aufzuheben. Ermessen hatte sie dabei nicht auszuüben (§ 330 Abs 3 SGB III). Gemäß § 50 Abs 1 SGB X hat der Kläger das auf diese Zeit entfallende Alg der Beklagten zu erstatten.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes (Alg) wegen des Eintritts dreier Sperrzeiten (20.09.2000 - 29.05.2001) und die Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Leistungen.
Der 1973 geborene Kläger, der zuletzt (01.06.1998 bis 31.07.2000) als Elektromonteur tätig gewesen war, bezog von der Beklagten ab 01.08.2000 Alg (Bescheid vom 01.09.2000). Am 09.08.2000 bot ihm die Beklagte per Post eine Stelle als Elektriker beim Sozialverein D. e.V. (A.) mit einem Stundenlohn von 14,76 DM an. Nach den Angaben des potenziellen Arbeitgebers vom 30.09.2000 kam kein Arbeitsverhältnis zustande, weil der Kläger unter Hinweis auf eine andere Stelle abgesagt und auf eine nochmalige Nachfrage des Arbeitgebers vom 28.09.2000 nicht geantwortet habe. Am 05.09.2000 / 18.09.2000 bot die Beklagte dem Kläger eine Tätigkeit als Elektroinstallateur bei der Fa.E.R. (H.) bzw. bei der Zeitarbeits-GmbH M. (A.) an. Dort stellte sich der Kläger jedoch nicht vor. Sein Verhalten entschuldigte er mit dem Vorbringen, er sei wegen chronischer Erkrankung nicht belastbar. Die Beklagte ließ den Kläger am 19.12.2000 untersuchen und begutachten durch den Arbeitsamtsarzt Dr.P ... Dieser hielt den Kläger in dem Beruf des Elektroinstallateurs weiterhin für vollschichtig einsatzfähig (Gutachten vom 08.03.2001).
Mit Bescheiden vom 03.05.2001 stellte die Beklagte für die Zeit vom 20.09.2000 bis 29.05.2001 den Eintritt dreier Sperrzeiten von jeweils zwölf Wochen fest. Dem Kläger seien zumutbare Arbeitsangebote unterbreitet worden, die dieser trotz Rechtsfolgenbelehrung ohne wichtigen Grund nicht angenommen habe. Die Beklagte hob die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 20.09.2000 bis 29.05.2001 auf und forderte Erstattung des zu Unrecht bezogenen Alg in Höhe von 8.963,86 DM.
Der Kläger legte dagegen unter Vorlage eines Attestes des prakt. Arztes Dr.B.O. (A.) vom 20.09.1994 (Diagnose: Hohl-Rundrücken, Skoliose lumbosacral und thorokal) Widerspruch ein. Der von der Beklagten erneut gehörte Dr.P. hielt nunmehr eine orthopädische Begutachtung des Klägers für angezeigt (Gutachten nach Aktenlage vom 17.07.2001). Allerdings habe sich der Kläger in den letzten vier bis fünf Jahren zu keiner Zeit beim Hausarzt wegen Rückenbeschwerden vorgestellt. Der Einladung zur orthopädischen Untersuchung kam der Kläger nicht nach. Er halte den Arzt der Beklagten für befangen. Für die Beurteilung seiner Gesundheitsstörungen sei das Attest seines Hausarztes entscheidend.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 31.07.2001 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Der Kläger habe die Stellenangebote ohne wichtigen Grund abgelehnt. Auch sei er der Aufforderung zur ärztlichen Untersuchung nicht nachgekommen. Damit habe er seine Mitwirkungspflicht nicht erfüllt, so dass von einer vollen Einsatzfähigkeit des Klägers auszugehen sei.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat Befundberichte der Allgemeinärztin Dr.K.S. (A.) vom 27.03.2002 (Behandlungsbeginn ab 18.09.2001), des Dr.O. vom 03.04.2002 (Laborparameter im Oktober 2000 o.B.) und des HNO-Arztes Dr.H.G. (A.) vom 21.04.2002 (Arbeitsunfähigkeit vom 01.02.2000 bis 08.02.2000) beigezogen und mit Urteil vom 22.10.2002 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Leistungsbewilligungen wegen wesentlicher Änderungen der Verhältnisse - Eintritt der Sperrzeiten - aufheben dürfen. Zu Recht habe die Beklagte die Voraussetzungen des Sperrzeiteintritts bejaht, denn der Kläger habe Arbeitsangebote ohne wichtigen Grund nicht angenommen. Die geltend gemachten aktuellen Gesundheitsstörungen seien nicht entscheidungserheblich; die beigezogenen ärztlichen Unterlagen und das Gutachten des Dr.P. bestätigten für den streitigen Zeitraum keine relevanten Gesundheitsstörungen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt.
Er beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Würzburg vom 22.10.2002 sowie die Bescheide vom 03.05.2001 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 31.07.2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn die Beklagte hat zutreffend den Eintritt dreier Sperrzeiten festgestellt und zu Unrecht bezogenes Alg zurückgefordert.
Der Senat konnte über die Berufung durch Beschluss entscheiden, denn er hält diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten wurden vorher gehört (§ 153 Abs 4 Satz 1, 2 SGG).
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Alg-Bewilligungen vom 01.09.2000 / 09.01.2001 ist § 48 Abs 1 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Satz 1). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Satz 2 Nr 4). Vorliegend ist eine wesentliche Änderung deshalb eingetreten, weil die Beklagte mit Wirkung ab 29.09.2000 den Eintritt von Sperrzeiten festgestellt hat. Während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Alg (§ 144 Abs 2 Satz 2 SGB Arbeitsförderung (SGB III).
Die Feststellung der Sperrzeiten durch die Beklagte erfolgte zu Recht.
Nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs, durch sein Verhalten verhindert hat (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung), ohne für sein Verhalten eine wichtigen Grund zu haben.
Die Arbeitsangebote waren jeweils hinreichend benannt, da Art der Tätigkeit und Arbeitgeber aus den Angeboten ersichtlich waren. Konkrete Angaben über das Arbeitsentgelt waren nicht unbedingt erforderlich, denn der Kläger sollte nicht in einen neuen Beruf vermittelt, sondern im bisherigen Beruf des Elektrikers eingesetzt werden (Niesel, SGB III, 2.Auflage, § 144 Rdnr 54).
Die Beschäftigungsangebote waren auch sonst zumutbar. Sie verstießen nicht gegen die Grundsätze sachgerechter Arbeitsvermittlung (§ 35 ff SGB III), insbesondere wurde die gesundheitliche Leistungsfähigkeit des Klägers von der Beklagten zutreffend beurteilt. So kam der ärztliche Sachverständige Dr.P. nach Untersuchung des Klägers vom 19.12.2000 im Gutachten vom 08.03.2001 zu der richtigen Einschätzung, dass der Kläger als Elektroinstallateur weiterhin vollschichtig einsetzbar sei. Die vom Kläger mit der Vorlage des ärztlichen Attestes des Dr.O. vom 29.09.1994 geltend gemachten Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet ließen sich dagegen nicht nachvollziehen. Dr.P. fand nämlich eine nur unwesentliche Seitverbiegung der Wirbelsäule, eine nicht wesentlich verspannte Rumpfmuskulatur und einen lediglich leichten Knick-Senkfuß beidseits. Der Kläger war auch nach den Angaben des Dr.O. in den letzten vier bis fünf Jahren vor Juli 2001 bei ihm wegen Rückenbeschwerden nicht mehr in Behandlung. Auch bei Dr.S. klagte der Kläger im September 2001 nicht über Wirbelsäulenbeschwerden. Seine Beschwerden auf HNO-ärztlichem Gebiet (rezidivierende Halsschmerzen und Schluckbeschwerden) verursachten nach dem Befundbericht des Dr.G. lediglich vom 01.02.2000 bis 08.02.2000 Arbeitsunfähigkeit, im streitigen Zeitraum mithin nicht.
Der Kläger hat die angebotenen Beschäftigungen nicht angenommen. Insoweit ist schlüssiges Verhalten - es wird z.B. ein vereinbarter Vorstellungstermin nicht wahrgenommen - ausreichend (Niesel aaO § 144 Rdnr 57). Dieses Verhalten war für die weitere Arbeitslosigkeit des Klägers kausal. Über die Folgen der Nichtannahme eines Beschäftigungsangebotes wurde der Kläger jeweils konkret aufgeklärt. Dies hat er am 09.08.2000, 05.09.2000 und 18.09.2000 durch seine Unterschrift bestätigt. Einen wichtigen Grund für sein Verhalten hatte er nicht, insbesondere lag keine körperliche Überforderung vor.
Die Beklagte hat daher zu Recht den Eintritt der Sperrzeiten festgestellt. Mehrere Sperrzeiten treten auch dann ein, wenn der Arbeitslose - wie hier - kurz hintereinander mehrere Beschäftigungsangebote ablehnt (BayLSG Urteil vom 31.08.1993 - L 8 AL 112/91). Der Lauf der Sperrzeiten richtet sich nach § 144 Abs 2 Satz 1 SGB III. Nach dieser Vorschrift verschiebt sich der Beginn einer weiteren Sperrzeit auf das Ende der ersten Sperrzeit, wenn der Tag des Beginns der weiteren Sperrzeit in den Lauf der ersten Sperrzeit fällt. Arbeitslose sollen nämlich während des Laufs einer Sperrzeit Arbeitsangebote nicht sanktionslos ablehnen können (BayLSG aaO).
Der Kläger wusste wenigstens grob fahrlässig (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 2.HS SGB X) nicht, dass der sich aus der Alg-Bewilligung ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen war. Der Zeitpunkt der Bösgläubigkeit des Klägers begann mit dem 20.09.2000, denn er hat sich auf das Schreiben des potenziellen Arbeitgebers vom 19.09.2000 mit diesem nicht in Verbindung gesetzt. Über den Wegfall des Anspruchs durch Eintritt einer Sperrzeit war der Kläger durch die erteilten Rechtsfolgenbelehrungen und ab 14.08.2000 zusätzlich durch das Merkblatt für Arbeitslose, dessen Empfang und Kenntnisnahme er bestätigt hat, informiert. Die Nichtbeachtung dieser Ausführungen begründet im Allgemeinen grobe Fahrlässigkeit (BSG Urteil vom 24.04.1997 - 11 RA 89/96). Er hätte somit aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen sicher erkennen können, dass der Anspruch entfallen war (BSG SozR 1300 § 48 Nr 39).
Die Beklagte war somit berechtigt, die Alg-Bewilligung für die Zeit vom 20.09.2000 bis 29.05.2001 aufzuheben. Ermessen hatte sie dabei nicht auszuüben (§ 330 Abs 3 SGB III). Gemäß § 50 Abs 1 SGB X hat der Kläger das auf diese Zeit entfallende Alg der Beklagten zu erstatten.
Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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