L 3 KA 532/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KA 5263/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 KA 532/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten, im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Berichtigung der Quartalsabrechnungen 1 - 3/1997 wegen der mehrfachen Berechnung von Leistungen nach der Nr. 54 b und c des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) bzw. der Anlage 1 der Gebührenordnung des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (nachfolgend nur Bema-Nr. 54 b und c).

Der Kläger nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung als niedergelassener Zahnarzt in E. teil. Mit Schreiben vom 06.08.1999 wies ihn die Beklagte darauf hin, dass nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 = SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 eine Wurzelspitzenresektion entsprechend der Bema-Nr. 54 nur einmal je Zahn und Sitzung abrechenbar sei, selbst wenn mehrere Wurzelspitzen an einem mehrwurzeligen Zahn zu resezieren seien. Sie werde daher die Berichtigung solcher Fälle im Quartal 1/1997 zum Ende des Quartals 3/1999 durchführen und sein Honorarkonto mit DM 1.963,86 (= Euro 1.004,11) belasten. Die im einzelnen zu berichtigenden Fälle seien der nach Rechnungskassen, Patienten, Behandlungsdaten, jeweiliger Bema-Nr. und abgerechnetem Betrag geordneten Anlage zu entnehmen.

Ein Schreiben entsprechenden Inhalts richtete die Beklagte am 15.11.1999 bezüglich der Honorarabrechnung für das Quartal 2/1997 und ein weiteres Schreiben am 04.02.2000 für das Quartal 3/1997 an den Kläger. Der zu berichtigende Betrag für das Quartal 2/1997 wurde mit DM 3.714,62 (= Euro 1.899,26) und für das Quartal 3/1997 mit DM 2.421,53 (= Euro 1.238,11) angegeben.

Am 07.06.2000 erteilte die Beklagte mit Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheide, in denen sie die angekündigten Berichtigungen mit den entsprechenden Honorarkürzungen wiederholte.

Gegen die Berichtigungsbescheide vom 06.08.1999, 15.11.1999 und 04.02.2000 sowie gegen den Bescheid vom 07.06.2000 erhob der Kläger jeweils Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, die Buchungsanzeigen erfüllten nicht die Voraussetzungen für die Aufhebung eines bereits bestandskräftigen Honorarbescheids. Eine gesetzliche oder vertragliche Rechtsgrundlage gebe es hierfür nicht. § 16 des Bayerischen Gesamtvertrages (GV-Z) begründe ein Nachprüfungsrecht nur dann, wenn die Krankenkassen fristgerechte Anträge gestellt hätten. Nur bei offensichtlicher Unrichtigkeit könne die Beklagte ohne solche Anträge korrigierend eingreifen. Ein Fall der offensichtlichen Unrichtigkeit liege nicht vor. Die Abrechnungen der Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b und c habe er nach der von der Beklagten herausgegebenen Vertragsmappe korrekt vorgenommen. Im Übrigen seien die für Berichtigungen geltenden Fristen abgelaufen, die mit dem Eingang der Abrechnungsunterlagen bei der Beklagten in Lauf gesetzt würden. Die Bescheide seien auch nicht mit einer dem § 35 Abs.1 des Zehnten Sozialgesetzbuchs (SGB X) entsprechenden Begründung versehen. Zu seinen Gunsten bestehe ein Vertrauensschutz. Eine Berichtigung könne nur mit Wirkung für die Zukunft vorgenommen werden. Die Beklagte entgegnete, die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen der Honorarbescheide der Abrechnungszeiträume 1 - 3/1997 führe sie auf Grund fristgerechter Anträge der Krankenkassen bzw. deren Verbände von Amts wegen durch. Zahnarztbezogene Einzelanträge der Kassen lägen nicht vor. Der vom Kläger behauptete Vertrauensschutz greife nicht ein. Nach der Rechtsprechung des BSG gelte für Berichtigungen eine 4-jährige "Verjährungsfrist", welche hier nicht abgelaufen sei. Aus diesen Gründen müsse es bei der Rückbelastung bleiben.

Über die Widersprüche entschied die Beklagte in der Sitzung der Widerspruchsstelle für sachlich-rechnerische Berichtigungen am 16.08.2000. Sie wies die Widersprüche zurück und beließ es bei der Rückforderung von insgesamt DM 8.100,01 (= Euro 4.141,47). Ihr hätten, so führte sie aus, fristgerechte Anträge der Krankenkassen im Hinblick auf das vor dem BSG anhängige Verfahren vorgelegen. Dies habe sie ihren Mitglieder im Rundschreiben Nr.10 vom 25.11.1998 mitgeteilt. Durch das Urteil des BSG vom 13.05.1998 sei die Abrechenbarkeit von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b abschließend geklärt worden. Für die Bema-Nr. 54 c gelte nichts anderes. Honorarbescheide ergingen ohnehin unter dem Vorbehalt einer späteren Berichtigung. Vertrauensschutzgesichtspunkte nach § 45 SGB X seien nach der Rechtsprechung des BSG nicht zu berücksichtigen. Die Entscheidung der Widerspruchsstelle gab sie dem Kläger mit Bescheid vom 21.09.2000 bekannt.

Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben und beantragt, die Bescheide vom 07.06.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2000 aufzuheben und den berichtigten Betrag von insgesamt DM 8.100,01 auszuzahlen. Das SG hat die AOK Bayern, den Landesverband Bayern der Betriebskrankenkassen und den Funktionellen Landesverband der Landwirtschaftlichen Krankenkassen in Bayern mit Beschluss vom 13.02.2001 beigeladen. Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger u.a. vorgetragen, die Beklagte habe bereits eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarbescheide zu den Quartalen 2/1997, 4/1997 und 2/1998 durchgeführt und in bestandskräftigen Bescheiden vom vom 17.09.1998, 22.06.1999 und 22.07.1999 hierüber entschieden. Sie habe sogar einen Teilabhilfebescheid zur Honorarabrechnung des Quartals 2/1997 erteilt. Eine nochmalige Überprüfung könne nur noch unter Beachtung der Vorgaben des § 45 SGB X durchgeführt werden. Er verweise auf die Entscheidung des BSG vom 09.05.1990 - 6 RKA 5/89.

Mit Urteil vom 29.08.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Berichtigung hinsichtlich der Bema-Nr. 54 b und c bejaht, der Entscheidung des BSG vom 13.05.1998 zugestimmt und sich im Übrigen auf die Widerspruchsbegründung der Beklagten bezogen.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und diese damit begründet, er habe erstmals durch das Rundschreiben Nr.10 vom 25.11.1998 Kenntnis davon erlangt, dass die Abrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 streitbefangen sei. Für eine Berichtigung von Abrechnungen vor diesem Zeitpunkt finde sich kein Rechtsgrund. Die Honorarabrechnungsbescheide seien nicht mit einem Vorbehalt versehen gewesen, so dass er von der Endgültigkeit der an ihn ausgezahlten Quartalshonorare habe ausgehen können. Insoweit bestehe zu seinen Gunsten Vertrauensschutz. Dies gelte umsomehr, als die Beklagte bezüglich der Abrechnungen der Quartale 2/1997, 4/1997 und 2/1998 bereits Berichtigungen vorgenommen und die Abrechnung des Quartals 1/1998 einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen habe. In solchen Fällen habe das BSG, zuletzt in den Urteilen vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R - und vom 26.06.2002 - B 6 KA 6/01 R eine Vertrauensabwägung gefordert. Die Beklagte hat durch die vom Kläger zitierten Urteile des BSG die Rechtmäßigkeit ihres Handelns bestätigt gesehen. Der Senat hat den Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und die Bundesknappschaft beigeladen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 und der Bescheide vom 07.06.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2000 zu verurteilen, das berichtigte Honorar für die Quartale 1 bis 3/1997 in Höhe von DM 8.100,01 (= Euro 4.141,47) auszubezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 1 hat sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen. Die übrigen Beteiligten haben keine Anträge gestellt.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gem. § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Akten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

II.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie nach § 143 i.V.m. § 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 07.06.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2000 entsprechen der Sach- und Rechtslage. Die Beklagte war berechtigt, die Honorarabrechnungsbescheide des Klägers für die Quartale 1 bis 3/1997, soweit darin die Bema-Nr. 54 b bzw. c bei Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Zähnen bei Patienten in derselben Sitzung mehrfach abgerechnet wurden, zu berichtigen. Sie konnte den überzahlten Betrag zurückfordern bzw. mit dem laufenden Honoraranspruch des Klägers verrechnen. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen.

Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Berichtigung ist aus § 75 Abs.1 und Abs.2 Satz 2 1.Halbsatz des Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) und den gesamtvertraglichen Bestimmungen des § 19 a des Bundesmantelvertrages für Zahnärzte (BMV-Z) bzw. § 16 GV-Z im Primärkassenbereich und dem § 12 Abs.1 Satz 1 des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) im Ersatzkassenbereich abzuleiten. Danach obliegt es der Beklagten, die vom Vertragszahnarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenmäßig zu prüfen und gegebenenfalls zu berichtigen. Hierzu ist sie von Amts wegen verpflichtet. Daneben besteht die Möglichkeit, dass Kassen ihrerseits Anträge stellen, um damit ein Prüfungsverfahren durch die Beklagte einzuleiten. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 24.08.1994 - 6 RKA 20/93; vom 31.10.2001 - B 6 KA 16/00 R; vom 12.12.2001 und vom 26.06.2002, beide a.a.O.) kann eine Berichtigung der Honorarabrechnung eines Vertragszahnarztes auch dann noch erfolgen, wenn aufgrund der eingereichten Honorarabrechnungen bereits Auszahlungen an ihn geleistet wurden. Der Vertragszahnarzt hat dann das zuviel erhaltene Honorar zurückzahlen bzw. die Beklagte kann mit Ansprüchen des Zahnarztes aus einer späteren Honorarabrechnung aufrechnen.

Aufgrund dieser rechtlichen Befugnis und Verpflichtung war die Beklagte bereits von Amts wegen - und nicht erst wie der Kläger meint, aufgrund von Berichtigungsanträgen der Kassen - berechtigt, die vom Kläger in den nach Krankenkassen geordneten, aufgelisteten und namentlichen benannten Fällen mehrfach in Rechnung gestellten Gebühren nach der Bema-Nr. 54 b und c zu berichtigen. Es trifft zwar zu, dass die Kassen innerhalb der nach den Gesamtverträgen vereinbarten Fristen Berichtigungsanträge genereller Art im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des BSG gestellt hatten und diese dem Kläger nicht bekannt gegeben worden waren. Auf die Kenntnis des Klägers solcher Anträge kommt es jedoch nicht an, weil die Beklagte, wie bereits ausgeführt, ohnehin eine Berichtigung von Amts wegen entsprechend dem Urteil des BSG vom 13.05.1998 durchführte.

Darin hatte das BSG entschieden, dass bei einer Wurzelspitzenresektion an einem Seitenzahn, auch wenn mehrere Wurzelspitzen reseziert werden, die Bema-Nr. 54 b nur einmal abrechenbar ist. Ausgangspunkt der vom BSG getroffenen Entscheidung war das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 27.11.1996, das anders als das Landessozialgericht Schleswig-Holstein im Urteil vom 02.07.1991 die Abrechnung der Resektion mehrerer Wurzelspitzen an einem mehrwurzeligen Zahn in einer Sitzung nur einmal für zulässig erachtete. Das BSG stellte klar, dass unter den verschiedenen in Betracht kommenden Auslegungsregeln und unter dem gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbaren Gesichtspunkt der Angemessenheit der Vergütung eine Mehrfachabrechnung nicht rechtens sei. Hätten die Vertragspartner, die allein für die Festlegung der Gebührenabrechnung zuständig sind, eine Mehrfachabrechnung der Bema-Nr. 54 b, nämlich je Wurzel bei Wurzelspitzenresektionen an mehrwurzeligen Zähnen gewollt, so hätten sie dies durch einen eindeutigen Wortlaut und einem entsprechenden Zusatz deutlich machen müssen. Da sie dies nicht taten und sich aus der Entstehungsgeschichte der Bema-Nr. 54 b nichts anderes herleiten lasse, bestehe kein Raum für eine erweiternde Auslegung. Insoweit bleibe es, wenn in derselben Sitzung mehrere Wurzelspitzen eines mehrwurzeligen Seitenzahnes reseziert werden mussten, obwohl damit i.d.R. ein Mehraufwand verbunden sei, beim einfachen Ansatz der Bema-Nr. 54 b.

Soweit der Kläger die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen auch bezüglich der Bema-Nr. 54 c rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Ausführungen des BSG im Urteil vom 13.05.1998 auf die Abrechenbarkeit der Bema-Nr. 54 c ohne weiteres übertragbar sind. Dass die Mitglieder des Bewertungsausschuss im Jaher 2004 einen andere Bewertung für Wurzelspitzenresektionen beschlossen und dies durch einen eindeutigen Wortlaut klar stellten, führt zu keiner anderen Entscheidung. Denn bei der hier erhobenen Anfechtungsklage ist das Recht anzuwenden, das zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes galt (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 54 Anm. 32). Die Neufassung ab 2004 kann somit nicht maßgeblich sein.

Damit steht fest, dass die Mehrfachabrechnung der Bema-Nrn. 54 b und c durch den Kläger bereits zum Zeitpunkt seiner Honoraranforderung für die Quartal 1 bis 3/1997 nicht der Rechtslage entsprach. Die Quartalshonorarabrechnungen waren unrichtig und daher zu berichtigen.

Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dieser Berichtigungsbefugnis der Beklagten nicht entgegen. Honorarbescheide ergehen grundsätzlich unter dem Vorbehalt der späteren Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit. Dies betonte das BSG zuletzt in seinen Urteilen vom 31.10.2001 und vom 12.12.2001 (beide a.a.O.). Denn, so führte das BSG aus, nur so lasse sich erreichen, dass die Vertrags(zahn)ärzte möglichst rasch zu ihrem Honorar kommen und eine endgültige Prüfung mit einer eventuellen Berichtigung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann. Schließlich liegt es im Interesse der Zahnärzte, so schnell wie möglich ihr Honorar zu erhalten. Als Kehrseite dieser Begünstigung müssen sie es hinnehmen, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Berichtigung stattfindet. Ein Vertrauensschutz auf den Bestand der Honorarabrechnung ist insoweit nicht gegeben. Die Bestimmungen über die Befugnisse der Kassenärztlichen Vereinigungen bzw. Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, Honorarbescheide wegen sachlich-rechnerischer Fehler nachträglich korrigieren zu können, verdrängen die Regelung des § 45 SGB X in ihrem Anwendungsbereich. Sie stellen von den Vorschriften des SGB X abweichende Regelungen im Sinne des § 37 Satz 1 des Ersten Sozialgesetzbuches (SGB I) dar, die auf gesetzlicher Grundlage, nämlich aufgrund von Normen der Reichsversicherungsordnung und später des SGB V erlassen worden sind. Dabei ist die Berichtigungsbefugnis nicht auf die Fälle beschränkt, in denen dem Vertrags(zahn)arzt ein Fehler, z.B. die unrichtige Handhabung der Gebührenordnung, anzulasten ist. Vielmehr ist einzige Voraussetzung die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit, ohne dass es auf ein Verschulden ankommt. Auf den Vortrag des Klägers, er habe bis zu dem Rundschreiben der Beklagten vom 25.11.1998 nicht gewusst, dass die Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b umstritten bzw. sogar rechtswidrig sei, kommt es nicht an. Vertrauensschutz entsteht zudem nicht bereits dadurch, dass die Beklagte nicht unverzüglich die vom Vertragszahnarzt vorgelegte Abrechnung beanstandet. Vielmehr kann sie einen Zeitraum von vier Jahren, beginnend mit der Bekanntgabe des Honorarbescheides an den Zahnarzt, nutzen und von ihrem Recht zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung oder zur Wirtschaftlichkeitsprüfung Gebrauch machen. Erst nach Ablauf dieser Ausschlussfrist kommt eine Berichtigung nicht mehr in Betracht, auch wenn dies gesetzlich nicht verankert ist. Das BSG leitet eine solche Ausschlussfrist aus dem Rechtstaatsprinzip ab. Zugunsten des Vertragsarztes dürfe es keine zeitlich unbegrenzte Berichtigungsmöglichkeit geben; vielmehr müsse ab einem bestimmten Zeitpunkt Rechtssicherheit bestehen. In Anlehnung an die im Sozialrecht in verschiedenen Bestimmungen normierte Verjährungsfrist von 4 Jahren sei für die hier in Rede stehende Ausschlussfrist ebenfalls ein solcher Zeitraum angemessen (BSG vom 16.06.1993 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 19 m.w.N., vom 15.11.1995 = SozR 3-5535 Nr.119; vom 10.05.1995 - 6 RKA 17/94; vom 12.12.2001, a.a.O.). Da die Ausschlussfrist von vier Jahren ab der Honorarabrechnung für das Quartal 1/1997 zum Zeitpunkt des Bescheides vom 07.06.2000 noch nicht abgelaufen war, erfassen die Ausschlussregeln auch nicht spätere Quartale.

Der Einwand des Klägers, durch die Berichtigungen der Quartalsabrechnungen 2/1997, 4/1997 und 2/1998 in den Bescheiden vom 17.09.1998, 22.06.1999 und 22.07.1999 bzw. die Wirtschaftlichkeitsprüfung im Quartal 1/1998 hätten die Honorarbescheide für die Quartale 1 - 3/1997 ihre Vorläufigkeit verloren mit der Folge, dass spätere Berichtigungen nur noch nach § 45 SGB X vorgenommen werden könnten, ist nicht begründet. Zum einen sind auch nach dem klägerischen Vortrag in den Quartalen 1 und 3/1997 keine Berichtigungen und bezüglich des Quartals 2/1997 nur eine Berichtigung von Leistungen nach der Bema-Nr. 57 mit einer Gutschrift zugunsten des Klägers vorgenommen worden. Zum anderen betraf auch die sachlich-rechnerische Richtigstellung der Abrechnung konservierend-chirurgischer Leistungen der Quartale 4/1997 und 2/1998 in keinem Fall die Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b oder c. Aus dem vom Kläger vorgelegten Beschluss des Prüfungsausschusses Niederbayern/Oberpfalz gem. § 106 SGB V vom 25.11.1999, der die Quartalsabrechnung 1/1998 betraf, lassen sich ebensowenig Anhaltspunkte für ein Verhalten der Beklagten erkennen, das beim Kläger ein besonderes Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Mehrfachabrechnung von Leistungen der Bema-Nr. 54 b hätte fördern können.

Es liegt kein der Entscheidung des BSG vom 26.06.2002 (a.a.O.) vergleichbarer Fall vor. Darin war auf den Widerspruch des Arztes die zuvor ausgesprochene Gebührenberichtigung wieder zurückgenommen worden. Bei dieser Konstellation sei - so das BSG - die jedem Honorarbescheid innewohnende Vorläufigkeit im Verhältnis zum Vertragsarzt insoweit aufgehoben worden, als dass dann nur noch nach § 45 SGB X berichtigt werden könne. Aus dieser Formulierung, vor allem aus dem Wort "insoweit" folgt, dass ein Vertrauensschutz nur dann geschaffen wird, wenn eine Berichtigung gerade wegen desselben Tatbestands erfolgte und dann wieder rückgängig gemacht wurde. Vergleichbares trifft hier nicht zu. Es ist nicht vertretbar, einen umfassenden Ausschluss späterer Berichtigungen anzunehmen, wenn nur in Teilen richtig gestellt wurde. Zum einen wäre dann die Beklagte gut beraten, etwaige Berichtigungsgründe zu sammeln und kurz vor Ablauf der 4-jährigen Ausschlussfrist umfassend zu berichtigen, was einer schnellen, auch im Interesse des betroffenen Zahnarztes liegenden Klärung zuwiderlaufen würde. Zum anderen wäre derjenige Arzt vor jedweder späteren Berichtigung geschützt, dessen Honorarabrechnung zunächst, weil Fehler schnell erkennbar waren, in einem unwesentlichen, wirtschaftlich unbedeutenden Teil berichtigt wurde und sich erst später andere, ins Gewicht fallende Unrichtigkeiten offenbarten. In keiner Weise wird daraus ersichtlich, dass sich aus den vom Kläger vorgelegten Berichtigungsbescheiden in ihm die Vorstellung entwickeln musste, er könne auf die Zulässigkeit der Mehrfachabrechnung von Leistungen nach der Bema-Nr. 54 b und c vertrauen.

Der Kläger kann sich, um die Aufhebung der Berichtigungen vom 07.06.2000 und die Rückzahlung des einbehaltenen Honorars zu erreichen, auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte die ursprünglichen Honorarbescheide nicht mit einem Vorbehalt der späteren Berichtigung und Kürzung versah. Sie hätte, so meint der Kläger, auf den vor dem SG Kiel anhängigen Rechtsstreit hinweisen müssen. Nach Auffassung des Senats wäre es völlig überzogen, wollte man von der Beklagten fordern, sie habe auf die zahlreichen streitigen Gebührenansätze und die in der gesamten Bundesrepublik diesbezüglich anhängigen Verfahren hinzuweisen und Honorarbescheide unter einen konkret zu bezeichnenden Vorbehalt zu stellen. Anderes gilt, wenn die Unrichtigkeit des Regelwerkes, wie des Honorarverteilungsmaßstabs, dessen Anwendung in den Verantwortungsbereich der Beklagten fällt und auf dem die gesamte Honorarabrechnung beruht, streitbefangen ist. Unrichtigkeiten beim Ansatz einzelner Gebühren gehören hingegen zum typischen Risiko des Vertragsarztes. Mit Berichtigungen muss er rechnen. Es kann ihm zugemutet werden, den Wegfall einzelner - wirtschaftlich nicht existenzgefährdender - Honorarposten ins Kalkül zu ziehen.

Der Senat kommt zum Ergebnis, dass hier kein besonderer Fall vorliegt, bei dem ausnahmsweise Vertrauensschutzgesichtspunkte analog § 45 SGB X beachtet werden müßten. Die von der Beklagten zu den Quartalen 1 bis 3/1997 erlassenen Bescheide vom 07.06.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2000 sind rechtmäßig. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.08.2001 war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 Abs.1 und Abs.4 SGG in der bis zum 02.01.2001 geltenden Fassung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe, die die grundsätzliche Bedeutung nahelegen würden, nicht zu erkennen sind und bezüglich der vom Kläger angesprochenen Streitpunkte bereits höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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