L 13 R 4066/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RA 106/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 4066/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 11. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1960 geborene Kläger hat den Beruf des Krankenpflegers erlernt (1979 bis 1982) und zunächst bis September 1985 versicherungspflichtig ausgeübt. Nach einem nicht abgeschlossenen Studium zum Musiklehrer war er von April 1980 bis Oktober 1991 als freiberuflicher Musiker tätig und von Juli 1991 bis April 1992 als Krankenpfleger sowie vom 01. bis 30.11.1994 als Apothekenhelfer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er hat angegeben, die Tätigkeit als Krankenpfleger aus gesundheitlichen Gründen beendet zu haben. Er habe bei einem Arbeitsunfall (Tragen eines 112 kg schweren Patienten bei Gegenwehr) einen Bandscheibenvorfall L 4/5 (laut CT vom 07.10.1993 bestand tatsächlich eine Bandscheibenprotrusion L4/5 und ein Bandscheibenvorfall L5/S1) mit nachfolgenden Lendenwirbelsäulebeschwerden erlitten. Die zuständige Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege hat die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nummer 2108 Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung abgelehnt (Widerspruchsbescheid vom 10.04.1995) und festgestellt, dass die Lendenwirbelsäulebeschwerden ab 23.03. 1992 nicht mehr unfallbedingt, sondern auf krankhafte Veränderungen der Wirbelsäule zurückzuführen seien (Widerspruchsbescheid vom 04.09.1995). Dieser Beurteilungen lag eine neurophysiologische, neuroradiologische und neurochirurgische Begutachtung in der Universitätsklinik W. zu Grunde.

Am 17.04.1996 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Er könne wegen Bandscheibenvorfällen, Wirbelsäulenleiden und psychischer Leiden keine Arbeiten mehr verrichten.

Die Beklagte lies den Kläger durch die Orthopädin Dr. B. (Gutachten vom 30.07.1996) und den Neurologen und Psychiater Dr. S. (Gutachten vom 02.09.1996) ambulant begutachten.

Dr. B. diagnostizierte beim Kläger ein Lendenwirbelsäulensyndrom mit mäßiger Funktionsstörung bei Bandscheibenvorwölbung L5/S1 links und Verdacht auf sechs freie Lendenwirbelkörper, ein Halswirbelsäulensyndrom mit beginnender Funktionsstörung linksbetont mit Kopfschmerzsymptomatik bei Fehlhaltung, endgradige Schulterbeschwerden beidseits bei beginnender Sehnenalterung und Fehlbelastung rechts durch unfallbedingten Cubitus varus mit Belastungsbeschwerden im Bereich des Handgelenkes rechts ohne Reizerscheinungen und Belastungsbeschwerden der Kniegelenke. Der Kläger könne nicht mehr uneingeschränkt als Krankenpfleger eingesetzt werden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er leichte bis mittelschwere wechselnde Arbeiten vollschichtig verrichten. Zu vermeiden seien schwere Hebe- und Tragearbeiten, Zwangshaltungen, häufige Überkopfarbeiten, häufiges Hocken, Bücken, Klettern und Steigen sowie Tätigkeiten in Nässe und Kälte.

Dr. S. diagnostizierte ein massives Zervikal- und Lumbalsyndrom mit Ausstrahlungen in beide Beine und Hinweisen auf Wurzelirritationen L5 links sowie ein massives chronisches Schmerzsyndrom. Der Kläger könne selbst leichteste Arbeit nur unter zwei Stunden täglich verrichten. Der medizinische Dienst der Beklagten widersprach dem. Es lägen keine objektivierbaren neurologische Ausfälle vor.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom 16.04.1996 ab (Bescheid vom 23.09.1996). Der Kläger sei noch in der Lage, im bisherigen Berufsbereich und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig tätig zu sein.

Den dagegen ohne nähere Begründung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.02.1997). Der Kläger könne im bisherigen Beruf als Krankenpfleger noch vollschichtig tätig sein.

Dagegen hat der Kläger am 14.04.1997 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht Würzburg (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er ein in seinem Auftrag erstelltes Gutachten nach Aktenlage des Allgemeinmediziners und Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. G. vom 15.01.1998 vorgelegt, nach dessen Ansicht der Kläger aufgrund einer psychosomatischen Erkrankung mit erheblicher Somatisierungsstörung bei vorbestehenden degenerativen Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates auch auf leichtere Tätigkeiten nicht mehr verwiesen werden könne.

Das SG hat u. a. Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 30.04. und 03.11.1992, 04.01., 30.03. und 07.06.1993 sowie 01.02.1995, Berichte der behandelnden Ärzte Dr. R. (Praktischer Arzt, 19.04.1999), Dr. H. (Orthopäde, 22.04.1999) und K. (Neurologe und Psychiater, 03.05.1999), Gutachten des arbeitsamtsärztlichen Dienstes vom 22.07.1993, 17.08.1994 und 24.09.1996 sowie eine Arbeitgeberauskunft über die letzte Tätigkeit des Klägers als Krankenpfleger (vom 13.06.1999 - Angestellter mit längerer Ausbildung, Entlohnung nach BAT V) beigezogen und den Kläger durch den Neurologen und Psychiater Dr. O. begutachten lassen (Gutachten vom 08.03.2001 mit ergänzender Stellungnahme vom 04.11.2002). Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger zwar ein schweres chronisches Schmerzsyndrom bei im Vordergrund stehenden starken Rückenschmerzen und eine Panikstörung bestehe, er aber noch vollschichtig leichte und mittelschwere Arbeiten in wechselnder Stellung im Freien und in geschlossenen Räumen ohne besondere nervliche Belastung, besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems wie überwiegendes Stehen oder Gehen, häufiges Bücken oder Überkopfarbeiten, Arbeit in Zwangshaltungen, häufiges Steigen, Tätigkeiten unter ungünstigen äußeren Bedingungen (Schadstoffe, ungünstige klimatische Verhältnisse) und ohne Arbeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen verrichten könne. Zwischenzeitlich sei ein Diabetes mellitus hinzugetreten, der mit Insulin behandelt werde. Das Gutachten des Dr. S. sei nicht nachvollziehbar, da bei chronischen Schmerzen ohne sonstige Behinderungen eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit eher stabilisierend und bessernd sein sollte, insbesondere wenn begleitend eine kompetente Schmerztherapie erfolge. Durch Überbetonung der Faktoren Ruhe und Stressvermeidung sei eher zu befürchten, dass es zu einer weiteren Muskelverkürzung im Rückenbereich komme und hierdurch eine Verschlimmerung der Schmerzen eintrete. Als Krankenpfleger in einem Kursanatorium könne der Kläger noch tätig sein.

Das SG hat sich dieser Leistungsbeurteilung angeschlossen und die Klage abgewiesen (Urteil vom 11.02.2003). Der Kläger sei noch in der Lage, vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten. Zwar könne er im Beruf des Krankenpflegers keine Grundpflege mehr verrichten, er sei jedoch zumutbar auf eine Tätigkeit in einem Sanatorium oder einer Kurklinik verweisbar. Dabei handle es sich um körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne Zwangshaltungen und Heben und Tragen von Gewichten. Die Entlohnung entspreche derjenigen von Krankenpflegern in Krankenhäusern. Er sei aber sozial auch auf Tätigkeiten eines gehobenen Registrators verweisbar.

Gegen das am 04.03.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.03.2003 (Eingang bei Gericht) beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Auf eine Tätigkeit als Krankenpfleger in einem Sanatorium oder einer Kurklinik könne er nicht verwiesen werden, da er auch dort mit gehbehinderten oder sonstiger körperlicher Unterstützung bedürftigen Patienten zu tun habe und diese Tätigkeit keineswegs im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt werde.

Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. R. (Internist, 20.09.2003), Dr. S. (Orthopäde, 29.09.2003), Dr. G. (praktische Ärztin, Oktober 2003), Dr. Z. (Orthopäde, 06.10.2003) und Dr. P. (Allgemeinarzt, November 2003) beigezogen und den Kläger ambulant durch den Orthopäden Dr. M. (Gutachten vom 16.04.2004) und den Neurologen und Psychiater Dr. H. (Gutachten vom 15.08.2004) begutachten lassen.

Dr. M. hat beim Kläger folgende Diagnosen gestellt:

- mäßige Verschleißveränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäu le ohne sozialmedizinisch bedeutsames funktionelles oder neu rologisches Defizit,

- Verschleißveränderungen der Schultergelenke und der Hüftge lenke ohne wesentliches Funktionsdefizit,

- Schuppenflechte (Psoriasis) ohne entzündliche Beteiligung des Skelettsystem

Er hält den Kläger für fähig, vollschichtig als Krankenpfleger in Sanatorien und Kurheimen, als Registrator und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Er könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten vorzugsweise im Wechselrhythmus ohne monotone Körperstellung, monotone Zwangshaltungen oder ständige Überkopfarbeiten verrichten. Insgesamt habe der Kläger am Untersuchungstag nicht den Eindruck eines an konkreten orthopädischen Schmerzen leidenden Menschen vermittelt, wobei nachweislich vorhanden gewesene starke tiefsitzende Kreuzschmerzen (ab 1994) mittlerweile abgeklungen seien. Unter Berücksichtigung des klinischen und radiologischen Befundes seien die Beschwerdeschilderung des Versicherten und sein demonstrativ wirkendes Verhalten innerhalb der Untersuchungssituation unangemessen erschienen.

Dr. H. hat beim Kläger folgende Diagnosen gestellt:

- anhaltende somatoforme Schmerzstörung

- Agoraphobie mit Panikstörung

- degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Bandscheibenvorfall L5/S1 ohne akute radikuläre Symptomatik

- leichte degenerative Veränderungen der Schultergelenke und der Hüftgelenke

- Psoriasis

- Verdacht auf Trigeminus-Neuralgie

- insulinpflichtiger Diabetes mellitus.

Eine Tätigkeit als Krankenpfleger in Sanatorien und Kurheimen, vorzugsweise in Kliniken mit den Hauptindikationen endokrine Erkrankungen, Ernährung- und Stoffwechselkrankheiten sowie Krankheiten des Kreislaufsystems, oder als Registrator sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch vollschichtig verrichten. Zumutbar seien leichte Tätigkeiten vorzugsweise im Sitzen in geschlossenen Räumen ohne schweres Heben und Tragen, besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems (insbesondere Zwangshaltungen wie Bücken, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten), nervlich belastende Tätigkeiten oder Nachtschicht. Auf andere als die bisher ausgeübten Erwerbstätigkeiten könne er sich noch umstellen.

Während Dr. M. wegen des Diabetes mellitus die Erforderlichkeit einer Zusatzbegutachtung bejaht hat, hat Dr. H. weiterer fachärztlichen Begutachtungen nicht für erforderlich gehalten.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat zu dem Ergebnis der Beweiserhebung nicht Stellung genommen sondern beantragt, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung nach Aktenlage zu entscheiden. Die Beklagte hat dem zugestimmt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 11.02.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 23.09.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund des Antrags vom 17.04.1996 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, des Amtes für Versorgung und Familienförderung Würzburg und des SG sowie der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs.2 SGG).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23.09.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02. 1997, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 17.04.1996 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 11.02.2003 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12. 2000 geltenden Fassung (a.F.), da er den zu Grunde liegenden Antrag vor dem 03.04.2001 gestellt hat und Rente (auch) für Zeiten vor dem 01.01.2001 begehrt (§ 300 Abs.2 SGB VI i.V.m. § 26 Abs.3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -). Soweit ein Rentenanspruch erstmals für die Zeit nach dem 31.12. 2000 in Betracht kommt, richtet sich dieser nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.).

Nach § 43 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie

1. berufsunfähig sind,

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähig keit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Be schäftigung oder Tätigkeit haben und

3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 SGB VI a.F.).

Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn.130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes.

Dagegen besteht Erwerbsunfähigkeit bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (ab 01.04.1999 630,00 DM) übersteigt (§ 44 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F.). Da der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit an strengere Voraussetzungen geknüpft ist, als derjenige der Berufsunfähigkeit, folgt aus der Verneinung von Berufsunfähigkeit ohne Weiteres das Fehlen von Erwerbsunfähigkeit (vgl. Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 05.04.2001 - B 13 RJ 61/00 R -).

Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt. Zwar hat er die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51 Abs.1 SGB VI) erfüllt. Es liegt jedoch keine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor.

Zur Begründung wird auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 153 Abs.2 SGG). Das SG hat den Kläger zutreffend auf eine sozial zumutbare Tätigkeit in Kurheimen und Sanatorien verwiesen. Er besitzt auch nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren ergänzend durchgeführten orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Begutachtung jedenfalls für eine Tätigkeit in Einrichtungen mit den Hauptindikationen endokrine Erkrankungen, Ernährung- und Stoffwechselkrankheiten sowie Krankheiten des Kreislaufsystems ein ausreichendes körperliches und geistiges Leistungsvermögen. Nach den von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten berufskundlichen Unterlagen ist die Tätigkeit des Krankenpflegers in solchen Einrichtungen in der Regel nicht mit Maßnahmen der Grundpflege verbunden, sondern besteht überwiegend aus behandlungspflegerischen, organisatorischen, beratenden und anleitenden Tätigkeiten, die körperlich leicht bis gelegentlich mittelschwer sind. Sie wird im Wechselrhythmus ausgeübt und erfordert i.d.R. keine längere Zwangshaltung wie Knien, Bücken oder Hocken (vgl. die Stellungnahme der Bundesanstalt für Arbeit vom 28.03.2001).

Die orthopädische Begutachtung durch Dr. M. hat bestätigt, dass beim Kläger keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen der Wirbelsäulen- und Gelenkbeweglichkeit bestehen. Aufgrund der röntgenologisch und klinisch feststellbaren Veränderungen an Wirbelsäule, rechtem Arm und Schulter sind lediglich monotone Körperhaltung, das Heben und Tragen schwerer Lasten, monotone Zwangshaltungen (vornüber geneigt, gebückt) und ständige Überkopfarbeiten ausgeschlossen. Weitergehende Leistungseinschränkungen, wie sie vom Kläger wiederholt vorgetragen und in der Untersuchungssituation demonstrativ dargestellt wurden, liegen nicht vor. Dr. M. beschreibt eingehend den orthopädischen Befund und die Verdeutlichungstendenzen des Klägers, dessen Beweglichkeit sich in vermeintlich unbeobachteten Situationen (zum Beispiel beim An- und Auskleiden, beim Deuten auf Schmerzpunkte im Nacken) flüssig und unbeeinträchtigt darstellt.

Auch neurologisch-psychiatrisch ergaben sich keine Anhaltspunkte für bisher unberücksichtigte Leiden. Die neurologischen Befunde waren mit Ausnahme einer leichten Hypästhesie und Hypalgesie am Fußaußenrand rechts weiterhin unauffällig, die mnestischen Fähigkeiten unbeeinträchtigt und psychisch lediglich eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung auf dem Boden degenerativer Wirbelsäulenveränderungen sowie eine gelegentliche Agoraphobie mit Panikstörung zu diagnostizieren. Anhaltspunkte für eine weitergehende psychiatrische Erkrankung, zum Beispiel eine Psychose oder eine endogene Depression, ergaben sich nicht. Aufgrund der psychischen Situation des Klägers hält Dr. H. allerdings eine Tätigkeit in psychosomatisch-psychotherapeutisch orientierten oder psychiatrischen Einrichtungen nicht für geeignet, da der Kläger hierfür keine ausreichende psychische Stabilität besitzt. Für den Umgang mit Menschen im Gesundheitswesen ist der Kläger aber seiner Ansicht nach grundsätzlich geeignet.

Beide Sachverständige haben dargelegt, dass bei der Untersuchung kein wesentlicher Leidensdruck des Klägers erkennbar war und auch die nur sporadische Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung in den letzten Jahren gegen eine schwerwiegende psychische oder körperliche Beeinträchtigung spricht.

Eine weitergehende Begutachtung, insbesondere eine von Dr. M. wegen des diagnostizierten Diabetes mellitus genannte internistische Begutachtung, ist nicht erforderlich. Der im Jahr 2000 diagnostizierte Diabetes mellitus hat unter Insulintherapie bisher keine Folgeerkrankungen ausgelöst und ist gut eingestellt. Probleme ergeben sich nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen nur durch die Tätigkeit des Klägers als Musiker und Musiklehrer aufgrund des damit verbundenen wechselnden Tagesrhythmus. Abgesehen davon, dass auch in diesem Zusammenhang diabetische Entgleisungen nicht ärztlich dokumentiert sind, ergibt sich aus den durch den gewählten Tagesrhythmus verursachten Einstellungsproblemen kein Hinweis auf eine generell erschwerte Einstellbarkeit des Diabetes mellitus, worauf auch die fehlende kontinuierliche fachdiabetische Behandlung des Klägers hinweist. Bezüglich der von Dr. R. außerdem angegebenen grenzwertigen arteriellen Hypertonie und einer Hyperlipoproteinämie liegen keine Hinweise auf mögliche weitergehende Leistungseinschränkungen des Klägers vor, die eine internistische Fachbegutachtung rechtfertigen würden.

Da die Bundesanstalt für Arbeit in ihrer Stellungnahme vom 28.03.2001 ausgeführt hat, dass allein im Ruhrgebiet bereits von einer hinreichenden Zahl leichter Arbeitsplätze für Krankenschwestern ausgegangen werden kann, ist der Senat in dem hier vorliegenden speziellen Fall unter Berücksichtigung der nur beschränkten körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers der Überzeugung, dass im Bereich der Kurheime und Sanatorien auch unter Ausschluss der orthopädisch, psychotherapeutisch oder psychiatrisch ausgerichteten Einrichtungen bundesweit eine Vielzahl von leidensgerechten Arbeitsplätzen vorhanden ist, ohne dass es hierzu näherer Ermittlungen bedarf.

Ist der Kläger danach nicht berufs- oder erwerbsunfähig i.S.d. §§ 43 Abs.2, 44 Abs.2 SGB VI a.F., so liegt auch keine volle oder teilweise Erwerbsminderung i.S.d. §§ 43 Abs.1 Satz 2, Abs.2 Satz 2, 240 Abs.2 SBG VI n.F. vor, für die ein nur unter sechsstündiges Leistungsvermögen erforderlich wäre.

Ob der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung erfüllen würde (§§ 43 Abs.1 Nr.2, 44 Abs.1 Nr.2 SGB VI a.F. i.V.m. §§ 240, 241 SGB VI a.F. bzw. §§ 240, 43 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB VI n.F. i.V.m. § 241 Abs.2 SGB VI n.F.), kann bei dieser Sachlage dahinstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs.2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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