L 3 KA 526/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 42 KA 5265/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 KA 526/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 06.05.2003 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Ziffer II. aufgehoben wird.
II. Der Kläger hat der Beklagten deren außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten; im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten herrscht Streit über die Rechtmäßigkeit von sachlich-rechnerischen Berichtigungen der Honorarabrechnungen für die Quartale 1 bis 4/1997 und 1/1998, weil der Kläger Leistungen nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) bzw. der Anlage 1 der Gebührenordnung des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte der Nrn. 54 b und c (nachfolgend nur Bema-Nr. 54 b und c) bei Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Zähnen mehrfach abrechnete.

Der Kläger betreibt eine Zahnarztpraxis in M. und ist zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Am 06.08.1999 teilte ihm die Beklagte mit, dass das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 = SozR 3-5555 § 10 Nr.1 - entschieden habe, es sei nicht zulässig, bei Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Zähnen in einer Sitzung diese Leistung nach der Bema-Nr. 54 b oder c mehrfach, d.h. pro Wurzel abzurechnen. Vielmehr sei diese Resektion, wenn sie in derselben Sitzung erbracht werde, nur einmal zu berechnen. Sie sei daher gehalten, die mehrfach abgerechneten Positionen zu berichtigen, lege eine Liste bei, in der die einzelnen Abrechnungsfälle, geordnet nach Rechnungskassen, Patienten, Behandlungsdaten, jeweiliger Bema-Nummer und abgerechnetem Betrag aufgeführt seien, und kündige an, die sich daraus ergebende Berichtigungssumme in Höhe von 3.885,49 DM für das Quartal 1/1997 zum 27.09.1999 zu buchen.

Dagegen legte der Kläger vorsorglich Widerspruch ein, um - wie er meinte - die aufschiebende Wirkung herzustellen. In dem mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenem Bescheid vom 21.01.2000 erklärte die Beklagte, der Widerspruch habe keine aufschiebende Wirkung und es verbleibe bei der Rückbelastung der bereits bekannt gegebenen Summe. Dagegen erhob der Kläger ebenfalls Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, die Rückbelastung zum 27.09.1999 sei formell und materiell rechtswidrig, da das Schreiben vom 06.08.1999 keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten habe. Außerdem bestehe keine Rechtsgrundlage für die Berichtigung, weil er korrekt entsprechend der Empfehlung der Beklagten in der von ihr herausgegebenen Abrechnungsmappe abgerechnet habe. Auf das Urteil des BSG könne keine rückwirkende Berichtigung gestützt werden. Es komme nur eine Berichtigung für die Zukunft in Betracht. Im Übrigen berufe er sich auf Vertrauensschutz, der sich aus § 45 des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X) ergebe. Mit weiterem förmlichen Bescheid vom 15.02.2000 stellte die Beklagte nochmals fest, dass es bei ihrer Entscheidung bleibe. Eine unterlassene Rechtsbehelfsbelehrung bewirke lediglich, dass für die Einlegung eines Rechtsbehelfs die Jahresfrist gelte. Sie sei im Übrigen verpflichtet, eine Berichtigung durchzuführen. Das BSG habe mehrfach entschieden, dass § 45 SGB X keine Anwendung im Bereich des Vertrags(zahn)arztrechts finde. Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.

In der Sitzung der Widerspruchsstelle für sachlich-rechnerische Berichtigung vom 16.08.2000 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Kassen - so führte die Beklagte aus - hätten fristgerechte Anträge gestellt, die jedoch zunächst bis zur Entscheidung des BSG zurückgestellt worden seien. Im Rundschreiben vom 25.11.1998 habe sie alle Mitglieder auf diese Sachlage hingewiesen. Das BSG habe über die Rechtmäßigkeit der Abrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b abschließend entschieden. Die dort genannten Gründe seien ohne weiteres auf die Bema-Nr. 54 c zu übertragen. Vertrauensschutz in Anwendung des § 45 SGB X komme nicht in Betracht. Mit Bescheid vom 21.09.2000 gab sie ihre Entscheidung dem Kläger bekannt.

In gleicher Weise führte die Beklagte sachlich-rechnerische Berichtigungen für die Quartale 2/1997, 3/1997, 4/1997 und 1/1998 wegen der Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b und c durch. Sie wies jeweils auf das Urteil des BSG vom 13.05.1998 hin, kündigte entsprechende Belastungen an, wobei sie dies für die Quartale 2/1997 und 3/1997 zunächst mit formlosen Bescheiden vom 20.03.2000 und wiederholend in mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheiden vom 07.06.2000 umsetzte. Sie machte Rückbelastungen infolge der Berichtigungen für 2/1997 in Höhe von DM 3.341,66, für 3/1997 in Höhe von DM 3.193,53 (jeweils in Bescheiden vom 07.06.2000 i.d.F. von Widerspruchsbescheiden vom 21.09.2000), für 4/1997 in Höhe von DM 2.618,75 (Bescheid vom 04.07.2000 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2000) und für 1/1998 in Höhe von DM 3.001,43 (Bescheid vom 27.10.2000 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2001) geltend. Insgesamt behielt sie DM 16.039,86 (= EUR 8.201,57) ein.

Gegen alle vorgenannten Bescheide hat der Kläger jeweils fristgerecht Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben. Diese zunächst unter verschiedenen Aktenzeichen (S 42 KA 5265/00; S 42 KA 5266/00; S 42 KA 5267/00 und S 42 KA 5088/01) geführten Verfahren hat das SG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger hat seine Klagen damit begründet, dass den Berichtigungsbescheiden eine Rechtsgrundlage fehle. Die ursprünglichen Quartalshonorarbescheide seien nicht unter dem Vorbehalt einer späteren Berichtigung im Hinblick auf die - der Beklagten bekannten - streitige Abrechenbarkeit von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 erlassen worden. Diese seien bestandskräftig geworden. Die Beklagte habe die Berichtigung ohne oder gemäß ihm nicht bekanntgemachter Anträge der Kassen vorgenommen und damit das in §§ 15, 16 GV-Z vereinbarte Verfahren nicht eingehalten. Schon aus diesem Grunde sei das Vorgehen der Beklagten rechtswidrig. Für eine Berichtigung von Amts wegen fehle der Beklagten die Kompetenz. Abgesehen davon müßten Prüfungen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit und Wirtschaftlichkeit unverzüglich nach Einreichen der Quartalsabrechnung durchgeführt werden, ansonsten erlange der darauf ergehende Honorarbescheid Bestandskraft. Eine Frist von vier Jahren für eine Berichtigung - wie die Beklagte meine - sei nirgendwo festgehalten. Außerdem komme es auf die Fehlerhaftigkeit zum Zeitpunkt der Honorarabrechnung an. Er habe sich bei der jeweiligen Quartalsabrechnung an die Vorgaben der Beklagten gehalten, die selbst die Mehrfachabrechnung empfohlen habe. Eine Unrichtigkeit habe zum Zeitpunkt der Abrechnung nicht sondern erst ab der Entscheidung des BSG vom 13.05.1998 vorgelegen. Auch könne er sich auf Vertrauensschutz berufen, bei dem auf den Empfängerhorizont abzustellen sei. Er habe erst einige Zeit nach dem BSG-Urteil von der nicht zulässigen Mehrfachabrechnung erfahren. Die Beklagte hätte ausschließlich nach § 45 SGB X vorgehen müssen.

Das SG hat die betroffenen Kassen bzw. deren Verbände beigeladen.

Mit Urteil vom 06.05.2003 hat das SG die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, Quartalshonorarbescheide seien grundsätzlich vorläufig und könnten innerhalb einer Frist von vier Jahren berichtigt werden. § 45 SGB X greife insoweit nicht ein. Der Kläger könne auch keinen Vertrauensschutz für sich in Anspruch nehmen, weil zum einen die Beklagte "aktiv kommuniziert" habe, dass die Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 streitig sei, sie auch ohne Antrag der Kassen zur Berichtigung berechtigt war und die Abrechenbarkeit der Bema-Nr. 54 b und c innerhalb der tatsächlich durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung für das betroffene Quartal auch nach der Einlassung des Klägers nicht Gegenstand war. Im Kostenpunkt hat es entschieden, die notwendigen Kosten des Klägers seien nicht zu erstatten.

Gegen das Urteil des SG vom 06.05.2003 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er wie im erstinstanziellen Verfahren vorgebracht, die Beklagte habe kein Recht zur Berichtigung seiner Meinung nach bestandskräftiger Honorarbescheide gehabt. Ergänzend hat er darauf hingewiesen, die Honorarabrechnungsbescheide seien nicht mit einem Vorbehalt versehen gewesen, so dass er von der Endgültigkeit der an ihn ausgezahlten Quartalshonorare habe ausgehen können. Insoweit bestehe zu seinen Gunsten Vertrauensschutz. Dies gelte umsomehr, als die Beklagte zu den Abrechnungen der Quartale 1/1997 bis 4/1997 und 1/1998 bereits Berichtigungen vorgenommen und die Abrechnungen der Quartale 2/1997 und 1/1998 einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen habe. In solchen Fällen habe das BSG, zuletzt in den Urteilen vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R - und vom 26.06.2002 - B 6 KA 6/01 R eine Vertrauensabwägung gefordert. Die Beklagte hat durch die vom Kläger zitierten Urteile des BSG im Gegensatz dazu die Rechtmäßigkeit ihres Handelns bestätigt gesehen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 06.05.2003 und Aufhebung der Bescheide vom 06.08.1999, 21.01.2000, 15.02.2000 sowie der Bescheide jeweils vom 20.03.2000, 07.06.2000 und 04.07.2000, alle jeweils in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 21.09.2000, sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 27.10.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2001 zu verurteilen, den berichtigten Gesamtbetrag in Höhe von 8.201,57 EUR auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 06.05.2003 zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 1 schließt sich dem Antrag der Beklagten an. Die weiteren Beigeladenen stellen keine Anträge.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie nach § 143 i.V.m. § 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 06.08.1999, 21.01.2000, 15.02.2000, 20.03.2000, 07.06.2000 und 04.07.2000 in der Fassung der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 21.09.2000 sowie der Bescheid vom 27.10.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2001 entsprechen der Sach- und Rechtslage. Die Beklagte war berechtigt, die Honorarbescheide des Klägers für die Quartale 1 bis 4/1997 und 1/1998, soweit darin die Bema-Nr. 54 b bzw. c bei Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Zähnen bei Patienten in derselben Sitzung mehrfach abgerechnet wurde, zu berichtigen. Sie konnte den überzahlten Betrag zurückfordern bzw. mit dem laufenden Honoraranspruch des Klägers verrechnen. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen.

Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Berichtigung ist aus § 75 Abs.1 und Abs.2 Satz 2 1.Halbsatz des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) und den gesamtvertraglichen Bestimmungen des § 19 a des Bundesmantelvertrages für Zahnärzte (BMV-Z) bzw. § 16 GV-Z im Primärkassenbereich und des § 12 Abs.1 Satz 1 des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) im Ersatzkassenbereich abzuleiten. Danach obliegt es der Beklagten, die vom Vertragszahnarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenmäßig zu prüfen und gegebenenfalls zu berichtigen. Hierzu ist sie von Amts wegen verpflichtet. Daneben besteht die Möglichkeit, dass Kassen ihrerseits Anträge stellen, um damit ein Prüfungsverfahren durch die Beklagte einzuleiten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 24.08.1994 - 6 RKA 20/93; vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R; vom 12.12.2001 und vom 26.06.2002, beide a.a.O.) kann eine Berichtigung der Honorarabrechnung eines Vertragszahnarztes auch dann noch erfolgen, wenn aufgrund der eingereichten Abrechnungen bereits Auszahlungen an ihn geleistet wurden. Der Vertragszahnarzt hat dann das zuviel erhaltene Honorar zurückzahlen bzw. die Beklagte kann mit Ansprüchen des Zahnarztes aus einer späteren Honorarabrechnung aufrechnen.

Aufgrund dieser rechtlichen Befugnis und Verpflichtung war die Beklagte bereits von Amts wegen - und nicht erst wie der Kläger meint, aufgrund von Berichtigungsanträgen der Kassen - berechtigt, die vom Kläger in den nach Krankenkassen geordneten, aufgelisteten und namentlich benannten Fällen mehrfach in Rechnung gestellten Gebühren nach der Bema-Nr. 54 b und c zu berichtigen. Es trifft zwar zu, dass die Kassen innerhalb der gesamtvertraglich vereinbarten Fristen Berichtigungsanträge genereller Art im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des BSG gestellt und diese dem Kläger nicht bekannt gegeben waren. Auf die Kenntnis des Klägers solcher Anträge kommt es jedoch nicht an, weil die Beklagte, wie bereits ausgeführt, ohnehin eine Berichtigung von Amts wegen entsprechend dem Urteil des BSG vom 13.05.1998 durchführen konnte.

Darin hatte das BSG entschieden, dass bei einer Wurzelspitzenresektion an einem Seitenzahn, auch wenn mehrere Wurzelspitzen reseziert werden, die Bema-Nr. 54 b nur einmal abrechenbar ist. Ausgangspunkt der vom BSG getroffenen Entscheidung war das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 27.11.1996, das anders als das Landessozialgericht Schleswig-Holstein im Urteil vom 02.07.1991 die Abrechnung der Resektion mehrerer Wurzelspitzen an einem mehrwurzeligen Zahn in einer Sitzung nur einmal für zulässig erachtete. Das BSG stellte klar, dass unter den verschiedenen in Betracht kommenden Auslegungsregeln und unter dem gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbaren Gesichtspunkt der Angemessenheit der Vergütung eine Mehrfachabrechnung nicht rechtens sei. Hätten die Vertragspartner, die allein für die Festlegung der Gebührenabrechnung zuständig sind, eine Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 b, nämlich je Wurzel bei Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Zähnen gewollt, so hätten sie dies durch einen eindeutigen Wortlaut und einen entsprechenden Zusatz deutlich machen müssen. Da sie dies nicht taten und sich aus der Entstehungsgeschichte der Bema-Nr. 54 b nichts anderes herleiten lasse, bestehe kein Raum für eine erweiternde Auslegung. Insoweit bleibe es, wenn in derselben Sitzung mehrere Wurzelspitzen eines mehrwurzeligen Seitenzahnes reseziert werden mussten, obwohl damit i.d.R. ein Mehraufwand verbunden sei, beim einfachen Ansatz der Bema-Nr. 54 b.

Soweit der Kläger die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen auch bezüglich der Bema-Nr. 54 c rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Ausführungen des BSG im Urteil vom 13.05.1998 auf die Abrechenbarkeit der Bema-Nr. 54 c ohne weiteres übertragbar sind. Dass die Mitglieder des Bewertungsausschuss im Jahr 2004 eine andere Bewertung für Wurzelspitzenresektionen beschlossen und dies durch einen eindeutigen Wortlaut klar stellten, führt zu keiner anderen Entscheidung. Denn bei der hier erhobenen Anfechtungsklage war das Recht anzuwenden, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes galt (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 54 Anm. 32). Die Neufassung ab 2004 kann somit nicht maßgeblich sein.

Damit steht fest, dass die Mehrfachabrechnung der Bema-Nrn. 54 b und c durch den Kläger bereits zum Zeitpunkt seiner Honoraranforderung für die Quartale 1 bis 4/1997 und 1/1998 nicht der Rechtslage entsprach. Die Quartalshonorarabrechnungen waren unrichtig und daher zu berichtigen.

Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dieser Berichtigungsbefugnis der Beklagten nicht entgegen. Honorarbescheide ergehen grundsätzlich unter dem Vorbehalt der späteren Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit. Dies betonte das BSG zuletzt in seinen Urteilen vom 31.10.2001 und vom 12.12.2001 (beide a.a.O.). Denn, so führte das BSG aus, nur so lasse sich erreichen, dass die Vertrags(zahn)ärzte möglichst rasch zu ihrem Honorar kommen und eine endgültige Prüfung mit einer eventuellen Berichtigung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann. Schließlich liegt es im Interesse der Zahnärzte, so schnell wie möglich Honorar zu erhalten. Als Kehrseite dieser Begünstigung müssen sie es hinnehmen, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Berichtigung stattfindet. Ein Vertrauensschutz auf den Bestand der Honorarabrechnung ist insoweit nicht gegeben. Die Bestimmungen über die Befugnisse der Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich korrigieren zu können, verdrängen die Regelung des § 45 SGB X in ihrem Anwendungsbereich. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen im Sinne des § 37 Satz 1 des Ersten Sozialgesetzbuches (SGB I) dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich aufgrund von Normen der Reichsversicherungsordnung und später des SGB V erlassen worden sind. Dabei ist die Berichtigungsbefugnis nicht auf die Fälle beschränkt, in denen dem Vertrags(zahn)arzt ein Fehler, z.B. die unrichtige Handhabung der Gebührenordnung, anzulasten ist. Vielmehr ist einzige Voraussetzung die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt. Auf den Vortrag des Klägers, er habe bis zu dem Rundschreiben der Beklagten vom 25.11.1998 nicht gewusst, dass die Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b umstritten bzw. sogar rechtswidrig sei, kommt es nicht an. Vertrauensschutz entsteht zudem nicht bereits dadurch, dass die Beklagte nicht unverzüglich die vom Vertragszahnarzt vorgelegte Abrechnung beanstandet. Vielmehr kann sie einen Zeitraum von vier Jahren, beginnend mit der Bekanntgabe des Honorarbescheides an den Zahnarzt, nutzen und von ihrem Recht zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung oder zur Wirtschaftlichkeitsprüfung Gebrauch machen. Erst nach Ablauf dieser Ausschlussfrist kommt eine Berichtigung nicht mehr in Betracht, auch wenn dies gesetzlich nicht verankert ist. Das BSG leitet eine solche Ausschlussfrist aus dem Rechtstaatsprinzip ab. Zugunsten des Vertragsarztes dürfe es keine zeitlich unbegrenzte Berichtigungsmöglichkeit geben; vielmehr müsse ab einem bestimmten Zeitpunkt Rechtssicherheit bestehen. In Anlehnung an die im Sozialrecht in verschiedenen Bestimmungen normierte Verjährungsfrist von vier Jahren sei für die hier in Rede stehende Ausschlussfrist ebenfalls ein solcher Zeitraum angemessen (BSG vom 16.06.1993 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 19 m.w.N., vom 15.11.1995 = SozR 3-5535 Nr.119; vom 10.05.1995 - 6 RKA 17/94; vom 12.12.2001, a.a.O.). Die Ausschlussfrist von vier Jahren war für keinen der Quartalsbescheide ab 1/1997 zum Zeitpunkt des Erlasses des jeweiligen Berichtigungsbescheids, selbst wenn man den späteren förmlichen Bescheid zugrunde legt, abgelaufen.

Der Einwand des Klägers, durch die Berichtigungen der Quartalsabrechnungen 1/1997 bis 4/1997 und 1/1998 bzw. die Wirtschaftlichkeitsprüfung in den Quartalen 2/1997 und 1/1998, die sich aus den vom ihm vorgelegten Bescheiden ersehen lassen, hätten die Honorarbescheide für die Quartale 1 - 4/1997 und 1/1998 ihre Vorläufigkeit verloren mit der Folge, dass spätere Berichtigungen nur noch nach § 45 SGB X vorgenommen werden könnten, ist nicht begründet. Bei Durchsicht der als Anlage dem Schreiben des Klägers vom 09.08.2004 beigefügten Bescheide der Beklagten geht zwar hervor, dass Ansätze verschiedener Gebührentatbestände korrigiert wurden, nicht jedoch die Mehrfachabrechnung von Leistungen der Bema-Nr. 54 b oder c. Diese Gebührenziffer wird lediglich im Berichtigungsbescheid vom 17.06.1997 - das Quartal 1/1997 betreffend - genannt. Die Beanstandung betraf aber nicht die Mehrfachabrechnung sondern den Ansatz der Bema-Nr. 54 b neben einer Zahnentfernung oder der Bema-Nr. 55 am selben Zahn. Richtig ist, dass die Beklagte, dem Widerspruch des Klägers insoweit abhalf. Dies ändert aber nichts an der Rechtslage.

Aus dem vom Kläger vorgelegten Beschluss des Prüfungsausschusses Niederbayern/Oberpfalz gem. § 106 SGB V vom 15.11.1999, der die Quartalsabrechnung 1/1998 betraf, lassen sich ebensowenig Anhaltspunkte für ein Verhalten der Beklagten erkennen, das beim Kläger ein besonderes Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Mehrfachabrechnung von Leistungen der Bema-Nr. 54 b oder c hätte fördern können. Der Prüfungsausschuss teilte u.a. mit, er verzichte auf eine eventuell notwendige diesbezügliche Berichtigung, weil die Verbände der Krankenkassen nach Aussage der Beklagten Antrag auf sachlich-rechnerische Richtigstellung gestellt hätten. Dieser Zusatz kann bei objektiver Betrachtung nur dahin verstanden werden, dass der Prüfungsausschuss auf die Prüfung von Leistungen der Bema-Nr. 54 b und c verzichtete, weil er in Anbetracht der schon von den Kassen beantragten Prüfungen für sich keine Kompetenz - auch keine Annexkompetenz - sah.

Es liegt kein der Entscheidung des BSG vom 26.06.2002 (a.a.O.) vergleichbarer Fall vor. Darin war auf den Widerspruch des Arztes die zuvor ausgesprochene Gebührenberichtigung wieder zurückgenommen worden. Bei dieser Konstellation sei - so das BSG - die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben worden, als dass dann nur noch nach § 45 SGB X berichtigt werden könne. Aus dieser Formulierung, vor allem aus dem Wort "insoweit" folgt, dass ein Vertrauensschutz nur dann geschaffen wird, wenn eine bestimmte Berichtigung erfolgte und genau diese wieder rückgängig gemacht wurde. Vergleichbares trifft hier nicht zu. Es ist nicht vertretbar, einen umfassenden Ausschluss späterer Berichtigungen anzunehmen, wenn nur in Teilen richtig gestellt wurde. Zum einen wäre dann die Beklagte gut beraten, etwaige Berichtigungsgründe zu sammeln und kurz vor Ablauf der 4-jährigen Ausschlussfrist umfassend zu berichtigen, was einer schnellen, auch im Interesse des betroffenen Zahnarztes liegenden Klärung zu widerlaufen würde. Zum anderen wäre derjenige Arzt vor jedweder späteren Berichtigung geschützt, dessen Honorarabrechnung zunächst, weil Fehler schnell erkennbar waren, in einem unwesentlichen, wirtschaftlich unbedeutenden Teil berichtigt wurde und sich erst später andere, ins Gewicht fallende Unrichtigkeiten offenbarten. Dieses Argument nimmt auch der Kläger für sich in Anspruch. Er zieht allerdings hieraus den - für den Senat nicht überzeugenden - Schluss, demgemäß müsse jeder Quartalshonorarbescheid zu Lasten der Beklagten als bestandskräftig gelten mit der Folge, dass Berichtigungen nur noch nach § 45 SGB X möglich wären. Die grundsätzliche Vorläufigkeit von Quartalsbescheiden wurde bereits dargelegt. Im Übrigen wird nicht ersichtlich, warum sich aus den vom Kläger vorgelegten Berichtigungsbescheiden in ihm die Vorstellung entwickeln musste, er könne auf die Zulässigkeit der Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b und c vertrauen.

Der Kläger kann sich, um die Aufhebung der Berichtigungen und die Rückzahlung des einbehaltenen Honorars zu erreichen, auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte die ursprünglichen Honorarbescheide nicht mit einem Vorbehalt der späteren Berichtigung und Kürzung versah. Sie hätte, so meint der Kläger, auf den vor dem SG Kiel anhängigen Rechtsstreit hinweisen müssen. Nach Auffassung des Senats wäre es völlig überzogen, wollte man von der Beklagten fordern, sie habe auf die zahlreichen streitigen Gebührenansätze und die in der gesamten Bundesrepublik diesbezüglich anhängigen Verfahren hinzuweisen und Honorarbescheide unter einen konkret zu bezeichnenden Vorbehalt zu stellen. Anderes gilt, wenn die Unrichtigkeit des Regelwerkes, wie des Honorarverteilungsmaßstabs, dessen Anwendung in den Verantwortungsbereich der Beklagten fällt und auf dem die gesamte Honorarabrechnung beruht, streitbefangen ist. Unrichtigkeiten beim Ansatz einzelner Gebühren gehören hingegen zum typischen Risiko des Vertragsarztes. Mit Berichtigungen muss er rechnen. Es kann ihm zugemutet werden, den Wegfall einzelner - wirtschaftlich nicht existenzgefährdender - Honorarposten ins Kalkül zu ziehen.

Der Senat kommt zum Ergebnis, dass hier kein besonderer Fall vorliegt, bei dem ausnahmsweise Vertrauensschutzgesichtspunkte analog § 45 SGB X beachtet werden müßten. Die von der Beklagten zu den Quartalen 1 bis 4/1997 und 1/1998 erlassenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 06.05.2003 war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 Abs.1 und Abs.4 SGG in der bis zum 02.01.2001 geltenden Fassung. Ziffer II des Urteils erster Instanz war i.S.d. Klarstellung aufzuheben und es war auszusprechen, dass der Kläger der Beklagten die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten hat und im Übrigen keine Kosten zu erstatten sind.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe, die die grundsätzliche Bedeutung nahelegen würden, nicht zu erkennen sind und bezüglich der vom Kläger angesprochenen Streitpunkte bereits höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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