L 2 U 370/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 41 U 305/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 370/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.04.2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1960 geborene Kläger verletzte sich am 31.05.1998 am rechten Knie.

Der Durchgangsarzt, der Chirurg J. , diagnostizierte nach Untersuchung des Klägers am 01.06.1998 eine Distorsion des Kniegelenks mit Verdacht auf mediale Meniskusläsion. Der Kläger habe berichtet, er sei einen Abhang heruntergelaufen, dabei gestürzt und habe sich das rechte Knie verdreht. Seitdem habe er starke Schmerzen. Nach stationärer Behandlung vom 01.06. bis 04.06.1998 wurden die Diagnosen gestellt: Distorsion rechtes Kniegelenk mit Verdacht auf Quetschung medialer Meniskus, keine Bandinstabilität, kein Anhalt für Meniskusriß. Ein Erguß ließ sich nicht nachweisen. Auf Vorschlag des Chirurgen Dr.G. erfolgte am 02.07.1998 eine Arthroskopie. Dabei wurden ein Innenmeniskushinterhornkorbhenkelriß sowie zwei frische Knorpelimpressionen nachgewiesen. Eine zweite Arthroskopie am 08.09.1998 zeigte einen Knorpelschaden am medialen Femurcondylus.

Nach ambulanter Untersuchung am 16.03.1999 führten die Chirurgen Prof.Dr.B. und Dr.B. im Gutachten vom 29.04.1999 aus, beim dem geschilderten Unfallereignis sei ein Drehsturz durchaus denkbar. Die Ausheilung des genähten Meniskusgewebes spreche ebenfalls für eine relativ frische Verletzung und gegen eine degenerative Ursache. Die gesehenen sternförmigen Knorpelimpressionen seien ebenfalls mit überwiegender Wahrscheinlich Unfallfolge. Vor dem Unfall seien keine Schädigungen am betroffenen Knie bekannt. Die Röntgenaufnahmen zeigten einen weitgehend altersentsprechenden Befund. Der Innenmeniskuskorbhenkelriß sowie der Knorpelimpressionsschaden seien auf den Unfall zurückzuführen. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit liege seit dem 31.05.1998 vor. Die MdE betrage zur Zeit 10 v.H.

Am 23.03.1999 wurde eine weitere Arthroskopie durchgeführt.

Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 24.06.1999 eine vorläufige Leistung als Vorwegzahlung in Höhe von 10.000,00 DM.

Der Orthopäde Dr.F. stellte am 12.07.1999 die Diagnosen: Chondromalazie dritten bis vierten Grades am medialen Femurcondylus rechtes Kniegelenk, Chondromalazie dritten Grades an der Trochlea femoris. Die MdE sei mit 20 v.H. einzuschätzen. Der beratende Arzt Dr.B. bestätigte am 05.08.1999, dass Arbeitsunfähigkeit bis heute anerkannt werden könne.

Mit Schreiben vom 12.08.1999 bat die Beklagte die AOK Mittelfranken, dem Kläger vom 31.10.1998 bis zum 12.08.1999 Verletztengeld im Auftrag der Beklagten auszubezahlen. Dabei sei die Vorwegzahlung in Höhe von 10.000,00 DM zu berücksichtigen.

Im Bericht vom 09.11.1999 bestätigte der Orthopäde Dr.H. , die Arbeitsunfähigkeit dauere noch an. Am 16.11.1999 wurde eine weitere diagnostische Arthroskopie durchgeführt. Nach einer Umstellungsosteotomie bestätigte der Orthopäde Dr.K. im April 2000 Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres. Am 20.10.2000 erfolgte die Metallentfernung. Die behandelnden Ärzte hielten den Kläger für arbeitsfähig und eine weitere ärztliche Behandlung nicht für erforderlich.

Im Gutachten nach Aktenlage vom 27.12.2000 führte Prof.Dr. H. aus, dem Gutachten von Prof.Dr.B. könne nicht gefolgt werden. Die Knorpelschäden seien ebenso wie wahrscheinlich auch der Meniskusschaden bereits vorbestehend gewesen, denn wenn bei einem Unfall eine Innenmeniskushinterhornkorbhenkelrißbildung entstehe und gleichzeitig eine Knorpelimpressionsfraktur, müsse eine Ergußbildung vorliegen, die aber beim Kläger nicht festgestellt worden sei. Wegen der Kniezerrung könne unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungbedürftigkeit bis zum 01.07.1998 anerkannt werden. Ab 02.07.1998 seien unfallunabhängige Veränderungen und Erkrankungen behandelt worden. Arbeitsunfähigkeit wegen der Unfallfolgen habe bis einschließlich 01.07.1998 bestanden.

Der Chirurg Dr.L. äußerte in der gutachtlichen Stellungnahme nach Aktenlage vom 18.04.2001, das ab 31.05.1998 manifeste Beschwerdebild erkläre sich durch die vorbestehenden Knorpelschäden, die den Verlauf bestimmt hätten. Es sei für derartige allein anlagebedingte Veränderungen typisch, dass sie sich bei Belastung manifestierten, ohne dass aber aus diesem zeitlichen Zusammenhang Rückschlüsse auf einen ursächlichen Beitrag aus dem versicherten Bereich abgeleitet werden könnten. Die für einen ursächlichen Zusammenhang erforderlichen Indizien fehlten vollständig. Das Argument im Gutachten von Prof.Dr. B. , es sei ein Verletzungszeichen, dass der Innenmeniskusschaden ausgeheilt gewesen sei, sei ein Fehlschluss. Wenn der Innenmeniskus am 31.05.1998 in seinem Hinterhorn verletzt worden wäre, dann wäre es sicherlich bis zur ersten Gelenkspiegelung nach vier- einhalb Wochen zu narbigen und sekundärdegenerativen Veränderungen gekommen. Die Heilungschancen einer viereinhalb Wochen alten Verletzung seien nicht besser oder schlechter als die eines nicht unfallbedingt veränderten Meniskus. Man könne eine viereinhalb Wochen alte Wunde nicht durch eine Naht zur Ausheilung bringen, zumal in einem nicht durchbluteten Bereich. Wenn also tatsächlich am 08.09.1998 Spuren der am 02.07.1998 befundeten Zusammenhangstrennung nicht mehr zu sichern gewesen sein sollten, so sei das ein überraschender Befund, unabhängig davon, ob es am 31.05.1998 zu einer Verletzung gekommen sei oder nicht. Ein Kausalitätsargument sei der Befund nicht.

Nach Anhörung es Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.10.2001 die Gewährung einer Rente ab. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit habe bis 01.07.1998 bestanden. Als Unfallfolgen wurden anerkannt: ohne nennenswerte Funktionsbehinderung verheilte Zerrung des rechten Kniegelenks. Nicht anerkannt wurden: Folgeerscheinungen, die durch den mehrfach operativ versorgten unfallunabhängigen Innenmeniskushinterhornkorbhenkelriß rechts mit Knorpelimpressionen entstanden sind und Verschleißerscheinungen am rechten Knie. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2002 zurück.

Zur Begründung der hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger eingewandt, die Beurteilung des Dr.L. sei unzureichend und nicht überzeugend.

Der vom SG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr.F. hat im Gutachten vom 31.01.2003 zusammenfassend ausgeführt, der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, dass ein eigentlicher Sturz nicht erfolgt sei, da er sich mit den Händen noch nach hinten habe abstützen können. Das rechte Knie habe sich in einer maximalen Überbeugestellung befunden, der Fuß habe hinter dem Gesäß gestanden, während der linke Fuß nach vorn weggerutscht sei. Ein Drehsturzereignis lasse sich aus sämtlichen, auch früheren Angaben nicht erschließen. Nur ein solches wäre jedoch geeignet, die isolierte Verletzung des Innenmeniskus ohne Mitbeteiligung des Bandapparates wenigstens wesentlich mitzuverursachen. Die einzige morphologische Strukturveränderung des Kniegelenks, die arthroskopisch gesichert sei, sei ein Knorpeldefekt in der inneren Oberschenkelrolle, angeblich durch einen frischen Knorpelschaden am 31.05.1998 verursacht. Dieser frische Knorpelschaden sei jedoch nicht gesichert festgestellt. Der Unfall habe vielmehr nur eine Distorsion des Kniegelenks wesentlich mitverursacht, während schon einen Tag nach dem Unfall degenerative Veränderungen auf den Röntgenaufnahmen sichtbar seien. Behandlungsbedürftigkeit habe daher über den 01.07.1998 hinaus unfallbedingt nicht bestanden. Die einfache Distorsion sei längst abgeklungen gewesen. Auch Arbeitsunfähigkeit habe über den 01.07.1998 bzw. 15.02.2001 hinaus unfallbedingt nicht bestanden. Eine MdE messbaren Grades sei unfallbedingt nicht zu begründen.

Der auf Antrag des Klägers gem. § 109 SGG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Chirurg Dr.L. hat im Gutachten vom 18.07.2003 ausgeführt, der Kläger sei nicht auf den gebeugten Fuß rechts, sondern auf den nach außen hin verdrehten Fuß gefallen. Dies sei als Drehsturz zu bezeichnen. Insofern sei von einem traumatischen Kniebinnenschaden auszugehen. Der durch die maximale Verdrehung nicht mehr an seinem Platz befindliche Meniskus habe beim Sturz ein Auftreffen des Oberschenkelknochens auf den Unterschenkelknochen als physiologischer Puffer nicht mehr verhindern können, wodurch es zu einer Knorpelschädigung am Oberschenkelknochen gekommen sei. Die Entwicklung einer ausgeprägten Chondromalazie Grad 3 bis 4 nach einem Unfall mit Knorpelimpression habe sich, wie durch die Arthroskopien dokumentiert, im Laufe der Zeit entwickelt. Bei dem Kläger seien nie Vorerkrankungen aufgefallen. Es sei nicht verständlich, warum sich ein Schaden zufällig zum Zeitpunkt des Unfallereignisses gezeigt haben und jetzt allmählich abgeklungen sein solle. Es ergäbe sich kein medizinisch ausreichend begründbarer Zweifel, dass der Kläger sich am 31.05.1998 das rechte Knie verdreht habe und es dadurch zu den Verletzungen an den Kniebinnenstrukturen gekommen sei. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit hätten über den 01.07.1998 hinaus bis zum 08.11.2000 bestanden. Zur Beurteilung, wie hoch die MdE einzuschätzen sei, seien noch weitere Untersuchungen erforderlich.

Dr.F. hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 19.12.2003 eingewandt, Dr.L. habe wesentliche Kriterien der Zusammenhangsbeurteilung nicht erörtert. Weitere Untersuchungen seien nicht erforderlich, da die Kausalität nicht gesichert sei und sich insoweit die Frage der MdE-Bewertung nicht stelle. Im Übrigen sei unklar, welche weiteren Spezialaufnahmen erforderlich sein sollten. Die degenerativen Veränderungen könnten aufgrund herkömmlicher Röntgenaufnahmen beurteilt werden.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07.04.2004 abgewiesen. Dr.F. habe überzeugend ausgeführt, dass der Unfall nur zu einer Distorsion geführt habe. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit über den 01.07.1998 bzw. 15.02.2001 hinaus habe nicht bestanden. Eine MdE messbaren Grades sei unfallbedingt nicht zu begründen. Eine weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich. Die Frage der Höhe der unfallbedingten MdE stelle sich nicht, weil der Arbeitsunfall nicht als kausal für die Gesundheitsschäden angesehen werden könne.

Hiergegen richtet sich die Berufung vom 30.09.2004.

Der Kläger stellt sinngemäß den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 07.04.2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.04.2002 zu verurteilen, bei ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 31.05.1998 unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit über den 01.07.1998 und auch über den 15.02.2001 hinaus anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen hierfür, insbesondere Verletztengeld zu gewähren; außerdem im Anschluss an die Verletztengeldleistungen wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 31.05.1998 Verletztenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Klage und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen, da die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen wird (§ 153 Abs.2 SGG).

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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