L 2 P 5/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 P 58/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 5/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 11. November 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1930 geborene Kläger stürzte am 09.10.2000 mit dem Fahrrad und erlitt mehrere Verletzungen, unter anderem einen Schaftbruch der Endoprothese der linken Hüfte. Am 22.11.2000 beantragte er Leistungen der Pflegeversicherung. In dem Gutachten vom 30.01.2001 erklärte die Pflegefachkraft des MDK, Frau B. s, ein Hilfebedarf liege bei der Teilwäsche des Oberkörpers und Unterkörpers von je 5 Minuten, beim Duschen von 2 Minuten, beim Baden von 1 Minute, bei der Körperpflege insgesamt von 13 Minuten vor. Für Aufstehen und Zubettgehen seien 2 Minuten anzusetzen, für Ankleiden 5, Entkleiden 2, für die Mobilität insgesamt 9 Minuten. Die Grundpflege sei mit 22 Minuten zu berechnen, die hauswirtschaftliche Pflege mit 60 Minuten. Mit Bescheid vom 07.02.2001 lehnte die Beklagte eine Leistungsgewährung ab. Zur Begründung des Widerspruchs legte der Kläger ein Pflegetagebuch vor. In der Stellungnahme nach Aktenlage der Pflegefachkraft R. vom April 2001 wird ausgeführt, das Pflegetagebuch zeige die auch vom MDK festgestellten erforderlichen Hilfeleistungen, allerdings mit zu hoch angesetzten Zeiten. Laut Pflegetagebuch werde der Kläger jeden Tag gebadet und noch zusätzlich gewaschen, dies entspreche nicht den beim Hausbesuch gemachten Angaben. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2001 den Widerspruch als unbegründet zurück.

Mit der Klage hat der Kläger geltend gemacht, sein Körpergewicht von 81 kg bei einer Größe von 1,78 m stelle einen Erschwernisfaktor bei der Pflege dar. Insgesamt ergebe sich bei der Grundpflege ein Bedarf von mehr als 45 Minuten.

Das SG hat Befundberichte des Kardiologen Dr.S. , des Orthopäden Dr.H. und des Internisten Dr.W. beigezogen. Im Abschlussbericht über eine Kur in Bad F. (vom 28.10. bis 18.11.2001) wird ausgeführt, der Kläger sei in seiner Bewegung deutlich eingeschränkt und nicht fähig, sich selbständig die Schuhe zuzubinden; auch beim Anziehen bedürfe er der Hilfe.

Nach Durchführung eines Hausbesuches erstattete die Ärztin Dr.W. das Gutachten vom 12.08.2002, in dem sie ausführte, beim Waschen des Rückens und beim Abtrocknen bestehe ein Hilfebedarf von insgesamt 8 Minuten. Unter der Annahme, dass täglich gebadet werde, könnten hierfür 20 Minuten angesetzt werden. Für das Richten der Bekleidung nach drei bis vier Toilettenbesuchen falle ein durchschnittlicher Bedarf von 7 Minuten an. Für Hilfe beim Aufstehen seien 45 Sekunden anzusetzen, beim An- und Auskleiden 7 Minuten. Regelmäßiger Hilfebedarf beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung entstehe nicht. Der Zeitaufwand in der Grundpflege betrage somit 43 Minuten, in der hauswirtschaftlichen Versorgung 60 Minuten.

Der Kläger legte einen Bericht der Kliniken E. vom 09.09.2002 vor: Wegen eines Atemweginfektes verzögere sich die für den 10.09.2002 geplante Operation um ca. vier Wochen. Zur Zeit sei der Kläger auf einen Rollstuhl angewiesen.

Der Kläger machte für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zu Arztbesuchen und Besuchen beim Krankengymnasten einen täglichen Bedarf von 7 Minuten geltend und übersandte ärztliche Bestätigungen über Arztbesuche von Dr.W. , Dr. S. , Dr.C. und Dr.H ...

Das SG hat mit Urteil vom 11.11.2002 die Klage abgewiesen. Dr.W. habe den Hilfebedarf ausreichend bewertet. Eine regelmäßige krankengymnastische Behandlung finde nicht statt. Hilfebedarf für die Arztbesuche falle nicht wöchentlich an. Im Übrigen sei nicht zwingend erkennbar, dass der Kläger der Begleitung durch eine Pflegeperson bedürfe, da er immerhin zusammen mit der Pflegeperson täglich 30minütige Spaziergänge unternehme.

Zur Begründung der hiergegen gerichteten Berufung wandte der Kläger ein, Dr.W. berücksichtige nicht das Erschwernis im Bereich der Mobilität auf Grund des Gewichtes des Klägers. Besuche bei Ärzten und Krankengymnasten erfolgten wenigstens einmal in der Woche. Beim Verlassen der Wohnung sei die Begleitung durch eine Pflegeperson erforderlich. Hieraus ergebe sich ein zusätzlicher Hilfebedarf von 7 Minuten und somit insgesamt 50 Minuten Hilfebedarf in der Grundpflege.

Die vom Senat zur ärztlichen Sachverständigen ernannte Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.A. führte im Gutachten vom 15.12.2003 nach Untersuchung des Klägers am 12.12.2003 in seiner Wohnung aus, der Kläger werde im Rollstuhl sitzend angetroffen. Aus diesem könne er allein mit Hilfe von zwei Krücken aufstehen und mit den Krücken einigermaßen sicher laufen. Er sei aber auf die Benützung eines Rollstuhls angewiesen, da er die linke Hüfte nach eigenen Angaben als Folge der Operation vom 04.06.2003 noch nicht voll belasten dürfe. Wege außerhalb de Wohnung lege er nur mit dem Rollstuhl zurück. Derzeit würden Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation in Form von Krankengymnastik und Wasserbehandlung durchgeführt. Auf wiederholtes Nachfragen werde angegeben, Ärzte würden bei Bedarf aufgesucht. Regelmäßige wöchentliche Arztbesuche fielen aber offensichtlich nicht an. Der Kläger betone immer wieder, dass sich seit der letzten Begutachtung durch Dr.W. keine Änderung ergeben habe. Seit der Operation würden Duschen und Baden nicht mehr durchgeführt, dadurch habe sich der Zeitaufwand eher verringert, da sich der Kläger im Bereich des Oberkörpers und der Intimregion selbst waschen könne und lediglich zweimal täglich Hilfe beim Waschen des Rückens, der Beine und der Füße benötige. Zweimal täglich werde eine Ganzkörperwäsche durchgeführt, die morgens und abends einen Hilfebedarf von je 8 Minuten erfordere, insgesamt 16 Minuten. Für das Richten der Bekleidung nach Toilettenbesuch seien 5 Minuten ausreichend, für das Aufstehen bestehe ein Pflegebedarf von 5 Minuten, für An- und Auskleiden von 10 Minuten, für die hauswirtschaftliche Versorgung von 60 Minuten.

Der Kläger machte dagegen geltend, eine körperliche Untersuchung habe nicht stattgefunden. Der Vorgang des Waschens würde nicht richtig wiedergegeben; tatsächlich sei die Ehefrau gezwungen, die gesamte Wäsche vorzunehmen. Dr.A. hätte berücksichtigen müssen, dass bis zur Operation ein Zeitaufwand von 20 Minuten täglich für Duschen und Baden angefallen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sich der Zeitaufwand trotz Verschlechterung des Zustandes verringert haben solle. Für die zweimalige Ganzkörperwäsche seien 28 Minuten anzusetzen, für das Richten der Bekleidung 5, für die Hilfe beim Aufstehen und Zubettgehen ebenfalls 5, für An- und Auskleiden 10, in der Grundpflege somit insgesamt 48 Minuten. Damit seien, ohne dass es auf die streitige Frage des weiteren Pflegebedarfs für den Bereich der Mobilität ankäme, die Voraussetzungen der Pflegestufe I erfüllt. Im Übrigen bestehe im Bereich der linken Schulter eine deutliche Muskelminderung mit schmerzhafter Beweglichkeitseinschränkung.

Der Kläger stellt den Antrag

aus dem Schriftsatz vom 17.01.2003.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird hier auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs.2 SGG).

Ergänzend wird auf das überzeugende Gutachten der ärztlichen Sachverständigen Dr.A. hingewiesen. Sie hat schlüssig dargelegt, dass ein Grundpflegebedarf von mehr als 36 Minuten gegenwärtig nicht besteht. Zu berücksichtigen ist, dass, wie auch Dr.A. festgestellt hat, der Kläger die Arme und Hände zumindest so weit bewegen kann, dass ihm die Wäsche des Oberkörpers und der Intimregion selbständig möglich ist. Dies hat der Kläger auch gegenüber Dr.A. bestätigt. Insofern kann die Ausführung in der Stellungnahme vom 23.01.2004, die Ehefrau müsse sämtliche Verrichtungen beim Waschen vornehmen, nicht überzeugen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass Dr.W. von täglichem Duschen ausging und hierfür 20 Minuten angesetzt hat. Eine höhere Zeitbemessung für die zweimal tägliche Ganzkörperwäsche ist nach Auffassung des Senats nicht zu begründen.

Was die vom Kläger geltend gemachten erforderlichen Arztbesuche betrifft, so ergeben sich aus den Angaben der behandelnden Ärzte Dr.W. , Dr.S. und Dr.H. für die Zeit vom 19.03.2002 bis 07.10.2002 insgesamt 18 dokumentierte Arztbesuche (zuzüglich die von Dr.C. angegebenen 12 Besuche in der Zeit vom 22.10.2001 bis 30.09.2002). In einem Zeitraum von fast sieben Monaten fanden also nur 2,5 (bis 3,5) Arztbesuche pro Monat statt: so suchte der Kläger im zweiten Quartal 2002 insgesamt siebenmal einen Arzt auf, davon Dr.W. zweimal, Dr.S. zweimal und Dr.H. dreimal; im dritten Quartal fielen ebenfalls sieben Arztbesuche an: fünf Besuche bei Dr.W. , zwei Besuche bei Dr.S. und ein Besuch bei Dr.H ... Von einem wöchentlichen Arztbesuch kann daher keine Rede sein.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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