L 9 AL 383/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 1247/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 383/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist neben der Rücknahme einer Bewilli- gung von Beschäftigungshilfe die Erstattung der erbrachten Leis- tung inklusive der Zinsen streitig.

I.

Der 1952 geborene Kläger ist selbständiger Versicherungsmakler. Nachdem am 31.07.1995 mündlich ein Antrag auf Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose für R. G. (G.) gestellt worden war, ging am 08.08.1995 bei der Dienststelle A. des Arbeitsamtes P. ein Formularantrag des Klägers ein, demzufolge Beschäftigungshilfe nach den Richtlinien zur "Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose 1995 mit 1999" auf die Dauer von zwölf Monaten für G. begehrt wurde. Letzterer sollte am 02.08.1995 beim Kläger eine beitragspflichtige Tätigkeit als Immobilien- und Versicherungskaufmann aufnehmen. Der am 02.08.1995 abgeschlossene unbefristete Arbeitsvertrag wurde laut Aktenvermerk vorgelegt. Demzufolge erfolgte die unbefristete Einstellung auf einen Dauerarbeitsplatz in Vollzeit (40 Wochenstunden), ein Tarifvertrag sollte keine Anwendung finden. Das ortsübliche Arbeitsentgelt zum Zeitpunkt der Einstellung wurde mit DM 5.000,00 angegeben. Der Arbeitgeber war mit dem zukünftigen Arbeitnehmer weder verwandt noch verschwägert. Zu Fragen stand der Kläger unter der Telefonnummer 1865 zur Verfügung. Am Ende des Antrages wurde die Erklärung abgegeben und unterschriftlich unterzeichnet, dass die vorstehenden Angaben vollständig und der Wahrheit entsprechend seien. Der Unterzeichnete verpflichtete sich darüber hinaus, jede Änderung gegenüber den Angaben im Antrag mitzuteilen, die sich auf die Zahlung der Beschäftigungshilfe auswirkten, insbesondere die Lösung des Arbeitsverhältnisses, eine Verringerung des der Bemessung der Beschäftigungshilfe zugrunde liegenden Arbeitsentgeltes sowie eine Unterbrechung der Zahlung desselben. Außerdem wurde die Verpflichtung unterzeichnet, dass bei einer Lösung des Arbeitsverhältnisses während der zwölfmonatigen Förderzeit aus Gründen, die vom Unterzeichneten zu vertreten seien, die Beschäftigungshilfe nach folgender Maßgabe zurückzuzahlen war: Bei einem Ausscheiden während der Förderzeit die Hälfte des gewährten Zuschusses. Weiter wurde die Verpflichtung eingegangen, nach Ablauf des Förderzeitraums auf Verlangen einen Beschäftigungsnachweis sowie innerhalb von drei Monaten nach der Arbeitsaufnahme eine Bestätigung der Krankenkasse vorzulegen, wonach der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung angemeldet war. Es wurde außerdem erklärt, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne eine Förderung mit Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zu Stande gekommen wäre. Schließlich wurde versichert, die Richtlinien des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zur Durchführung der "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose 1995 mit 1999" sowie die hierzu ergangenen Hinweise erhalten und von deren Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Auf den Inhalt derselben, der sich aus dem Antragsformular (Stand 2/95) ergibt, wird vollinhaltlich Bezug genommen. Nachgeheftet ist ein Zettel, demzufolge das Geld auf das Konto der Firma B. bei der Volksbank T. zu überweisen war. Nach Einholung einer Stellungnahme der Abteilung Arbeitsvermittlung und Arbeitsberatung gewährte die Beklagte durch Bescheid vom 25.08.1995 Beschäftigungshilfe für die Einstellung des G. auf die Dauer von zwölf Monaten unter Zugrundelegung eines Bruttoarbeitsentgeltes von DM 5.000,00 monatlich. In den ersten sechs Monaten wurden hiervon 60 v.H., mithin DM 3.000,00 monatlich gewährt, in den zweiten sechs Monaten 40 v.H. hiervon, mithin DM 2.000,00. Die Entscheidung beruhte, wie auf dem Bescheid vermerkt, auf den Richtlinien der Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose. Die Rückseite des Bescheides war als Bestandteil der Bewilligung zu beachten. Auf deren Einzelheiten (Stand 2/95) wird verwiesen.

Nach mehreren vergeblichen Aufforderungen durch das Amt, eine Bestätigung der Krankenkasse über die Anmeldung des G. zur Sozialversicherung vorzulegen, teilte das Büro des Klägers unter dem 15.12.1995 mit, G. habe zum 31.12.1995 gekündigt und sei ab diesem Tag freiberuflich tätig; es werde gebeten, die Förderung ab diesem Zeitpunkt einzustellen. Eine Bestätigung mit dem Nachweis der geleisteten Zahlung zur Sozialversicherung werde nach dem Ausscheiden eingereicht. Daraufhin wurden die Leis- tungen vorläufig eingestellt und der Kläger erneut aufgefordert, das entrichtete Arbeitsentgelt und die darauf entfallenen Sozialversicherungsbeiträge zu belegen. Am 19.04.1996 teilte letzterer der Beklagten telefonisch mit, dass G., an den er die Fördermittel weitergeleitet habe, seit Beginn der Tätigkeit freiberuflich tätig gewesen sei.

Im Rahmen der Anhörung gemäß § 24 SGB X gab der Kläger unter anderem an, am 02.08.1996 habe Herr G. den Arbeitsvertrag ausgefertigt und an das Amt weitergeleitet, am 21.08.1996 sei dieser Vertrag widerrufen worden, was ebenfalls mitgeteilt worden sei. Er selbst habe nichts unternommen. Er sei erst anlässlich eines Anrufs im Februar 1996 auf die Zusendung des Sozialversicherungsnachweise hingewiesen worden. Persönlich habe er den Betrag in Höhe von DM 3.000,00 bis auf einen Bürokostenzuschuss in Höhe von DM 500,00 monatlich an den Beschäftigten ausgezahlt. Er halte sich wegen persönlicher Probleme angesichts der Scheidung im Juni 1995 für nicht geschäftsfähig. In Abänderung des ursprünglichen Arbeitsvertrages sei der Beschäftigte G. ab 01.08.1995, also ab Vertragsbeginn, als freier Mitarbeiter lediglich auf Provisionsbasis beschäftigt worden.

Die Beklagte nahm die Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 28.05.1996 mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Die Förderungsvoraussetzungen hätten nicht vorgelegen, da mit G. kein Arbeitsverhältnis begründet und das im Antrag angegebene Arbeitsentgelt nicht ausgezahlt worden sei. Gleichzeitig wurde die eingetretene Überzahlung inklusive der aufgelaufenen Zinsen zurückgefordert. Im Widerspruch wurde hiergegen erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27.11.1997) geltend gemacht, weder habe der Kläger den Antrag auf Beschäftigungshilfe ausgefüllt noch unterzeichnet an die Beklagte weitergeleitet. Er habe den Arbeitsvertrag bereits am 21.08.1995 korrigiert.

II.

Vor dem angerufenen Sozialgericht (SG) München hielt der anwaltlich vertretene Kläger sein Vorbringen aufrecht, der Antrag vom 31.07.1995 sei ihm nicht bekannt, weder habe er diesen ausgefüllt, noch unterschrieben. Die ganze Angelegenheit sei von G. ausgegangen, demgegenüber er dargelegt habe, dass er kein Gehalt zahlen könne. Allerdings habe G. ihm bedeutet, dass er Leistungen von der Beklagten bekommen könne. Er selbst habe den Bewilligungsbescheid nicht erhalten und im Übrigen nicht betrügen wollen.

Die Beklagte wies auf die zahlreichen Widersprüche im Vortrag des Klägers im Verwaltungs- wie gerichtlichen Vorverfahren und schließlich im Klageverfahren hin. Auch habe der Kläger das Geld in Empfang genommen. Hinsichtlich der für den streitgegenständlichen Zeitraum vorliegenden Schuldfähigkeit des Klägers verwies sie auf Äußerungen des Amtsgerichts A. - Strafgericht, insbesondere ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr.S. , welches keine Einschränkung unterhalb der Schwelle des § 21 StGB feststellen konnte und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 StGB ausgeschlossen habe.

Die 7. Kammer des SG München wies die Klage mit Urteil vom 16.07. 2002 im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Rücknahme der Be- willigung für die Vergangenheit beruhe auf unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben des Klägers, welche sich dieser zumindest zurechnen lassen müsse. Denn weder habe er mit G. ein unbefris- tetes Arbeitsverhältnis begründet, noch ein Bruttoarbeitsentgelt von DM 5.000,00 gezahlt. G. sei vielmehr als Mitarbeiter auf Provisionsbasis beschäftigt worden. Darüber hinaus habe der Kläger von dem Überweisungsbetrag in Höhe von DM 3.000,00 monatlich jeweils DM 500,00 als Bürokosten einbehalten. Soweit letzterer vortrage, den streitgegenständlichen Leistungsantrag nicht unterschrieben zu haben, werde auf seine zeitnahen Äußerungen vor dem Strafgericht verwiesen. Danach habe er zwar den Antrag nicht durchgelesen, aber sehr wohl unterschrieben. Dem von ihm unterschriebenen Antragsformular hätte er ohne weiteres entnehmen können, dass die beantragte Beschäftigungshilfe nur im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden konnte. Selbst unterstellt, der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt hätte vorgelegen, reiche dieses nicht zu einer Verneinung der groben Fahrlässigkeit. Der Kläger sei als Versicherungsmakler in besonderem Maße damit vertraut, welche Auswirkungen und Bedeutung die Unterschrift unter Anträgen habe. Eine mögliche psychische Beeinträchtigung aufgrund seines Scheidungsverfahrens seit Ende Juni 1995 ändere nichts daran, dass er noch im Stande sei, rechtserhebliche Erklärungen abzugeben und sich über deren Tragweite ein Bild zu machen. Insoweit habe sein Verteidiger schriftsätzlich darauf verwiesen, dass der von G. vorformulierte Arbeitsvertrag auf die Initiative des Klägers hin am 21.08.1995 umgewandelt worden und dabei festgehalten worden sei, dass G. als freier Mitarbeiter tätig war. Dies zeige, dass der Kläger in dieser Zeit durchaus fähig gewesen sei, die Tätigkeit des G. richtig einzuschätzen und einen abgeschlossenen unzutreffenden Arbeitsvertrag richtig zu stellen. Die Rücknahmeentscheidung sei auch hinsichtlich der Höhe und der Verzinsung nicht zu beanstanden.

III.

Gegen das am 12.09.2002 zugestellte Urteil des SG legte der Kläger am 14.10.2002 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) ein, welche er im Wesentlichen damit begründete, zwischen ihm und G. sei nicht vereinbart worden, dass eine Beschäftigung zu einem Gehalt von DM 5.000,00 monatlich erfolgen solle, vielmehr sollte eine Tätigkeit als freier Mitarbeiter geleistet werden. Er bezweifle nach wie vor, den Antrag unterschrieben zu haben. Selbst wenn dies doch erfolgt sei, dann lediglich aufgrund der Auffassung, G. benötige eine Bestätigung, dass er einer freien Tätigkeit nachginge. Es könne durchaus sein, dass er den Antrag auch ungelesen unterschrieben habe. Außerdem habe er die erhaltenen Förderbeträge nahezu vollumfänglich an G. weitergegeben. Er habe die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides nicht erkennen können, vielmehr geglaubt, bei den Zahlungen handle es sich um Unterstützungen des Landratsamtes, die im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit des G. gezahlt worden seien.

Demgegenüber verweist die Beklagte darauf, dass der Kläger zumindest grobfahrlässig unrichtige Angaben gemacht habe. Er habe sich auf dem Antrag als Arbeitgeber ausgegeben, obwohl lediglich eine freie Mitarbeit in Frage gekommen sei. Selbst wenn er blanko unterschrieben hätte, müsse er die Angaben des G. gegen sich gelten lassen. Denn selbst bei einem Überfliegen des Formulars hätte ihm auffallen müssen, dass hier eine Rechtswidrigkeit aufgrund falscher Angaben gegeben sei. Außerdem habe er Zahlungen entgegen genommen, ohne deren Ursprung zu ergründen. Dies bedinge insgesamt eine grobe Verletzung der Sorgfaltspflicht.

Der Senat hat neben den Streitakten des ersten Rechtszuges die Leistungsakte der Beklagten und die Strafakten der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Traunstein beigezogen. Nach dem Inhalt der Gerichtsakten hat sich der Kläger in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht A. am 21.10.1998 unter anderem dahingehend eingelassen, er habe den streitigen Antrag unterschrieben, jedoch weder gelesen noch ausgefüllt. Vom Arbeitsamt seien monatlich DM 3.000,00 an ihn überwiesen worden. Inhalt der Strafakten sind weiter Kontoauszüge der Hausbank des Klägers aus dem Jahre 1995, aus denen sich bei den Überweisungen des Arbeitsamtes P. deutlich der Verwendungszweck: laufende monatliche Beschäftigungshilfe für F. G. ergibt. Hinsichtlich der Verantwortungsfähigkeit des Klägers im Zeitraum Juni mit Dezember 1995 wird vollinhaltlich auf das vom Strafgericht eingeholte Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. T. S. vom 14.04.1998 Bezug genommen.

In der Berufungsverhandlung hat die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid dahingehend abgeändert, dasss der überzahlte Betrag mit 6 % jährlich zu verzinsen ist.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.07.2002 und den Bescheid vom 28.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.1997 sowie des Änderungsbescheides vom 29.07.2004 aufzuheben.

Die Beklagte stellt den Antrag, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.07.2002 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der oben aufgeführten Strafakten Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 29.07.2004.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mangels Vorliegens einer Beschränkung grundsätzlich statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung des Klägers, §§ 143 ff. SGG, erweist sich in der Sache als nicht begründet. Zu Recht hat das SG die zutreffend erhobene Anfechtungsklage abgewiesen.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 28.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11. 1997 sowie des Änderungsbescheides vom 29.07.2004, mit dem sie die Bewilligung von Beschäftigungshilfe mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen und die Erstattung des zu Unrecht gewährten Betrags von DM 12.000,00 einschließlich der hierauf anfallenden Zinsen gefordert hat.

Wie das SG überzeugend im Einzelnen dargelegt hat, war die Beklagte berechtigt, den bei Erlass unrichtigen Bewilligungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, § 9 der Richtlinien für die "Aktion Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose 1995 mit 1999" vom 16.02.1995 (BAnz. Nr.36 vom 21.02.1995) i.V.m. § 45 Abs.1, 2 Satz 3 Nr.2 SGB X i.V.m. § 152 Abs.2 AFG. Ein schützenswertes Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Bewilligung liegt nämlich nicht vor. Deren Rechtswidrigkeit beruht darauf, dass von Anfang an keine beitragspflichtige Beschäftigung des G. vorgelegen hat. Vielmehr hat der Kläger, der eigenen Angaben im erstinstanziellen Verfahren zufolge nicht in der Lage gewesen ist, einem Angestellten in seiner Versicherungsagentur ein Gehalt zu zahlen, am 02.08.1995 einen förmlichen Arbeitsvertrag auf unbestimmte Dauer geschlossen, welchen er bereits am 21.08.1995 rückwirkend dergestalt änderte, dass G. ab Vertragsbeginn als freier Mitarbeiter auf Provisionsbasis beschäftigt war, ohne dass dies dem Arbeitsamt mitgeteilt worden wäre und obwohl ihm der Inhalt der Richtlinien zur Durchführung der aktiven Beschäftigungshilfe sowie der hierzu ergangenen Hinweise zumindest bekannt gewesen sein muss. Selbst wenn er den Leistungsantrag nur oberflächlich gelesen haben sollte, hat er mit seiner Unterschrift auch die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben übernommen und ist weiter die dort im Einzelnen geregelten Verpflichtungen eingegangen. Dies muss er sich angesichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Belehrung durch Merkblätter zurechnen lassen, wie im Einzelnen weiter unten dargelegt wird. Er hat die Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße (grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X) ist dann verletzt, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet worden ist, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss, vgl. BSGE 42.184 (187). Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff, BSGE 35.108 (112)). Bezugspunkt für das grobfahrlässige Nichtwissen ist schon nach dem Wortlaut des § 45 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, also das Ergebnis der Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung durch die Behörde.

Mit dem BSG, vgl. SozR 5870 Nr.1 zu § 13 BKGG u.a., begründet die Nichtbeachtung nachweislich ausgehändigter Hinweise zu einem konkreten Leistungstatbestand im Allgemeinen grobe Fahrlässigkeit, wenn diese wie vorliegend so abgefasst waren, dass der Begünstigte deren Inhalt erkannt hat und die Aushändigung noch nicht lange zurücklag. In gleicher Weise liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Betroffene die Hinweise nicht gelesen hat, vgl. BSG vom 17.03.1981, 7 RAr 20/80. Die Berücksichtigung der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, des Einsichtsvermögens und des Verhaltens des langjährig als selbständiger Versicherungsmakler tätig gewesenen Klägers sowie der besonderen Umstände des Falles führen insoweit zu keiner anderen Beurteilung. Aufgrund der nicht erfüllten Förderungsvoraussetzungen eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses mit G. in Verbindung mit der unterschriftlichen Versicherung des Klägers auf dem Leistungsantrag, hat letzterer auch zumindest grob fahrlässig nicht gewusst, dass der sich aus der streitgegenständlichen Bewilligung ergebende Anspruch auf Beschäftigungshilfe wegen der von Anfang an fehlenden Arbeitnehmereigenschaft des G. nicht gegeben war. Angesichts der in sämtlichen vorliegenden Akten dokumentierten Gewandtheit des Klägers und dessen Fähigkeit, seine Interessen nachdrücklich zu vertreten, lassen sich Gründe für ein Absehen vom Vorwurf der zumindest groben Fahrlässigkeit nicht erkennen. Auch die Behauptung, bei den vom Arbeitsamt auf sein Bankkonto überwiesenen Geldbeträgen habe es sich um Fördermaßnahmen im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit oder um eine Rente des G. gehandelt, ist anhand der in den Strafakten vorliegenden Überweisungsbelege widerlegt. Denn der Verwendungszweck der Beschäftigungshilfe für G. ist jeweils deutlich angegeben. Soweit sich der Kläger im Übrigen auf eine von seinem behandelnden Internisten ursprünglich auf einen engen Zeitraum von einer Woche befristete Unzurechnungsfähigkeit beruft, ist der hier streitgegenständliche Zeitraum der Antragstellung und Förderung nicht betroffen. Wie dem in den Strafakten enthaltenen neurologischen und psychiatrischen Gutachten des Medizinaldirektors Dr.S. vom 14.04.1998 zu entnehmen ist, kann nach dem Ausmaß und der Qualität der in dem Zeitraum Juni mit Dezember 1995 vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen im Fachbereich des Sachverständigen ausgeschlossen werden, dass die Voraussetzungen des § 20 StGB vorgelegen haben und die Steuerungsfähigkeit des Klägers oberhalb der rechtserheblichen Schwelle des § 21 StGB eingeschränkt gewesen ist.

Schließlich hält auch die geltend gemachte Erstattungsforderung einer rechtlichen Überprüfung stand. Infolge der Aufhebung der zugrunde liegenden Bewilligungen ist der Kläger zu Recht zur Rückzahlung der in diesem Zeitraum gewährten Beschäftigungs- hilfe verpflichtet, § 50 Abs.1 SGB X. Die Forderung, gegen die der Höhe nach Einwendungen nicht erhoben worden sind, ist auch rechnerisch nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die zum Schluss der mündlichen Verhandlung geforderten Zinsen, § 44 a Abs.3 Satz 1 der Bundeshaushaltsordnung, Art.6 des Gesetzes zur Änderung verwaltungsrechtlicher Vorschriften vom 2. Mai 1996 (BGBl.I S.656).

Der Senat verweist im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen sozialgerichtlichen Urteils und sieht insoweit von einer eigenen weiteren Darstellung ab, § 153 Abs.2 SGG.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang konnte die Beklagte, welche für das Berufungsverfahren keine Veranlassung gegeben hat, nicht zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet werden, die dem Kläger zu dessen zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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