Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 332/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 115/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1949 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Von 1963 bis 1975 war sie als Fabriknäherin tätig, danach als Hausgehilfin, zuletzt bis 1998 als Saisonkraft (Hauswirtschafterin) in einem Gaststätten-/Pensionsbetrieb. Danach bezog sie Arbeitslosengeld und anschließend Arbeitslosenhilfe.
Vom 04.08.1998 bis 01.09.1998 durchlief die Klägerin ein stationäres Heilverfahren in der Medizinischen Klinik P ... Dort wurde sie als arbeitsfähig aufgenommen sowie entlassen mit den Diagnosen: psychischer Erschöpfungszustand, Schulter-Armsyndrom beidseits, chronisches HWS-Syndrom, Hypotonie, Struma diffusa Grad I. Auf einen weiteren Reha-Antrag vom 18.01.1999 wurde die Klägerin in der Ärztlichen Gutachterstelle R. am 10.02.1999 untersucht. Der Chirurg Dr.B. diagnostizierte dabei Cervico-Brachial-Syndrom mit Bandscheibenprotrusion C5/C6 und Funktionsminderung ohne neurologische Ausfälle, Lendenwirbelsäulenbeschwerden, Schulter-Arm-Beschwerden, psychovegetative Störungen mit Psychopharmakaabusus sowie kleine Struma Grad I. Er hielt die Klägerin für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit im Hotel/Gast- stättengewerbe nicht mehr einsatzfähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihr aber noch ohne Weiteres leichte Arbeiten vollschichtig zuzumuten. Durch Maßnahmen der Rehabilitation sei eine anhaltende Besserung der Erwerbsfähigkeit nicht zu erwarten.
Am 04.03.1999 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Erwerbs-/Berufsunfähigkeitsrente (EU/BU-Rente), was die Beklagte mit Bescheid vom 09.08.1999 ablehnte. Sie führte zur Begründung im Wesentlichen die Diagnosen des Dr.B. auf und übernahm dessen Leistungseinschätzung der vollschichtigen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf welchen die Klägerin mangels Berufsschutzes verwiesen werden könne. Im Widerspruchsverfahren erstellte der Psychiater Dr.S. am 16.12.1999 unter Einbezug aktueller Befunde und Behandlungsberichte sowie der medizinischen Unterlagen des Rehabilitationsverfahren ein Gutachten mit den Diagnosen: somatoforme Schmerzstörung, depressives Syndrom sowie hals- und lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden, Bandscheibenschaden C5/6 ohne Zeichen einer belangvollen Nervenwurzelschädigung. Unter Einbezug des Gutachtens vom 11.02.1999 sowie eines Berichtes einer Behandlung im Kreiskrankenhaus F./Abteilung für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin vom 30.03. bis 29.04.1999 hielt Dr.S. die zuletzt ausgeübte, körperlich anstrengende und auch psychisch belastende und zum Teil wohl demütigend erlebte Tätigkeit in einer Fremdenpension aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr für zumutbar. Jedoch seien leichte Arbeiten vollschichtig zumutbar ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie ohne Zwangshaltungen, häufiges Bücken und Überkopfarbeiten. Trotz eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen vom 20.09.1999, welches ein unter zweistündiges Leistungsbild für leichte Tätigkeiten beinhaltete, sah Dr.L. (Stellungnahme vom 10.02.2000) das Gutachen des Dr.S. als nicht widerlegt an weil sich kein neuer medizinischer Sachverhalt ergeben habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2000 lehnte die Beklagte dem folgend den Widerspruch als unbegründet ab.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem SG Landshut hat die Klägerin beantragt, ihr Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im gesetzlichen Umfang zu gewähren. Unter Einbezug der einschlägigen aktuellen medizinischen Befund-/Behandlungsberichte hat der Neurologe und Psychiater Dr.N. ein nervenärztliches Fachgutachten erstellt (08.02.2002) mit den Diagnosen:
- Verdacht auf Zustand nach rezidivierenden depressiven Episoden,
- Verdacht auf depressive/dependente Persönlichkeit, anhaltende somatoforme Schmerzstörung und
- Verdacht auf leichtes oder beginnendes Carpaltunnelsyndrom rechts.
Neben den bereits bekannten Erkrankungen des Bewegungsapparates, insbesondere der Wirbelsäule sowie beginnender Finger-Zehen-Polyarthrose seien weder motorische noch sensible Ausfallserscheinungen nachweisbar, eine wesentliche Erkrankung auf neurologischem Fachgebiet könne verneint werden. Nach depressiven Episoden habe sich im Anschluss an das Jahr 1998 ein chronisches Schmerzsyndrom entwickelt bei primär depressiv strukturierter Persönlichkeit. Körperfunktionsstörungen bestünden im eigentlichen Sinne nicht, wesentliche Änderungen gegenüber den vorliegenden Befunden hätten sich nicht ergeben, so dass die Klägerin noch in der Lage sei, mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen abwechselnd vornehmlich in geschlossenen Räumen ohne Notwendigkeit von schwerem Heben und Tragen und Zwangshaltungen bis zu acht Stunden täglich auszuüben.
Auf Antrag der Klägerin hat Dr.S. ein neurologisches Sachverständigengutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstellt mit den Diagnosen:
- Verschleißerkrankung der Hals- und Lendenwirbelsäule,
- beginnende Finger-Zehen-Polyarthrose,
- leichtes Carpaltunnelsyndrom rechts (früher beidseits),
- trockene Augenbindehautentzündung,
- Neigung zu Luftwegsinfekten,
- anhaltende depressive Störung (neurotische Depression)
- anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Fibromyalgie und
- psychogene Gleichgewichtsstörung (unter erhöhten Bedingun gen).
Die Klägerin könne seit 01.12.2000 nur noch leichte Arbeiten sechs bis unter acht Stunden täglich ausführen. Die von Dr.S. genannten Diagnosen seien zwar vollständig, unberücksichtigt sei jedoch eine am 08.12.2000 diagnostizierte Fibromyalgie, die aber retrospektiv schon vorher in Entwicklung gewesen sei; das Ausmaß der depressiven Störung schwanke im Zeitverlauf. Das Leistungsvermögen der Klägerin sei anzusetzen mit sechs bis unter acht Stunden für leichte Arbeiten zu ebener Erde, abwechselnd im Sitzen und Stehen, in geschlossenen Räumen, ohne schweres Heben und Tragen, ohne Zwangshaltungen, ohne nervlich belastende Tätigkeiten oder Akkordarbeit. Das Ausmaß der psychischen Gesundheitsstörungen sei seit 1999 im Wesentlichen gleich geblieben. Das Gutachten des Dr.N. berücksichtige nicht die Fibromyalgie als zusätzliche Komplikation der psychischen Störungen. Die Einschätzung der depressiven Episoden widerspreche den anderen Befunden. Eine Diskrepanz bestehe insbesondere in der Einschätzung des Dr.N. bei der Untersuchung am 10.01.2002 und den Feststellungen des Bayer. Rheuma- und Orthopädiezentrums Bad A. in der stationären Behandlung vom 16.05. bis 31.05.2002.
Mit Urteil vom 20.01.2003 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei trotz gesundheitlicher Einschränkungen noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf welchen sie mangels Berufsschutzes zumutbar verwiesen werden könne, vollschichtig tätig zu sein. Das SG hat sich dabei den Ausführungen des Dr.N. angeschlossen. Hingegen sei die Einschätzung des Sachverständigen Dr.S. nicht überzeugend, der sich für die quantitative Leistungseinschränkung auf die Mitteilung der Fibromyalgie-Diagnose, die Frustration der Klägerin über ihre Situation sowie auf die Tatsache der freiwilligen Berufsaufgabe berufe.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, dass nach den Feststellungen des Dr.S. ein weitergehendes psychiatrisches Krankheitsbild vorliege als von Dr.N. festgestellt, welches zu einer quantiativen Leistungseinschränkung führe. Ergänzend hat sich die Klägerin auf neuere Befunde der Frauenärztin G. W. und einer Behandlung vom 19.03. bis 02.04.2003 im Rheuma- und Orthopädiezentrum Bad A. bezogen.
Der Senat hat ein psychiatrisch/neurologisches Gutachten des Dr.T. S. (10.04.2004) eingeholt. Dieser hat diagnostiziert:
- Hysteriforme Reaktionsbildung mit zunehmender Zweck- und Tendenzrichtung im Sinne eines Rentenbegehrens,
- aus neurologischer Sicht kein erkennbares aktuelles relevan tes HWS- und LWS-Syndrom,
- keine Fibromyalgie.
- Orthopädisch eine im großen und ganzen altersentsprechende Osteochondrose der HWS und LWS sowie
- vordiagnostizierter Bandscheibenprolaps HWK5/6, welcher sich bei der klinischen Querschnittsuntersuchung nicht ausgewirkt habe, auch nicht im Sinne einer Wurzelkompressionsproblema tik.
Die Klägerin habe ein unauffälliges, raumgreifendes Gangbild gezeigt, die Flexibilität der WS sei nicht eingeschränkt gewesen, der Fingerbodenabstand nur 0 cm, der Laségue-Test sei negativ gewesen. Bei der Prüfung der Fibromyalgie seien fast alle Kontrollpunkte als schmerzpositiv angegeben worden, während eine ungenügende Anzahl der Fibromyalgiepunkte als druckschmerzhaft imponiert habe, so dass eine Fibromyalgie nicht nachvollziehbar sei, obgleich sich die Klägerin darauf im Sinne einer iatrogenen Hypochondrie fixiert habe. Ansatzpunkte für eine auch nur larvierte endogene Depression oder Dysthymie seien nicht erkennbar gewesen, weil die Klägerin komplett affektiv auslenkungsfähig, in keiner Weise eingeengt gewesen sei, zeitweilig zornig und aufgebracht. Dr.S. sei dahingehend zu folgen, dass die dargebotene depressive Störung als neurotische Depression zu sehen sei. Hieraus folge jedoch keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Eine somatoforme Schmerzstörung bestehe, allerdings nur im Sinne eines Rentenbegehrens. Eine psychogene Gleichgewichtsstörung sei nicht festzustellen.
Die Klägerin sei deshalb seit 01.03.1999 sicher noch acht Stunden unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses einsetzbar für leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen und Arbeiten mit dauerhaftem Bücken und Zwangshaltungen sowie Überstreckungen der HWS und Akkordarbeit. Die Klägerin könne sich auf andere als die bisher ausgeübten Erwerbstätigkeiten umstellen, soweit keine geistig anspruchsvolle Beschäftigung erfordert würde.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 20.01.2003 sowie des Bescheides vom 09.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2000 zu verurteilen, ihr aufgrund des Antrags vom 04.03.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise ab 01.01.2001 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20.01.2003 zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20.01.2003 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 09.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2000. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie ist weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig bzw. erwerbsgemindert.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und die ihnen unter Berücksichtigung von Dauer und Umfang ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der gemäß § 300 Abs.2 SGB VI bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Zwar ist das Leistungsvermögen der Klägerin soweit beeinträchtigt, dass sie in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf im Hotel- /Gaststättengewerbe nicht mehr beschäftigt werden kann. Dies haben bereits die von der Beklagten veranlassten Untersuchungen ergeben. Die Klägerin kann jedoch keinen Berufsschutz in Anspruch nehmen, ihr ist die Ausübung anderer Arbeit zumutbar.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit berurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Ausschlaggebend ist hierbei die Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Beschäftigungsbetrieb. Den Versicherten ist die Verweisung auf eine im Vergleich zum bisherigen Beruf nächst niedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung, u.a. BSG SozR 3-2200, § 1246 Nr.5). Die Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, war im Laufe ihres Erwerbslebens in ungelernten Tätigkeiten als Fabriknäherin, als Hausgehilfin und zuletzt als Zimmermädchen, Hauswirtschafterin und Bedienung in einem Gaststätten-/Pensionsbetrieb tätig. Sie ist damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Das bei der Klägerin festzustellende Restleistungsvermögen reicht aus, derartige Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die überzeugenden und ausführlichen Darlegungen des Dr.S. , der die Klägerin im Auftrag des Senats persönlich untersucht, die vorhandenen Vorbefunde sehr sorgfältig gewürdigt und seine Beurteilung schlüssig begründet hat. Ebenso stützt sich der Senat auf das überzeugende erstinstanzlich eingeholte neurologisch/psychiatrische Gutachten des Dr.N ... Beide Sachverständige haben das bereits im Verwaltungsverfahren gefundene Ergebnis bestätigt, dass lediglich qualitative, nicht jedoch quantitative Einschränkungen zu berücksichtigen sind.
Dr.S. (nicht personenidentisch mit dem im Verwaltungsverfahren gehörten Dr.S.) hat diagnostiziert:
- hysteriforme Reaktionsbildung mit zunehmender Zweck- und Ten denzrichtung im Sinne eines Rentenbegehrens
- Orthopädisch: im großen und ganzen altersentsprechende Osteochondrose HWS und LWS sowie
- vordiagnostizierter Bandscheibenprolaps HWK 5/6 ohne Funkti onsauswirkungen, auch nicht im Sinne einer Wurzelkompressi onsproblematik.
Dr.S. hat ausgeschlossen:
- HWS- und LWS-Syndrom mit radikulären Reizerscheinungen und
- Fibromyalgie.
Diese Einschätzung hat Dr.S. neurologisch darauf stützen können, dass die Klägerin ein unauffälliges, raumgreifendes Gangbild gezeigt hatte, die Flexibilität der Wirbelsäule nicht eingeschränkt gewesen war, der Finger-Boden-Abstand 0 cm betragen hatte und der Laséque-Test negativ war. Damit konnte ausgeschlossen werden, dass bei der Klägerin leistungsmindernd relevante Einschränkungen der Wirbelsäule insbesondere auf neurologischem Fachgebiet bestehen könnten. Ebenso hat Dr.S. ausschließen können, dass bei der Klägerin die Diagnose einer Fibromyalgie zu stellen wäre. Denn die Klägerin hatte fast alle Kontrollpunkte, die bei der Fibromyalgie nicht als schmerzhaft angegeben werden sollten, als schmerzpositiv beschrieben, hingegen hatte eine nur ungenügende Anzahl der Fibromyalgiepunkte positiv bewertet werden können. Insoweit ist das Gutachen des Dr.S. deutlich überzeugender als das des Dr.S ... Dieser hat eine Fibromyalgie diagnostiziert, indem er einige Fibromyalgiedruckpunkte als positiv bezeichnet hat ohne die Kontrollpunkte zu überprüfen.
Dr.S. hat die Klägerin als komplett auslenkungsfähig und in keiner Weise eingeengt beschrieben sowie sie als zeitweile zornig und aufgebracht bezeichnet. Er konnte hieraus zusammen mit den bestehenden Vorbegutachtungen und Behandlungsberichten ausschließen, dass bei der Kläger eine larvierte endogene Depression oder Dysthymie besteht. Dr.S. hat aus diesen Feststellungen überzeugend geschlossen, dass eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht zu begründen sei. Die somatoforme Schmerzstörung der Klägerin hat Dr.S. ebenso wie die dargebotene depressive Störung als neurotische Depression gesehen, allerdings nur im Sinne eines nicht anzuerkennenden Rentenbegehrens. Die Klägerin kann damit leichte bis zeitweilig auch mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne Arbeiten mit dauerhaftem Bücken und Zwanghaltungen sowie ohne Überstreckungen der HWS oder Akkordarbeit vollschichtig ausüben. Die Klägerin, die sich auf andere als die im Laufe des Erwerbslebens ausgeübten Erwerbstätigkeiten umstellen kann, soweit keine geistig anspruchsvolle Beschäftigung erfordert wird, ist damit nicht berufsunfähig.
Diese Einschätzung steht im Gegensatz zu der des Dr.S ... Dieser hat jedoch seine Leistungsbeurteilung wesentlich auf die Diagnose der Fibromyalgie begründet, welche - wie ausgeführt - nicht überzeugen kann. Im Übrigen hat Dr.S. seine Leistungseinschätzung auch auf das Zusammenspiel der depressiven Störung (im Sinne neurotischer Depression) und der Fibromyalgie begründet. Er hat sich damit z.T. auf das Fachgebiet der Psychiatrie begeben, welches für ihn als Neurologen zwar nicht unbekannt, jedoch fachfremd ist. Insoweit ist den Ausführungen des Neurogogen und Psychiaters Dr.S. zu folgen.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin in der Lage, eine Vielzahl von Tätigkeiten zu verrichten, wie sie üblicherweise von gelernten Arbeiterinnen gefordert werden. Mangels eingeschränkten Gehvermögens sowie bei erhaltener Sehfähigkeit und voller Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände in Tischhöhe erscheinen Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Verpacken, Aufsicht sowie Kontrolle möglich. Die Prüfung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erübrigt sich daher ebenso wie die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit (vgl. BSG NZS 2000, 96).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, weil sie ihr zumutbare Verweisungstätigkeiten verrichten kann. Sie hat damit erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs.1 SGB VI (in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung), weil sie die noch strengeren Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des 2.Absatzes dieser Rechtsnorm nicht erfüllt. Das vorhandene Restleistungsvermögen gestattet es ihr, mittels einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr als geringfügige Einkünfte zu erzielen. Weil die Klägerin noch vollschichtig tätig sein kann, scheidet auch ein Anspruch wegen Erwerbsminderung im Sinne des ab 01.01.2001 geltenden § 43 SGB VI aus. Diese Bestimmung sieht Renten wegen Erwerbsminderung erst vor, wenn die Versicherten außer Stande sind, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Rechtlich unerheblich ist, ob der Klägerin tatsächlich ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil vollschichtig einsetzbaren Versicherten der Arbeitsmarkt offen steht und das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung zugewiesen ist, nicht aber der Rentenversicherung (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG SozR 3-2200, § 1246 Nr.50). Entscheidend ist, dass die Klägerin die vollschichtige Einsatzfähigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen erbringen kann, zusätzliche Pausen nicht erforderlich sind und die Anmarschwege zur Arbeit problemlos zurückgelegt werden können, wie Dr.S. und Dr.N. festgestellt haben. Schließlich fehlen auch Anhaltspunkte für eine wesentlich eingeschränkte Umstellungsfähigkeit.
Die Berufung musste daher in vollem Umfange ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1949 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Von 1963 bis 1975 war sie als Fabriknäherin tätig, danach als Hausgehilfin, zuletzt bis 1998 als Saisonkraft (Hauswirtschafterin) in einem Gaststätten-/Pensionsbetrieb. Danach bezog sie Arbeitslosengeld und anschließend Arbeitslosenhilfe.
Vom 04.08.1998 bis 01.09.1998 durchlief die Klägerin ein stationäres Heilverfahren in der Medizinischen Klinik P ... Dort wurde sie als arbeitsfähig aufgenommen sowie entlassen mit den Diagnosen: psychischer Erschöpfungszustand, Schulter-Armsyndrom beidseits, chronisches HWS-Syndrom, Hypotonie, Struma diffusa Grad I. Auf einen weiteren Reha-Antrag vom 18.01.1999 wurde die Klägerin in der Ärztlichen Gutachterstelle R. am 10.02.1999 untersucht. Der Chirurg Dr.B. diagnostizierte dabei Cervico-Brachial-Syndrom mit Bandscheibenprotrusion C5/C6 und Funktionsminderung ohne neurologische Ausfälle, Lendenwirbelsäulenbeschwerden, Schulter-Arm-Beschwerden, psychovegetative Störungen mit Psychopharmakaabusus sowie kleine Struma Grad I. Er hielt die Klägerin für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit im Hotel/Gast- stättengewerbe nicht mehr einsatzfähig, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihr aber noch ohne Weiteres leichte Arbeiten vollschichtig zuzumuten. Durch Maßnahmen der Rehabilitation sei eine anhaltende Besserung der Erwerbsfähigkeit nicht zu erwarten.
Am 04.03.1999 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Erwerbs-/Berufsunfähigkeitsrente (EU/BU-Rente), was die Beklagte mit Bescheid vom 09.08.1999 ablehnte. Sie führte zur Begründung im Wesentlichen die Diagnosen des Dr.B. auf und übernahm dessen Leistungseinschätzung der vollschichtigen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf welchen die Klägerin mangels Berufsschutzes verwiesen werden könne. Im Widerspruchsverfahren erstellte der Psychiater Dr.S. am 16.12.1999 unter Einbezug aktueller Befunde und Behandlungsberichte sowie der medizinischen Unterlagen des Rehabilitationsverfahren ein Gutachten mit den Diagnosen: somatoforme Schmerzstörung, depressives Syndrom sowie hals- und lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden, Bandscheibenschaden C5/6 ohne Zeichen einer belangvollen Nervenwurzelschädigung. Unter Einbezug des Gutachtens vom 11.02.1999 sowie eines Berichtes einer Behandlung im Kreiskrankenhaus F./Abteilung für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin vom 30.03. bis 29.04.1999 hielt Dr.S. die zuletzt ausgeübte, körperlich anstrengende und auch psychisch belastende und zum Teil wohl demütigend erlebte Tätigkeit in einer Fremdenpension aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr für zumutbar. Jedoch seien leichte Arbeiten vollschichtig zumutbar ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie ohne Zwangshaltungen, häufiges Bücken und Überkopfarbeiten. Trotz eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen vom 20.09.1999, welches ein unter zweistündiges Leistungsbild für leichte Tätigkeiten beinhaltete, sah Dr.L. (Stellungnahme vom 10.02.2000) das Gutachen des Dr.S. als nicht widerlegt an weil sich kein neuer medizinischer Sachverhalt ergeben habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2000 lehnte die Beklagte dem folgend den Widerspruch als unbegründet ab.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem SG Landshut hat die Klägerin beantragt, ihr Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im gesetzlichen Umfang zu gewähren. Unter Einbezug der einschlägigen aktuellen medizinischen Befund-/Behandlungsberichte hat der Neurologe und Psychiater Dr.N. ein nervenärztliches Fachgutachten erstellt (08.02.2002) mit den Diagnosen:
- Verdacht auf Zustand nach rezidivierenden depressiven Episoden,
- Verdacht auf depressive/dependente Persönlichkeit, anhaltende somatoforme Schmerzstörung und
- Verdacht auf leichtes oder beginnendes Carpaltunnelsyndrom rechts.
Neben den bereits bekannten Erkrankungen des Bewegungsapparates, insbesondere der Wirbelsäule sowie beginnender Finger-Zehen-Polyarthrose seien weder motorische noch sensible Ausfallserscheinungen nachweisbar, eine wesentliche Erkrankung auf neurologischem Fachgebiet könne verneint werden. Nach depressiven Episoden habe sich im Anschluss an das Jahr 1998 ein chronisches Schmerzsyndrom entwickelt bei primär depressiv strukturierter Persönlichkeit. Körperfunktionsstörungen bestünden im eigentlichen Sinne nicht, wesentliche Änderungen gegenüber den vorliegenden Befunden hätten sich nicht ergeben, so dass die Klägerin noch in der Lage sei, mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen abwechselnd vornehmlich in geschlossenen Räumen ohne Notwendigkeit von schwerem Heben und Tragen und Zwangshaltungen bis zu acht Stunden täglich auszuüben.
Auf Antrag der Klägerin hat Dr.S. ein neurologisches Sachverständigengutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstellt mit den Diagnosen:
- Verschleißerkrankung der Hals- und Lendenwirbelsäule,
- beginnende Finger-Zehen-Polyarthrose,
- leichtes Carpaltunnelsyndrom rechts (früher beidseits),
- trockene Augenbindehautentzündung,
- Neigung zu Luftwegsinfekten,
- anhaltende depressive Störung (neurotische Depression)
- anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit Fibromyalgie und
- psychogene Gleichgewichtsstörung (unter erhöhten Bedingun gen).
Die Klägerin könne seit 01.12.2000 nur noch leichte Arbeiten sechs bis unter acht Stunden täglich ausführen. Die von Dr.S. genannten Diagnosen seien zwar vollständig, unberücksichtigt sei jedoch eine am 08.12.2000 diagnostizierte Fibromyalgie, die aber retrospektiv schon vorher in Entwicklung gewesen sei; das Ausmaß der depressiven Störung schwanke im Zeitverlauf. Das Leistungsvermögen der Klägerin sei anzusetzen mit sechs bis unter acht Stunden für leichte Arbeiten zu ebener Erde, abwechselnd im Sitzen und Stehen, in geschlossenen Räumen, ohne schweres Heben und Tragen, ohne Zwangshaltungen, ohne nervlich belastende Tätigkeiten oder Akkordarbeit. Das Ausmaß der psychischen Gesundheitsstörungen sei seit 1999 im Wesentlichen gleich geblieben. Das Gutachten des Dr.N. berücksichtige nicht die Fibromyalgie als zusätzliche Komplikation der psychischen Störungen. Die Einschätzung der depressiven Episoden widerspreche den anderen Befunden. Eine Diskrepanz bestehe insbesondere in der Einschätzung des Dr.N. bei der Untersuchung am 10.01.2002 und den Feststellungen des Bayer. Rheuma- und Orthopädiezentrums Bad A. in der stationären Behandlung vom 16.05. bis 31.05.2002.
Mit Urteil vom 20.01.2003 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei trotz gesundheitlicher Einschränkungen noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf welchen sie mangels Berufsschutzes zumutbar verwiesen werden könne, vollschichtig tätig zu sein. Das SG hat sich dabei den Ausführungen des Dr.N. angeschlossen. Hingegen sei die Einschätzung des Sachverständigen Dr.S. nicht überzeugend, der sich für die quantitative Leistungseinschränkung auf die Mitteilung der Fibromyalgie-Diagnose, die Frustration der Klägerin über ihre Situation sowie auf die Tatsache der freiwilligen Berufsaufgabe berufe.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, dass nach den Feststellungen des Dr.S. ein weitergehendes psychiatrisches Krankheitsbild vorliege als von Dr.N. festgestellt, welches zu einer quantiativen Leistungseinschränkung führe. Ergänzend hat sich die Klägerin auf neuere Befunde der Frauenärztin G. W. und einer Behandlung vom 19.03. bis 02.04.2003 im Rheuma- und Orthopädiezentrum Bad A. bezogen.
Der Senat hat ein psychiatrisch/neurologisches Gutachten des Dr.T. S. (10.04.2004) eingeholt. Dieser hat diagnostiziert:
- Hysteriforme Reaktionsbildung mit zunehmender Zweck- und Tendenzrichtung im Sinne eines Rentenbegehrens,
- aus neurologischer Sicht kein erkennbares aktuelles relevan tes HWS- und LWS-Syndrom,
- keine Fibromyalgie.
- Orthopädisch eine im großen und ganzen altersentsprechende Osteochondrose der HWS und LWS sowie
- vordiagnostizierter Bandscheibenprolaps HWK5/6, welcher sich bei der klinischen Querschnittsuntersuchung nicht ausgewirkt habe, auch nicht im Sinne einer Wurzelkompressionsproblema tik.
Die Klägerin habe ein unauffälliges, raumgreifendes Gangbild gezeigt, die Flexibilität der WS sei nicht eingeschränkt gewesen, der Fingerbodenabstand nur 0 cm, der Laségue-Test sei negativ gewesen. Bei der Prüfung der Fibromyalgie seien fast alle Kontrollpunkte als schmerzpositiv angegeben worden, während eine ungenügende Anzahl der Fibromyalgiepunkte als druckschmerzhaft imponiert habe, so dass eine Fibromyalgie nicht nachvollziehbar sei, obgleich sich die Klägerin darauf im Sinne einer iatrogenen Hypochondrie fixiert habe. Ansatzpunkte für eine auch nur larvierte endogene Depression oder Dysthymie seien nicht erkennbar gewesen, weil die Klägerin komplett affektiv auslenkungsfähig, in keiner Weise eingeengt gewesen sei, zeitweilig zornig und aufgebracht. Dr.S. sei dahingehend zu folgen, dass die dargebotene depressive Störung als neurotische Depression zu sehen sei. Hieraus folge jedoch keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Eine somatoforme Schmerzstörung bestehe, allerdings nur im Sinne eines Rentenbegehrens. Eine psychogene Gleichgewichtsstörung sei nicht festzustellen.
Die Klägerin sei deshalb seit 01.03.1999 sicher noch acht Stunden unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses einsetzbar für leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen und Arbeiten mit dauerhaftem Bücken und Zwangshaltungen sowie Überstreckungen der HWS und Akkordarbeit. Die Klägerin könne sich auf andere als die bisher ausgeübten Erwerbstätigkeiten umstellen, soweit keine geistig anspruchsvolle Beschäftigung erfordert würde.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 20.01.2003 sowie des Bescheides vom 09.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2000 zu verurteilen, ihr aufgrund des Antrags vom 04.03.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise ab 01.01.2001 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20.01.2003 zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 20.01.2003 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 09.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2000. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie ist weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig bzw. erwerbsgemindert.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und die ihnen unter Berücksichtigung von Dauer und Umfang ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der gemäß § 300 Abs.2 SGB VI bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Zwar ist das Leistungsvermögen der Klägerin soweit beeinträchtigt, dass sie in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf im Hotel- /Gaststättengewerbe nicht mehr beschäftigt werden kann. Dies haben bereits die von der Beklagten veranlassten Untersuchungen ergeben. Die Klägerin kann jedoch keinen Berufsschutz in Anspruch nehmen, ihr ist die Ausübung anderer Arbeit zumutbar.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit berurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Ausschlaggebend ist hierbei die Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Beschäftigungsbetrieb. Den Versicherten ist die Verweisung auf eine im Vergleich zum bisherigen Beruf nächst niedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung, u.a. BSG SozR 3-2200, § 1246 Nr.5). Die Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, war im Laufe ihres Erwerbslebens in ungelernten Tätigkeiten als Fabriknäherin, als Hausgehilfin und zuletzt als Zimmermädchen, Hauswirtschafterin und Bedienung in einem Gaststätten-/Pensionsbetrieb tätig. Sie ist damit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Das bei der Klägerin festzustellende Restleistungsvermögen reicht aus, derartige Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die überzeugenden und ausführlichen Darlegungen des Dr.S. , der die Klägerin im Auftrag des Senats persönlich untersucht, die vorhandenen Vorbefunde sehr sorgfältig gewürdigt und seine Beurteilung schlüssig begründet hat. Ebenso stützt sich der Senat auf das überzeugende erstinstanzlich eingeholte neurologisch/psychiatrische Gutachten des Dr.N ... Beide Sachverständige haben das bereits im Verwaltungsverfahren gefundene Ergebnis bestätigt, dass lediglich qualitative, nicht jedoch quantitative Einschränkungen zu berücksichtigen sind.
Dr.S. (nicht personenidentisch mit dem im Verwaltungsverfahren gehörten Dr.S.) hat diagnostiziert:
- hysteriforme Reaktionsbildung mit zunehmender Zweck- und Ten denzrichtung im Sinne eines Rentenbegehrens
- Orthopädisch: im großen und ganzen altersentsprechende Osteochondrose HWS und LWS sowie
- vordiagnostizierter Bandscheibenprolaps HWK 5/6 ohne Funkti onsauswirkungen, auch nicht im Sinne einer Wurzelkompressi onsproblematik.
Dr.S. hat ausgeschlossen:
- HWS- und LWS-Syndrom mit radikulären Reizerscheinungen und
- Fibromyalgie.
Diese Einschätzung hat Dr.S. neurologisch darauf stützen können, dass die Klägerin ein unauffälliges, raumgreifendes Gangbild gezeigt hatte, die Flexibilität der Wirbelsäule nicht eingeschränkt gewesen war, der Finger-Boden-Abstand 0 cm betragen hatte und der Laséque-Test negativ war. Damit konnte ausgeschlossen werden, dass bei der Klägerin leistungsmindernd relevante Einschränkungen der Wirbelsäule insbesondere auf neurologischem Fachgebiet bestehen könnten. Ebenso hat Dr.S. ausschließen können, dass bei der Klägerin die Diagnose einer Fibromyalgie zu stellen wäre. Denn die Klägerin hatte fast alle Kontrollpunkte, die bei der Fibromyalgie nicht als schmerzhaft angegeben werden sollten, als schmerzpositiv beschrieben, hingegen hatte eine nur ungenügende Anzahl der Fibromyalgiepunkte positiv bewertet werden können. Insoweit ist das Gutachen des Dr.S. deutlich überzeugender als das des Dr.S ... Dieser hat eine Fibromyalgie diagnostiziert, indem er einige Fibromyalgiedruckpunkte als positiv bezeichnet hat ohne die Kontrollpunkte zu überprüfen.
Dr.S. hat die Klägerin als komplett auslenkungsfähig und in keiner Weise eingeengt beschrieben sowie sie als zeitweile zornig und aufgebracht bezeichnet. Er konnte hieraus zusammen mit den bestehenden Vorbegutachtungen und Behandlungsberichten ausschließen, dass bei der Kläger eine larvierte endogene Depression oder Dysthymie besteht. Dr.S. hat aus diesen Feststellungen überzeugend geschlossen, dass eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht zu begründen sei. Die somatoforme Schmerzstörung der Klägerin hat Dr.S. ebenso wie die dargebotene depressive Störung als neurotische Depression gesehen, allerdings nur im Sinne eines nicht anzuerkennenden Rentenbegehrens. Die Klägerin kann damit leichte bis zeitweilig auch mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne Arbeiten mit dauerhaftem Bücken und Zwanghaltungen sowie ohne Überstreckungen der HWS oder Akkordarbeit vollschichtig ausüben. Die Klägerin, die sich auf andere als die im Laufe des Erwerbslebens ausgeübten Erwerbstätigkeiten umstellen kann, soweit keine geistig anspruchsvolle Beschäftigung erfordert wird, ist damit nicht berufsunfähig.
Diese Einschätzung steht im Gegensatz zu der des Dr.S ... Dieser hat jedoch seine Leistungsbeurteilung wesentlich auf die Diagnose der Fibromyalgie begründet, welche - wie ausgeführt - nicht überzeugen kann. Im Übrigen hat Dr.S. seine Leistungseinschätzung auch auf das Zusammenspiel der depressiven Störung (im Sinne neurotischer Depression) und der Fibromyalgie begründet. Er hat sich damit z.T. auf das Fachgebiet der Psychiatrie begeben, welches für ihn als Neurologen zwar nicht unbekannt, jedoch fachfremd ist. Insoweit ist den Ausführungen des Neurogogen und Psychiaters Dr.S. zu folgen.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin in der Lage, eine Vielzahl von Tätigkeiten zu verrichten, wie sie üblicherweise von gelernten Arbeiterinnen gefordert werden. Mangels eingeschränkten Gehvermögens sowie bei erhaltener Sehfähigkeit und voller Gebrauchsfähigkeit der Arme und Hände in Tischhöhe erscheinen Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Verpacken, Aufsicht sowie Kontrolle möglich. Die Prüfung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erübrigt sich daher ebenso wie die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit (vgl. BSG NZS 2000, 96).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, weil sie ihr zumutbare Verweisungstätigkeiten verrichten kann. Sie hat damit erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs.1 SGB VI (in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung), weil sie die noch strengeren Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des 2.Absatzes dieser Rechtsnorm nicht erfüllt. Das vorhandene Restleistungsvermögen gestattet es ihr, mittels einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr als geringfügige Einkünfte zu erzielen. Weil die Klägerin noch vollschichtig tätig sein kann, scheidet auch ein Anspruch wegen Erwerbsminderung im Sinne des ab 01.01.2001 geltenden § 43 SGB VI aus. Diese Bestimmung sieht Renten wegen Erwerbsminderung erst vor, wenn die Versicherten außer Stande sind, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Rechtlich unerheblich ist, ob der Klägerin tatsächlich ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil vollschichtig einsetzbaren Versicherten der Arbeitsmarkt offen steht und das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung zugewiesen ist, nicht aber der Rentenversicherung (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG SozR 3-2200, § 1246 Nr.50). Entscheidend ist, dass die Klägerin die vollschichtige Einsatzfähigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen erbringen kann, zusätzliche Pausen nicht erforderlich sind und die Anmarschwege zur Arbeit problemlos zurückgelegt werden können, wie Dr.S. und Dr.N. festgestellt haben. Schließlich fehlen auch Anhaltspunkte für eine wesentlich eingeschränkte Umstellungsfähigkeit.
Die Berufung musste daher in vollem Umfange ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG -.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved