L 1 R 4078/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RA 161/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 4078/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. März 2001 wird zurückgewiesen. Die Klage gegegen den Bescheid vom 29. September 2000 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Witwenrente der Klägerin streitig.

Die 1961 geborene Klägerin erhält mit Bescheid vom 28.02.1994 von der Beklagten eine Rente wegen Todes nach ihrem am 03.11.1993 verstorbenen Ehegatten in Höhe von 1.105,64 DM. Dieser war Gesellschafter einer Nutz- und Schlachtvieh Handelsgesellschaft (NSB-GmbH) neben einer selbständigen Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer und Viehkaufmann.

Im Leistungsbescheid wies die Beklagte auf die Anrechnung von Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen hin, sofern das monatliche Einkommen einen dynamischen Freibetrag übersteige. Schon in dem am 21.11.1993 ausgefüllten Fragebogen zum Rentenantrag verneinte die Klägerin ein Arbeitseinkommen.

Durch eine Mitteilung der landwirtschaftlichen Alterskasse Oberbayern wurde der Beklagten bekannt, dass von der Klägerin Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (1995 in Höhe von 5.900,00 DM, 1996 5.700,00 DM), Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (in Höhe von 2.114,00 DM) und 1996 aus Gewerbebetrieb in Höhe von 55.944,00 DM erzielt wurden. Aus den von der Klägerin übersandten Steuerbescheiden ergaben sich für 1994 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 48.039,00 DM.

Ohne Anhörung verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 13.11.1998 eine Änderung der Berechnung der Witwenrente ab 01.07.1997 bis zum Juli 1998, weil sich das auf die Rente anzurechnende Einkommen auf 854,86 DM monatlich erhöht habe. Dadurch stehe der Klägerin nurmehr eine monatliche Rente von 377,29 DM zu. Wegen der bisher gezahlten Rente von 1.263,62 DM bestehe eine Überzahlung von 9.468,36 DM. Mit Bescheid vom 02.02.1999 erklärte die Beklagte die Aufrechnung des überzahlten Betrags mit der laufenden Rentenzahlung in einer von der Klägerin gewünschten Höhe (monatlich 200,00 DM). Die Aufrechnung wurde bis zur Abrechnung im Oktober 2000 durchgeführt.

Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin mit ihrer Unkenntnis darüber, dass der am 12.08.1996 vorgenommene Verkauf ihres Anteils an der NSB-GmbH eine Anrechnung auf die Hinterbliebenenrente zur Folge habe. Im übrigen habe sie beim Finanzamt gegen den Einkommensteuerbescheid für 1996 Einspruch eingelegt. Bei dem fraglichen Veräußerungsgewinn handle es sich nicht um Einkommen, sondern um die Realisierung eines bereits im Vermögen der Klägerin stehenden Wertes. Beigefügt war die Gewinnberechnung des Finanzamts S. , wonach die Veräußerung zu einem Preis von 70.000,00 DM (gemeiner Wert 169.320,00 DM; Nominalwert 34.000,00 DM; Anschaffungskosten 14.055,00 DM) erfolgte. Die Klägerin selbst ging in ihren Einlassungen an das Finanzamt von einem Veräußerungsgewinn von 28.833,00 DM aus.

Nach Übersendung des neuen Einkommenssteuerbescheides vom 08.07.1999 mit Einkünften von 41.700,00 DM aus selbstständiger Tätigkeit hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Änderung des angefochtenen Bescheides an. Nunmehr sollten der Berechnung der Witwenrente als Einkommen die neu festgestellten Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 36.000,00 DM neben den bekannten 5.700,00 DM aus Land- und Forstwirtschaft und 2.113,00 DM aus nichtselbstständiger Tätigkeit zugrundegelegt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2000 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Anrechnung des Veräußerungsgewinnes zurück und kündigte eine neue Berechnung im Sinne der Anhörung an.

Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und wiederum beantragt, den Veräußerungsgewinn außer Ansatz zu lassen, weil es sich dabei um kein Erwerbseinkommen handele. Eine realisierte Erwerbssteigerung sei auch dem Grunde nach steuerfrei. Ihr Fall sei lediglich deswegen steuerlich erfasst, weil - als steuerliche Ausnahme - der veräußerte Anteil an der Kapitalgesellschaft größer als 25% gewesen sei und deswegen als eine wesentliche Beteiligung ausnahmsweise nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) der Besteuerung unterliege. Wegen der grundsätzlichen Steuerfreiheit dürfe keine Anrechnung auf die Hinterbliebenenrente erfolgen.

Mit Bescheid vom 29.09.2000 hat die Beklagte eine Neufeststellung im Sinne der erfolgten Anhörung vorgenommen. Nachdem die mit Bescheid vom 13.11.1998 festgestellte Überzahlung bereits durch eine bis Oktober 2000 durchgeführte Aufrechnung bis auf 5.468,36 DM getilgt gewesen sei und die neue Berechnung eine Nachzahlung von 6.367,56 DM ergeben habe, würden noch 899,20 DM ausgezahlt. Als monatliche Rente hat die Beklagte einen Betrag von 884,56 DM und ab 01.07.1998 einen solchen von 1.269,21 DM festgestellt, weil von da an das Einkommen wieder unter der Anrechnungsgrenze liege.

Durch Urteil vom 06.03.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Rente neu feststellen dürfen. Der Veräußerungsgewinn sei als Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV anzusehen. In seiner am 01.01.1995 in Kraft getretenen Fassung stelle § 15 Abs. 1 SGB IV die volle Kongruenz zwischen dem Steuer- und dem Sozialversicherungsrecht her. Damit entfielen gegenüber dem Rechtszustand vor dem 01.01.1995 Nachprüfungen seitens der Sozialversicherungsträger. Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV sei der steuerrechtliche Gewinn, der unverändert aus dem Steuerbescheid des selbständig Tätigen zu entnehmen sei. Nur vor Inkrafttreten des § 15 Abs. 1 Satz 2 habe § 15 Satz 2 SGB IV bestimmt, dass Veräußerungsgewinne bei der Ermittlung des Gewinns abzuziehen seien. Im Übrigen sei aber auch die Besteuerung zu Recht erfolgt. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) gehörten zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne durch Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehöre zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt gewesen sei. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 5 EStG gelte dies auch, wenn der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten 5 Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben habe, sofern der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten 5 Jahre an der Gesellschaft wesentlich beteiligt gewesen sei. Die Klägerin sei im Wege der Erbschaft unentgeltlich in die Rechtsnachfolge ihres verstorbenen Ehemannes eingetreten. Eine wesentliche Beteiligung sei bei einer Beteiligung von mindestens 10 v.H. gegeben (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG). Die Klägerin sei mit 33% an der Gesellschaft beteiligt gewesen, zuvor ihr verstorbener Ehemann mit 25% (bis zur Erhöhung auf 33%).

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt, dass nämlich schon das Steuerrecht bei derartigen Vorgängen dem Grunde nach keine Besteuerung aus Gewerbebetrieb vorsehe, lediglich im Ausnahmefall der wesentlichen Beteiligung. Dieser steuerliche Grundsatz müsse auch im Sozialversicherungsrecht Anwendung finden.

In der Folgezeit hat die Beklagte am 22.09.2003 und 12.08.2004 Rentenanpassungsbescheide erlassen, nach denen der Anrechnungsbetrag nicht überschritten wurde.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 06.03.2003 sowie des Bescheides vom 13.11.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2000 sowie in der Fassung des Bescheides vom 29.09.2000 zu verurteilen, der Klägerin ab 1. Juli 1997 Hinterbliebenenrente ohne Anrechnung des 1996 erzielten Veräußerungsgewinns in Höhe von 36.000,00 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Gegenstand der Rechtsstreites ist auf Anfechtung hin neben der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 13.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2000 auch die Prüfung des Bescheides vom 29.09.2000, der eine neue Regelung hinsichtlich der leistunghindernden Einkommensanrechnung trifft. Dieser ist kraft Gesetzes (§ 96 SGG) zum Gegenstand des Verfahrens geworden. Dagegen betreffen die von der Beklagten als streitgegenständlich bezeichneten Bescheide über die jährliche Rentenanpassung nicht die angefochtenen Regelungen der Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes.

Die Berufung ist nicht begründet. Denn das angefochtene Urteil erging im wesentlichen zurecht und ist nur insoweit zu ergänzen, als auch die Klage gegen den Bescheid vom 29.09.2000 abzuweisen ist.

Die Beklagte hat zurecht in eine Rechtsposition der Klägerin eingegriffen. Zwar kommt den im Bescheid vom 28.02.1994 getroffenen Regelungen über die Witwenrente der Klägerin Bindungswirkung (§ 39 SGB X) zu. Gemäß § 48 SGB X durfte die Beklagte aber für den im Streit befindlichen Zeitraum vom 01.07.1997 bis zum 31.07.1998 eine teilweise Aufhebung (vgl. § 39 Abs. 3 SGB X) wegen einer wesentlichen Änderung vornehmen.

Mit der Zuerkennung der großen Witwenrente gemäß § 46 Abs. 2 SGB VI war auch die seit dem Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeitengesetz (HEZG) geltende Einkommensanrechnung verbunden. Denn gemäß § 97 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI wird Einkommen von Berechtigten, das mit einer Witwenrente zusammentrifft, angerechnet. Anrechenbar ist das Einkommen, das monatlich gut den Betrag einer halben Eckrente (das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts) übersteigt. Dies trifft bei der Klägerin für jeden Monat im strittigen Zeitraum zu, weil der für das Jahr 1996 ermittelte steuerliche Veräußerungsgewinn von 36.000,00 DM Erwerbseinkommen im Sinne von § 18a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ist, das gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 SGB VI zur Ermittlung des Einkommens heranzuziehen ist.

Zur Definition des Erwerbseinkommens hat die Beklagte zurecht § 15 SGB IV in der zum Zeitpunkt der Anrechnung (vom Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung an) gültigen Fassung herangezogen. § 18a Abs. 2 Satz 1 SGB IV in seiner Fassung vor dem Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) bestimmt Erwerbseinkommen als Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen. Mit Wirkung ab 01.01.1995 erfolgte durch Art. 3 Nr. 2 ASRG 1995 eine Neufassung des § 15 SGB IV. § 15 Satz 1 SGB IV blieb unverändert. Dessen Satz 2 ("Bei der Ermittlung des Gewinns sind steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen") wurde ersatzlos gestrichen und durch § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV n.F. ersetzt ("Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist"). Für den Gesetzgeber wäre es ein Leichtes gewesen, bei Schaffung des § 15 SGB IV n.F. den bisherigen Wortlaut beizubehalten, wenn er alle Veräußerungsgewinne weiterhin hätte privilegieren wollen. Die Begründung im Gesetzentwurf (BT-Drucks 12/5700 S. 92 zu Art. 3 Nr. 2) führt dazu an, dass die ersatzlose Streichung des § 15 Satz 2 SGB IV a.F. aus Gründen der Praktikabilität erfolge. Mit der Einfügung des § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV solle nunmehr bei unterschiedlichen Wertungen, sei es nur zwischen den Trägern der Sozialversicherung, sei es zwischen den Trägern der Sozialversicherung und der Finanzverwaltung, allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich sein, womit "eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht wird". Ab 01.01.1995 sind demnach die Feststellungen des Finanzamtes über den steuerlichen Gewinn unverändert aus dem Steuerbescheid zu übernehmen (vgl. KassKomm-Niesel, Stand Oktober 1996, RdNr. 16 zu § 34 SGB VI).

Der Begriff "selbständige Tätigkeit" in § 15 SGB IV umfasst, wie von der Rechtsprechung wiederholt entschieden, alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten; das sind nach dem Katalog des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) und Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) sowie diesen gleichgestellte Einkünfte (vgl. BSG 22.09.1999, SozR 3-2600 § 243 Nr. 7 m.w.N.).

Die NSB-GmbH ist ein Gewerbebetrieb im Sinne des Einkommensteuerrechts (vgl. die Definition des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG), entsprechend werden Gewinne aus Gewerbebetrieb erzielt. Die Klägerin war daran nicht nur als bloße Kapitalgeberin beteiligt. Aber selbst wenn eine Berechtigte - was bei der Klägerin nicht zutrifft - nur Kommanditistin einer OHG gewesen wäre, bliebe der Gewinn nicht anrechnungsfrei (vgl. die klarstellende Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 25.02.2004, Az: B 5 RJ 56/02 R, wonach der Entscheidung des BSG vom 27.01.1999, Az.: B 4 RA 17/98 R nicht zu entnehmen sei, dass dieser entgegen dem Gesetzeswortlaut und der Rechtsprechung anderer Senate des BSG - vgl. BSG Urteil vom 22.04.1986 - 12 RK 53/84 - SozR 2200 § 180 Nr. 30, Senatsurteil vom 09.09.1993 - 5 RJ 60/92 - BSGE 73, 77 = SozR 3-2200 § 1248 Nr. 9, Urteile vom 27.08.1998 - B 10 LW 8/97 R - veröffentlicht in JURIS, und vom 22.05.2003 - B 12 KR 13/02 R - BSGE 91, 83 = SozR 4-2500 § 10 Nr. 2; neuerdings: Urteil vom 70.10.2004, B 13 RJ 13/04 R die grundsätzliche Anlehnung des Begriffs des "Arbeitseinkommens aus selbständiger Tätigkeit" an die Systematik und Bewertung durch das Steuerrecht aufgegeben hätte, insbesondere nicht mit Blick auf die Tätigkeit eines Kommanditisten, der von der Finanzverwaltung als Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG eingestuft wurde und dessen Gewinnanteile deshalb als Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG der Einkommensteuer unterworfen wurden).

Im vorliegenden Falle der Klägerin ist festzustellen, dass sie (unabhängig vom Grund ihres Eintritts als Rechtsnachfolgerin ihres am 03.11.1993 verstorbenen Ehemanns) nach dem Gesellschaftsvertrag die volle rechtliche Stellung einer GmbH - Gesellschafterin inne hatte und keinerlei Beschränkungen unterworfen war, insbesondere keinerlei Abweichungen vom Regelstatut der GmbH vereinbart waren. Insoweit stützt sich der Senat auf die vom Klägerbevollmächtigten vorgelegten notariellen Urkunden vom 23.10.1990, 28.08.1992 und vom 12.08.1996. Gerade als Gesellschafterin konnte sie ihren Geschäftsanteil verkaufen und abtreten, wie es in der notariellen Urkunde vom 12.08.1996 festgehalten ist.

Ein der Entscheidung des BSG vom 27.01.1999 vergleichbarer Einzelfall liegt nicht vor, wonach unter Beachtung der wirtschaftlichen Zusammenhänge im Sozialersicherungsrecht eine andere Bewertung vorzunehmen sei, wenn das Steuerrecht (vgl. § 24 Nr. 1 bis 3 EStG) auch Ersatz- und Nachfolgeeinkünfte der Hinterbliebenen von Gesellschaftern weiterhin den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuordnet, obwohl die selbständige Tätigkeit des (verstorbenen) Gesellschafters längst beendet worden war und die Zahlungen der Gesellschaft an die Hinterbliebenen damit Unterhaltszahlungen bzw. einer Zusatzversorgung aus einem privaten System gleichkamen.

Wegen der - allerdings geringfügigen - eigenen Arbeitsleistung der Klägerin in ihrem Gewerbebetrieb und eines über drei Jahre andauernden "Haltens" des Gesellschaftsanteils besteht im vorliegenden Fall aber auch keine Divergenz zwischen der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Wertung der erzielten Gewinne, ungeachtet der Frage, wieweit durch die Neufassung von § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV überhaupt noch eine eigene Prüfungsbefugnis des Sozialversicherungsträgers gegeben ist.

Das von der Klägerin vorgetragene Argument einer Steuerfreiheit des involvierten Veräußerungsvorganges trifft - wiederum ungeachtet der durch die Neufassung von § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV gerade für komplizierte steuerrechtliche Vorgänge ausgeschlossen Prüfungskompetenz - nicht zu. Die Vorschriften der §§ 16, 17 EStG sind eindeutig. Dementsprechend ist auch eine Besteuerung durch die Finanzverwaltung erfolgt. Die Veräußerung wird im übrigen auch steuerlich nicht als Zuwachs aus Vermögen (dessen Erträge bis zum AVmEG vom 21.03.2001 bei Hinterbliebenenrenten nicht als Einkünfte anrechenbar waren) betrachtet. § 20 EStG grenzt eine Beteiligung als stiller Gesellschafter deutlich von der als Mitunternehmer ab (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 die SGG).

Eine gesellschafts- oder steuerrechtlich ungünstige Disposition der Klägerin, z. B. erst nach der Änderung von § 15 SGB IV, bzw. in einem Lebensalter, indem sie besondere Freibeträge noch nicht in Anspruch nehmen kann (§ 16 Abs. 4 EStG), kann nicht dazu führen, von zwingenden Vorschriften der Sozialversicherung abzugehen.

Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind auch formal korrekt ergangen. Die Beklagte hat die nach § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X geltende Handlungsfrist von einem Jahr eingehalten. Sie hatte sich erst im Juli 1998 durch die Mitteilung der LAK Oberbayern Kenntnis verschaffen können und diese tatsächlich erst mit Übersendung der Einkommensteuerbescheide durch die Klägerin am 02.10.1998 erlangt. Mit Bescheid vom 13.11.1998 hat sie damit rechtzeitig gehandelt. Das gleiche gilt für die weitere, eine Anrechnung wiederholende Neufeststellung durch Bescheid vom 29.09.2000 hinsichtlich des im August 1999 übersandten Steuerbescheides vom 08.07.1999, soweit dieser Bescheid in der Reduzierung der Anrechnung nicht ohnehin als eine Rücknahme des Bescheides vom 13.11.1998 im Sinne von § 44 SGB X anzusehen ist.

Der dem Bescheid vom 13.11.1998 anhaftende Anhörungsmangel ist durch das nachfolgende Widerspruchsverfahren geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X), soweit nicht unter der Annahme einer Einkommensänderung die Anhörung ohnehin nicht notwendig gewesen wäre (§ 18e Abs. 6 SGB IV).

Die mit Bescheid vom 13.11.1998 ab 01.07.1997 erfolgte Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gerechtfertigt. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll in den dort genannten Fällen (Regelfall) der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Bei der Klägerin liegt hier der typische Fall nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vor, dass nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Dabei gilt als Zeitpunkt der Änderung in den Fällen, in denen Einkommen auf einen zurückliegenden Zeitraum anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraums (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X) - nicht zum Beispiel der Zeitpunkt der Feststellung durch die Steuerverwaltung oder das Ende des Steuerjahres. Diese Regelung bringt zum Ausdruck, dass der Verbleib der Leistungen beim Versicherten dann nicht als gerechtfertigt anzusehen ist, wenn nachträglich Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung der Anspruchsberechtigung geführt haben würde. Auch aus Gründen der Gleichbehandlung muss das spätere Bekanntwerden der Höhe des Einkommens eines Selbständigen im System der Sozialversicherung berücksichtigt werden. Es kann nicht sein, dass bei abhängig Beschäftigten wegen der Transparenz ihres monatlichen Einkommens Veränderungen sofort berücksichtigt werden, während die erst später durch den Steuerbescheid festgestellte Höhe des Gewinns eines Selbständigen keine Rückwirkung auf gezahlte Sozialleistungen hat. Für das Vorliegen eines atypischen Falls, bei dem der Versicherungsträger sein Ermessen hinsichtlich der rückwirkenden Aufhebung auszuüben und im Bescheid darzulegen hat, bestehen hier keine Anhaltspunkte. Ein atypischer Fall kann insbesondere gegeben sein, wenn das Einkommen durch die Aufhebung im nachhinein unter den Sozialhilfesatz sinken würde (vgl. Kasseler Kommentar, Stand August 2001, § 48 SGB X Rn. 37). Das ist bei der Klägerin angesichts ihres sonstigen Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft sowie geringfügiger Beschäftigungen nicht der Fall. Der Einwand des Verbrauchs zählt nicht. Denn die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vorschlag (200,00 DM) die Verrechnung geduldet. Sie wurde auch unbeanstandet (kein vorläufiger Rechtsschutz) durchgeführt. Damit zeigt sich auch, dass eine Sozialhilfebedürftigkeit nicht eingetreten ist. Das ergeben aber auch die übrigen bekannten Einkommensverhältnisse.

Schließlich ist gemäß § 18d SGB IV die im Jahre 1996 erfolgte Einkommensänderung erst vom Zeitpunkt der nächsten Rentenanpassung an zu berücksichtigen.

Nach § 18b Abs. 2 Satz 1 SGB IV in seiner Fassung vor dem 01.07.2001 (AVmEG) gilt als monatliches Einkommen bei Erwerbseinkommen das Erwerbseinkommen des letzten Kalenderjahres geteilt durch die Zahl der Kalendermonate, in denen es erzielt wurde. Die für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt in § 23a SGB IV getroffene zeitliche Zuordnung gilt entsprechend (a.a.O. Satz 2). Damit hat die Beklagte auch zurecht den Veräußerungsgewinn auf den Zeitraum eines Jahres verteilt, auch wenn die jetzt durch § 18b Abs. 1 Satz 4 SGB IV i.d.F. des AVmEG geltende Anordnung, dass einmalig gezahltes Vermögenseinkommen als für die dem Monat der Zahlung folgenden 12 Kalendermonate erzielt gilt, noch nicht in Kraft war.

Im Übrigen ist gegen die Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens und die Berechnung des zustehenden Rentenbetrags im umstrittenen Zeitraum kein Einwand vorgetragen worden. Insoweit ist eine fehlerhafte Rechtsanwendung auch nicht erkennbar. Es wurde nur der das 26,4fache des aktuellen Rentenwerts übersteigende Betrag mit einem Anteil von 40 vH angerechnet (vgl. § 97 Abs. 2 SGB VI).

Die Pflicht der Klägerin, die Überzahlung zu erstatten, folgt zwingend aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.

Dementsprechend erging das Urteil des SG zu Recht. Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).

Gründe zur Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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