L 19 RJ 355/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 1009/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 355/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.05.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die 1963 geborene Klägerin hat keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war versicherungspflichtig beschäftigt als Küchenhelferin, Fabrikarbeiterin und zuletzt als Raumpflegerin bis 1993. Vom 01.07.1993 an hat sie von der LVA Sachsen-Anhalt Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bezogen bis 31.03.1995. Die Rente wurde aufgrund eines sozialgerichtlichen Anerkenntnisses als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer weitergewährt (Ausführungsbescheid vom 05.09.1996). Mit Bescheid vom 11.01.1999 und Widerspruchsbescheid vom 06.05.1999 wurde die Rente mit Ablauf des Monats Januar 1999 entzogen. Bei der Klägerin war im Jahre 1993 ein künstliches Hüftgelenk links eingesetzt worden, im Jahre 1997 ein solches Gelenk rechts.

Am 22.03.2000 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Beklagte ließ sie untersuchen durch die Sozialmedizinerin Dr.D. , die im Gutachten vom 13.07.2000 die Auffassung vertrat, die Klägerin könne leichte Arbeiten in Vollschicht, im Wechselrhythmus, jedoch überwiegend im Sitzen verrichten. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 18.07.2000 ab, da die Klägerin nicht erwerbsunfähig sei. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos, die Beklagte erteilte den Widerspruchsbescheid vom 13.10.2000. Sie verwies die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 14.11.2000 beim Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage. Die Klägerin verlangte weiterhin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU). Das SG ließ die Klägerin durch den Orthopäden Dr.R. untersuchen, der das Gutachten vom 28.02.2001 erstattete. Er erachtete die Klägerin für fähig, noch eine vollschichtige Berufstätigkeit (8 Stunden täglich und länger) auszuüben, wobei es sich um leichte, gelegentlich auch mittelschwere Tätigkeiten im Wechselrhythmus, vornehmlich aber im Sitzen und in geschlossenen Räumen handeln sollte. Der auf Antrag der Klägerin angehörte Orthopäde Dr.K. kam im Gutachten vom 01.02.2002 zu dem gleichen Ergebnis. Von Amts wegen erstattete schließlich der Nervenarzt Dr.B. das Gutachten vom 30.12.2002. Auch er hielt die Klägerin für fähig, leichte Arbeiten in Vollschicht zu leisten. Mit Urteil vom 08.05.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In Auswertung der Gutachten ist das SG davon ausgegangen, dass die Klägerin weiterhin leichte körperliche Arbeiten in Vollschicht verrichten könne. Die Klägerin sei stets ungelernte Arbeiterin gewesen und in voller Breite auf das gesamte Arbeitsfeld verweisbar.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 01.07.2003 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Diese verlangt weiterhin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Sie sei von Jugend an gehbehindert, beim Gehen sei sie durch starkes Hinken beeinträchtigt. Insgesamt sei sie als multimorbid anzusehen. Im Auftrag des Senats erstattete der Orthopäde Dr.M. das Gutachten vom 16.08.2004 nach ambulanter Untersuchung der Klägerin. Er hat als Diagnosen genannt: Zustand nach Hüftgelenkendoprothesenimplantation beidseits (1993 links, 1997 rechts) wegen einer angeborenen oder frühkindlichen Erkrankung beider Hüftgelenke, Kleinwuchs (149 cm). Die Klägerin könne noch leichte körperliche Arbeiten im Wechselrhythmus möglichst in geschlossenen Räumen in Vollschicht verrichten. Besondere Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen und an die menschliche Intellektualität seien nicht zu stellen. Die ortsüblichen Anmarschwege zum Erreichen einer Arbeitsstelle oder eines öffentlichen Verkehrsmittels seien der Klägerin noch möglich. Die Beteiligten haben sich zum Ergebnis der Begutachtung nicht geäußert.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 08.05.2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.07.2000 idF des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2000 zu verurteilen, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aufgrund des Antrags vom 22.03.2000 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten (einschließlich Aktenteile der LVA Sachsen-Anhalt) und die Prozessakte des SG Nürnberg vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel der Klägerin erweist sich als nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung derzeit nicht zusteht. Das gilt sowohl für die Rente wegen BU oder EU iS der §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung, wie auch für die Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach der seit Januar 2001 geltenden Neuregelung. Es hat sich bei diesem Ergebnis auf die Begutachtung der Klägerin durch die Orthopäden Dr.R. und Dr.K. (auf Antrag der Klägerin) sowie durch den Nervenarzt Dr.B. gestützt. In fehlerfreier Auswertung dieser Sachverständigengutachten hat das SG die festgestellten Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädisch-chirurgischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet berücksichtigt und leistungsmäßig bewertet und ist zu der Beurteilung gelangt, dass die Klägerin zumindest körperlich leichte und geistig einfache Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiterhin in Vollschicht verrichten kann.

Im Berufungsverfahren hat der Orthopäde Dr.M. die übereinstimmende Leistungsbeurteilung durch die vorgenannten Sachverständigen in vollem Umfang bestätigt. Die Klägerin leidet im Wesentlichen an den Folgen der Hüftgelenksoperationen (Implantationen 1993 links, 1997 rechts); daneben besteht eine Kleinwüchsigkeit und eine leichte Intelligenzminderung seit Kindheit an. Auch für Dr.M. besteht kein Zweifel, dass die Klägerin noch in der Lage ist, leichte körperliche Arbeiten unter betriebsüblichen Bedingungen in Vollschicht zu verrichten. Für den Senat ist die Leistungsbeurteilung durch die erfahrenen Sachverständigen Dr.R. , Dr.B. und Dr.M. überzeugend; ihre Gutachten sind schlüssig und begründet und stimmen im Ergebnis mit den seit der letzten Rentenantragstellung erstatteten Gutachten überein.

Die Klägerin ist nach ihrer Ausbildung und ihrem Berufsweg auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Sie hat während ihres Berufslebens nur ungelernte Arbeiten verrichtet als Küchenhilfe, Fabrikarbeiterin und zuletzt als Raumpflegerin. Die bei der Klägerin vorliegende leichte Intelligenzminderung hindert sie zwar, Arbeiten mit besonderer Anforderung an die Konzentration, das Anpassungsvermögen oder komplexere Denkvorgänge auszuführen; sie war und ist aber dadurch nicht gehindert, Arbeiten einfacher Art, wie sie sie ausschließlich verrichtet hat, zu leisten. Da bei der Klägerin weder eine schwere spezifische Behinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, bedarf es der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht. Die Klägerin wäre aber nach ihren körperlichen und geistigen Fähigkeiten in der Lage, weiterhin als Küchenhelferin tätig zu sein oder auch Arbeiten in der industriellen Fertigung wie Montierarbeiten, Sortierarbeiten, Etikettieren, Verpacken leichterer Gegenstände zu verrichten.

Mit diesem bestehenden vollschichtigen Leistungsvermögen und bei Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert iS der rentenrechtlichen Leistungsvorschriften. Ihre Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 08.05.2003 war zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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