L 16 R 391/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 1408/01 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 391/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 17. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Rente aus der deutschen Rentenversicherung.

Der 1945 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Serbien und Montenegro. Nach seinen eigenen Angaben war er in der Bundesrepublik als Lkw-Fahrer beschäftigt, die Frage nach der Berufsausbildung hat er im Rentenantrag verneint.

In Serbien und Montenegro hat er zwischen 18.05.1963 und 16.03.2000 für insgesamt 21 Jahre, 10 Monate und 26 Tage Versi- cherungszeiten zurückgelegt. In der Bundesrepublik sind zwischen 21.10.1969 und 31.03.1977 für insgesamt 87 Monate Beiträge entrichtet.

Mit dem Rentenantrag vom 11.02.2000 wurde der Untersuchungsbericht der Invalidenkommission in B. vom 17.02.2000 übersandt. Dort wurde sowohl für die Tätigkeit als Lkw-Fahrer als auch für Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab dem Tag der Untersuchung ein dauernder Verlust der Erwerbsfähigkeit angenommen. Die Auswertung der Unterlagen durch Dr.D. ergab für die Tä- tigkeit als Berufskraftfahrer ein Leistungsvermögen von weniger als drei Stunden, für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch bei Beachtung der Einschränkungen von sechs Stunden und mehr.

Mit Bescheid vom 01.08.2001 lehnte die Beklagte den Rentenan- trag ab, da weder teilweise noch volle Erwerbsminderung vorliege. Der Kläger sei noch in der Lage, trotz der Gesundheitsstörungen mindestens sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu arbeiten.

Dagegen wurde Widerspruch eingelegt mit der Begründung, der Gesundheitszustand habe sich verschlechtert, der Kläger sei absolut arbeitsunfähig. Die Auswertung der vorgelegten medizinischen Unterlagen er- brachte keine Änderung in der Leistungsbeurteilung. Die Beklagte wies deshalb den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2001 zurück.

Dagegen richtet sich die Klage mit der Begründung, der Kläger habe als qualifizierter Kraftfahrer gearbeitet. Diese Arbeit könne er nicht mehr verrichten, da er zu achtzig Prozent arbeits- bzw. erwerbsunfähig sei. Zur Begründung wurden auch ärztliche Unterlagen vorgelegt.

Auf dem Fragebogen des Sozialgerichts gab der Kläger an, den Beruf eines Malers und Anstreichers sowie Kraftfahrers in Jugo- slawien erlernt zu haben und in der Bundesrepublik zwischen 1969 und 1977 als Maler beschäftigt gewesen zu sein. Er erklärte, nicht zur Untersuchung in die Bundesrepublik kommen zu können und legte Arztbriefe vor.

Diese Unterlagen ließ das Sozialgericht durch Dr.R. nach Aktenlage auswerten. Dieser stellte im Gutachten vom 29.01.2003 folgende Diagnosen:

1. Instabiles Kniegelenk mit Patellasehnenriss mit Funktions- einschränkung und chronischer Schleimbeutelreizung 2. Bluthochdruck bei Fettleibigkeit 3. degenerative Wirbelsäulenveränderung nach Fraktur des zwölf- ten Brustwirbels 4. mittelgradige Schwerhörigkeit.

Als Folgen eines Berufsunfalls bestehe die Verletzung am rech- ten Kniegelenk, dadurch sei eine zeitliche Einsatzfähigkeit als Berufskraftfahrer und Maler nur noch unter zwei Stunden täglich möglich. Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht mehr zu- mutbar, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne aber eine vor- wiegend sitzende Tätigkeit trotz dieser Gesundheitsstörung noch verrichtet werden, auch betrage die zumutbare Wegstrecke 600 bis 700 Meter. Die Blutdruckerhöhung bedinge keine Veränderung im EKG, sodass dadurch eine leichte Tätigkeit ohne Stressaus- wirkungen nicht eingeschränkt sei. Die Wirbelsäulenveränderun- gen seien behandlungsbedürftig, sodass akute Schmerzreaktionen revisibel und einer Behandlung zugänglich seien. Es dürften keine schweren Lasten bewegt werden und gebückte Arbeitsweise oder Zwangshaltung sei zu vermeiden. Insgesamt sei der Kläger aber noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der Einschränkungen zeitlich unbeschränkt zu arbei- ten. Auch die übliche Umstellungsfähigkeit sei gegeben.

Mit Gerichtsbescheid vom 17.06.2003 wies das Sozialgericht die Klage ab mit der Begründung, es könne weder Berufs- noch Er- werbsunfähigkeit festgestellt werden, da der Kläger, der keinen Beruf erlernt habe, in der Bundesrepublik als Maler versiche- rungspflichtig beschäftigt gewesen und als Ungelernter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei. Auf Grund der Gesundheitsstörungen könne er nur noch leichte Arbeiten verrichten, da eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht bestehe, erfülle er die Voraussetzung für den Rentenbezug nicht.

Dagegen wurde Berufung eingelegt mit der Begründung, es treffe nicht zu, dass der Kläger ein ungelernter Maler sei, denn er habe sein Diplom vorgelegt. Er könne deshalb also nicht auf leichte Arbeiten verwiesen werden, denn im Beruf als Maler müsse er Leitern und Gerüste benutzen und genieße deshalb Berufsschutz. Außerdem habe er als qualifizierter Lkw-Fahrer gearbeitet und auch diesen Beruf in Jugoslawien erlernt. In diesem Beruf habe er eine Verletzung bei einem Arbeitsunfall erlitten und bekomme die Invalidenrente. Deshalb bitte er um Überprüfung seines Falls.

Eine Anfrage beim deutschen Arbeitgeber ergab eine Beschäftigung als Maler und Lackierer von März 1970 bis 31.03.1977. Er sei angelernter Facharbeiter mit Vorkenntnissen gewesen, wobei eine Anlernzeit von sechs Monaten als ausreichend bezeichnet wurde. Ein Arbeiter ohne Vorkenntnisse habe zur Einarbeitung 1,5 Jahre benötigt. Der tarifliche Stundenlohn eines Junggesellen im ersten Gesellenjahr habe 6,16 DM betragen, dies habe auch der Kläger verdient.

Nach Auffassung der Beklagten ist der Kläger, der keine Berufsausbildung zurückgelegt und als Angelernter im oberen Bereich in Deutschland gearbeitet habe noch auf Tätigkeiten als Sortierer oder Pförtner verweisbar.

Ausweislich des vorgelegten Diploms hat der Kläger die Prüfung für den Fachausbildungsgrad zum angelernten (spezialisierten) Arbeiter als "halbqualifizierter Färber im Fach Färberei" abgelegt.

Die Ehefrau des Klägers teilte mit, der Kläger sei bewegungsun- fähig und liege "flach", deshalb werde gebeten, eine Entschei- dung zu seinen Gunsten zu fällen. Der Kläger wurde zur Einreise zur Untersuchung in die Bundesrepublik aufgefordert. Er legte daraufhin ärztliche Unterlagen vor, wonach sich sein Zustand verschlechtert habe.

Der mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Orthopäde Dr.K. bat um Einholung bestimmter Untersuchungsberichte sowie Röntgenaufnahmen aus Jugoslawien, die der Kläger übersandte.

Alle vorgelegten Unterlagen wurden von Dr.K. im Gutachten vom 13.11.2004 ausgewertet. Dieser hat folgende Gesundheitsstörungen feststellen können:

1. Bruch des zwölften Brustwirbelkörpers mit leichten Formver- änderungen verheilt, degeneratives LWS-Syndrom bei Spondylo- se L 2/3 und Osteochondrose beginnend L 5/S 1

2. Funktionsminderung des rechten Kniegelenks nach Quadricep- ssehnenriss.

Dr.K. stellte fest, dass das Leistungsvermögens durch die Befunde auf orthopädischem Fachgebiet gemindert sei, da die Wirbelsäule wegen der Osteochondrose nicht voll belastbar sei. Im Übrigen bestünden die Folgen des Arbeitsunfalls, wobei eine konservative Behandlung der Unfallfolgen erfolgte und bei der Erstbegutachtung eine Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks festgestellt werden konnte. Der aktuelle Untersuchungsbefund vom September 2004 beschreibe eine Bewegungsfähigkeit des rechten Beins mit hinkendem Gangbild und Muskelminderung am Oberschenkel mittleren Grades. Die vorgelegten Röntgenaufnahmen zeigten Aufbraucherscheinungen. Der Kläger könne wegen der Verletzung des rechten Kniegelenks nicht mehr als Maler, Malerhelfer oder Kraftfahrer tätig sein, da die Standsicherheit hierfür nicht mehr ausreichend sei. Es sei aber eine Beschäftigung in Verweisungstätigkeiten denkbar, denn der Kläger könne Arbeiten verrichten, sofern kein Heben und Tragen von Lasten von mehr als zehn Kilo oder Arbeiten in Rumpfbeugehaltung verlangt wer- den. Wegen der bestehenden Kniegelenkserkrankung sollte er nicht ausschließlich gehend oder stehend tätig sein, aber eine Beschäftigung in wechselnder oder überwiegend sitzender Körper- haltung sei zumutbar. Trotz der Gesundheitsstörungen sei auch die Geh- oder Stehfähigkeit noch ausreichend erhalten, auch die üblichen Anmarschwege zur Arbeit könne er zurücklegen. Es ergäben sich aus den vorgelegten ärztlichen Unterlagen auch keine Hinweise darauf, dass eine Reise nach Deutschland zur Durchführung einer ärztlichen Untersuchung unmöglich sei. Aus den vorgelegten Unterlagen sei eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht erkennbar.

Das Gutachten wurde dem Kläger zur Stellungnahme übersandt, mit dem Hinweis auf das von Dr.K. festgestellte Leistungsvermögen und die mangelnde Erfolgsaussicht der Berufung. Eine Stellungnahme des Klägers ist nicht eingegangen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 17.06. 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 01.08.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Rente wegen Erwerbsminderung ab Antrag zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Landshut und des bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen, da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI). Für den Anspruch des Klägers sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit sinngemäß auch (hilfsweise) vorgetragen ist, dass jedenfalls ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben sei (vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI).

Die Beklagte und das Sozialgericht haben zu Recht die Rentenge- währung abgelehnt, da nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger voll oder teilweise erwerbsgemindert oder berufs- oder erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43, 44, 241 SGB VI in der alten und neuen Fassung ist.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI a.F., da er ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags bis jetzt nicht im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift berufsunfähig ist. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit liegen beim Kläger nicht vor.

Denn wie bereits im Verwaltungsverfahren hat auch der gerichtliche Sachverständige Dr.K. auf Grund der Auswertung der Unterlagen, die der Kläger aus Jugoslawien übersandt hat, keine gravierenden Gesundheitsstörungen feststellen können, die das Vorliegen von voller oder teilweiser Erwerbsminderung beweisen. Zu einer Untersuchung ist der Kläger aber trotz mehrfacher Aufforderung weder im sozialgerichtlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren in die Bundesrepublik gekommen. Der Kläger trägt die Beweislast sowohl für den Nachweis der Erwerbsminderung als auch für die Reiseunfähigkeit. Grundsätzlich trägt auch im sozialgerichtlichen Verfahren jeder die Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (Grundsatz der objektiven oder materiellen Beweislast, vgl. Jens-Meyer-Ladewig, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz - SGG - § 103 Anm. 19a). Damit muss der Beteiligte auch die Folgen tragen, wenn eine Ungewissheit wegen der für ihn günstigen Tatsachen verblieben ist. Der Kläger trägt deshalb der Beweislast dafür, dass auf Grund fehlender Befunde und Ergebnisse einer persönlichen Untersuchung sein Gesundheitszustand nicht ausreichend aufgeklärt werden konnte, sodass weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit noch Erwerbsminderung im Sinne des Gesetzes nachgewiesen ist.

Wie der gerichtliche Sachverständige Dr.K. , ein mit dem Recht der Sozialversicherung besonders vertrauter Gutachter, überzeugend festgestellt hat, liegen beim Kläger keine so gravierenden Gesundheitsstörungen vor, dass eine Reise zur Untersuchung in die Bundesrepublik nicht möglich gewesen wäre. Dr.K. hat vielmehr darauf hingewiesen, dass die Befunde nicht allzu gravierend sind, soweit sie sich aus den vorgelegten ärztlichen Berichten aus Serbien und Montenegro ableiten lassen. Es bestehen zwar die Folgen des Unfalls mit den Verletzungen am rechten Knie und dadurch sind auch Arbeiten, die überwiegendes Stehen und Gehen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten erfordern, ausgeschlossen, jedoch ist die Gesundheitsstörung nicht so ausgeprägt, dass der Kläger nicht im gelegentlichen Stehen und Gehen sowie im überwiegenden Sitzen noch vollschichtig arbeiten kann.

Nach dem gesundheitlichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 21 ff. m.w.N.). Maßgeblicher Hauptberuf ist vorliegend die Tätigkeit als Maler und Lackierer in Deutschland. Diese Tätigkeit kann der Kläger unstreitig nicht mehr ausüben.

Obwohl der Kläger diesen Beruf nicht mehr ausüben kann, ist er aber dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 § 1246 Nr. 138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27 und 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).

Der Kläger hat nach der Auskunft des deutschen Arbeitgebers keine einem deutschen Facharbeiter mit Gesellenprüfung vergleichbare Beschäftigung ausgeübt, vielmehr war nach Auffassung des Arbeitgebers für den Kläger nur eine sechsmonatige Anlernzeit und für Arbeiter ohne jegliche Vorkenntnisse nur von eineinhalb Jahren erforderlich. Das vorgelegte Diplom über die Ausbildung in Jugoslawien lässt nicht erkennen, welche Ausbildungsdauer bis zur Prüfung erforderlich war, sodass daraus nicht auf eine Ausbildung vergleichbar einer deutschen Ausbildung mit Gesellenprüfung geschlossen werden kann. Damit ist der Kläger nicht einem deutschen Facharbeiter, der nach der Stufenausbildung eine mehr als dreijährige Berufsausbildung absolviert hat, vergleichbar und deshalb als sog. oberer Angelernter entsprechend dem Stufenschema des BSG auf angelernte und herausgehobene ungelernte Tätigkeiten verweisbar. So ist eine Vielzahl von Tätigkeiten denkbar, die der Kläger noch verrichten kann, da weder Einschränkungen in der Handgeschicklichkeit noch sonstiger Sinnesorgane bestehen, sodass neben der Tätigkeit eines einfachen Pförtners noch weitere Tätigkeiten denkbar sind, die der Kläger mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch verrichten kann. Die von dem Gutachter beispielhaft genannten Tätigkeiten als Warenaufmacher, Sortierer oder Verpacker sind von diesem als zumutbar bezeichnet worden.

Für den Berufschutz des Klägers ist nur auf die in der Bundesrepublik ausgeübte Beschäftigung abzustellen, da das im Verhältnis zu Bosnien-Herzegowina weiter anwendbare deutsch-jugoslawische Sozialversicherungsabkommen (vom 12.10.1968 i.d.F. des Änderungsabkommens vom 30.09.1974 BGBl.II 1969, 1438 und BGBl.II 1975, 389 , Bekanntmachung vom 16.11.1992, BGBl.II 1992, 1196) keine Gleichstellung der Tätigkeit im jeweils anderen Vertragsstaat vorsieht.

Der Kläger, der keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI a.F., weil er die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift nicht erfüllt. Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F. sind solche Versicherte nicht erwerbsunfähig, die - wie der Kläger - (irgend) eine Berufstätigkeit noch vollschichtig ausüben können; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Nach den §§ 43, 240 SGB VI n.F. hat der Kläger ebenfalls keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn ein Versicherter - wie der Kläger - einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen vollschichtig ausüben kann.

Dass der Kläger nach dem Recht seines Herkunftslandes Anspruch auf Invalidenrente hat, führt nicht zwingend dazu, dass er auch in der Bundesrepublik Deutschland Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen könnte. Der Anspruch auf eine deutsche Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung ist nämlich unabhängig davon allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hiesigen sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 193 SGG.

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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