L 16 R 429/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 49/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 429/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 153/05 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 5. April 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Altersrente.

Der 1935 geborene Kläger ist marokkanischer Staatsanghöriger und hat seinen Wohnsitz in Marokko. Unter Übersendung einer Kopie des Versicherungsausweises beantragte der Kläger am 27.6.2002 formlos die Rentengewährung.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 15.07.2002 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, weil mit Bescheid der LVA Rheinprovinz vom 09.12.1982 die zur deutschen Rentenversicherung bis 31.10.1976 entrichteten Beiträge erstattet wurden und deshalb keine deutschen Versicherungszeiten mehr vorhanden sind.

Dagegen legte er Widerspruch ein. Er beantrage die Altersrente für die Tätigkeit, die er in Deutschland ausgeübt habe. Er habe über einen langen Zeitraum hinweg gearbeitet und benötige das Geld, da er jetzt invalide sei und sich in ärztlicher Behandlung befinde.

Das Versicherungskonto weist einen Antrag auf Beitragserstat- tung vom 10.12.1981 sowie einen Erstattungsbescheid vom 09.12.1982 der Beiträge bis 31.10.1976 aus. Der Erstattungsbetrag belief sich auf 6.071,50 DM. Die Beklagte erläuterte dem Kläger diesen Sachverhalt. Nach Erhalt einer Übersetzung bat der Kläger um Überprüfung seiner Angelegenheit, den Widerspruch wolle er nicht zurücknehmen.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2003 den Widerspruch zurück, erneut mit der Begründung, dass durch die Beitragserstattung das Versicherungsverhältnis aufgelöst sei und weitere Ansprüche aus den erstatteten Beiträgen nicht geltend gemacht werden können.

Dagegen richtet sich die zum das Sozialgericht Augsburg erhobene Klage. Er sei in Deutschland erwerbstätig gewesen und bitte deshalb, ihm Altersrente zu gewähren, damit er seine Familie ernähren könne. Für weitere Auskünfte stehe er weiterhin zur Verfügung.

Nach Aufklärung über die Rechtslage und Hinweis auf den beabsichtigten Gerichtsbescheid teilte der Kläger mit, er ziehe seinen Antrag nicht zurück und bitte, eine für ihn günstige Entscheidung zu treffen.

Das SG wies mit Gerichtsbescheid vom 05.04.2004 die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Altersrente, da in der deutschen Versicherung auf Grund der Beitragserstattung keine anrechenbaren Versicherungszeiten mehr vorliegen. Damit sei die Wartezeit nicht erfüllt. Das Gericht habe auch keine Zweifel an der tatsächlichen Beitragserstattung, denn der vorhandene Datensatz der LVA Rheinprovinz weise diese Beitragserstattung aus, die im Übrigen vom Kläger auch nicht bestritten werde. Es gäbe auch keine Hinweise darauf, dass der Kläger über die Folgen der Beitragserstattung nicht ausreichend aufgeklärt worden ist. Der Beitrags-Erstattungsbescheid von 1982 sei vom Kläger im Übrigen nicht angegriffen worden und somit gemäß § 77 SGG bestandskräftig. Da er nach dem Erstattungszeitpunkt im Dezember 1982 keine weiteren Versicherungszeiten zur deutschen Rentenversicherung zurückgelegt habe, stehe ihm eine Leistung aus dieser Versicherung nicht zu.

Nach erfolgloser Zustellung des Gerichtsbescheids mit Einschreibenrückschein stellte das Sozialgericht öffentlich zu, übersandte dem Kläger gleichzeitig aber den Gerichtsbescheid mit einfachem Brief.

Den Gerichtsbescheid fügte der Kläger seinem Berufungsschreiben vom 24.06.2004 bei. Er stellte den Antrag, den Bescheid zu prüfen, da er mit dem Beschluss nicht einverstanden sei.

Auf Anfrage teilte er mit, im Jahre 1982 einen Betrag von ungefähr 15 000 Dirham bezogen zu haben, die Belege darüber seien aber verloren gegangen. Nach Marokko zurückgekehrt sei er wegen des Gesundheitszustands seiner Gattin im Jahre 1980, in Deutschland habe er zwischen 1963 und 1976 sowie zwischen 1979 und 1980 gearbeitet. Unterlagen, wie die Aufenthaltsbescheinigung, ein Schreiben seiner Arbeitgeberfirma, eine Anmeldebescheinigung sowie eine Arbeitserlaubnis legte er vor.

Die Deutsche Bundesbank teilte auf Anfrage mit, dass für den 15.12.1982 von der Banc de Maroc in Rabatt ein Devisenkurs von 2,6145/2,6278 Dirham (Ankauf/Verkauf) für 1,00 DM mitgeteilt wurde.

Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass bei dem erfragten Umrechnungskurs, die von der Beklagten mitgeteilte Erstattungssumme in Höhe von 6.071,50 DM einer Summe von 15.873,94 Dirham entspreche und er selbst eingeräumt habe, ca. 15.000 Dirham erhalten zu haben.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 05.04. 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersrente ab Antrag zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten der Beklagten, des SG Augsburg und des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.-

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), erweist sich jedoch als unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Kläger wegen der durchgeführten Beitragserstattung keinen Anspruch auf Altersrente nach § 35 SGB VI i.V.m. §§ 50, 210 Abs.6 SGB VI hat. Außerdem ergeben sich keine Hinweise auf weitere Beitragszeiten.

Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie

1. das 65. Lebensjahr vollendet und

2. die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Für die Regelaltersrente nach § 35 SGB VI ist Voraussetzung eine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs.1 Ziffer 1 SGB VI). Dabei werden auf die allgemeine Wartezeit Kalendermonate mit Beitragszeiten sowie Ersatzzeiten angerechnet (§§ 51 Abs.1, Abs.4, 55 SGB VI). Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind.

Da der Kläger ausweislich der Versicherungskarte, die er in Kopie übersandt hat, unstreitig Beiträge zur deutschen Renten- versicherung geleistet hat, waren Beitragszeiten, die geeignet waren, die Wartezeit zu erfüllen, zunächst vorhanden. Diese Beitragszeiten können nicht mehr für den Rentenanspruch berücksichtigt werden, denn sie sind dem Kläger auf seinen Antrag 1982 erstattet worden.

Dies ergibt sich zum einen aus dem EDV-Ausdruck der LVA Rheinprovinz mit dem Vermerk des Bescheiddatums und der Höhe des Erstattungsbetrages sowie aus der Kopie der Versicherungskarte, die der Kläger vorgelegt hat. Diese Karte enthält den Stempelaufdruck, dass die Beiträge mit Bescheid vom 10.12.1982 gemäß § 1303 RVO erstattet wurden. Der Kläger selbst hat gegenüber dem Senat außerdem eingeräumt, eine Summe von ca. 15.000 Dirham enthalten zu haben. Nach dem vom Senat ermittelten Umrechnungskurs für das Jahr 1982 entspricht diese Summe etwa dem von der Beklagten mitgeteilten Erstattungsbetrag.

Die vorhandene Unterlagen bezeugen also übereinstimmtend Datum und Summe der Beitragserstattung, weshalb feststeht, dass der Kläger die Beitragserstattung beantragt und auch erhalten hat. Damit ist aber eine Rentenzahlung aus der deutschen Rentenversicherung ausgeschlossen. Wie bereits für den zur Zeit der Beitragserstattung 1982 geltenden § 1303 RVO, so bestimmt jetzt § 210 SGB VI, dass die Beiträge auf Antrag erstattet werden, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind, und als Folge der Beitragserstattung das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst wird (§ 210 Abs.6 Satz 2 SGB VI). Deshalb bestehen Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten nicht mehr (§ 210 Abs.6 Satz 3 SGB VI). Die gleiche Rechtsfolge ergab sich nach § 1303 Abs.7 RVO für die zur Zeit der Beitragserstattung geltende Rechtslage.

§ 1303 Abs.7 RVO lautete: Die Erstattung schließt weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten und das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung aus.

Aus alledem folgt, dass das Sozialgericht und die Beklagte zu Recht die Rentengewährung an den Kläger verneint haben.

Der Kläger hat zwar dargelegt, sich nach seiner ersten Ausreise nochmals um eine Arbeitserlaubnis in der Bundesrepublik bemüht zu haben, es konnten aber keine weiteren Beitragszeiten festgestellt werden. Im Übrigen reichen Zeiten in dem vom Kläger behaupteten Umfang auch nicht aus, die Wartezeit von 60 Monaten erneut zu erfüllen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 193 SGG.

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 Ziffer 1 und 2 SGG die Revision zu zulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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