L 3 KN 1/05 U

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 1 KN 12/02 U
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 KN 1/05 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit über den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 14.08.2003 durch den gerichtlichen Vergleich vom 17.12.2004 erledigt ist.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit (BK) streitig. Der Kläger führt seine Erkrankung der Darmschleimhaut mit Nahrungsmittelunverträglichkeit auf seine berufliche Tätigkeit zurück.

Auf die am 20.04.2001 von dem Internisten und Endokrinologen Dr.D. erstattete Ärztliche Anzeige über eine BK "Verdacht auf Strahlenschädigung der Darmschleimhaut durch Ingestion von Radionukliden" mit der Diagnose "Mal Assimilations Syndrom" veranlasste die Beklagte im Rahmen ihrer Ermittlungen eine arbeitsmedizinische Stellungnahme des Dr.M. vom 30.04.2001 und legte das Ermittlungsergebnis dem Staatlichen Gewerbeärztlichen Dienst vor. In seiner gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 28.08.2001 verneinte der Arzt für innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr.A. die Voraussetzungen für eine Anerkennung einer BK nach § 9 Abs.2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III).

Mit Bescheid vom 24.09.2001 lehnte sodann die Beklagte Entschädigungsansprüche des Klägers aus Anlass einer BK nach § 9 Abs.1 und Abs.2 SGB VII ab, weil der ursächliche Zusammenhang der Erkrankung mit der versicherten Tätigkeit nicht wahrscheinlich sei. Auf den Widerspruch des Klägers hin zog die Beklagte weitere ärztliche Unterlagen und Berichte bei und wies sodann mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2001 den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben, ohne sie nachfolgend zu begründen. Auf entsprechenden Hinweis auf die beabsichtigte Entscheidung nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 14.08.2003 die Klage abgewiesen.

Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung hat der Kläger verschiedene Untersuchungen sowie die Erstattung eines Gutachtens durch einen unabhängigen Gutachter beantragt.

Im Erörterungstermin am 17.12.2004 haben die Beteiligten nach Besprechung der Sach- und Rechtslage folgenden Vergleich geschlossen:

1. Die Beklagte verpflichtet sich, eine eingehende Arbeitsplatzanamnese des Klägers zu erheben, die Frage einer Anerkennung einer Berufskrankheit, insbesondere auch der Nr.2402, sowie hieraus resultierender Leistungen erneut zu überprüfen, den Kläger hierzu eingehend untersuchen zu lassen, d.h. Untersuchungen auf Strahlenschädigungen (Uran, Radon), umweltmedizinische Untersuchungen auf toxische Schädigungen durch bergbauspezifische Schadstoffe und dem Kläger nach Überprüfung einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid zu erteilen.

2. Der Kläger erklärt sich hiermit einverstanden.

3. Die Beteiligten erklären damit den Rechtsstreit betreffend den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 14.08. 2003 in vollem Umfang für erledigt.

Mit Schreiben vom 18.12.2004 und 23.12.2004 hat der Kläger den Vergleich widerrufen.

Daraufhin wurde das Verfahren L 3 KN 14/03 U unter dem Az.: L 3 KN 1/05 U fortgeführt.

Der Kläger beantragt, das Verfahren am Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) fortzusetzen und die beantragten Untersuchungen vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt, festzustellen, dass der Rechtsstreit über den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 14.08.2003 durch den gerichtlichen Vergleich vom 17.12.2004 erledigt ist.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der am 17.12.2004 zwischen den Beteiligten abgeschlossene gerichtliche Vergleich hat den Rechtsstreit unmittelbar beendet, die Rechtshängigkeit des Berufungsverfahrens L 3 KN 14/03 U wurde hierdurch beendet (vgl. hierzu im Einzelnen Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, 7. Auflage, § 101 Rdnr.10 mit weiteren Nachweisen). Auf den Widerruf/Fortsetzungsantrag des Klägers hin war im Rahmen der Fortsetzung des alten Rechtsstreits über die Wirksamkeit des Vergleichs zu entscheiden. Falls sich der Vergleich als wirksam geschlossen erweist, ist auszusprechen, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist (BGHZ 16, 388). In der Sache ist nur dann zu entscheiden bzw. dem Antrag des Klägers auf Fortsetzung des Verfahrens am BayLSG stattzugeben und die beantragten Untersuchungen vorzunehmen, falls sich der Vergleich als unwirksam erweist. Dies liegt hier aber nicht vor.

Ein Prozessvergleich hat in allen Fällen eine Doppelnatur, er ist sowohl eine Prozesshandlung, deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des Prozessrechts richtet, wie auch ein Rechtsgeschäft, für das die Regeln des materiellen Rechts gelten. Die durch den Vergleich beabsichtigte Erledigung des Rechtsstreits setzt zunächst voraus, dass der Vergleich in seiner Eigenschaft als Prozesshandlung ordnungsmäßig ist. Hierzu gehört nicht nur die ordnungsgemäße Protokollierung (BGHZ 14, 381, 386) die hier vorliegt, sondern auch die Frage, ob ein etwa vorbehaltener Widerruf rechtzeitig und wirksam erklärt worden ist. Ein Vorbehalt des Widerrufs seitens der Parteien oder einer von ihnen, hier des Klägers, der Gegenstand des sachlich-rechtlichen Vergleichsinhalts sein könnte, wurde hier jedoch am 17.12.2004 nicht vereinbart. Ein Widerruf (vgl. hierzu Thomas-Putzo, ZPO-Kommentar, 24. Auflage, § 794 Rdnr.19) ist nur bei einem entsprechenden Vorbehalt möglich, ein solcher ist in dem vorgenannten Vergleich vom 17.12. 2004 eindeutig nicht vereinbart worden.

Prozessrechtliche Mängel sind weder behauptet worden, noch liegen solche ersichtlich vor. An der Wirksamkeit des Prozessvergleichs bestehen auch keine Zweifel unter Berücksichtigung der Rechtsregeln des materiellen Rechts, etwa unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Nichtigkeit (z.B. §§ 134, 138, 306 BGB).

Nachdem somit die Wirksamkeit des Vergleichs zu bejahen ist, ist im Urteil lediglich zu entscheiden, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 17.12.2004 erledigt ist.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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