L 6 RJ 726/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 871/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 726/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 60/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen Berufs- unfähigkeit.

Der Kläger ist gelernter Maurer. Bis Oktober 1990 war er in seinem erlernten Beruf, zuletzt seit 1988 30 Stunden die Woche tätig. Zudem war er seit Januar 1983 als selbständiger Schlächter mit dem An- und Verkauf von Vieh und dessen Schlachtung beschäftigt. Seit der Aufgabe seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit betrieb er bis 1995 als Selbständiger eine Lotto/Totoannahmestelle, eine Versicherungsagentur, einen Getränkemarkt sowie die Schlächterei. Seit 1995 betreibt er nach Verpachtung des Getränkemarktes an seine Tochter nur noch den Viehhandel mit Schlächterei und nebenberuflich seine Versicherungsagentur. Nach dem 30.09.1990 hat er keinerlei Zeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr zurückgelegt.

Wegen eines am 24.10.1988 im Rahmen seiner Schlächterei erlittenen Wegeunfalles gewährt die Fleischerei-BG mit Bescheid vom 10.03.1993 eine Rente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente. Als Folgen dieses Unfalls sind verformende Veränderungen und allseitige Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks sowie Herabsetzung der groben Kraft der rechten Hand nach operativ versorgtem Kahnbeinbruch mit Falschgelenkbildung anerkannt. Im Rahmen der Berufshilfe der BG hat das Arbeitsamt D. am 18.02.1992 ein psychologisches Eignungsgutachten über den Kläger erstattet zur Frage einer Umschulung in den kaufmännischen Bereich. Darin wurde der Kläger nach seinem psychischen und intelektuellen Leistungsvermögen als voll umschulungsfähig beurteilt, jedoch im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit als Viehhändler und in Anbetracht des Lebensalters wurde es für sinnvoll erachtet, durch spezielle Bildungsgänge, wie Fortbildungskurse in EDV und Buchführung den Kläger in der Weiterführung seiner selbständigen Tätigkeit zu unterstützen. Die Bemühungen der BG endeten nach einem Beratungsgespräch beim Arbeitsamt N. vom 03.06.1993, da der Kläger an seiner Reha-Angelegenheit nicht mehr mitarbeitete. Nach den Angaben des Klägers betrieb er seine Schlächterei weiter und war persönlich vornehmlich mit der Abwicklung des An- und Verkaufs beschäftigt.

Am 29.08.1991 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Die Beklagte ließ den Kläger im Oktober 1991 durch den Internisten Dr.K. , den Neurologen Dr.M. und den Orthopäden Dr.M. untersuchen und sein berufliches Leistungsvermögen beurteilen. Diese haben als Gesundheitsstörungen festgestellt: eine Minderbelastbarkeit des rechten Handgelenks nach Kahnbeinfraktur und Ausbildung eines Falschgelenks, geringe Schädigung des sensiblen Endastes des radialen Handnerven rechts, geringe Schädigung im Bereich des Ischiasnerven beidseits, als Folge einer abgelaufenen virusbedingten Rückenmarkserkrankung, erhebliche Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung und alkohol-toxischer Leberschaden. Zusammenfassend haben sie den Kläger zu keinerlei Erwerbstätigkeit von wirtschaftlichem Wert im erlernten Beruf des Maurers für fähig gehalten. Leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger jedoch vollschichtig verrichten.

Mit Bescheid vom 09.06.1995 lehnt die Beklagte den Rentenantrag daraufhin ab. Der Kläger sei nicht berufsunfähig, da er durch seine selbständige Erwerbstätigkeit, auf die er auch als Facharbeiter verweisbar sei, mehr als die Hälfte des Einkommens eines Facharbeiters erzielen könne.

Dagegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurden Steuerbescheide sowie Gewinn- und Verlustrechnungen über seine selbständigen Tätigkeiten vorgelegt. Daraus errechnete die Beklagte die Einkünfte des Klägers für 1991 41.600,00 DM; 1992 38.475,00 DM; 1993 3.758,00 DM; 1994 28.236,61 DM; 1995 49,313,20 DM und 1996 35.102,99 DM. Den Widerspruch wies sie darauf mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.1998 als unbegründet zurück. Der Kläger sei nicht berufsunfähig, da er selbst wenn er nur aufsichtsführende und organisatorische Tätigkeiten in den eigenen Betrieben verrichtet habe, durch selbständige Erwerbstätigkeit mehr als die Hälfte eines vergleichbaren Facharbeiters verdient habe.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben.

Aus den vom Kläger vorgelegten Einkommenssteuerbescheid für die Jahre 1997 und 1998 ging hervor, dass er im Jahre 1997 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 24.773,00 DM und im Jahre 1998 einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 180.793,00 DM hatte.

Mit Urteil vom 31. Oktober 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger genieße angesichts seines beruflichen Werdeganges als Maurer den Berufsschutz eines Facharbeiters. Als solcher sei er jedoch auf Tätigkeiten, die mindestens der Qualifikationsstufe des gehobenen Angelernten entsprächen oder auch auf seine selbständige Tätigkeiten verweisbar, mit der er den Lebensunterhalt angemessen zu bestreiten in der Lage sei. Der Kläger habe nach den vorliegenden Unterlagen zumindest in den Jahren 1991 bis 1997 mit seiner selbständigen Tätigkeit Einkünfte erzielt, die die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens seiner Versichertengruppe überschritten. Der Leistungsfall der Berufsunfähigkeit könne daher frühestens im Jahre 1998 eingetreten sein. Zu diesem Zeitpunkt erfülle der Kläger jedoch nicht mehr die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs.1 Nr.2 SGB VI in der seinerzeit geltenden Fassung des RRG 1992. Der Kläger habe zum 30.09.1990 seine versicherugnspflichtige Beschäftigung aufgegeben und seitdem keine in der gesetzlichen Rentenversicherung relevanten Zeiten mehr zurückgelegt. Ebensowenig sei die Zeit vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintreten eines im Jahre 1998 gegebenenfalls eingetretenen Leistungsfalles lückenlos mit Beitragszeiten oder gleichgestellten Zeiten belegt. Ebenso wenig könne der Kläger die in den Monaten Oktober bis Dezember 1990 bestehende Lücke im Versicherungsverlauf noch rückwirkend belegen. Der Kläger habe daher schon deshalb keine Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit. Die Frage eines anderen zumutbaren Verweisungsberufes bzw. des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers aufgrund seines aktuellen Gesundheitszustandes sei deshalb ohne rechtliche Bedeutung.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er weiter Rente wegen Berufsunfähigkeit begehrt. Zur Begründung führt er insbesondere aus, dass das Sozialgericht Augsburg die Höhe seiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb - wie schon die Beklagte - falsch angesetzt habe und er aus selbständiger Tätigkeit nicht die gesetzliche Lohnhälfte erwirtschaftet habe.

Der Senat hat Auskünfte des Finanzamts N. vom 04.05.2004 und 16.06.2004 zu den Einkünften des Klägers eingeholt, woraus sich die steuerbaren Einkünfte nach dem Einkommenssteuerrecht im Einzelnen ergeben. Diese werden insbesondere in den Jahren 1990, 1991, 1993 durch Verluste sowie in den Jahren 1996 bis 1998 durch Rückträge steuerlich berücksichtigungsfähiger Verluste geprägt, die die namhaften Gewinne aus einzelnen Gewerbebereichen erheblich mindern und per Saldo z.B. in den Jahren 1990 und 1998 sogar insgesamt negative Einkünfte ergeben und damit - diese Feststellungen zugrunde gelegt - offensichtlich erheblich unter der "gesetzlichen Lohnhälfte" liegen.

Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2004 wurde darauf als für den Kläger zumutbare lohnabhängige Verweisungstätigkeit die des Hochregallagerarbeiters benannt und entsprechende berufskundliche Unterlagen in das Verfahren eingeführt. Dazu hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers ausgeführt, dass der Kläger gesundheitlich nicht in der Lage sei, diese Tätigkeit zu verrichten. Aufgrund der Beeinträchtigung der rechten Hand und der Wirbelsäule seien dem Kläger Tätigkeiten mit einer Tastatur und in dauerndem Sitzen nicht möglich. Bildschirmarbeit sei ihm "wegen seiner Augen" nicht möglich. Zudem überfordere dieser Beruf die intelektuelle Leistungsfähigkeit des Klägers.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 31. Oktober 2000 sowie des Bescheides der Beklagten vom 09. Juni 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 1998 zu verurteilen, ihm Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.08.1991 zu zahlen, hilfsweise die Verhandlung zu vertagen und von Amts wegen die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit sowie seine gesundheitlichen Fähigkeiten in Bezug auf die Verweisungstätigkeit des Hochregallagerarbeiters durch Gutachten festzustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Beigezogen waren die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Augsburg und die der Fleischerei-BG Mainz, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sachlich ist sie jedoch nicht begründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung bzw. ab 01.01.2001 gemäß § 240 SGB VI wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.

Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen, da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht (vgl. § 300 Abs.2 SGB VI). Für den Anspruch des Klägers sind auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit wenigstens sinngemäß vorgetragen ist, dass ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit seit einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben sei.

Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit kommt für den Kläger lediglich dann in Betracht, wenn der Leistungsfall der Berufsunfähigkeit spätestens im Oktober 1992 eingetreten ist. Der Kläger hat den letzten Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung für September 1990 entrichtet und seitdem keine versicherungsrechtlich berücksichtigungsfähigen Zeiten mehr zurückgelegt. Er erfüllt damit nur noch bis einschließlich Oktober 1992 die versicherungsrechtlichen Grundvoraussetzungen für einen zahlbaren Rentenanspruch wegen Berufsunfähigkeit von mindestens 36 Monaten Pflichtbeiträge in dem dafür betreffenden 5-Jahreszeitraum, zurückgerechnet vom Eintreten des Leistungsfalles. Damit ist die Frage eines nach Oktober 1992 eingetretenen Leis- tungsfalles der Berufsunfähigkeit für die Entscheidung des Senats nicht mehr erheblich. Der Senat beschränkt sich daher hinsichtlich der Frage der Begründetheit des Anspruchs des Klägers auf Rente wegen Berufsunfähigkeit auf diesen Zeitraum, weil der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr die Möglichkeit hat, zumindest zum Zeitpunkt seiner Rentenantragstellung im August 1991, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen ab November 1992 eingetretenen Leistungsfall zu erfüllen.

Gemäß § 43 Abs.2 SGB VI a.F. waren Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte (gemäß § 240 Abs.2 SGB VI in der ab 01.01. 2001 geltenden Fassung auf weniger als sechs Stunden) derjenigen eines gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und die ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig war nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte. Die jeweilige Arbeitsmarktlage war dabei nicht zu berücksichtigen.

Nach den von der Beklagten sowie der Fleischerei Berufsgenossenschaft getroffenen Feststellungen zum beruflichen Leistungsvermögen des Klägers, war dieses im dafür rechtserheblichen Zeitraum bis Oktober 1992 im Wesentlichen durch die Folgen seines entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalles vom 24.10.1988 beeinträchtigt. Neben den Folgen dieses Unfalls wurden beim Kläger lediglich ein Übergewicht mit beginnendem metabolischen Syndrom, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung festgestellt, das der medikamentösen Behandlung zugänglich war. Wie sich insbesondere aus dem Gutachten des Nervenarztes Dr.M. vom 31.10.1991 und dem psychologischen Eignungsgutachten des Arbeitsamtes D. vom 18.02.1992 ergibt, war der Kläger insbesondere von seiten seiner intelektuellen und psychischen Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt, da diese im Normbereich liegend geschildert ist. Der Senat geht daher davon aus, dass der Kläger seinerzeit den Gesundheitszustand und damit das berufliche Leistungsvermögen eines normal begabten 40-jährigen Arbeitnehmers mit abgeschlossener Berufsausbildung hatte und lediglich durch die Verletzungsfolgen seines Wegeunfalles aus dem Jahre 1988 und der damit verbundenen Minderbelastbarkeit seiner rechten Hand in seinem beruflichen Leistungsvermögen beeinträchtigt gewesen ist. Die Folgen des Arbeitsunfalles haben den Kläger jedoch lediglich an körperlicher Schwerarbeit mit einer starken manuellen Belastung der rechten Hand gehindert, was unstreitig dazu geführt hat, dass der Kläger seinen erlernten Beruf des Maurers mit handwerklicher Tätigkeit gesundheitlich nicht mehr auszuführen vermochte.

Obwohl der Kläger mit seinem beruflichen Leistungsvermögen seinen erlernten Beruf nicht mehr vollwertig ausüben kann, ist er dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme der Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können, vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. u.a. SozR 2200 § 1246 Nr.138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend ist der Kläger nach diesem Berufsgruppenschema als Facharbeiter mit einem anerkannten Ausbildungsberuf und einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren zu beurteilen. Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf nur auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger höchstens auf die Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeitnehmers oder aber auf eine selbständige Tätigkeit verweisbar, die der Kläger mit seinem Können und Wissensstand auszuüben vermag und die für ihn eine ausreichende Lebensgrundlage darstellt.

Nach Ansicht des Senats erfüllt der Kläger bereits mit seiner schon vor seinem gesundheitsbedingten Ausscheiden aus seinem erlernten Lehrberuf aufgenommenen selbständigen Tätigkeit die Voraussetzungen einer gesundheitlich und sozial zumutbaren Verweisungstätigkeit. Dabei sind entgegen der Ansicht des Klägers alle von ihm ausgeübten Gewerbe bzw. deren Einkünfte bei der Frage, ob diese eine Lebensgrundlage darstellen, zu berücksichtigen. Auch wenn der Kläger einzelne in diesen Betrieben anfallende körperlich schwere Hilfsarbeiten nicht mehr verrichten kann, hat er als Betriebsinhaber immer die Möglichkeit sich von derartigen Tätigkeiten zu entlasten. Dies macht daher die selbständige Tätigkeit weder gesundheitlich unzumutbar, noch ist das dadurch erzielte Einkommen bei dem Gesamteinkommen nicht zu berücksichtigen.

Dies trifft nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch für den Fall zu, dass der Kläger laufende Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb bezieht in dem er nur unwesentlich körperlich mitarbeitet. Dabei ist nach der Rechtsprechung zu unterscheiden, ob es sich bei der selbständigen Tätigkeit um eine reine Vermögensverwaltung, wie beispielsweise in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall eines Gesellschafters einer GmbH handelt, der gesundheitlich nicht mehr in der Lage war, dort als Geschäftsführer tätig zu sein, oder ob ein Gewerbetreibender eine wirtschaftliche Tätigkeit soweit auf Angestellte oder Familienanghörige deligiert, dass er selbst weitgehend von einer direkten Mitarbeit befreit ist. Die Organisation einer selbständigen Tätigkeit ist dem Unternehmer freigestellt. Selbst wenn ein selbständig Tätiger dabei alle Tätigkeiten, die von ihm auch selbst ausgeführt werden könnten, auf Angestellte verteilt und er damit vollkommen von einer Mitarbeit befreit ist, ist der Verdienst aus dem jeweiligen Gewerbebetrieb dennoch, solange er selbst der Gewerbetreibende ist, ihn zuzurechnen. Schließlich bleiben ihm auch in diesen Fällen die unternehmerischen Entscheidungen erhalten, so dass sich seine Tätigkeit nicht ausschließlich auf die Vermögensverwaltung reduziert.

Bei der Bestimmung der Einkünfte aus den Gewerbebetrieben ist auch der Teil des Entgelts der steuerlich wegen eines verbleibenden Verlustabzuges gemäß § 10d des EstG als Sonderabgaben abziehbar ist, dem Einkommen hinzuzuschlagen (vgl. BSG Urteil vom 09.09.1993 Az.: B 5 RJ 60/92, Urteil vom 16.05.2001 B 5 RJ 46/00 R). Das Steuerrecht bietet einem selbständig Erwerbstätigen in einem derartig weiten Umfang Gestaltungsmöglichkeiten, durch die der Gewinn eines Gewerbebetriebs beeinflusst werden kann, dass ein Versicherter, der ausschließlich Einkünfte aus selbständigen Gewerbebetrieb hat damit mehr oder weniger willkürlich einen Rentenanspruch begründen könnte, würde man bei der Berechnung des berücksichtigungsfähigen Einkommens auch nur diese legalen Gestaltungsmöglichkeiten berücksichtigen. So kann ein Selbständiger nach dem Steuerrecht Verluste - wie geschehen - auf mehrere Jahre zurück oder in die Zukunft verteilen oder auf seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb dadurch Einfluss nehmen, dass er Investitionen tätigt, die entsprechende Abschreibungen nach sich ziehen oder Wirtschaftsgüter verkaufen, woraus sich eine Sonderabschreibung ergibt. Oder aber nur Rechnungen zu einem späteren Zeitpunkt stellen und damit den Geldfluss steuern, was zur Folge hat, dass aufgrund der kalenderjährlichen Feststellung des Einkommens auf Zeiträume von mindestens fünf Jahren hinweg Gewinne oder Verluste oder auch nur provozierte Verluste derart verteilt werden können, dass nach den Vorschriften des Einkommensteuerrechts bestenfalls gar keine Gewinne entstehen, obwohl der Gewerbetreibende aufgrund seiner eigenwirtschaftlichen Tätigkeit damit eine gute Lebensgrundlage hat. So stellt sich dies auch beim Kläger dar, der durch entsprechende Verlustvor- bzw. -rückträge bei der im Einkommensteuerrecht zulässigen Saldierung von positiven und negativen Einkünften aus verschiedenen Gewerbezweigen sein Einkommen nach den Auskünften des Finanzamtes N. vom 04.05.2004 beispielsweise im Jahre 1990 bis in eine negative Einkunft oder im Jahre 1993 bis auf einen Betrag von 3.758,00 DM reduziert hat. Die Aufstellung der Einkünfte aus dem Jahr 1988 bis 1996 zeigt, dass der Kläger bereits vor dem gesundheitsbedingten Ausscheiden aus seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung als Maurer in den Jahren 1988 und 1989 durch seine selbständige Tätigkeit 78.645,00 DM bzw. 33.693,00 DM positive Einkünfte erzielt hat. Ebenso sind in den Jahren 1992, 1994, 1995 und 1996 aus selbständiger Tätigkeit 39.570,00 DM, 28.235,00 DM, 49.312,00 DM, sowie 70.790,00 DM positive Einkünfte erzielt worden. Selbst im Jahre 1993 als er mit seinem Viehhandel nach den Feststellungen des Finanzamtes 35.489,00 DM Verlust erwirtschaftet hat, hatte er auf der anderen Seite an positiven Einkünften 33.022,00 DM durch seinen Getränkevertrieb - Zigaretten - Zeitschriften - erlöst sowie aus der Versicherungsagentur 1.121,00 DM und aus dem Lottogeschäft 5.104,00 DM. Allein mit diesen positiven Einkünften hätte der Kläger ohne den Verlust aus dem Viehhandel offensichtlich mehr als die Hälfte eines vergleichbaren Versicherten verdient und damit keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gehabt. Die Richtigkeit der vom Senat mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vertretene Rechtsauffassung diesen Verlust - als reinen Vermögensverlust - nicht bei der Berechnung des vom Kläger erzielten Einkommens zu berücksichtigen, zeigt sich in diesem Fall bereits daraus, dass der Kläger nach seiner Bilanz im Jahre 1993 40.894,00 DM entnehmen konnte, trotz eines Bilanzverlustes von 35.489,00 DM. Dies zeigt, dass auch in den Jahren, in denen nach dem Steuerrecht negative Einkünfte erzielt worden sind, der Gewerbebetrieb dem Kläger dennoch als Existenzgrundlage dienen konnte. Bei der Feststellung, ob der Kläger seit der Aufgabe seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit durch selbständige Tätigkeit, die sich teilweise bereits bis zum Jahre 1984 zurückverfolgen lässt, eine Existenzgrundlage hatte, ist deshalb ein nach dem Steuerrecht berücksichtigungsfähiger Verlust, bei der Frage ob der Kläger mindestens die Hälfte eines vergleichbaren Arbeitnehmers verdient hat nicht heranzuziehen (vgl. BSG, Urteil vom 09.09.1993, Az.: B 5 RJ 60/92, vom 16.05. 2001, Az.: B 5 RJ 46/00 R). Andernfalls wäre es dem Kläger durch entsprechende Manipulation, die im Steuerrecht durchaus eine legale Gestaltungsmöglichkeit darstellt möglich, seinen Verdienst beliebig zu beeinflussen und damit einen Rentenanspruch zu begründen. Dies wird insbesondere dadurch offensichtlich, dass der Kläger nunmehr für die Jahre 1996 und 1997 einen Verlustrücktrag geltend gemacht hat, der dazu führt, dass für das Jahr 1996 nicht 70.790,00 DM als steuerbares Einkommen angesehen wird sondern lediglich 12.095,00 DM und für das Jahr 1997 nicht 41.220,00 DM sondern ebenfalls lediglich 12.095,00 DM (vgl. Steuerbescheid vom 04.05.2000 für die Jahre 1996 und 1997). Mit Hilfe der Gestaltungsmöglichkeiten des Steuerrechts könnte z.B. ein Versicherter auch tatsächliche Einkünfte aus einer lohnabhängigen Beschäftigung auf Null senken und dadurch - bei voller Leistungsfähigkeit - einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit begründen und wäre gegenüber einem ausschließlich Lohnsteuerpflichtigen, dessen Bruttoeinkommen nicht beeinflussbar ist, in einem ungerechtfertigten Vorteil.

Der Senat ist deshalb zur Auffassung gelangt, dass der Kläger durch seine selbständige Tätigkeit bereits seit 1984 eine Lebensgrundlage hatte, mit der er mehr als die Hälfte eines vergleichbaren Versicherten verdient hat. Insbesondere weisen die vorliegenden Steuerunterlagen nicht nach, dass der Kläger durch seine selbständige Erwerbstätigkeit nur unerhebliche Einkünfte unterhalb der Hälfte eines vergleichbaren Versicherten erzielt hat.

Doch auch wenn der hier vom Senat zur Frage der selbständigen Tätigkeit als zumutbare Verweisungstätigkeit vertretenen Rechtsauffassung nicht gefolgt wird, hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Neben der Verweisung auf seine tatsächlich ausgeübte selbständige Tätigkeit, muss sich der Kläger auch auf nur theoretisch in Frage kommende lohnabhängige Beschäftigungen verweisen lassen, soweit ihm diese gesundheitlich und sozial zumutbar sind. Dies ist selbst dann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Fall, wenn der Kläger dazu gezwungen wäre, seine selbständige Tätigkeit und damit seine Lebensgrundlage aufzugeben. Als solche zumutbare Verweisungstätigkeit kommt für den Senat die in den Prozess eingeführte Tätigkeit des Hochregallagerarbeiters in Betracht. Diese stellt nach den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten berufskundlichen Auskünften eine Anlerntätigkeit unterhalb der Facharbeiterebene dar und ist deshalb dem Kläger sozial zumutbar. Ebenso sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Tätigkeit dem Kläger nicht auch gesundheitlich - zumindestens bis Oktober 1992 - zumutbar gewesen wäre.

Nach den im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen auf innerem, nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet wurde der Kläger seinerzeit noch zu mittelschweren Arbeiten ohne volle Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand beim Ausüben grober Kraft, ohne weitere wesentliche Einschränkungen in der Lage beurteilt. Die insoweit von der Prozessbevollmächtigten des Klägers nunmehr vorgebrachten Einwände stellen sich dem Senat lediglich als Schutzbehauptung dar, für deren Vorliegen keinerlei Anhaltspunkte gegeben sind. Nach den vorliegenden berufskundlichen Äußerungen handelt es sich bei der Tätigkeit des Hochregallagerarbeiters um eine körperlich leichte Tätigkeit ohne dauernde Benutzung des Bildschirms oder der Computertastatur und damit nicht mit besonderer Beanspruchung der Hände, wie sie beispielsweise bei einer Schreibkraft auftreten. Ebenso wenig ist danach der überwiegende Teil der Arbeitszeit mit Bildschirm- arbeit ausgefüllt. Eine Beeinträchtigung des Sehvermögens, wie sie die Prozessbevollmächtigte des Klägers nunmehr in Raum stellt, wurde seinerzeit bei der Feststellung der Gesundheitsstörungen des Klägers überhaupt nicht beschrieben. Der Senat geht daher davon aus, dass dem Kläger die Tätigkeit eines Hochregallagerarbeiters jedenfalls noch im Jahre 1992 gesundheitlich zumutbar gewesen wäre. Eine weitere Sachaufklärung dieser Frage hat der Senat daher nicht für erforderlich gehalten, zumal auch die Prozessbevollmächtigte des Klägers außer ihrer Behauptung nichts vorgetragen hat, die eine weitere schwerwiegende Gesundheitsstörung, die das berufliche Leistungsvermögen des Klägers beeinflussen könnte, auch nur im Rahmen des Möglichen erscheinen lässt.

Der Senat ist deshalb zu dem Ergebnis gelangt, dass der Verweisungsberuf des Hochregallagerarbeiters dem Kläger sowohl sozial wie gesundheitlich zumutbar war und er deshalb nicht berufsunfähig ist.

Ob dem Kläger ein solcher Arbeitsplatz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist. Dementsprechend bestimmt § 43 Abs.2 Satz 4 SGB VI, dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. BSG in SozR 3-2600 § 44 Nr.8).

Da der Leistungsfall der Berufsunfähigkeit, jedenfalls bis spätestens Oktober 1992 beim Kläger nicht eingetreten ist, hat er keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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