L 20 RJ 19/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 6/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 19/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.11.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1951 geborene Kläger war nach seinen Angaben bis 1970 als Beamter bei der damaligen Deutschen Bundesbahn tätig. Von 1971 bis März 2000 war er als Kraftfahrer und Transportarbeiter mit Unterbrechungen versicherungspflichtig beschäftigt. Von Februar bis März 1981 hatte er eine Aus- bzw. Fortbildung für den Kraftfahrerberuf absolviert.

Rentenanträge des Klägers aus den Jahren 1988 und 1991 sind erfolglos geblieben. Am 19.07.2000 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Berufs- (BU) bzw. Erwerbsunfähigkeit (EU). Vom 15.06. bis 18.07.2000 hatte sich der Kläger einer stationären Heilmaßnahme in Bad S. unterzogen; nach dem Entlassungsbericht sollte er in der Lage sein, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Vollschicht, zeitweise auch mittelschwere Tätigkeiten auszuüben. Nach Auswertung des Entlassungsberichts lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 21.08.2000 ab, da der Kläger nicht berufs- oder erwerbsunfähig sei. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Beklagte ließ ihn untersuchen durch den Sozialmediziner Dr.G. und wies den Widerspruch mit Bescheid vom 21.12.2000 zurück. Der Kläger habe als Kraftfahrer allenfalls eine Anlerntätigkeit ausgeübt und sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 02.01.2001 Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, er könne weder seinen Beruf als Kraftfahrer noch die von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten unter betriebsüblichen Bedingungen ausüben. Das SG hat Befundberichte des Orthopäden Dr.S. und der Allgemeinärztin Dr.N. zum Verfahren beigenommen, des Weiteren die Unterlagen des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Auf Veranlassung des SG hat der Orthopäde Dr.M. das Gutachten vom 19.09.2001 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat den Kläger für fähig erachtet, leichte und mittelschwere Arbeiten - mit qualitativen Einschränkungen - in Vollschicht zu leisten. Als Kraftfahrer könne er im Kurz- oder Mittelstreckenbereich eingesetzt werden, insbesondere wenn mechanische Hilfsmittel für Ladearbeiten zur Verfügung stünden.

Mit Urteil vom 21.11.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Es ist in der Leistungsbeurteilung im Wesentlichen dem Gutachten von Dr.M. gefolgt. Nach seinem beruflichen Werdegang sei der Kläger in voller Breite auf das gesamte Feld des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 14.01.2002 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Er sei keinesfalls in der Lage, seinen Beruf als Schwerlastkraftwagenfahrer auszuüben. Die Begutachtung durch Dr.M. sei nicht in objektiver Weise erfolgt und werde seinen Beschwerden nicht gerecht. Die Situation des Klägers habe sich verschlechtert, ein weiteres Gutachten werde für erforderlich gehalten. Der Senat hat einen Befundbericht des Orthopäden Dr.S. vom 29.04.2003 zum Verfahren beigenommen, in dem eine Verschlimmerung der Beschwerden seit 2001 bestätigt wurde. Auf Veranlassung des Senats hat der Orthopäde Prof. Dr.L. das Gutachten vom 12.11.2003 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat die Beschwerden von seiten seines Fachgebiets im Einzelnen beschrieben und bewertet und ist zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger könne noch leichte, gelegentlich mittelschwere Arbeiten, insgesamt in Vollschicht verrichten. Die Beklagte hält den Kläger in Kenntnis dieses Gutachtens weiterhin für fähig, Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im vorgenannten Umfang zu leisten. Der Kläger hat eine Bescheinigung des Orthopäden Dr.S. vom 29.06.2004 vorgelegt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Nürnberg vom 21.11.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.08.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000 zu verurteilen, Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, aufgrund des Antrags vom 19.07.2000 anzuerkennen und entsprechende Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakte des SG Nürnberg vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgercht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel erweist sich als nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen EU oder BU (§§ 44, 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -SGB VI- in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung -a.F.-) hat und auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Das vom SG gefundene Ergebnis ist durch die Begutachtung des Klägers im Berufungsverfahren in vollem Umfang bestätigt worden. Der Kläger leidet nahezu ausschließlich an orthopädischen Beschwerden, die zuletzt von Prof. L. ausführlich beschrieben und leistungsmäßig bewertet worden sind. Als wesentliche Diagnosen wurden genannt: Reaktive muskuläre Verspannungen im HWS-Bereich bei röntgenologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen, Bewegungsbehinderung der LWS bei mangelhaft entwickelter Rückenstreckmuskulatur und Fehlstatik der Rumpfwirbelsäule, Zustand nach zweietagiger Bandscheibenoperation im LWS-Bereich mit neurologischer Restsymptomatik, endlagige Bewegungsbehinderung beider Arme in den Schultergelenken, Handgelenksganglion rechts, endlagige Innendrehbehinderung beider Beide in den Hüftgelenken, Knorpelschaden hinter den Kniegelenken, Innenmeniskusschaden beidseits. Auch Prof. L. hält den Kläger für fähig, wie vorher schon Dr.M. , in Vollschicht erwerbstätig zu sein, bezogen auf leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Es sollte sich nach Möglichkeit um Arbeiten im Wechselrhythmus handeln, wobei Tätigkeiten unter ständigen oder lang- dauernden Zwangshaltungen und solche in nasser und kühler Umgebung vermieden werden sollen. Die Gutachten der beiden äußerst erfahrenen Sachverständigen sind in sich widerspruchsfrei und in der Begründung auch für den Senat überzeugend. Mit dem vorgenannten Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 44 SGB VI a.F. Der Kläger ist aber auch nicht berufsunfähig. Das SG hat den Kläger als einfach angelernter Arbeiter beurteilt und ihn auf das gesamte Tätigkeitsfeld des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen. Dem ist zuzustimmen. Der Kläger macht zwar geltend, dass er als Berufskraftfahrer tätig war und hat für die Ausbildung eine Bescheinigung vom 07.04.1981 vorgelegt; die Ausbildung hat nach seiner Einlassung aber nur etwa zwei Monate gedauert (Feb./März 1981 lt. Zusatzfragebogen B zum Rentenantrag vom 24.05.1991). Nach der Auskunft des letzten Arbeitgebers des Klägers, Spedition S. GmbH, vom 26.10.2000 war der Kläger dort nicht mit Tätigkeiten beschäftigt, die üblicherweise von Berufskraftfahrern mit Abschlussprüfung durchgeführt werden; eine ungelernte Kraft (mit Führerschein der Klasse II) hätte für die vom Kläger verrichteten Arbeiten eine Anlernzeit von etwa vier bis sechs Wochen benötigt. Nach dem vom Bundesssozialgericht entwickelten Mehrstufenschema zur Einteilung der Arbeiterberufe ist der Kläger deshalb als einfach angelernter Arbeiter anzusehen. Da bei ihm weder eine schwere spezifische Behinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, ist er auf sämtliche Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass es der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf.

Da beim Kläger weder BU noch EU vorliegt, war seine Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg zurückzuweisen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten, § 193 Sozialgerichtsgesetz. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved