L 6 RJ 104/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 768/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 104/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1953 geborene Kläger weist nach seinen Angaben folgendes Berufsleben auf: 01.08.1967 bis 20.12.1967 nicht abgeschlossene Berufsausbildung zum Kfz-Mechaniker; 24.01.1968 bis 31.01.1971 abgeschlossene Berufsausbildung zum Formengießer; 01.02.1971 bis 19.04.1974 Formengießer und Modelleinrichter; 02.05.1974 bis 30.04.1975 Polizeianwärter für den mittleren Dienst; 01.05.1975 bis 28.02.1979 Polizeivollzugsbeamter (Nachversicherung nach der Entlassung); 29.03.1979 bis 30.06.1979 Arbeitslosigkeit; seither Verladearbeiter bei der Porzellanfabrik H. (seit Dezember 1997: K. Deutschland GmbH) in T ...

Nach Auskunft der Firma K. Deutschland GmbH (Fa. K.) vom 30.05.2000 ist der Kläger als Staplerfahrer beschäftigt gewesen (Abfüllung von Porzellanmasse aus der Siloanlage in Big Bags und Verladung auf Lastkraftwagen). Es habe sich hierbei um eine Anlerntätigkeit gehandelt, die eine Anlernzeit von etwa zwei Wochen erfordere. Sie sei nach Tarifgruppe b/Lademaschinenfahrer des Haustarifvertrags der Fa. K. (TV) entlohnt worden.

Mit Bescheid vom 26.08.1998 und Widerspruchsbescheid vom 05.11.1998 lehnte die Beklagte den am 03.02.1998 gestellten Antrag des Klägers auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit ab. Der Versicherte könnte unter Beachtung qualitativer Einschränkungen leichte Arbeiten noch vollschichtig verrichten und sei nach seiner zuletzt ausgeübten Berufstätigkeit auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts, die nicht allereinfachster Art seien, verweisbar.

Mit der am 26.11.1998 zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger seinen Rentenanspruch weiter. Er begehre aufgrund seines Antrags vom 03.02.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit.

Das SG zog die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Schwerbehindertenakten des Amtes für Versorgung und Familienförderung R. (AVF) bei, erholte Befundberichte sowie medizinische Unterlagen von den behandelnden Ärzten des Klägers (Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. , Befundbericht vom 24.03.1999 und vom 13.11.1999; Dr. S. , Orthopädie - Sportmedizin, Befundbericht vom 26.03.1999; Internist Dr. R. , Befundbericht vom 19.04.1995).

Nachdem das von einem Dr. W. im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16.12.1999 erstattete medizinische Sachverständigengutachten ein für leichte Arbeiten (mit qualitativen Einschränkungen) vollschichtiges berufliches Leistungsvermögen ergeben hatte, wies das SG die Klage mit Urteil vom 16.12.1999 ab. Insbesondere könne der Kläger jedenfalls noch als Pförtner oder Registrator vollschichtig arbeiten; dies gelte auch für den Bereich von einfachen Büroarbeiten. Für diese Tätigkeiten sei der Kläger im Hinblick auf seine frühere Berufstätigkeit im mittleren Polizeidienst geeignet.

Am 18.02.2000 ging die Berufung des Klägers gegen dieses ihm am 31.01.2000 zugestellte Urteil ein. Zur Begründung wies er insbesondere auf die Folgen einer Borreliose hin.

Der Senat zog die Klageakten des SG sowie die Verwaltungsakten der Beklagten bei, holte eine Auskunft von der Fa. K. über den Inhalt der Berufstätigkeit des Klägers sowie den anzuwendenden Tarifvertrag ein und erholte einen Befundbericht einschließlich medizinischer Unterlagen vom Kreiskrankenhaus T. (vom 02.06.2000). Außerdem holte der Senat medizinische Sachverständigengutachten ein von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. (Gutachten vom 05.07.2000) und von dem Internisten Dr. E. (Gutachten vom 26.07.2000).

Dr. K. stellte beim Kläger einen Zustand nach Glomerulonephritis, einen Zustand nach borrelienbedingter Myokarditis/Perikarditis sowie einen Zustand nach borrelienbedingter Polyarthritis fest und eine leichte Anpassungsstörung. Eine durch eine Borrelieninfektion verursachte Radikulitis habe beim Kläger nach den vorliegenden Befunden nie bestanden. Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Klägers, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, würden durch die Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet nur gering beeinträchtigt. Er könne ohne Gefährdung der Restgesundheit unter betriebsüblichen Bedingungen noch bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten. Nicht mehr zumutbar seien schwere körperliche Arbeiten, Arbeiten in Zwangspositionen und Arbeiten, die mit Nässe, Kälte oder Hitze verbunden seien. Der Kläger könne vor Arbeitsbeginn mehr als 500 Meter zu einem öffentlichen Verkehrsmittel und dann von diesem mehr als 500 Meter zum Arbeitsplatz in angemessener Geschwindigkeit zu Fuß zurücklegen, und dies nach Arbeitsende in umgekehrter Reihenfolge. Er könne sich auch noch auf andere einfache Berufstätigkeiten umstellen. Allerdings lägen seine Fähigkeiten mehr auf praktischem als auf theoretischem Gebiet.

Aus internistischer Sicht diagnostizierte Dr. E. eine p-ANCA-positive rapid progressive Glomerulonephritis unter immunsuppressiver Therapie, einen Zustand nach Reaktivierung einer Lyme-Borreliose, einen Zustand nach Lungen-Tbc und eine Hyperlipoproteinämie sowie eine Hyperuricämie. Die sozialmedizinische Beurteilung sei sehr schwierig. Zum einen liege eine schwere Nierenerkrankung vor, die zur Zeit in Remission sei. Zum anderen sei eine chronische Borreliose zu diagnostizieren, deren Verlauf und deren Aktivität nur schwer objektivierbar seien. Zum jetzigen Zeitpunkt ließen sich keine Funktionsdefizite nachweisen, die zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führten. Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Klägers, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, seien bereits deutlich beeinträchtigt. Er könne ohne Gefährdung seiner Restgesundheit unter betriebsüblichen Bedingungen nur noch leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Arbeiten dauerhaft im Freien unter dem Einfluss von Nässe, Kälte oder Hitze, Arbeiten in Zwangspositionen, Arbeiten mit vermehrtem Staubanfall sowie Tätigkeiten an Arbeitsplätzen, an denen eine Inhalation von physikalischen und chemischen Reizstoffen stattfinde. Es bestünden keine Einschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte. Der nunmehr sowohl auf nervenärztlichem als auch auf internistischem Fachgebiet festgestellte Gesundheitszustand bestehe im Wesentlichen seit Antragstellung. Allerdings hätten im Zeitraum von 1998 bis jetzt mehrere Zeitabschnitte mit vorübergehender quantitativer Leistungseinschränkung vorgelegen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der weitere Krankheitsverlauf der Nierenerkrankung trotz der derzeit vorliegenden Remissionsphase nur schwer abzuschätzen sei.

Nachdem der Kläger weitere medizinische Unterlagen vorgelegt hatte (Arztbrief des Klinikums der Universität R. vom 04.05.2000, Arztbrief des Kreiskrankenhauses T. vom 07.11.2000; Arztbrief des Klinikums der Universität R. vom 24.11.2000; Laborwerteaufstellung des Klinikums der Universität R. vom 29.01.2001; Bescheinigung über ambulante Behandlungen im Klinikum der Universität R. vom 18.04.2001; Laborwerteaufstellung des Klinikums der Universität R. 18.04.2001 und vom 09.05.2001), der Senat weitere Unterlagen und Berichte über aktuelle medizinische Behandlungen des Klägers angefordert hatte (Kreiskrankenhaus T. , Befundbericht vom 20.11.2000; Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. P. , Befundbericht vom 10.12.2001; Arzt für Orthopädie Dr. S. , Befundbericht vom 17.12.2001) und nachdem Dr. E. in zwei Stellungnahmen seine bisherige Auffassung bekräftigt hatte (vom 19.01.2001 und 11.10.2001), holte der Senat gemäß den §§ 106 und 109 SGG ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten von dem Internisten - Nephrologie - Kardiologie Prof. Dr. K. , Oberarzt der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des Klinikums der Universität R. (nephrologisches-fachinternistisches Gutachten vom 04.06.2002) ein.

An seit dem Zeitpunkt des Rentenantrags vorliegenden Gesundheitsstörungen stellte Prof. Dr. K. eine p-ANCA-positive Glomerulonephritis in Remission (Erstdiagnose 12/1996) fest, weiter einen Zustand nach Perikarderguss 3/1998 (am ehesten bei Borreliose), rezidivierende Polyarthralgien, einen Zustand nach akutem Abdomen bei Blutungsherden im Mesenterium des terminalen Ileums 11/2000 und einen Zustand nach offener Tbc 1988. Während akuter Phasen der Erkrankung sei die Leistungsfähigkeit des Klägers deutlich herabgesetzt gewesen. So sei er im Frühjahr 1998 sicherlich arbeitsunfähig gewesen aufgrund des Perikardergusses. Ähnliches gelte für die Krankenhausaufenthalte im Juli 1999 und im März/April 2000 sowie im November 2000. Von seiten der kardialen und pulmonalen Belastbarkeit bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Arbeiten. Einschränkungen ergäben sich durch die Schmerzsymptomatik, die ausreichende Pausen erforderten. Zu vermeiden sei schweres Heben oder Tragen, Tätigkeiten in gebückter Haltung, Akkordarbeit, Arbeiten in Nässe, feuchter Umgebung oder Zugluft. Beschränkungen des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht.

Auf eine Anfrage des Senats äußerte Prof. Dr. K. (Stellungnahme vom 12.07.2002), sofern der Kläger seine Ausgangslage selbst bestimmen könne, seien zwei bis vier zusätzliche Pausen von etwa fünf bis zehn Minuten erforderlich; allerdings lasse sich der Pausenbedarf nicht eindeutig objektivieren, weil er sich nach der Schmerzsymptomatik richte. Die üblichen Sozialpausen genügten nicht.

Nachdem die Beklagte durch ihren sozialmedizinischen Dienst hiergegen Bedenken geäußert und eine weitere Begutachtung angeregt hatte (Äußerung des Internisten Dr. W. vom 10.09. 2002), erholte der Senat medizinische Sachverständigengutachten von dem Arzt für Orthopädie Dr. F. (Gutachten vom 11.12. 2002) und von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. (Gutachten vom selben Tag).

Aus orthopädischer Sicht diagnostizierte Dr. F. beim Kläger eine Osteopenie der Wirbelsäule, eine mäßige Iliosakralgelenkarthrose, eine konzentrische Hüftgelenkspaltverschmälerung ohne sonstige degenerative Veränderungen bei bekannter Hyperuricämie, eine minimale Gonarthrose beidseits, lockere Spreizfüße mit angedeuteten Halluces valgi und eine erhebliche Übergewichtigkeit. Der Kläger könne, soweit es das orthopädische Fachgebiet betreffe, ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags unter den üblichen Bedingungen eines Beschäftigungsverhältnisses noch acht Stunden täglich arbeiten. Er sollte dabei keine schweren Arbeiten verrichten und nicht an Stellen mit Sturzgefahr eingesetzt werden. Beschränkungen des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Unübliche Arbeitspausen seien aus orthopädischer Sicht in keiner Weise zu begründen, da altersuntypische Verschleißerscheinungen nicht vorhanden seien, also nicht einmal ein Wechsel der Körperposition erforderlich sei. Das Gutachten von Prof. Dr. K. enthalte keine Diagnosen, welche morphologische Strukturveränderungen von Gelenken oder der Wirbelsäule aufzeigten. Die genannten rezidivierenden Polyarthralgien bezeichneten nichts anderes als subjektiv empfundene Gelenkbeschwerden, die sich durch morphologische Strukturveränderungen auf orthopädischem Fachgebiet nicht erklären ließen. Unklar sei, warum der Kläger nicht heben oder tragen und nicht in gebückter Stellung arbeiten sollte, da sich hierfür kein adäquates morphologisches Substrat aus dem Befund der Lendenwirbelsäule anbiete. Jedenfalls enthalte das Gutachten von Prof. Dr. K. keine orthopädischerseits beurteilbaren Gesundheitsstörungen, die zusätzliche Arbeitspausen erforderlich machten. Das Erfordernis zusätzlicher Arbeitspausen werde offensichtlich auch nur auf eine Schmerzsymptomatik gestützt, die jedoch im Rahmen eines orthopädischen Gutachtens nur dann bedeutsam sei, wenn diese Schmerzsymptomatik reproduzierbare und objektivierbare Funktionsstörungen beinhalte, die morphologisch begründet werden könnten. Zu beantworten sei dieser Fragenkomplex im wesentlichen durch das nervenärztliche Gutachten.

Dr. K. sah auf seinem Fachgebiet eine leichte reaktive Depression und ein statisch bedingtes Lumbalsyndrom ohne Hinweis für eine radikuläre Begleitsymptomatik. Seit dem Zeitpunkt des Rentenantrags könne der Kläger unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses leicht Arbeiten noch vollschichtig verrichten, wobei Heben oder Tragen von schweren Lasten, Tätigkeiten in Zwangshaltungen sowie Akkord- oder Schichtarbeit zu vermeiden seien. Beschränkungen des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Umstellungsfähigkeit auf eine andere Berufstätigkeit sei gegeben.

Der Kläger legte zur weiteren Begründung seines Anspruchs von dem Internisten Dr. R. erhobene Befunde vom 22.05.2003 sowie dessen Arztbrief vom 26.05.2003 vor.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 16.12.1999 sowie des Bescheides vom 26.08. 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11. 1998 zu verurteilen, ihm ab 01.02.1998 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise eine Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG Regensburg vom 16.12.1999 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen, da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht, vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI. Für den Anspruch des Klägers sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit sinngemäß auch (hilfsweise) vorgetragen ist, dass jedenfalls ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben sei, vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI a.F., da er ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom 03.02.1998 bis jetzt nicht im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift berufsunfähig ist. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit liegen beim Kläger nicht vor.

Das nach Satz 1 dieser Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers ist aufgrund der folgenden Gesundheitsstörungen bereits eingeschränkt:

- Leichte Anpassungsstörung.

- Leichte reaktive Depression.

- Statisch bedingtes Lumbalsyndrom ohne Hinweis für eine radi kuläre Begleitsymptomatik.

- p-ANCA-positive rapid progressive Glomerulonephritis unter immunsuppressiver Therapie.

- Hyperlipoproteinämie sowie eine Hyperuricämie.

- Osteopenie der Wirbelsäule.

- Mäßige Iliosakralgelenkarthrose.

- Konzentrische Hüftgelenkspaltverschmälerung ohne sonstige degenerative Veränderungen bei bekannter Hyperuricämie.

- Minimale Gonarthrose beidseits.

- Lockere Spreizfüße mit angedeuteten Halluces valgi.

- Erhebliche Übergewichtigkeit.

Der Kläger kann bei Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses leichte Arbeiten noch vollschichtig verrichten. Nicht mehr zumutbar sind dabei Arbeiten in Zwangshaltungen, Arbeiten, die mit Nässe, Zugluft, Kälte oder Hitze verbunden sind (insbesondere bei ständigem Aufenthalt im Freien), Arbeiten mit vermehrtem Staubanfall sowie Tätigkeiten an Arbeitsplätzen, an denen eine Inhalation von physikalischen oder chemischen Reizstoffen stattfindet, weiterhin Arbeiten mit Heben oder Tragen von schweren Lasten, Akkord- oder Schichtarbeit, Arbeiten an Stellen, an denen Sturzgefahr besteht. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte liegen nicht vor, da der Kläger die durchschnittlich erforderlichen Fußwege zurücklegen kann (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Der Kläger kann sich auch noch auf andere einfache Berufstätigkeiten umstellen. Allerdings liegen seine Fähigkeiten mehr auf praktischem als auf theoretischem Gebiet.

Die Diagnosen und das sich hieraus ergebende berufliche Leistungsvermögen des Klägers entnimmt der Senat vor allem aus den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. , des Arztes für Orthopädie Dr. F. und des Internisten Dr. E ... Der Senat schließt sich den Aussagen dieser Gutachten an. Soweit es das grundsätzlich vollschichtige Leistungsvermögen betrifft, stimmt der Senat auch dem Gutachten des Internisten - Nephrologie - Kardiologie Prof. Dr. K. zu.

Allerdings kann Prof. Dr. K. hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit zusätzlicher (unüblicher) Arbeitspausen nicht gefolgt werden, ebensowenig hinsichtlich seiner Auffassung von der Unzumutbarkeit von Tätigkeiten in gebückter Haltung. Zunächst räumt Prof. Dr. K. selbst ein, dass sich der Pausenbedarf nicht eindeutig objektivieren lasse. Wie Dr. F. überzeugend ausführt sind unübliche Arbeitspausen aus orthopädischer Sicht in keiner Weise zu begründen, da altersuntypische Verschleißerscheinungen nicht vorhanden sind, also nicht einmal ein Wechsel der Körperposition erforderlich ist. Das Gutachten Prof. Dr. K. enthält keine Diagnosen, welche morphologische Strukturveränderungen von Gelenken oder der Wirbelsäule aufzeigen. Die von Prof. Dr. K. angeführten rezidivierenden Polyarthralgien bezeichnen nichts anderes als subjektiv empfundene Gelenkbeschwerden, die sich durch morphologische Strukturveränderungen auf orthopädischem Fachgebiet nicht erklären lassen. Das Gutachten Prof. Dr. K. enthält keine orthopädischerseits beurteilbaren Gesundheitsstörungen, die zusätzliche Arbeitspausen erforderlich machen würden. Dieses Erfordernis wird nur auf eine Schmerzsymptomatik gestützt, die jedoch im Rahmen einer orthopädischen Würdigung nur dann bedeutsam ist, wenn diese Schmerzsymptomatik reproduzierbare und objektivierbare Funktionsstörungen beinhaltet, die morphologisch begründet werden können. Auch Dr. K. , auf den Dr. F. wegen der Schmerzsymptomatik verwiesen hat, konnte in seinem Gutachten keine objektiven Befunde festmachen, die die angegebene Schmerzsymptomatik fassbar gemacht hätte. Nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast muß damit davon ausgegangen werden, dass eine Schmerzsymptomatik, die zusätzliche (unübliche) Arbeitspausen erfordern würde, nicht vorliegt. Der Kläger kann auch durchaus in gebückter Stellung arbeiten, da sich kein adäquates morphologisches Substrat aus dem Befund der Lendenwirbelsäule anbietet, das diese Arbeitshaltung nicht zuließe.

Keine neuen Gesichtspunkte ergeben sich aus den von dem Internisten Dr. R. erhobenen Befunden vom 22.05.2003 sowie aus dessen Arztbrief vom 26.05.2003. In seiner "zusammenfassenden Beurteilung" äußert Dr. R. nämlich nur, dass die festgestellte Leukozytose der Beobachtung bedarf, also derzeit keiner Behandlung, und dass die vom Kläger geäußerten zeitweiligen Schmerzen im Abdomen einer weiteren Abklärung bedürften. Das Ergebnis dieser Abklärung mußte vom Gericht nicht abgewartet werden, zumal sich aus den Äußerungen von Dr. R. nicht der geringste Hinweis auf eine etwaige Dringlichkeit der Angelegenheit ergibt und zeitweilige Schmerzen allenfalls Arbeitsunfähigkeit im Sinn der gesetzlichen Krankenversicherung bewirken.

Nach dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 21 ff. mit weiteren Nachweisen). Maßgeblicher Hauptberuf ist vorliegend der eines Staplerfahrers. Diesen Beruf kann der Kläger schon deshalb nicht mehr ausüben, weil damit - wie allgemein bekannt - Zwangshaltungen verbunden sind.

Obwohl der Kläger seinen maßgeblichen Beruf nicht mehr ausüben kann, ist er aber dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 1246 Nr.138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu 2 Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27 und 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters, und zwar des oberen Bereichs (Ausbildungs- bzw. Anlernzeit von mehr als einem bis zu 2 Jahren, vgl. BSG-Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45), zuzuordnen. Dies ergibt sich aus seiner tariflichen Einstufung in die zweithöchste Lohngruppe b des TV, die der Handwerker-Lohngruppe a folgt.

Ausgehend von einer Einstufung des Klägers in den oberen Bereich der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters, ist dem Kläger die Tätigkeit eines Pförtners an einer Nebenpforte sozial zumutbar (vgl. hierzu und zum folgenden das Urteil des BSG vom 5.4.2001 - B 13 RJ 61/00 R mit weiteren Nachweisen). Nach der Rechtsprechung des BSG dürfen "obere Angelernte" nicht schlechthin auf das allgemeine Arbeitsfeld verwiesen werden. Soweit ungelernte Tätigkeiten in Betracht gezogen werden, müssen sich diese durch Qualitätsmerkmale auszeichnen, z.B. das Erfordernis einer nicht ganz geringfügigen Einweisung (Einarbeitung) oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Derartige Merkmale liegen bei einer Pförtnertätigkeiten schon im Hinblick auf die ihr innewohnende Kontrollfunktion typischerweise vor und heben sie aus dem Kreis einfachster ungelernter Tätigkeiten heraus. Die Berufstätigkeit eines Pförtners ist - allgemeinkundig - mit keinerlei körperlichen Belastungen verbunden. Auch der Kläger selbst hat Dr. K. gegenüber geäußert, dass er eine Berufstätigkeit als Pförtner anstrebe (Bl. 18 des Gutachtens vom 05.07.2000). Die psychischen und intellektuellen Fähigkeiten des Klägers können durch eine solche Berufstätigkeit nicht überfordert sein, wenn man bedenkt, dass der Kläger einige Jahre als Polizeibeamter im Vollzug tätig gewesen ist; hierauf hat auch das SG mit Recht hingewiesen.

Ob dem Kläger ein entsprechender Arbeitsplatz tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI, dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).

Der Kläger, der keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI - in Kraft bis 31.12.2002 -, weil er die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift nicht erfüllt. Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI sind solche Versicherte nicht erwerbsunfähig, die - wie der Kläger - (irgend)eine Berufstätigkeit noch vollschichtig ausüben können; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach den §§ 43, 240 SGB VI n.F. hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn ein Versicherter - wie der Kläger - einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen vollschichtig ausüben kann.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Regensburg vom 16.12.1999 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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