L 19 R 354/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RJ 474/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 354/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 22.01.2004 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger von der Beklagten verlangen kann, die von seinen Arbeitgebern getragenen Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung an den türkischen Rentenversicherungsträger (SSK) zu übertragen.

Der am 1939 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Türkei. In Deutschland hat er vom 26.05.1973 bis 19.12.1978 versicherungspflichtig gearbeitet. Auf den Antrag vom 13.01.1981 erstattete ihm die Beklagte mit Bescheid vom 19.05.1981 die von ihm zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) in Höhe von 12.612,60 DM.

Am 13.02.2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten, "die ihm zustehende" Rente zu gewähren. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.02.2003 und Widerspruchsbescheid vom 28.05.2003 mit Hinweis auf die Beitragserstattung ab. Mit der Erstattung sei das bis dahin bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst, so dass aus den erstatteten Beiträgen keine Versicherungsleistungen mehr erfolgen könnten. Weitere Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung seien nicht entrichtet. Damit seien keine auf die Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung mehr vorhanden. Ein Anspruch auf eine Versichertenrente aus den von den Arbeitgebern getragenen Beiträgen bestehe auf Grund der eindeutigen Gesetzeslage nicht.

Dagegen hat der Kläger am 21.07.2003 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben, ohne diese zu begründen. Das SG hat die Klage durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 22.01.2004 abgewiesen. Der Kläger erfülle keine für die im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) geregelten Rentenarten die erforderliche Wartezeit. Mit der Erstattung sei das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten Zeiten bestünden nicht mehr. Daher könne im Fall des Klägers die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt werden. Demgemäß könnten keinerlei Ansprüche aus solchen Beitragszeiten oder rentenrechtlichen Zeiten geltend gemacht werden, die vor 1981 liegen. Die Begrenzung der Beitragserstattung auf die Hälfte der gesetzlichen Beiträge sei auch verfassungsgemäß, so dass der sogenannte Arbeitgeberanteil nicht (mit) zu erstatten sei. Eine "Halb-Rente" (aus diesem Arbeitgeberanteil) existiere als Rentenart nach dem SGB VI nicht.

Gegen das am 16.02.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.06.2004 beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Er trägt vor, ihm seien zwar nach seiner Rückkehr in die Türkei die von ihm selbst gezahlten Beiträge von der Beklagten zurückgezahlt worden. Die Beiträge seiner Arbeitgeber seien jedoch einbehalten worden. Die SSK habe von ihm eine Nachzahlung der Beiträge für die Zeit in Deutschland verlangt; er habe damals 2,00 US-$ für jeden Tag an die SSK gezahlt.

Auf Anfrage des Senats hat der Kläger mitgeteilt, das angefochtene Urteil des SG sei an die von ihm angegebene Adresse seines Neffen zugestellt worden. Er selbst habe das Urteil erst gegen Ende Juli erhalten.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des SG Bayreuth vom 22.01.2004 und den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die von seinen Arbeitgebern vom 26.05.1973 bis 19.12.1978 entrichteten Beiträge an die SSK zu überweisen.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unzulässig, da sie verspätet eingelegt wurde.

Nach §§ 151 Abs 1, 153 Abs 1 iVm § 87 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung beim Landessozialgericht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Nach § 151 Abs 2 Satz 1 SGG kann die Berufung auch beim SG eingelegt werden. Hierüber ist der Kläger im Urteil des SG vom 22.01.2004 zutreffend belehrt worden.

Nach § 64 Abs 1 SGG begann die Frist für die Einlegung der Berufung am 17.02.2004, denn am 16.02.2004 ist das Urteil laut Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ankara zugestellt worden. Unschädlich ist insoweit, dass das Urteil nicht dem Kläger persönlich zugestellt wurde.

Gemäß § 63 Abs 2 SGG erfolgen die Zustellungen ab 01.07.2002 nach den §§ 166 bis 195 ZPO. Wie der Kläger auf Anfrage des Senats im Schreiben vom 21.12.2004 mitgeteilt hat, hat er für das gerichtliche Verfahren einen Zustellungsbevollmächtigten benannt. An diesen wurde das angefochtene Urteil des SG Bayreuth auch zugestellt, wie sich aus dem Postrückschein ergibt. Damit wurde das Urteil wirksam zugestellt. Die Rechtsmittelfrist begann am 17.02.2004 zu laufen und endete mit Ablauf des 16.05.2004. Der Kläger hat die Frist zur rechtzeitigen Einlegung der Berufung nicht gewahrt, nachdem das Berufungsschreiben erst am 14.06.2004 beim SG eingegangen ist.

Ein Anspruch auf Wiedereinsetzung in den voriegen Stand ist nicht gegeben. Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm nach § 67 Abs 1 SGG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger sinngemäß gestellt. Denn er macht geltend, die Kinder seines Onkels (Zustellungsadresse) brächten ihm nicht immer gleich die Post in sein Dorf. Der von ihm aufgezeigte Verhinderungsgrund ist jedoch nicht geeignet, Wiedereinsetzung zu gewähren. Das Gesetz berücksichtigt Schwierigkeiten bei der Einlegung der Berufung aus dem Ausland schon durch die erheblich längere Berufungsfrist gegenüber den Berufungen aus dem Inland. Innerhalb der dreimonatigen Frist muss die Berufung unbeschadet der Tatsache erhoben sein, dass eine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung z.B. erst nach deren Übersetzung möglich wurde. In Anbetracht der Dreimonatsfrist zur Einlegung der Berufung hat der Kläger selbst dafür Sorge zu tragen, dass die an ihn gerichteten Schriftstücke unverzüglich von seinem Zustellungsbevollmächtigten übergeben werden, wie dies bei Erhebung des Widerspruchs und der Klage tatsächlich geschehen ist. Er hat deshalb die Berufungsfrist nicht ohne Verschulden versäumt. Dem Senat ist somit eine Überprüfung in der Sache selbst verwehrt.

Die Berufung ist daher als unzulässig zu verwerfen; die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren unterlegen war.
Rechtskraft
Aus
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