L 5 RJ 135/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 449/98 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 135/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6. September 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen Erwerbs/Berufsunfähigkeit (EU/BU) bzw. Erwerbsminderung.

Der 1948 im vormaligen Jugoslawien geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in O ... Er besuchte in seiner Heimat die Grundschule sowie anschließend eine Schule für Mitarbeiter der Textilindustrie. Er absolvierte den Wehrdienst und war mehrere Jahre in einer Textilfabrik in O. tätig. 1971 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland und war bei verschiedenen Arbeitgebern als ungelernter Arbeiter beschäftigt. Versicherungszeiten sind in seiner Heimat von 1967 bis 1972 sowie durchgehend vom 21.12.1987 bis 18.12.1995 festgestellt. Zuletzt war der Kläger als Vulkaniseur für die kroatischen Streitkräfte tätig. In Deutschland sind insgesamt 131 Monate versicherungsrechtlicher Zeiten zwischen August 1972 und 24.07.1985 gemäß bestandskräftigem Versicherungs-Verlaufsbescheid vom 09.12.1997 zurückgelegt. Vom kroatischen Rententräger bezieht der Kläger eine Invalidenpension seit 18.12.1995.

Der vorliegende Rechtsstreit geht zurück auf einen am 12.01. 1996 in O. gestellten und an die Beklagte weitergeleiteten Rentenantrag. Diese veranlasste unter Berücksichtigung der einschlägigen Befund- und Behandlungsberichte aus Kroatien, insbesondere der Invalidenkommission Z. vom 04.03.1997 und mehrerer Arztbriefe der psychiatrischen Klinik in O. , eine stationäre Untersuchung in der ärztlichen Gutachterstelle Regensburg vom 13. bis 15.10.1997. Dort diagnostizierte der Neurologe und Psychiater P. M. Alkoholismus, wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Abnutzungserscheinungen und eine chronische Magenschleimhautentzündung, weshalb der Kläger nicht mehr in der Lage sei, den erlernten Beruf als Textilmeister oder die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Vulkaniseur auszuüben. Jedoch seien leichte bis mittelschwere Arbeiten abwechselnd im Sitzen, Stehen und Gehen ohne Akkord vollschichtig zumutbar. Dem folgend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.11.1997/Widerspruchsbescheid vom 17.02.1998 eine Rentengewährung ab im Wesentlichen mit der Begründung, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf welchen er mangels Berufsschutzes zumutbar verwiesen werden könne, noch leichte bis mittelschwere Arbeiten unter lediglich qualitativen Einschränkungen ausüben.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (SG) hat der Kläger beantragt, ihm eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bei einem am Tag der Antragstellung eingetretenen Versicherungsfall zu gewähren. Das SG hat nach Beiziehung der Verwaltungsakten ein neurologisch/psychiatrisches Sachverständigengutachten der Dr.S. (01.02.1999) eingeholt mit den Diagnosen: Alkoholkranheit leichtgradige Polyneuropathie (alkoholbedingt) leichtgradige alkoholbedingte Persönlichkeitsveränderung und wirbelsäulenabhängige Beschwerden ohne Hinweise für Nervenwurzelbeteiligung.

Die Alkoholkrankheit sei durch entsprechende Suchtbehandlung besserungfähig wie auch die alkoholbedingten Folgekrankheiten. Im Vergleich zum Gutachten Dr.M. lasse sich keine wesentliche Änderung feststellen. Es habe sich aktuell kein Hinweis für eine endogende Psychose gefunden, relevante hirnorganische Abbauerscheinungen seien ebenso wenig erkennbar gewesen wie höhergradige organische Wesensänderungen. Deswegen könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Akkordarbeit, ohne Nachtschicht, abwechselnd im Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig verrichten. Die Umstellungsfähigkeit des Klägers sei dem Alter und Bildungsstand entsprechend gegeben.

Nach Vorlage weiterer Behandlungsberichte hat das SG eine terminsnahe Untersuchung durch den Internisten Dr. P. , den Neurologen und Psychiater P. R. sowie durch den Orthopäden Dr.B. einschließlich Farbdoppler Echokardiografie, Abdomensonografie, Thorax-Untersuchung, Ruhe-EKG, Lungenfunktionsuntersuchung, Blutgasanalyse sowie laborchemischer und gastroskopischer Untersuchung veranlasst. Dr.P. hat diagnostiziert (4./5.O9.2000): Chronische Alkoholerkrankung Polyneuropathie beider Beine Psychovegetatives Syndrom Teilkontrakter Rundrücken und S-förmige Skoliose mit mäßiggradigen degenerativen Veränderungen Cervikobrachialsyndrom beidseits bei leichten degenerativen Verändungen C 5 - C 7 Periarthritis Coxae rechts Chondropathia patellae beidseits sowie Senk-Spreizfuß und plantarer Fersensporn beidseits, Periarthritis des oberen Sprunggelenkes rechts, Epicondylitis humeri radialis, Periathritis rechtes Handgelenk, Ausgeprägte gastroskopisch nachgewiesene Magenschleimhautentzündung, arterielle Hypertonie und chronische Bronchitis.

Infolge hiervon hat Dr.P. den Kläger für in der Lage gesehen, leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen überwiegend in geschlossenen Räumen vollschichtig auszuüben unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufigem Bücken, längerer Zwangshaltung des Achsenorganes, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten an Maschinen oder gefährdenden Werkzeugen, Akkord- und Schichtarbeit, Arbeiten bei Einflüssen von Kälte und Nässe sowie von besonderem Zeitdruck, Nacht- oder Schichtdienst.

Der Neurologe/Psychiater P. R. hat diagnostiziert (05.09.2000): Chronische Alkoholerkrankung Polyneuropathie beider Beine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen sowie psychovegetatives Syndrom.

Er hat ausgeführt, beim Kläger bestehe ein seit Jahren bekannter chronischer Alkoholmißbrauch mit den typischen Folgeerkrankungen Leberschaden, Polyneuropathie, Voralterung sowie Ruhetremor; ein hirnorganisches Psychosyndrom bestehe noch nicht. Eine gewisse Diskrepanz zwischen der geschilderten Symptomatik und den objektivierbaren Befunden sei aufgefallen, vor allem beim An- und Auskleiden sowie beim Betreten und Verlassen des Zimmers sei die Bewegungsfähigkeit des Klägers besser als während der Untersuchung gewesen. Infolge der Erkrankungen sei die nervliche Belastbarkeit leicht reduziert, so dass der Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen, im Freien und in geschlossenen Räumen vollschichtig ausüben könne bei Ausschluss von Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, mit Nachtdienst, Schichtdienst, Wechselschicht, Heben oder Tragen schwerer Lasten.

Dr.B. hat diagnostiziert (05.09.2000): Teilkontrakter Rundrücken und S-förmige Skoliose von BWS und LWS mit mäßiggradigen degenerativen Veränderungen der unteren LWS statisch-myalgischen und ischialgiformen Beschwerden beidseits, Osteoporose, cervikobrachialsyndrom beidseits bei leichten degenerativen Veränderungen C 5 bis C 7 Periarthritis coxae rechts Chondorpathia patellae beidseits Spreiz- Senkfuß und plantarer Fersensporn beidseits, Peri- arthritis des oberen Sprunggelenks rechts Epicondylitis humeri radialis rechts und Periarthritis des rechten Handgelenks.

Er hat ausgeführt, die angegebene Gehstrecke von 300 m sei nach den erhobenen Befunden nicht glaubwürdig, während des Aufenthaltes sei eine Diskrepanz zwischen den angegebenen Beschwerden und den objektivierbaren Befunden aufgetreten. Infolge der Erkrankungen könne der Kläger vollschichtig leichte körperliche Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen, Sitzen, im Freien und in geschlossen Räumen ausüben bei der Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufigem Bücken, längerer Zwangshaltung des Achsenorganes, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an Maschinen oder gefährdenden Werkzeugen, Akkord- und Schichtarbeit, Arbeiten bei Einflüssen von Kälte und Nässe. Die Wegefähigkeit hat Dr.B. als nicht wesentlich eingeschränkt angesehen.

Dem folgend hat das SG mit Urteil vom 06.09.2000 die Klage abgewiesen und den Kläger für noch in der Lage erachtet, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf welchen er mangels Berufsschutzes zumutbar verwiesen werden könne, unter nur qualitativen Einschränkungen auszuüben.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und vorgetragen, es sei unverständlich, warum die Ärzte in der Heimat eine völlige Arbeitsunfähigkeit anerkennen, während in Deutschland eine vollschichtige Leistungsfähigkeit angenommen werde. Er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage zu arbeiten und auf finanzielle Hilfe angewiesen.

Der Senat hat vergeblich versucht, unter den vom Kläger angegebenen Adressen Auskünfte der vormaligen Arbeitgeber des Klägers einzuholen.

Der Kläger hat mehrere Arztbriefe vorgelegt und vorgetragen, er habe eine Ausbildung zum Weber durchlaufen, eine Prüfung als qualifizierter Textilmeister abgelegt und habe eine Ausbildung im Elektro-Ingenieur-Mechaniker-Fach zurückgelegt. Er habe bei der Firma N. seine fachlichen Fähigkeiten als Elektrokontrolleur eingesetzt, wobei er die produzierten Herde einer Funktionsprüfung unterzogen habe. Danach habe er weiterhin als Elektromonteur gearbeitet. In Deutschland habe er als Elektromeister gearbeitet, und ein Gehalt als Elektromonteur einschließlich Montagegelder erhalten.

Der Senat hat ein orthopädisches Sachverständigengutachten des Dr.K. (23.11.2003) sowie ein psychiatrisches des Dr.S. (22.11.2003) eingeholt. Dr.K. hat diagnostiziert: LWS-Verschleiß (Osteochondrose L 3 bis S 1, Spondylarthrose L 5/S 1), Kalksalzminderung Beginnender Hüftverschleiß beidseits (Coxarthrose Grad I) und Hohl-Spreizfuß beidseits.

Führende Einschränkungen der Leistungsbreite ergäben sich aus den Aufbraucherscheinungen an der Lendenwirbelsäule, weswegen der Kläger lediglich leichte Arbeiten acht Stunden täglich ausüben könne unter Ausschluss von Hantieren mit Lasten über 10 kg sowie in Rumpfbeugehaltung. Es lägen auf orthopädischem Fachgebiet ausschießlich degenerative Erkrankungen vor, eine relevante Einschränkung der Wegefähigkeit bestehe nicht.

Dr.S. hat diagnostiziert: Persönlichkeits- Verhaltensstörung im Rahmen des durch anhaltenden Alkoholabusus indizierten Restzustandes und Benzodiazepinabusus.

Dr.S. hat ausgeführt, die Symptomatik des jahrelang bekannten Akoholmissbrauchs habe sich im Laufe der Jahre geändert von Angaben über Alkoholabusus, chronischer Alkoholkrankheit, posttraumatischer Belastungsstörung bis hin zum Bild eines hirnorganischen Psychosyndroms. Das Vollbild eines manifesten hirnorganischen Psychosyndroms hat Dr.S. jedoch nicht feststellen können, hinegen ein deutlich ausgeprägtes Rentenbegehren. Das derzeitige Krankheitsbild entspreche noch immer nicht einem Dauerzustand. Eine cerebrale Durchblutungskrise habe zu einem lediglich zweitägigen Krankenhausaufenthalt geführt, wobei eine lediglich diskrete Hemiparese als Folgesymptomatik geblieben sei. Der Kläger könne noch acht Stunden täglich leichte Arbeiten abwechselnd im Sitzen, Stehen und Umhergehen ohne schweres Heben und Tragen, ohne Arbeiten in Bücken oder Akkord etc. ausüben. Eine maßgebliche Einschränkung der Umstellungsfähigkeit hat Dr.S. verneint. Allerdings habe der Kläger die Schwäche der rechtsseitigen Extremitäten für die von ihm behauptete Arbeits- bzw. Erwerbsunfähigkeit angeführt, so dass eine neurologische Begutachtung erforderlich sei.

Der Senat hat daraufhin ein neurologisches Schverständigengutachten des Dr.S. (27.02.2004) eingeholt, der diagnostiziert hat:

Sensible Polyneuropathie, wahrscheinlich alkoholtoxisch, gebessert seit zumindest Jahresbeginn 2002 Wirbelsäulenabhängige Beschwerden mit möglichen Wurzelreizerscheinungen der rechten Lendennervenwurzel Zustand nach cerebraler Ischämie am 10.01.2002, weitestgehend rückgebildet mit noch bestehender geringer Ataxie und wahrscheinlich minimalen Residuen einer Halbseitenschwäche rechts zusätzlich psychiatrische Gesundheitsstörungen mit zunehmender psychischer Überlagerung.

Auch Dr.S. hat den Kläger noch in der Lage gesehen, acht Stunden täglich zu arbeiten mit den Maßgaben nur leichte Arbeiten, abwechselnd im Sitzen, Stehen und Umhergehen, ohne schweres Heben und Tragen, ohne Arbeiten im Bücken bzw. ohne Akkord und ohne besondere Anforderungen an die Gleichgewichtsregulation sowie an das Konzentrationsvermögen. Dr.S. hat ausgeführt, dass zusammen mit der schon seit Jahren bestehenden psychischen Gesundheitsstörung die seit Jahresende 2002/Jahresbeginn 2003 hinzugetretene dissoziative Störung in Form der fast ausschließlich psychogenen Halbseitenlähmung rechts eine ungewöhnliche Summierung der Leistungseinschränkung verursachen könne, weswegen Dr.S. erneut zu hören sei.

Daraufhin hat Dr.S. ausgeführt (17.03.2004), infolge der von Dr.S. gestellten Diagnosen liege tatsächlich durch die hinzugetretene dissoziative Störung eine ungewöhnliche Summierung von Leistungseinschränkungen vor, die sich ausgehend vom bisherigen Verlauf auch in der absehbaren Zukunft nicht beeinflussen lassen könnten. Infolge dieser Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen sei ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr gegeben.

Demgegenüber hat Dr.K. in der sozialärztlichen Stellungnahme vom 16.04.2004 eingewandt, nach den Beobachtungen der Sachverständigen sei die rechte Seite ungestört eingesetzt worden, sobald sich der Kläger unbeobachtet gefühlt habe, so dass es sich bei der Halbseitensymptomatik um ein demonstratives Verhalten handele, was keinesfalls eine zeitliche Leistungsminderung, auch nicht in Form einer Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen, begründen könne. Es sei deshalb nach wie vor von einem vollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Landshut vom 06.09.2000 sowie des Bescheides vom 14.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.1998 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Landshut vom 06.09.2000 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 27.07. 2004 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 06.09.2000 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 14.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.1998. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung. Er ist weder berufsunfähig, noch erwerbsunfähig noch erwerbsgemindert.

Der geltend gemachte Rentenanspruch des Klägers richtet sich nach den §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung, weil er auch Zeiten vor diesen Zeitpunkt erfasst. Die ab 01.01.2001 geltende Neurelegung durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl I S.1827) ist nur für den Fall heranzuziehen, dass ein Rentenanspruch am 31.12.2000 nicht bestand, aber für die nachfolgende Zeit in Betracht kommt (vgl. § 300 SGB VI).

Berufsunfähigkeit setzt nach § 43 Abs.2 SGB VI a.F. voraus, dass weder der bisherige Hauptberuf, noch ein subjektiv und objektiv zumutbarer Ausweichberuf ausgeübt werden können. Nach § 240 SGB VI n.F. haben Versicherte, die - wie der Kläger - vor dem 02.01.1961 geboren sind, bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Erwerbsunfähigkeit setzt nach § 44 Abs.2 SGB VI a.F. ebenso wie eine volle Erwerbsminderung im Sinne des neuen Rechts (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI n.F.) eine gegenüber der Berufsunfähigkeit noch weiter herabgesetzte Erwerbsfähigkeit voraus.

Vollschichtiges Leistungsvermögen in einer zumutbaren Tätigkeit schließt nach alter und neuer Rechtslage einen Rentenanspruch wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit sowie wegen Erwerbsminderung regelmäßig aus.

Ausgangspunkt bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf des Versicherten, das heißt die zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig ausgeübte Tätigkeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.62 m.w.N.). Im streitigen Fall sind die Angaben des Klägers insoweit mehrdeutig und in sich widersprüchlich. Er hat nach seinen eigenen Angaben Kontrollarbeiten in der Produktion von Elektroherden ausgeübt, als Elektromonteur gearbeitet oder war als Elektromeister tätig gewesen. Diese Angaben umfassen die gesamte Breite der in ständiger Rechtsprechung vorzunehmenden Eingruppierung in die Stufen Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hochqualifizierten Facharbeiters (Meister), des Facharbeiters, des angelernten Arbeiters und des ungelernten Arbeiters (vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 16.11.2000 - B 13 RJ 79/99 R). Weil der Kläger in Deutschland keine Berufsausbildung durchlaufen hat, seine Angaben mehrdeutig sind und nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht abgeklärt werden konnte, welche Tätigkeiten der Kläger tatsächlich genau ausgeübt hat, ist ausgehend von der letzten glaubhaften Tätigkeitsbeschreibung des Klägers eine Kontrolltätigkeit in der Endfertigung von Elektrogeräten anzunehmen. Anhaltspunkte, wonach der Kläger dort als Facharbeiter oder als Angelernter des oberen Bereiches tätig hätte gewesen sein können, sind weder ersichtlich noch ermittelbar, weil unter den vom Kläger angegebenen Adressen die Arbeitgeber entweder nicht mehr erreichbar sind oder aber wie bei der Firma N. keine näheren Angaben infolge Zeitablauf mehr zu erhalten sind. Deshalb ist der Kläger als angelernter Arbeiter des unteren Bereiches einzuordnen. Er kann damit zumutbar auf alle Tätigkeiten verwiesen werden, die der allgemeine Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt.

Nach den überzeugenden Feststellungen des Dr.K. , des Dr.S. und des Dr.S. bestehen beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen:

1. LWS-Verschleiß (Osteochondrose L 1 - L 3, Spondylarthrose L 5/S 1, Kalksalzminderung), 2. beginnender Hüftverschleiß beidseits (Coxarthrose Grad I) sowie 3. Spreizfuß beidseits, 4. Persönlichkeits-Verhaltensstörung im Rahmen des durch anhaltenden Alkoholmissbrauch entstandenen Restzustandes sowie Benzodiazepinabusus, 5. sensible Polyneuropathie, 6. wirbelsäulenabhängige Beschwerden mit möglichen Wurzelreizerscheinungen, 7. Zustand nach cerebraler Ischämie, am 10.01.2002 weitestgehend zurückgebildet.

Insoweit folgt der Senat den Diagnosen der Dres.K. , S. und S. , die den Kläger eingehend selbst untersucht, eine Anamnese erstellt und unter Einbezug sämtlicher Vorbefunde und vorangegangener Gutachen eingehend begutachtet haben. Diese Diagnosen decken sich im Wesentlichen auch mit denen der erstinstanzlichen Gutachter Dr.P. , P. R. und Dr.B ...

Infolge hiervon ist der Kläger in der Leistungsfähigkeit eingeschränkt, er kann jedoch noch vollschichtig leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts in Wechsel von Gehen, Stehen, Sitzen, im Freien sowie in geschlossenen Räumen ausüben bei Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufigem Bücken, längerer Zwangshaltung des Achsenorganes, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten an Maschinen oder gefährlichen Werkzeugen, Akkord- und Schichtarbeit, Arbeiten bei Einflüssen von Kälte und Nässe. Insoweit folgt der Senat den Einschätzungen des Dr.K. , den zunächst abgebenen Einschätzungen des Dr.S. und der Einschätzung des Dr.S. , die sich ebenfalls mit denen der erstinstanzlichen Sachverständigen decken.

Nicht folgen kann der Senat hingegen der Auffassung des Dr.S. , der zuletzt auch Dr.S. gefolgt ist, dass bei dem Kläger eine außergewöhnliche Leistungseinschränkung in der Gestalt einer psychogenen Seitenlähmung rechts vorliegt. Dr.S. hat in seinem Gutachten aufgeführt, diese Halbseitenlähmung sei neurologisch nicht nachzuvollziehen und hat deshalb auf eine psychogene Lähmung geschlossen. Damit hat Dr.S. das ihm zufallende Fachgebiet der Neurologie verlassen und eine Diagnose aus dem Bereich der Psychiatrie gestellt. Er hat sich deshalb einer endgültigen Einschätzung enthalten und eine erneute psychiatrische Einschätzung erbeten. Der Auffassung des Dr.S. kann deshalb wegen Fachfremdheit nicht gefolgt werden.

Der Einschätzung des Dr.S. , die der Senat auf Anregung des Dr.S. eingeholt hat, dass bei dem Kläger eine außergewöhnliche Leistungseinschränkung durch eine psychische Störung besteht, kann nicht gefolgt werden. Dr.S. hat nämlich nicht abgegrenzt, ob tatsächlich eine neurologisch oder psychiatrisch zu erklärende Halbseitenlähmung besteht. Er hat vielmehr die Auffassung des Dr.S. als gegeben hingenommen, es handele sich um eine psychogene Erkrankung, die eine außergewöhnliche Summierung der Leistungseinschränkung begründet. Dr.S. hat es damit unterlassen, auf seinem eigenen Fachgebiet seine bisherigen Feststellungen zu überprüfen und die Diagnose einer psychogenen Störung von Dr.S. mit seinen eigenen Feststellungen in Konkurrenz oder in Widerspruch zu stellen, wobei er die Frage der Aggravation oder Simulation hätte ausschließen müssen. Hierfür hätten auch konkrete Anhaltspunkte bestanden, weil sämtliche Vorgutachter eine Diskrepanz zwischen objektivierbarem und tatsächlichem Befund festgestellt hatten. Hinzu kommt, dass Dr.S. ausgeführt hat, die deutliche Steigerung der Muskeleigenreflexe der rechten Extremitäten sowie die typische Abschwächung der Bauchhautreflexe rechts hätten für die Diagnose einer Halbseitenstörung gefehlt. Wenn der Kläger nach den Feststellungen des Dr.S. auffällig im Gespräch eine recht lebhafte Gestik und Mimik entfaltet hatte, aus der der rechte Arm nicht ausgespart gewesen sei, hätte es nahe gelegen, die Halbseitenlähmung als nicht objektivierbar darzustellen.

Der Senat ist deshalb in Würdigung aller erstinstanzlicher und zweitinstanzlichen Gutachen überzeugt, dass der Kläger die Halbseitenlähmung rechts nur demonstriert hat, diese jedoch tatsächlich allenfalls in zu vernachlässigendem Ausmaß besteht. Der Kläger ist damit noch vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter nur qualitativen Einschränkungen einsetzbar. Eine außergewöhnliche Leistungseinschränkung oder eine Summierung von Leistungseinschränkungen liegt nicht vor. Die Wegefähigkeit des Klägers ist nach den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen nicht relevant herabgesetzt. Der Kläger ist damit nicht berufsunfähig, somit auch nicht erwerbsunfähig oder teilweise oder gar voll erwerbsgemindert. Er erfüllt damit die gesundheitlichen Voraussetzungen der begehrten Rente nicht.

Ob der Kläger in Deutschland - nur dies ist maßgeblich - einen Arbeitsplatz tatsächlich erhalten kann, ist rechtlich unerheblich, weil vollschichtig einsetzbaren Versicherten der Arbeitsmarkt offen steht und das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.50). Im Übrigen fehlen Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Umstellungsfähigkeit des Klägers.

Die Berufung bleibt damit in vollem Umfange ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.2 SGG), sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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