L 2 U 294/04 WA

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 41 U 556/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 294/04 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Restitutionsklage wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Wiederaufnahme des vor dem Bayer. Landessozialgericht durch Urteil vom 09.10.2002 abgeschlossenen Berufungsverfahrens.

Der Kläger begehrte in diesem Verfahren die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Unfalls vom 24.06.1974. Die Beklagte hatte nach Einholung eines Gutachtens von Dr.V. dem Kläger mit Bescheid vom 20.02.1975 Gesamtvergütung für den Zeitraum vom 28.10.1974 bis 30.06.1975 gewährt, wobei bis 31.12.1974 von einer MdE von 30 v.H., danach bis 30.06.1975 von 20 v.H. ausgegangen wurde. Den Antrag des Klägers auf Rentenwiedergewährung lehnte die Beklagte nach Beiziehung von ärztlichen Unterlagen aus den Rentenversicherungsverfahren des Klägers und Einholung einer Stellungnahme des Beratungsarztes Dr.F. mit Bescheid vom 18.10.1993 ab.

Am 27.01.1997 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente. Nach Beiziehung ärztlicher Atteste und Einholung einer Stellungnahme des Beratungsarztes Dr.F. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.04.1998 den Antrag ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.1998 zurück. Die hiergegen gerichtete Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 17.05.2001 abgewiesen. Die Beschwerden seien nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen. Vielmehr habe der Kläger 1986 einen weiteren Unfall erlitten, der sich nicht auf Grund einer vom Kläger angegebenen Gangunsicherheit infolge des Unfalls vom 24.06.1974 ereignet habe.

Im Berufungsverfahren wurden ärztliche Unterlagen des Krankenhauses N. sowie ein Gutachten des Orthopäden Dr.S. vom 24.07.2001, eingeholt vom Sozialgericht Landshut im Rentenversicherungsrechtsstreit des Klägers, beigezogen und der Orthopäde Dr.F. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt. Im Gutachten vom 10.06.2002 führte Dr.F. aus, eine messbare MdE sei für die Zeit ab 01.07.1975 nicht zu begründen.

Die Berufung wurde mit Urteil vom 09.10.2002 zurückgewiesen. Der Arbeitsunfall vom 24.06.1974 habe über den 30.06.1975 hinaus keine bleibenden Gesundheitsstörungen, die eine MdE von wenigstens 20 v.H. der Vollrente bedingen würden, zurückgelassen. Dies ergebe sich zur Überzeugung des Senats aus dem schlüssigen Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Dr.F ... Als Unfallfolgen bestünden lediglich initiale degenerative Veränderungen des rechten Schultergelenks nach Schultergelenksluxation und Verkalkung oberhalb des rechten großen Rollhügels nach Abriss des Trochanter major ohne objektivierbaren Funktionsverlust. Die Ausführungen von Dr.S. im Gutachten vom 24.07.2001 könnten nicht überzeugen. Die von Dr.S. angenommenen Funktionsstörungen fänden, wie Dr.F. betont habe, kein entsprechendes morphologisches Substrat, sondern beruhten auf einer ungewöhnlich stark ausgeprägten Aggravation des Klägers. Im Hinblick auf diese Feststellungen Dr.F. könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Unfall vom 08.08.1986 durch die Unfallfolgen vom 24.06.1974 mitverursacht wäre.

Mit Schreiben, eingegangen am 19.07.2004, bat der Kläger um die Übersendung des Gutachtens des Dr.S ... Ihm wurde mit Schreiben vom 21.07.2004 mitgeteilt, dass sich in den Akten außer den vom Kläger übersandten Kopien kein weiteres Gutachten des Dr.S. befinde. Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 28.07.2004, eingegangen am 03.08.2004, seine Vermutung, dass die gesuchten Gutachten absichtlich vor der Verhandlung verschwunden seien, weil der Inhalt zu seinen Gunsten spräche und dies von der Richterin und dem Vertreter der Beklagten abgesprochen gewesen sei, wie auch die Dolmetscherin erklärt habe, habe sich bestätigt. Die Gutachten brauche er nicht, sie lägen ihm vor. Das Urteil des BayLSG vom 09.10.2002 sei zu überprüfen und eine neue Verhandlung durchzuführen. Das Gutachten des Dr.V. vom 04.02.1975 sei in der Verhandlung nicht "vorgelesen" worden. Der Kläger hat ein Schreiben an die BG vom 28.12.2002, ein weiteres Schreiben vom 10.01.2004, ärztliche Schreiben vom 09.05.2003 und 10.12.2003 und den Bescheid der Beklagen vom 20.02.1975 übersandt, außerdem Schreiben, ärztliche Befunde, Gutachten und Atteste, die bereits im Verwaltungs- bzw. Berufungsverfahren vorgelegen hatten.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Wiederaufnahmeklage ist nicht statthaft.

Gemäß § 179 Abs.1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung wieder aufgenommen werden. Gemäß § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt:

1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;

2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;

3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;

4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;

5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;

6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;

7. wenn die Partei

a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder

b) eine andere Urkunde auffindet oder die zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

Gemäß § 179 Abs.2 SGG ist die Wiederaufnahme des Verfahrens ferner zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat. Gemäß § 581 Abs.1 ZPO findet in den Fällen des § 580 Nrn.1 bis 5 ZPO die Restitutionsklage nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist, oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweisen nicht erfolgen kann. Gemäß § 582 ZPO ist die Restitutionsklage nur zulässig, wenn die Partei ohne Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung geltend zu machen. Gemäß § 589 Abs.1 ZPO hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Klage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage als unzulässig zu verwerfen.

Die Wiederaufnahmeklage ist nicht statthaft. Das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes ist nicht schlüssig dargetan. Bei den Restitutionsgründen im Sinne des § 580 Abs.1 Nr.1 bis 5 ZPO gehören auch die Voraussetzungen de § 581 ZPO und des § 582 ZPO zur Zulässigkeit. Dies gilt auch für § 179 Abs.2 ZPO. Das angefochtene Urteil muss auf den geltend gemachten Wiederaufnahmegründen beruhen. Auch dieser Zusammenhang ist schlüssig zu behaupten.

Im vorliegenden Fall fehlen die Voraussetzungen der Statthaftigkeit. Der Kläger macht geltend, dass das Gutachten des Dr.S. in der mündlichen Verhandlung und im Urteil des Senats absichtlich auf Grund einer Absprache mit der Beklagten nicht berücksichtigt worden sei. Eine rechtskräftige Verurteilung des Vertreters der Beklagten oder der Mitglieder des Senats wegen einer Straftat ist nicht erfolgt, noch ist die Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweisen nicht erfolgt. Beide Gesichtspunkte sind vom Kläger weder schlüssig behauptet noch überhaupt geltend gemacht worden. Im Übrigen befanden sich alle vom Kläger angegebenen Unterlagen in den beigezogenen Akten der Beklagten bzw. in den Akten des Sozialgerichts München und des Senats und wurden ausdrücklich Gegenstand des Urteils des Senats. Dies ist schon insofern offensichtlich, als im Tatbestand des Urteils sowohl das Gutachten des Dr.V. vom 04.02.1975 als auch das Gutachten des Dr.S. vom 24.07.2001 ausdrücklich erwähnt sind.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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