L 9 AL 11/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AL 2/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 11/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12. Oktober 2000 wie folgt abgeändert: Der Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 1999 wird abgeändert. Ferner wird der Bescheid vom 21. August 1998 aufgehoben, soweit er in Verbindung mit dem Teilabhilfebescheid vom 15. Februar 2000 die Arbeitslosengeld-Bewilligung im Zeitraum 24. August mit 30. September 1998 aufgehoben hat. Insoweit wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im zweiten Rechtszug zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen einer Überprüfung im Sinne des § 44 SGB X die Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) im Zeitraum 24.08. mit 30.09.1998 streitig.

I.

Der 1938 geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, der in den letzten Jahren als Fabrikarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt war und bereits 1993 und Ende 1996/Anfang 1997 im Leistungsbezug der Beklagten gestanden hatte, meldete sich nach dem Bezug von Übergangsgeld bzw. Krankengeld am 02.07.1998 erneut arbeitslos. Er gab an, am 19.02.1998 EU-Rente beantragt zu haben und die früher ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausüben zu können. Seine Vermittlungsfähigkeit sei aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt. Daraufhin gewährte die Beklagte nach Aktenlage Alg ab 29.07.1998 vorbehaltslos in Höhe von DM 415,87 weiter (Bemessungsentgelt - BE -: DM 840,00; Leistungssatz 67 v.H.; Leistungsgruppe A/1, Bescheid vom 17.07.1998). Aufgrund eines von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Schwaben angegebenen Unfalls prüfte die Beklagte die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen , die Feststellung der Leistungsvoraussetzungen gemäß § 125 SGB III unterblieb aber ebenso wie die Geltendmachung eines Erstattungsanspruches.

Mit Schreiben vom 10.08.1998, eingegangen beim Arbeitsamt M. am 18.08.1998, teilte die LVA mit, dem Kläger werde durch Bescheid vom 10.08.1998 ab 15.08.1997 aufgrund eines Antrags vom 18.06.1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt. Dessen Leistungsvermögen wurde sowohl vom Prüfarzt als auch vom Dezernenten des Rentenversicherungsträgers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als unterhalbschichtig eingeschätzt, der Teilzeitarbeitsmarkt sei verschlossen. Zugrunde lag ein pneumologisch-internistisches Gutachten des nicht prüffreien Dr.med.A. H. vom 23.03.1998, welches ein Asthma bronchiale mit persistierender Verteilungsstörung ergab. Auf die Einzelheiten wird verwiesen.

Daraufhin hob die Beklagte - ohne den Kläger vorher anzuhören - die Alg-Bewilligung durch bestandskräftigen Bescheid vom 21.08.1998 ab 18.08.1998 gemäß § 48 SGB X wegen der Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf, der Leistungsanspruch ruhe gemäß § 142 SGB III. Ob und inwieweit die Entscheidung auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden müsse, werde gesondert geprüft. Gegenüber der LVA und dem Kläger wurde mit Schreiben vom 28.08.1998 ein Erstattungsanspruch in der Gesamthöhe von DM 684,49 für den Zeitraum 19.07. mit 17.08.1998 geltend gemacht.

Am 25.11.1999 beantragte der Kläger die Aufhebung des Aufhebungsbescheides und die Weiterbewilligung von Alg bis zum 30.09.1998, dem Beginn der laufenden Zahlung, was durch Bescheid vom 02.12.1999/Widerspruchsbescheid vom 28.12.1999 wegen des vorliegenden unterhalbschichtigen Leistungsvermögens abgelehnt wurde.

II.

Hiergegen wandte der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Augsburg ein, zu Unrecht habe die Beklagte durch Bescheid vom 21.08.1998 die Leistungsbewilligung bereits ab 18.08.1998 aufgehoben, nicht aber erst mit dem Beginn der laufenden Rentenleistung, § 142 Abs.2 SGB III. Ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen sei für den Anspruch auf Alg kein Entscheidungskriterium. Im Übrigen sei der Kläger nicht angehört worden, § 24 SGB X. Nahtlosigkeit im Sinne des § 125 Abs.1 SGB III sei nicht gegeben, denn die Leistungsfähigkeit des Klägers sei nicht erkennbar auf weniger als 15 Stunden wöchentlich reduziert.

Demgegenüber vertrat die Beklagte die Auffassung, dem Kläger sei Alg nach der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 Abs.1 SGB III gewährt worden, für dessen Weiterzahlung aufgrund der Feststellung des Rentenversicherungsträgers die Rechtsgrundlage weggefallen sei. Die Bewilligung von Alg habe am 21.08.1998 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden können, mithin ab dem 24.08.1998, ein Fall nach § 142 Abs.2 Nr.2 SGB III liege nicht vor. Außerdem habe es wegen der Aufhebung für die Zukunft keiner vorherigen Anhörung bedurft, zumal die Tatsache der Rentenbewilligung dem Kläger bereits bekannt gewesen sei. Im Übrigen sei Alg durch Änderungsbescheid vom 15.02.2000 für den Zeitraum 18.08. mit 23.08.1998 weiterbewilligt worden. Dieser Bescheid war laut Rechtsbehelfsbelehrung mit dem Widerspruch anfechtbar. Durch gesonderten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 15.02.2000 machte die Beklagte für letztgenannten Zeitraum einen Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X in Höhe von DM 178,13 geltend.

Aufgrund mündlicher Verhandlung hob die 4. Kammer des SG Augsburg durch Urteil vom 12.10.2000 den Bescheid vom 21.08.1998 sowie den Bescheid vom 02.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.12.1999 auf. Die Leistungsbewilligung ab 29.07.1998 sei nicht unter Bezug auf § 125 SGB III erfolgt. Zwar sei die Beklagte grundsätzlich aufgrund der zuerkannten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit berechtigt, den Bewilligungsbescheid für die Zukunft aufzuheben, gemäß § 142 Abs.2 Ziff.2 SGB III jedoch erst ab der laufenden Rentenzahlung, hier ab 01.10.1998. Ein Aufhebungsgrund für die Vergangenheit sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

III.

Mit der am 11.01.2001 zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, die Feststellung des Rentenversicherungsträgers, der Kläger sei nur noch unterhalbschichtig leistungsfähig, beinhalte zugleich, dass letzterer lediglich in der Lage sei, Beschäftigungen von geringfügigem Umfang auszuüben, denn diese Leistungsfähigkeit entspreche einem Leistungsvermögen von weniger als 15 Stunden wöchentlich. Der Kläger stehe mithin der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, da er nicht arbeitsfähig im Sinne des § 119 SGB III sei, folglich auch nicht arbeitslos im Sinne des § 118 SGB III, so dass ein Anspruch auf Alg nicht bestanden habe, § 117 SGB III. § 142 Abs.2 Nr.2 SGB III sei entgegen der Auffassung des Erstgerichtes hier nicht anwendbar, da überhaupt kein Leistungsanspruch gegeben sei, der ggf. ruhen könnte.

Nach der Absenkung der Kurzzeitigkeitsgrenze auf 15 Stunden wöchentlich sei zunächst offen gewesen, wie ein in den Rentenmitteilungen angegebenes unterhalbschichtiges Leistungsvermögen arbeitsförderungsrechtlich zu bewerten sei. Insoweit sei zwischen den Vertretern der BA und des VdR am 17.03.1997 in Nürnberg vereinbart worden, dass ein vom Rentenversicherungsträger festgestelltes unterhalbschichtiges Leistungsvermögen dahingehend zu bewerten sei, dass dieses unter 15 Stunden wöchentlich liege. Auf das Protokoll dieser Besprechung werde Bezug genommen.

Im Übrigen habe der Kläger seinen Rentenantrag vom 19.02.1998 damit begründet, dass er keine Arbeiten mehr verrichten könne. Dies werde durch den Befundbericht seines Hausarztes und das von der LVA eingeholte Gutachten des Dr.H. gestützt. Die Beklagte legte auf Aufforderung des Senats eine Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes vom 16.04.2002 vor, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird. Sie hielt schließlich eine vom Gutachter Dr.H. abweichende Leistungseinschätzung des Prüfarztes, der eigene Befunde nicht zugrunde lägen, für nicht nachvollziehbar.

Demgegenüber verweist der Kläger u.a. darauf, im streitgegenständlichen Zeitraum vom 18.08.1998 mit 30.09.1998 durchaus in der Lage gewesen zu sein, mindestens 15 Stunden wöchentlich unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes tätig zu sein. Dem stehe das im Rentenverfahren festgestellte unterhalbschichtige Leistungsvermögen nicht entgegen, zumal dort nicht dokumentiert worden sei, dass er auf nicht absehbare Zeit außerstande wäre, einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nachzugehen. Im Übrigen sei die Beklagte in ihrem Aufhebungsbescheid vom 21.08.1998 selbst von einem Ruhenstatbestand im Sinne des § 142 SGB III ausgegangen, darüber hinaus sei die Leistungsbewilligung vom 17.07.1998 mit einer Anspruchsdauer von 960 Tagen vorbehaltlos ohne einschränkenden Hinweis auf § 125 Abs.1 SGB III erfolgt. Schließlich werde daran festgehalten, dass er noch in der Lage gewesen sei, wenigstens 15 Stunden wöchentlich zu arbeiten.

Durch Beweisanordnung vom 02.10.2003 wurde auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein Gutachten des Dr.R. S. auf internistisch-pneumologischen Gebiet vom 24.11.2003 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 22., 28.03.2003 und 03.06.2004 eingeholt, welches eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung mit Lungenüberblähung und mittelgradiger Einschränkung der Leistungsparameter feststellte. Diese Gesundheitsstörungen ließen für den Zeitraum ab August 1997 bis zum Untersuchungszeitpunkt leichte körperliche Arbeiten untervollschichtig mit vier bis unter acht Stunden täglich und einer Mindestarbeitszeit von 15 Stunden wöchentlich zu. Auf die Einzelheiten wird Bezug genommen.

Die Beklagte verweist u.a. darauf, dass das Erstgericht mit der vollständigen Kassation des Bescheides vom 21.08.1998 über das klägerische Begehren hinausgegangen sei, Ziff.I des Urteils könne damit keinen Bestand haben, und zwar unabhängig davon, wie über den Anspruch des Klägers entschieden werde.

Der Senat hat neben den Leistungsakten der Beklagten die Streitakten des ersten Rechtszuges sowie die Renten- und Regressakten der LVA Schwaben beigezogen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 12.10.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag,

die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bis 30.09.1998 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten beider Rechtszüge, der Leistungsakte der Beklagten sowie der Renten- und Regressakten der LVA Schwaben Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 30.09.2004.

Entscheidungsgründe:

Die mangels einer Beschränkung gem. § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, im Übrigen form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung der Beklagten, §§ 143 ff. SGG, erweist sich im Wesentlichen als nicht begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 02.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.12.1999, mit dem i.V.m. mit dem während des erstinstanziellen Verfahrens erlassenen Teilabhilfebescheid vom 15.02.2000 im Ergebnis die Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 21.08.1998 für den Zeitraum 24.08. mit 30.09.1998 abgelehnt worden ist, § 44 SGB X.

Ein rechtswidriger belastender Verwaltungsakt wie der oben angeführte Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist gem. § 44 Abs.1 SGB X auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt worden oder von einem Sachverhalt ausgegegangen worden ist, der sich als unrichtig erwiesen hat, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, es sei denn, der Bescheid beruht auf Angaben, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

Die Rechtswidrigkeit des aufzuhebenden Bescheides richtet sich wiederum nach der Regelung des § 48 Abs.1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine Änderung eingetreten ist. In den rechtserheblichen Verhältnissen der erkennbar nicht auf die Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III gestützten Leistungsbewilligung ist durch die am 10.08.1999 erfolgte Rentenbewilligung eine wesentliche Änderung eingetreten. Wesentlich sind alle Änderungen, die dazu führen, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Bescheid nicht hätte erlassen dürfen. Welche Änderungen wesentlich sind, ist daher nach dem jeweiligen Leistungsrecht zu beurteilen, im Falle des hier einschlägigen Alg also nach § 142 SGB III.

Hiernach stellt für diese Sozialleistung die Zuerkennung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar, denn während der Zeit, für die dem Arbeitslosen o.a. Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt worden ist, ruht der Anspruch auf Alg, § 142 Abs.1 Nr.3 SGB III. Der Übergangsregelung des § 435 Abs.4 SGB III zufolge gilt insoweit die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, deren Beginn vor dem 01.01.2001 liegt, als Rente wegen voller Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs.2 SGB VI. Das Ruhen hat zur Folge, dass die Lohnersatzleistung nicht auszuzahlen ist, selbst wenn die Anspruchsvoraussetzungen an sich weiter gegeben sind. Allerdings bewirkt nicht bereits der bloße Anspruch auf Rente das Ruhen des Anspruchs auf Alg, vielmehr muss nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 142 SGB III ein dort genannter Anspruch zuerkannt worden sein, damit die Ruhenswirkung ausgelöst wird, vgl. BSG vom 19.02.1986, 7 RAr 55/84, SozR 1300 § 48 SGB X Rdnr.22 m.w.N. Das Ruhen erfasst nach dem Grundsatz des § 142 Abs.1 SGB III den Zeitraum, für den die zum Ruhen führende Leistung bewilligt wird. Wird die Leistung wie vorliegend für die Vergangenheit gewährt, tritt das Ruhen des Alg-Anspruchs grundsätzlich rückwirkend ein. Auf den Zeitpunkt der Aufnahme der regelmäßigen Zahlungen bzw. den Zeitpunkt einer Nachzahlung kommt es insoweit nicht an.

Allerdings sieht § 142 Abs.2 Nr.2 SGB III hiervon abweichend vor, dass im Fall des Abs.1 Nr.3, also bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, der Anspruch auf Alg erst vom Beginn der laufenden Zahlung der Rente an ruht. Mithin hat die Rentenbewilligung zur Folge, dass ein Anspruch des Klägers auf Alg ab 01.10.1998 von Rechts wegen geruht hat. Die Alg-Bewilligung, welche die Rentenzuerkennung noch nicht berücksichtigen konnte, stellt sich daher im Nachhinein als unrichtig dar, soweit sie dem Kläger über den 30.09.1998 hinaus Alg gewährt hat, vgl. BSG, a.a.O.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Beurteilung des Restleistungsvermögens des Klägers im streitigen Zeitraum, welches durch den vom Senat gem. § 109 SGG beauftragten Internisten sowie Lungen- und Bronchialheilkundler Dr.R. S. in seinem Gutachten vom 24.11.2003 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 22.03.2003, 28.03. und 03.06.2004 hinreichend festgestellt worden ist. Wie der Sachverständige unter Bezugnahme auf die wenigen vorliegenden zeitnahen Unterlagen überzeugend dargelegt hat, hat seit den Feststellungen des Kurentlassungsberichts in Bad R. im Juli/August 1997, also ein Jahr vor dem hier zu beurteilenden Zeitraum, ein ähnliches Leistungsvermögen vorgelegen wie zum Zeitpunkt der Untersuchung im Jahre 2003. Bei dem gegebenen progredienten Leiden des Klägers, das wegen des fehlenden Krankenversicherungsschutzes offensichtlich ohne durchgängige Medikation auskommen musste, hat Dr.S. ein plausibles Leistungsbild dargestellt, das die abweichende Beurteilung von Dr.H. , welcher die zuständige LVA Schwaben selbst nicht vollständig gefolgt ist, nachvollziehbar auf eine zurückgenommene Mitwirkung des Klägers mit verständlichem Rentenbegehren zurückgeführt hat.

Die beim Kläger seit 1997 vorliegende "chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung mit Lungenüberblähung und bis zum Untersuchungszeitpunkt kaum verschlechterter mittelgradiger Einschränkung der Leistungsparameter" lässt danach leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen zu in einem Umfang von untervollschichtig mit vier bis unter acht Stunden täglich, insbesondere auch eine wöchentliche Mindestarbeitszeit von 15 Stunden. Demgegenüber ist die vom Ärztlichen Dienst der Beklagten in den Stellungnahmen nach Aktenlage wiederholt angeführte Beurteilung aus dem von der LVA Schwaben eingeholten Gutachten von Dr.H. vom 23.08.1998 (Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien nicht mehr möglich) bereits innerhalb des Rentenversicherungsträgers weder von dem Prüfarzt noch dem zuständigen Dezernenten übernommen worden. Dr.B.K. hat seinerzeit dem Gutachten Dr.H. prüfärztlich unterhalbschichtig auf Dauer leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entnommen und die Rubrik "unter zweistündig" nicht angekreuzt. Dieser von der Einschätzung des nicht prüffreien Außengutachters Dr.H. abweichenden Beurteilung hat sich der zuständige Dezernent H. am 30.04.1998 angeschlossen und aufgrund des für den Kläger verschlossenen Teilzeitarbeitsmarktes eine EU-Rente verfügt.

Im Übrigen konnte seit der Einführung des SGB III die bisher übliche Übernahme des vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögens wegen der neuen Geringfügigkeits-/ Kurzzeitigkeits-Grenze keinen Bestand mehr haben. Bereits ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen von etwa drei Stunden täglich ergibt eine wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden, welche nach dem SGB III zur Versicherungspflicht führt. Insoweit vermochte Dr.S. aus den vorliegenden zeitnahen Unterlagen keine Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, dass im streitgegenständlichen Zeitraum nur ein unter 15-stündiges Leistungsvermögen wöchentlich gegeben sein sollte.

Abschließend wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darlegungen des Sozialgerichts Bezug genommen, soweit der Senat ihnen gefolgt ist.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang war die Beklagte zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen zu verpflichten, die dem Kläger im Berufungsverfahren zu dessen Rechtsverfolgung entstanden sind.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher ungeklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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