L 5 KR 210/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 47 RA 1082/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 210/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers im Verhältnis zur Klägerin gemäß § 7a SGB IV.

Die Klägerin betreibt ein Servicecenter für Werk- und Dienstleistungen im Bereich Heiz- und Wasserkostenerfassung bzw. -verteilung und wird als regionales Servicecenter der "B. Wärmemesser GmbH & Co KG M." (B.) tätig, die die Klägerin mit jährlichen Ablesungen und Wartungen der montierten Messgeräte beauftragt. Die Klägerin vergibt Teile des eigenen Auftragsvolumens an eine variierende Zahl von Subunternehmen im Rahmen von Werkverträgen (sog. Messdienste). Der Kläger betreibt einen derartigen Messdienst. Er steht seit etwa 16 Jahren mit der Klägerin in Geschäftsverbindung. Für die Zeit vom 01.04. bis 31.10.2000 schlossen sie am 03.04.2000 einen Rahmenwerkvertrag, der bereits für die davor liegende Zeit vom 01.11.1999 bis 31.03.2000 Geschäftsgrundlage gewesen war. Danach erfolgt die Auftragserteilung im Einzelfall dergestalt, dass der Kläger zunächst seine Kapazitäten mitteilt. Auch nach der Auftragserteilung steht ihm noch das Recht zu, den Auftrag abzulehnen bzw. das Auftragvolumen zu erweitern oder zu reduzieren. Er ist berechtigt, für andere Auftraggeber tätig zu werden. Es steht ihm frei, geeignete Erfüllungsgehilfen einzusetzen. Wesentliche Einschränkungen der Kapazität sind mindestens vier Wochen vorher mitzuteilen. Ansonsten haftet er für die Folgen eines verspätet ausgeführten Auftrags bzw. einer Nichtausführung. Ebenso haftet er für Schäden, die im Rahmen seiner Tätigkeit verursacht werden. Die Rechnungsstellung des Klägers erfolgt auf Grund geprüfter Leistungsnachweise. Die Klägerin stellt Handbücher, Erfassungsgeräte, Ampullen, Plomben, Ableseprotokolle, der Kläger das übrige Werkzeug und ein eigenes Kfz. Die Leistungen sind nach den vom Auftraggeber herausgegebenen Technischen Richtlinien durchzuführen.

Der Kläger, der zwischen September 1974 und Mai 1986 Pflichtbeiträge zur Beklagten entrichtet hat, beantragte am 19.06.2000 die Feststellung seines sozialrechtlichen Status. Er machte geltend, neben der Klägerin für verschiedene Auftraggeber tätig zu sein und eigene Werbung zu betreiben.

Nach der Anhörung des Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 26.06.2001 fest, als Wärmedienstableser und Monteur stehe der Kläger bei der Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Die Tätigkeit werde ausschließlich im Auftrag und im Namen der Klägerin ausgeübt. Er sei eingegliedert in eine fremde Arbeitsorganisation, die insgesamt alle Kunden in dem jeweiligen Einsatzgebiet innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne mit einem Ableser bedienen müsse. Durch die umfangreichen Vorgaben und die Einfachheit der Tätigkeit bleibe kaum ein Gestaltungsspielraum. Er habe nicht die Möglichkeit, seine Preise selbst zu gestalten. Er rechne nicht mit dem Kunden direkt, sondern mit der Gebietsvertretung ab. Die relevanten Arbeitsmittel würden von der Klägerin gestellt, worüber Rechenschaft in Form einer Inventur abzulegen sei. Demgegenüber falle die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs und eines eigenen Büros nicht ins Gewicht. Die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, stelle für sich allein kein Unternehmerrisiko dar. Der Zeitpunkt der Leistung werde durch die Forderung der Kunden festgelegt, die an die Klägerin herangetragen werde und sich als Direktionsrecht des Arbeitgebers darstelle.

Sowohl die Klägerin als auch der Kläger legten gegen die Entscheidung der Beklagten Widerspruch ein. Im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 01.08.2002 heißt es, der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers sei die turnusmäßige Ablesung der Heiz- und Wassermessgeräte. Diese Tätigkeit sei durch die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation geprägt. Zum Ausdruck komme dies z.B. durch die intensive Schulung und Überlassung notwendiger Materialien. Auch gemäß der Anlage 4 des Rundschreibens der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger stünden Ableser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Grundlage hierfür sei das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.07.1992. Der Kläger verrichte untergeordnete Arbeiten und schulde lediglich seine Arbeitskraft, keinen Kapitaleinsatz. Dass der Kläger eigene Termin- bzw. Routenplanung vornehmen könne, stelle kein ausschlaggebendes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar. Ebenso wenig spiele es eine Rolle, dass er keinen Urlaubs- und Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall habe und nicht verpflichtet sei, die Leistungen persönlich zu erbringen. Auch die weiteren Tätigkeiten wie Zwischenablesungen für Wohnungseigentümer, Baustelleninformationsdienst und Auswechseln verkalkter Perlatoren gebe der Tätigkeit kein anderes Gepräge.

Die vom Kläger am 27.08.2002 und von der Klägerin am 16.09.2002 erhobenen Klagen sind zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden. Zur Klagebegründung ist vorgetragen worden, die Klägerin selbst beschäftige keine eigenen Arbeitnehmer, sondern arbeite ausschließlich mit Subunternehmern zusammen. Dieses branchenübliche Verhalten sei bislang von den Finanzbehörden und Sozialversicherungsträgern als selbstständiges Gewerbe anerkannt worden. Das von der Beklagten zitierte Bundesfinanzhofsurteil von 1992 erfasse nur einfache Stromableser, denen ein bestimmter Ablesebezirk vorgegeben war und die nicht unternehmerisch handeln konnten. Im Gegensatz dazu könne vorliegend die Tätigkeit durch effektives Arbeiten und den Einsatz weiterer Mitarbeiter entsprechend auch dem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 30.11.1993 ausgeweitet werden. Gegen die Weisungsgebundenheit spreche, dass die Tätigkeit des Wärmeablesens nicht einfach sei, kein bestimmter Ablesebezirk auf Dauer zugeordnet sei, eine Zeitvorgabe auch für einen Werkvertrag typisch sei und die Handbücher den Gesetzesvorgaben entsprächen. Gegen eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation spreche, dass sich der Kläger gegenüber Dritten als Auftragnehmer der Klägerin präsentiere. Als Unternehmerrisiko stelle sich der Einsatz eines eigenen Pkw ohne Fahrkostenentschädigung bei wechselnden Einsatzorten sowie die eigene Beschaffung von Telefon, Werkzeug, PC und Drucker dar. Die Vergütung sei erfolgsbezogen und abhängig von der Qualität der Leistung.

Auf Befragen hat der Kläger mitgeteilt, er bewerbe sich bei der Klägerin laufend im Rahmen seiner Kapazitäten um Aufträge, arbeite zu ca. 25 bis 30 % für Dritte wie Hausverwaltungen, habe die einkassierten Geldbeträge nicht an die Klägerin weiterzugeben, trage das volle Inkassorisiko und betreibe auf seinem Kfz Werbung für das eigene Unternehmen. Seit 05.11.1987 habe er ein Gewerbe angemeldet und habe seit 1987 ca. 15.000 Euro für Firmenfahrzeuge und ca. 3.500 DM für Büroeinrichtung, Telefon, Werkzeuge/Geräte, Arbeitskleidung und Werbung investiert.

Dazu hat die Beklagte angemerkt, entsprechend den Rahmenwerkverträgen sei der Kläger an die technischen Richtlinien gebunden, was eine klare Arbeitsanweisung bedeute. Der Kläger erstelle gegenüber den Kunden der Klägerin keine Rechnungen, sei zur Vorlage detaillierter Leistungsnachweise verpflichtet und trage kein bedeutsames unternehmerisches Risiko.

In der mündlichen Verhandlung am 25.07.2003 hat der Kläger unter anderem erklärt, seiner Tätigkeit sei eine dreitägige Schulung und Einweisung vorausgegangen. Er wende sich nicht turnusmäßig an die Klägerin wegen weiterer Aufträge, sondern dann, wenn er Kapazitäten frei habe. Waren zwei Versuche, den Kunden anzutreffen, erfolglos, könne ein dritter kostenpflichtiger Versuch stattfinden. Dieser Betrag werde von ihm direkt erhoben.

Mit Urteil vom 25.07.2003 hat die 47. Kammer des Sozialgerichts München die strittigen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers für die Klägerin nicht seit 29.06.2001 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde. Die Gesamtwürdigung ergebe, dass der Kläger als selbständiger Subunternehmer für die Klägerin tätig geworden sei. Bezeichnung und inhaltliche Ausgestaltung des "Rahmenwerkvertrags" sprächen ebenso für eine Selbständigkeit wie das Recht des Klägers, selbst den Umfang seiner Tätigkeit zu bestimmen, für andere Auftraggeber tätig zu sein, Erfüllungsgehilfen einzusetzen und einzelne Aufträge abzulehnen. Mit der freien Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit der freien Gestaltung seiner Tätigkeit könne der Kläger also seine Zeit frei einteilen. Die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses entspreche der vertraglichen Vereinbarung. Das Verfassen eines Ableseprotokolls, die Art der Abrechnung und die Vorgabe von Richtlinien seien auch für Werkverträge üblich. Der Kläger stehe im Mittelpunkt seines eigenen Unternehmens und trage ein eigenes Unternehmerrisiko, was sich in der Organisation der Auftragsabwicklung, der Kostenforderung ab dem dritten Versuch und dem eigenen Pkw realisiere. Hinzu komme, dass der Kläger auch für Andere tätig sei. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 24.07. 1992 sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil bei den Wärmeablesern von jeher keine festen Ablesebezirke bestünden und die Tätigkeit der Messdienste schwieriger und umfangreicher sei als die des einfachen Stromablesers.

Gegen das der Beklagten am 28.08.2003 zugestellte Urteil hat diese am 10.09.2003 Berufung eingelegt. Sie hat eingewandt, ein Unternehmerrisiko könne keinesfalls bejaht werden. Der Kläger habe im Rahmen seiner Tätigkeit nicht die Möglichkeit, eigenes Kapital einzusetzen, das sich akkumuliere. Der Abschluss eines "Rahmenwerkvertrags" sei für die statusrechtliche Beurteilung nicht maßgebend. Vorliegend sei vielmehr eine regelmäßige Beschäftigung gegeben. Gegen die Selbständigkeit spreche auch, dass der Kläger von seinem Delegationsrecht tatsächlich keinen Gebrauch gemacht habe, fremdbestimmte Arbeit mit Mitteln des Auftraggebers verrichte und nach außen als Mitarbeiter der Klägerin wahrgenommen werde. Er übe nur untergeordnete Tätigkeiten aus und werde nicht dadurch zu einem Selbständigen, dass er für mehrere Auftraggeber tätig sei.

Die Klägerin hat darauf hingewiesen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Auftragserteilung und ebensowenig auf Mindestvergütung, so dass er ein Unternehmerrisiko trage. Der wirtschaftliche Erfolg seiner Tätigkeit hänge von einer effektiven, selbst zu erstellenden Routenplanung ab. Richtig sei, dass von der Delegationsmöglichkeit nur zurückhaltend Gebrauch gemacht werde, tatsächlich geschehe dies aber, wenn der einzelne Messdienst seine Aufträge aufgrund unzureichender Planung oder Krankheit nicht rechtzeitig abarbeiten könne. Die als Arbeitsmittel der Klägerin bezeichneten Spezialplomben und Werkzeuge seien nicht unternehmensbezogen, sondern produktbezogen. Zu Unrecht behaupte die Beklagte, der Kläger trete nach außen als ihr - der Klägerin - Mitarbeiter auf. Tatsächlich trete der Kläger weder in ihrem Namen noch in ihrer Arbeitskleidung oder auf ihre Rechnung, sondern ausschließlich als Messdienst W. B. auf.

Die Klägerin hat Rechnungen des Klägers an sie betreffend das erste Halbjahr 2001 sowie Rechnungen des Klägers an einzelne Nutzer vorgelegt. Gleichzeitig sind die Technischen Richtlinien der B. vorgelegt worden, die Bestandteil des Rahmenwerkvertrags sind.

Die Beklagte hat argumentiert, wenn Richtlinien und Werkzeuge entsprechend dem Rahmenvertrag Dritten nicht zugänglich gemacht werden dürften, sei das Delegationsrecht nur "Worthülse". In den Technischen Richtlinien sei das Weisungsrecht konkret ausgeübt. Die Verwendung eines eigenen Briefkopfes begründe keine selbständige Tätigkeit.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.07.2003 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 26.06.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 01.08.2002 abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.07.2003 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts München S 47 RA 1082/02 und S 47 RA 1153/02 sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.07.2003 ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat festzustellen, dass zwischen den Beteiligten kein Beschäftigungsverhältnis besteht.

Zutreffend hat das Sozialgericht die maßgeblichen Rechtsgrundlagen und die Grundsätze dargestellt, nach denen die Beschäf- tigung von der selbständigen Tätigkeit abzugrenzen ist. Ebenso überzeugt die Darstellung der Gesichtspunkte, die für die Selbständigkeit der Tätigkeit sprechen. Insoweit wird gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Der Senat ist allerdings der Auffassung, dass die tatsächliche Ausgestaltung der Beziehungen zwischen den Beteiligten gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung spricht.

Die wesentlichen Kriterien für die Selbständigkeit sind das Recht zur freien Wahl des Auftragsvolumens, zur Entfaltung weiterer unternehmerischer Aktivitäten, ein gewisses Maß an Organisationshoheit sowie unternehmerischen Risikos. Dem Kläger ist kein fester Ablesebezirk zugeordnet, er bewirbt sich vielmehr laufend entsprechend seiner Kapazitäten um die Zuteilung werkvertragsfähiger Aufträge. Entgegen der Ansicht der Beklagten steht er nicht auf Abruf bereit, wie dies etwa bei täglich zu erfüllender Dienstleistung notwendig ist. Der Kläger entscheidet vielmehr allein, ob, wann und in welchem Umfang er tätig werden möchte.

Diese Freiheit ist unerlässlich, um ein eigenes Unternehmen betreiben zu können. Er unterliegt keinem Konkurrenzverbot und kann daher für andere Auftraggeber tätig werden. So ist der Kläger nicht nur für die Klägerin, sondern auch für Einzelnutzer und Wohnungsverwaltungen tätig. Dementsprechend betreibt er eigene Werbung und tritt im eigenen Namen auf. Nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Beklagten, ebenso wie in dem vom Bundesfinanzhof 1992 entschiedenen Fall (DB 1993, 208 f.) stelle sich die Arbeit des Klägers aus der Sicht der B.-Kunden als unselbständiger Teil der Leistung eines Dritten, nämlich der B. dar. Der Kläger tritt im eigenen Namen und teilweise auch für eigene Rechnung auf und bietet Zusatzleistungen an, die vom Nutzungsvertrag zwischen den Kunden und B. nicht erfasst sind. Dies belegen die vorgelegten Rechnungen des Klägers, an deren Authentizität der Senat trotz Vorlage durch den Bevollmächtigten der Klägerin keinen Zweifel hegt.

Die von der Klägerin übernommene Auftragsverpflichtung ist mit keinen festen Arbeitszeiten verbunden und eröffnet dem Kläger die Möglichkeit, die Termine selbst festzulegen, Ausweich- und Individualabreden zu treffen und die Route im Interesse des eigenen Unternehmens zu optimieren.

Ein Unternehmerrisiko ist nicht nur dann zu bejahen, wenn der Erfolg eines Kapitaleinsatzes ungewiss bzw. die Chance zur Akkumulation des eingesetzten Kapitals gegeben ist, wie dies die Beklagte vorträgt. Dieses Risiko ist vielmehr auch vorhanden, wenn keine Gewähr besteht, für eine konkrete Arbeitsleistung ein bestimmtes Honorar zu erhalten (Urteil des erkennenden Senats vom 18.05.2004, L 5 KR 194/03 m.w.N.). Der Kläger erhielt pro Einzelauftrag keine Mindestvergütung, sondern eine vom konkreten Bearbeitungsaufwand unabhängige, erfolgsbezogene Stückvergütung. Schlugen seine Versuche fehl, mit den Nutzern Kontakt aufzunehmen bzw. weigerte sich ein Nutzer, die pauschalierten Kosten einer dritten Kontaktaufnahme zu tragen, erzielte er ungeachtet seines zeitlichen Einsatzes keine Vergütung bzw. trug er das Inkassorisiko. Ähnlich wie ein Ermittler, der für ein Marktforschungsunternehmen Befragungen durchführt und nur bei ordnungsgemäßer Erledigung einen Honoraranspruch hat (siehe Bundessozialgerichtsentscheidung vom 14.11.1974, 8 RU 266/73), trug der Kläger also ein, wenn auch begrenztes, unternehmerisches Risiko. Für ihn bestand daher keine wirtschaftliche Sicherheit, er hatte weder einen Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall noch einen Urlaubsanspruch oder irgendeinen Kündigungsschutz. Zudem trug er auch das Risiko von Minderungen oder Schadensersatzansprüchen infolge Schlechtleistung und das Haftungsrisiko für Schäden bei einem Kunden.

Auf der anderen Seite ist nicht zu übersehen, dass die Tätigkeit von Wärmedienstleistern wie die des Klägers wesentlicher Bestandteil des Geschäftsbetriebs der Klägerin war bzw. ist, d.h. dass diese ihre Aufgabe des Servicecenters für Werk- und Dienstleistungen im Bereich Heiz- und Wasserkostenerfassung bzw. -verteilung nicht ohne Wärmedienste wie den Kläger ausführen konnte und kann. Insofern ist der Kläger Teil der Betriebsorganisation der Klägerin und verrichtet fremdbestimmte Tätigkeit, die Teil des übergeordneten Planungsauftrages ist, den die Klägerin gegenüber der B. zu erfüllen hat. Gleichzeitig ist der Kläger in einer für Arbeitnehmer typischen Regelmäßigkeit für die Klägerin tätig. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 25.07.2003 angegeben hat, ist er seit etwa 16 Jahren für die Klägerin tätig. Auch erscheint der selbstverantwortliche Einsatz von Erfüllungsgehilfen angesichts der Vorbehalte der Klägerin eher theoretisch.

Nicht übersehen werden kann schließlich, dass der Gestaltungsspielraum für den Kläger sehr eng ist. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass der Kläger wegen der Verpflichtung nach Ziffer 2 des Rahmenvertrags, die Leistungen nach den von der Klägerin bezeichneten Technischen Richtlinien durchzuführen, einem Weisungsrecht der Klägerin unterliegt. Bei der Beauftragung eines zum Beispiel selbständigen Handwerkers ist es nicht so, dass vom Auftraggeber die Verfahrensschritte und die zu beachtenden Normen im Einzelnen detailliert vorgegeben werden. Dort wird die Einhaltung entsprechender Vorgaben schlicht vorausgesetzt. Die als "Hilfe für Messdienst" bezeichneten Richtlinien gewährleisten nicht nur, dass die gesetzlichen Vorgaben, hier der Heizkostenverordnung, und der Stand der Technik bei der Ausführung der Arbeit wie dem Ablesen beachtet werden. Vielmehr enthalten sie konkrete Anweisungen zur Erstellung des Ableseprotokolls und auch detaillierte Verhaltensanweisungen. So heißt es unter dem Stichwort "Plombe beschädigt", der Messdienst habe den Nutzer darauf hinzuweisen, dass er diesen Mangel vermerken müsse. Dem Nutzer seien deswegen keinerlei Vorwürfe zu machen und niemals sei das Wort "Manipulation" zu verwenden. Auch die Modalitäten der Terminänderung sind genau vorgegeben. Ein neues Anmeldeplakat mit dem neuen Ablesetermin und dem Aufkleber "Terminänderung" müsse angebracht bzw. eine neue Postkarte versandt werden. Nur höhere Gewalt rechtfertige eine Terminänderung. Daraus wird deutlich, wie weitgehend die Weisungsbefugnis der Klägerin geht. Die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation wird auch daran erkennbar, dass der Kläger zu Beginn seiner Tätigkeit drei Tage lang geschult wurde und ihm Spezialwerkzeug und -Plomben zur Verfügung gestellt werden.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass gewichtige Argumente sowohl für als auch gegen die Selbständigkeit sprechen. Weil der Kläger den Umfang seines Einsatzes für die Klägerin selbst bestimmen kann und er für weitere Auftraggeber tätig ist, somit Mittelpunkt eines eigenen Unternehmens ist, er gleichzeitig aber einem weitgehenden Weisungsrecht der Klägerin unterliegt, ergibt sich kein klares Gesamtbild entweder für eine selbständige Tätigkeit oder für eine abhängige Beschäftigung. Sprechen auf Grund der Feststellungen über die tatsächliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen einem Unternehmer und einem für ihn Tätigen ebenso viele Gründe für die Selbständigkeit des letzteren wie für seine abhängige Beschäftigung, so ist dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragspartner der Vorrang bei der Beurteilung des Gesamtbildes der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit einzuräumen (BSG, Urteil vom 13.07.1978 in SozR 2200 § 1227 Nr.17 BSG, Urteil vom 08.03.1979 in Die Beiträge 1979, 207 - 213; BSG, BB 1981, 1581). Mit dem Abschluss von Werkverträgen haben die Beteiligten deutlich gemacht, dass sie eine gleichberechtigte Vertragsbeziehung, kein Über-Unterordnungsverhältnis wollten. Dementsprechend hat der Kläger auch von sich aus die Statusfeststellung beantragt und geltend gemacht, nicht abhängig beschäftigt zu sein. Weil im Zweifelsfall bei der statusrechtlichen Beurteilung die Anknüpfung an den Willen der Vertragsparteien sachgerecht erscheint, hat die Beklagte daher festzustellen, dass der Kläger nicht abhängig beschäftigt ist.

Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.2 VwGO.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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