L 8 AL 280/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 736/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 280/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Mai 2004 sowie die Bescheide vom 6. März und 4. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2001 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes (Alg) ab 17.01.2001 und die Erstattung von 3.232,09 DM streitig.

Der 1944 geborene Kläger ist Kosovo-Albaner, er hält sich seit 1969 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er war zuletzt vom 25.05.1988 bis 31.08.1995 als Bauhelfer beschäftigt und erhielt nach Bezug von Krankengeld ab 18.12.1996 Alg. Nachdem er am 24.11.2000 schriftlich aufgefordert worden war, mehrere Eigenbemühungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes zu unternehmen und der Sachbearbeiter nach einer persönlichen Vorsprache am 16.01.2001 die Auffassung vertrat, der Kläger könne keine Eigenbemühungen nachweisen, hob die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 25.01.2001 die Bewilligung des Alg ab 17.01.2001 auf. Später hob sie mit Bescheid vom vom 13.02.2001 die Bewilligung für die Zeit vom 24.11.2000 bis 16.01.2001 auf, bewilligte allerdings ab 17.01.2001 erneut Alg.

Am 16.01.2001 war der Kläger erneut aufgefordert worden, mehrere Eigenbemühungen zu unternehmen und am 01.03.2001 entsprechende Nachweise vorzulegen. In dem Vermerk über die persönliche Vorsprache am 01.03.2001 wurde festgehalten, er könne keine entsprechenden Nachweise vorlegen. Er wurde sodann schriftlich dazu angehört, vom 17.01. bis 28.02.2001 Alg zu Unrecht bezogen zu haben, woraufhin er erklärte, vom 17. bis 28.01.2001 krank gewesen zu sein. Die Beklagte erließ den Erstattungsbescheid vom 04.04.2001, in dem es heißt, die Entscheidung über die Bewilligung des Alg sei bereits ab 17.01.2001 aufgehoben worden, man nehme Bezug auf den Aufhebungsbescheid vom 06.03.2001. Die eingetretene Überzahlung von 2.528,83 DM habe der Kläger zu erstatten, darüber hinaus die Beiträge in Höhe von 703,26 DM.

Am 09.04.2001 legte der Kläger zur Niederschrift bei der Beklagten Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.04.2001 ein und gab an, er wisse nicht, bei welcher Firma er sich bewerben solle. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und gab an, dieser richte sich gegen die Bescheide vom 06.03. und 04.04.2001.

Der Kläger hat zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts München (SG) Klage erhoben; in der Niederschrift ist diese als gegen die Bescheide vom 06.03. und 04.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2001 gerichtet bezeichnet. Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 21.05.04 die Arbeitsvermittlerin R. als Zeugin vernommen und anschließend die Klage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob der Bescheid vom 06.03.2001, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Alg rückwirkend aufgehoben habe, sich auf § 119 Abs.1 Nr.1, Abs.5 SGB III stützen lasse, weil die schriftliche Rechtsmittelbelehrung bei der Aufforderung zur Vorlage von Nachweisen über Eigenbemühungen dem Gebot der Klarheit widerspreche, da daraus nicht zu ersehen sei, ob bei Nichtbeachtung die Leistungen wegen fehlender Mitwirkung entzogen oder versagt würden oder eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung erfolgen werde. Denn der Kläger sei am 24.11.2000 und am 16.01.2001 von der Zeugin ausführlich darauf hingewiesen worden, dass die Leistungen zurückgefordert würden, wenn er sich nicht bemühe, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Darüber hinaus habe die Beklagte mit Bescheid vom 25.01.2001, der bindend geworden sei, die Entscheidung über die Bewilligung ab dem 17.01.2001 aufgehoben. Da dieser Bescheid bestandskräftig sei, sei auch der Erstattungsbescheid vom 04.04.2001 nicht zu beanstanden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung des Klägers, der geltend macht, die Vermittlerin habe ihn im März und April 2001 ohne Dolmetscher nicht richtig verstanden. Er wisse nicht, ob er den Bescheid vom 06.03.2001 erhalten habe. Auf das Anschreiben des Gerichts vom 09.03.2005 habe er nach diesem Bescheid gesucht, ihn aber nicht gefunden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.05.2004 sowie die Bescheide vom 06.03. und 04.04.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Aufhebung der Bewilligung ab 17.01.2001 durch den Bescheid vom 25.01.2001 sei insoweit überholt, als dem Kläger aufgrund des erneut eingeräumten Zeitraumes für Nachweise von Eigenbemühungen bis 01.03.2001 die Leistung mit Bewilligungsbescheid vom 16.02.2001 erneut ab 17.01.2001 bewilligt worden sei. Im Übrigen habe der Kläger erklärt, weder Arbeit für den besonders hervorgehobenen Zeitraum gesucht zu haben noch sonst Arbeit suchen zu wollen. Trotz eingehender Belehrung sei er nicht bereit gewesen, Eigenbemühungen im Sinne des Gesetzgebers zu unternehmen, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

Das Rechtsmittel erweist sich auch in der Sache als begründet. Die Beklagte ist nicht berechtigt, vom Kläger die Erstattung von insgesamt 3.232,09 DM zu fordern.

Die Beklagte stützt ihren Erstattungsbescheid vom 04.04.2001 auf § 50 Abs.1 Satz 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Im vorliegenden Fall ist aber nicht nachgewiesen, dass dem Kläger ein Bescheid zugegangen ist, mit dem die Bewilligung des Alg ab 17.01.2001 aufgehoben wurde. Die Beklagte räumt selbst ein, dass der Aufhebungsbescheid vom 25.01.2001 von ihr selbst später aufgehoben wurde, indem sie ab 17.01.2001 erneut Alg bewilligte. Dass ein weiterer Aufhebungsbescheid ergangen ist, ist nicht nachgewiesen. In der Akte der Beklagten befindet sich kein Entwurf eines Aufhebungsbescheides vom 06.03.2001, der auf den Erlass eines solchen Bescheides hindeuten könnte. Falls die Beklagte den Erlass eines sogenannten maschinellen Aufhebungsbescheides durch die Zentralstelle veranlasst haben sollte, so ist der Zugang eines solchen Bescheides nicht nachgewiesen. Der Kläger konnte jedenfalls nicht bestätigen, einen solchen Bescheid erhalten zu haben. Die Erwähnung eines solchen Bescheides in der Niederschrift über die Klageeinlegung beruht offensichtlich auf dem Umstand, dass der Widerspruchsbescheid einen solchen Bescheid erwähnt, und deshalb der die Klage aufnehmende Urkundsbeamte diesen Bescheid mit aufgenommen hat. Jedenfalls hat der Kläger einen Widerspruch nur gegen den Erstattungsbescheid vom 04.04.2001 eingelegt. Es hätte auf Seiten der Beklagten Anlass bestanden, hierbei zu klären, ob diesem Bescheid ein Aufhebungsbescheid zugrundeliegt und ob sich der Widerspruch des Klägers auch gegen diesen Bescheid richten sollte. Jedenfalls kann bei dieser Sachlage nicht davon ausgegangen werden, dass ein solcher Aufhebungsbescheid erlassen wurde bzw. durch Eingang beim Kläger wirksam wurde. Der fehlende Nachweis geht insoweit zu Lasten der Beklagten. Der Erstattungsbescheid vom 04.04.2001 wiederum erweist sich deshalb als rechtswidrig, da nicht von dem Erlass eines nach § 50 Abs.1 Satz 1 SGB X erforderlichen Aufhebungsbescheides ausgegangen werden kann.

Im Übrigen hätten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit eines auf die Vorgänge vom 16.01. und 01.03.2001 gestützten Bescheides bestanden. Unabhängig von den vom SG geäußerten Bedenken dürften die schriftlichen Aufforderungen vom 24.11.2000 und 16.01.2001 die Beklagte schon deshalb nicht berechtigt haben, die Bewilligung der Leistungen wegen des fehlenden Nachweises von Eigenbemühungen nach § 119 Abs.1 Nr.1 und Abs.5 SGB III aufzuheben, da die vom Kläger geforderten Eigenbemühungen diesen offensichtlich überforderten. Von ihm wurde die Auswertung von Stellenanzeigen in Zeitungen und im Stelleninformationszentrum (SIS), der Nachweis schriftlicher Bewerbungen mit Angabe der Firmenanschrift und ggf. der Ansprechpartner, die Bestätigung über Vorstellungsgespräche und der Nachweis über Absagen in Kopie verlangt.

Aufgrund des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gewonnenen Eindruckes war dieser subjektiv nicht in der Lage, diesen mehrfachen Nachweisen von Eigenbemühungen nachzukommen. Allenfalls wäre es angezeigt gewesen, sich auf den Nachweis einer bestimmten Form von Eigenbemühungen zu beschränken bzw. dem Kläger hierbei Hilfestellungen zu geben. Jedoch kann dies aus den dargelegten Gründen dahinstehen.

Somit waren auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG vom 21.05.2004 und die Bescheide der Beklagten aufzuheben. Hierbei hat der Senat zur Klarstellung auch den Bescheid vom 06.03.2001 aufgehoben, auch wenn dessen Erlass nicht nachgewiesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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