L 13 R 4235/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 47 RA 682/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 4235/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. September 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf monatliche Zahlung einer Witwenrente ohne Einkommensanrechnung.

Der im Juni 1920 geborene Kläger war von Oktober 1956 bis Juni 1985 Angestellter der R. AG (R.). Er bezieht von dort seit 1. Juli 1985 Versorgungsbezüge nach den für Bundesbeamte geltenden Vorschriften (1999 in Höhe von rund 8.740 DM).

Am 15. Dezember 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm eine Witwenrente aus der Versicherung seiner am 25. September 1998 verstorbenen Ehefrau zu zahlen. Auf Anfrage der Beklagten teilte er mit, er beziehe von der R. eine Pension als betriebliche Altersversorgung. Die Pension werde wie eine Beamtenpension berechnet und er habe Anspruch auf Beihilfe. Die R. gab an, der Kläger erhalte "Ruhegehalt oder vergleichbare Bezüge" sowie eine jährliche Sonderzahlung.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger dem Grunde nach eine große Witwenrente ab 1. Oktober 1998 (Bescheid vom 18. Februar 1999), lehnte aber für die Zeit ab 1. Januar 1991 eine monatliche Zahlung dieser Rente ab, weil der anrechenbare Betrag der Bezüge, die der Kläger von der R. erhalte, höher sei als die Witwenrente.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er habe lediglich Einkünfte aus einer betrieblichen Altersversorgung, die nicht auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen seien.

Auf Anfrage der Beklagten teilte die R. mit, seit 1. Januar 1968 habe für den Kläger (der die Jahresarbeitsverdienstgrenze des Artikel 2 § 1 Abs. 1 Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz - AnVNG - überschritt) an Stelle einer gesetzlichen Rentenversicherung eine befreiende Lebensversicherung bestanden. Von der R. erhalte er laut Dienstvertrag Versorgungsbezüge nach den Vorschriften für Bundesbeamte auf Lebenszeit. Diese würden um die vom Arbeitgeber geleisteten Beitragsanteile zur befreienden Lebensversicherung gekürzt.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 1999). Versorgungsbezüge nach den Vorschriften für Bundesbeamte auf Lebenszeit seien berücksichtigungsfähiges Einkommen im Sinne des § 18a Abs. 3 Nr. 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) und daher auf die Witwenrente gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) anzurechnen.

Mit der am 16. Juni 1999 zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, die Versorgungsbezüge der R. seien als Leistung der betrieblichen Altersversorgung nicht auf die Witwenrente anzurechnen. Nur die Höhe und die Modalitäten der Betriebsrente richteten sich nach beamtenrechtlichen Grundsätzen.

Das SG hat Arbeitsverträge des Klägers mit der R. vom 10. September 1963 und 23. September 1974 mit Nachträgen vom 26. August 1976 und 29. Juni 1982 beigezogen und die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. September 2003).

Gemäß § 114 Abs. 3 in Verbindung mit § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SGB IV seien Ruhegehalt und vergleichbare Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis oder aus einem versicherungsfreien Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen sowie vergleichbare Bezüge aus der Versorgung der Abgeordneten ein auf die Witwenrente anrechenbares Einkommen. § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SGB IV erfasse nicht nur öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse (insbesondere Beamtenverhältnisse), sondern auch private Dienstverhältnisse, wenn die Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erfolge und die zu Grunde liegende Beschäftigung versicherungsfrei oder der Beschäftigte von der Versicherungspflicht befreit gewesen sei. Dies sei hier der Fall. Der Kläger sei zum 1. Januar 1968 gemäß Art. 2 § 1 Abs. 1 AnVNG wegen Überschreitung der Jahresarbeitsverdienstgrenze von der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung befreit worden und erhalte laut Dienstvertrag Versorgungsbezüge entsprechend den beamtenrechtlichen Vorschriften. Dies ergebe sich vor allem aus § 4 der Dienstverträge vom 13. November 1962 und 23. September 1974. Danach erhielten der Kläger und seine Hinterbliebenen "von der Gesellschaft Versorgungsbezüge (einschließlich Beihilfen), deren Höhe, Dauer und sonstige Voraussetzungen entsprechend den jeweiligen Vorschriften für Bundesbeamte auf Lebenszeit bestimmt werden, soweit im Folgenden nichts anderes vereinbart ist". Hintergrund hierfür sei, dass die R. bis 1995 ein Unternehmen mit unmittelbarer Beteiligung des Bundes und des Freistaates Bayern gewesen sei. Eine Privatisierung sei erst 1995 erfolgt.

Gegen das ihm am 7. Oktober 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. November 2003 zu Protokoll des SG Berufung eingelegt und erneut vorgetragen, die Leistung der R. sei eine Betriebsrente. Sie werde von der R. als Gesellschaft des privaten Rechts aufgrund eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages aus eigenen Betriebsmitteln und nicht aus öffentlichen Kassen erbracht.

Er beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. September 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Januar 1999 Witwenrente ohne Anrechnung seiner Versorgungsbezüge zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG-), aber nicht begründet.

Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Mai 1999, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger ab 1. Januar 1999 eine monatliche Witwenrente zu zahlen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat für die Zeit ab 1. Januar 1999 keinen Anspruch auf monatliche Zahlung einer Witwenrente aus der Versicherung seiner verstorbenen Ehefrau, da er aufgrund der von der R. gezahlten Versorgungsbezüge über ein anrechenbares Einkommen verfügt, das die Höhe der Witwenrente übersteigt.

Zur Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils vom 16. September 2003 Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG). Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass die Versorgungsbezüge des Klägers aus seinem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur R. als Einkommen im Sinne des § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SGB IV (gemäß § 114 Abs. 3 SGB IV auch für die Zeit ab 1. Januar 2002 in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 SGB VI auf die ihm dem Grunde nach bewilligte Witwenrente anzurechnen sind. § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 SGB IV schließt ausdrücklich auch auf privatrechtlichen Dienstverhältnissen beruhende Versorgungsbezüge in die Anrechnung ein. Das Gesetz enthält somit schon seinem Wortlaut nach keine Einschränkung auf Leistungen, die von öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern und/oder aus öffentlichen Mitteln erbracht werden. Maßgebend ist allein, ob die Leistungen nach beamtenrechtlichen Regelungen oder Grundsätzen erbracht werden.

Dass dies hier der Fall ist, ergibt sich bereits unmittelbar aus den Dienstverträgen des Klägers. Neben dem vom SG zitierten § 4 Abs. 1 der Dienstverträge bestimmt Abs. 2 als Grundlage der Berechnung eine Besoldungsgruppe und Dienstaltersstufe der Bundesbesoldungsordnung und eine (nach beamtenrechtlichen Regelungen errechnete; vergleiche die Festsetzung vom 6. Juli 1971) ruhegehaltsfähige Dienstzeit. Abs. 3 nimmt auf die beamtenrechtliche Wartezeit Bezug, Abs. 5 auf die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für eine Versetzung in den Ruhestand. Schließlich regelt Abs. 7, dass von den Versorgungsbezügen Renten und andere Leistungen aus gesetzlicher und betrieblicher Alters- und Hinterbliebenenversorgung, soweit sie auf Leistungen der Gesellschaft oder anderer Arbeitgeber und Dienstherren nach dem Beginn der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit beruhen, sowie alle sonstigen Versorgungsbezüge abgesetzt werden, die der Kläger oder seine Hinterbliebenen aus seinen früheren Dienstverhältnissen nach Beginn der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit beziehen. Insbesondere aus der Anrechenbarkeit von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (auch) desselben Arbeitgebers und anderer Versorgungsbezüge aus Zeiten nach Beginn der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit wird deutlich, dass die Versorgungsbezüge der R. nicht als eine die Altersversorgung im Sinne einer zweiten Säule ergänzende betriebliche Leistung, sondern als Leistung zur primären Altersversorgung vereinbart worden sind (zum Ausschluss betrieblicher und anderer Zusatzleistungen zur Altersversorgung aufgrund ihres Zusatzcharakters vgl. den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Entwurf des Hinterbliebenenrenten- und Erziehungsrenten-Gesetzes - HEZG -, BT-Drs. 10/3519 S. 7).

Gerade solche Leistungen werden von § 18a SGB IV erfasst. Dies ist auch folgerichtig, da nach § 97 SGB VI eine Witwenrente nur insoweit geleistet werden soll, als der Witwer nicht bereits über eine ausreichende eigene (primäre) Altersversorgung verfügt (zur Verfassungsmäßigkeit vgl. BVerfGE 97, 271 ff). Dass der Gesetzgeber dabei bewusst (vgl. die Begründung zu § 18a SGB IV im Entwurf zum HEZG, BR-Drs. 500/84 S. 44) nicht nur Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und vergleichbare Versorgungsbezüge aus öffentlichen Dienstverhältnissen, sondern auch privatrechtliche Versorgungsleistungen in die Einkommensanrechnung einbezogen hat, sofern diese nach beamtenrechtlichen Regelungen oder Grundsätzen gewährt werden und die zugrunde liegende Beschäftigung versicherungsfrei war oder der Beschäftigte - wie hier - aufgrund dieser Beschäftigung von der Versicherungspflicht befreit wurde, ist nicht zu beanstanden.

Gegen die Berechnung des anrechenbaren Einkommens und die Feststellung, dass dieses die Höhe der Witwenrente übersteigt, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Der Kläger selbst hat hierzu keine Einwendungen erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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