L 8 AL 55/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 58/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 55/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Rücknahme und Erstattung von Insolvenzgeld (Insg) in Höhe von DM 3.110,93, insbesondere die Zulässigkeit der Klage streitig.

Der am 1969 geborene Kläger beantragte am 05.09.2000 Insg für Juli bis September 2000 in Höhe von DM 4.486,65 (Juli), ca. DM 4.500 (August) und ca. DM 3.100 für September.

Mit Bescheid vom 06.10.2000 zahlte die Beklagte auf den zu erwartenden Anspruch einen Vorschuss in Höhe von DM 6.300. Auf der Insg-Bescheinigung bescheinigte der Insolvenzverwalter für Juli 2000 ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe von DM 3.110,93, für August in Höhe von DM 4.564,45 und für September in Höhe von DM 2.697,60.

Mit Bescheid vom 24.11.2000 bewilligte die Beklagte Insg abzüglich des bereits gezahlten Vorschusses von DM 6.300 einen Betrag von DM 7.383,91. Mit Schreiben vom 05.11.2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Berechnung im Bescheid vom 24.11. 2000 enthalte einen Rechenfehler. Tatsächlich habe dem Kläger Insg lediglich in Höhe von DM 10.372,98 und nicht ein solches in Höhe von DM 13.483,91 zugestanden. Hierzu trug der Kläger vor, er habe sämtliche relevanten Unterlagen eingereicht. Einen Rechenfehler der Beklagten bzw. des Insolvenzverwalters habe er nicht zu vertreten. Auch sei ihm nicht ersichtlich gewesen, dass er angeblich zu viel ausbezahlt bekommen habe, was rein vorsorglich bestritten werde. Aus diesem Grund würde eine Rückzahlung nicht erfolgen.

Mit Bescheid vom 04.12.2001 hob die Beklagte die Insg-Bewilligung teilweise auf und forderte die Erstattung von DM 3.110,93. Anhand der vorliegenden Lohnabrechnungen habe der Kläger ohne weiteres erkennen können, dass ein Nettolohn in der ausgezahlten Höhe nicht zugestanden habe. Die fehlerhafte Zahlung sei durch den Kläger nicht angezeigt worden, wozu er aber nach § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet gewesen wäre. Zur Begründung des Widerspruchs verwies der Kläger auf sein Vorbringen im Anhörungsverfahren. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Im Insg-Zeitraum vom 01.07. bis 26.09.2000 habe dem Kläger ein Nettoarbeitsentgelt von insgesamt DM 10.372,92 zugestanden. Nur in dieser Höhe habe er deshalb einen Anspruch auf Insg gehabt. Aufgrund eines Rechenfehlers sei ihm zu viel an Insg, nämlich DM 13.483,91 gezahlt worden. Gemäß § 45 Abs.2 Satz Nr.3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs.2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sei die Entscheidung über die Bewilligung des Insg in Höhe des Unterschiedsbetrags von DM 3.110,93 zurückzunehmen gewesen. Der Kläger habe die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides gekannt bzw. hätte diese nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt. Jedem Arbeitnehmer leuchte es ein, dass das ausgefallene Arbeitsentgelt, das die Arbeitsverwaltung über die Insolvenzversicherung zahle, nicht höher sein könne, als das zu beanspruchende Nettoarbeitsentgelt. Schon von daher habe der Kläger den Rechenfehler leicht erkennen können. Darüber hinaus habe er bei der Antragstellung unterschrieben, das Merkblatt 10 "Insg" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Dort sei er nochmals ausdrücklich darüber belehrt worden, dass das Insg nur das ausgefallene Nettoarbeitsentgelt ausgleiche. Das Nettoarbeitsentgelt habe der Kläger aufgrund der zuvor erhaltenen Lohnabrechnungen gekannt. Der Kläger habe bei Anstellen einfachster Überlegungen erkennen können, dass er deutlich zu viel an Insg bewilligt bekommen habe, nämlich genau DM 3.110,93. Er könne auch nicht damit gehört werden, der Rechenfehler sei nicht von ihm, sondern allein vom Arbeitsamt zu verantworten. Über den Rücknahmetatbestand des § 45 SGB X und über den Aufhebungstatbestand des § 48 SGB X sollen gerade auch erkennbare Fehler der Verwaltung korrigiert werden können.

Zur Begründung der Klage hat der Kläger ausgeführt, aus dem Antrag auf Insg vom 05.09.2001 ergebe sich für ihn an keiner Stelle, wie viel Insg ihm letztendlich zustehe. Auch aus dem Bescheid vom 05.09.2000 gehe für ihn der Rechenfehler nicht hervor. Wenn die Beklagte der Ansicht vertrete, ihm hätte auffallen müssen, dass er letztendlich mehr Insg erhalten habe als beantragt, so sei dies nicht zutreffend, da es sich bei seinen Angaben für die Monate August und September lediglich um Ca.-Angaben handele. Auch scheide grobe Fahrlässigkeit aus, da die vorliegenden Unterlagen keine Rechnungsgrundlage erkennen lassen würden und es sich bei ihm um einen juristischen Laien handele.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 07.02.2002 ist der Bevollmächtigte des Klägers um Übersendung einer schriftlichen Vollmacht im Original gebeten worden, ebenso mit Schreiben vom 01.10. 2003. Die Ladung zum Termin der mündlichen Verhandlung am 29.01.2002 hat den Zusatz enthalten: "Es wird gebeten, eine schriftliche Vollmacht im Original bis spätestens zur mündlichen Verhandlung vorzulegen." Gemäß der Sitzungsniederschrift ist auch im Termin keine Vollmacht vorgelegt worden.

Mit Urteil vom 29.01.2004 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Diese sei unzulässig, da die entsprechende Vollmacht in der gesetzten Frist - spätestens bis zur mündlichen Verhandlung - nicht vorgelegt worden sei. Die fehlende Vollmacht sei von Amts wegen zu beachten. Werde die Vollmacht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachgereicht, würden die Prozesshandlungen damit genehmigt und wirksam. Geschehe dies nicht, wie hier, sei die Klage als unzulässig abzuweisen.

Zur Begründung der Berufung trägt der Bevollmächtigte des Klägers vor, dass eine von diesem unterschriebene Originalvollmacht nunmehr zu den Akten gegeben werde mit der Folge, dass die Klage zulässig sei. Im Übrigen werde auf das erstinstanzliche Vorbringen verwiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 29.01.2004 sowie den Bescheid vom 04.12.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Auffassung des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vom 29.01.2004 an.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.

Zu Recht hat das SG Augsburg mit Prozessurteil vom 29.01.2004 die Klage abgewiesen. Denn die Klage war mangels vorliegender Vollmacht unzulässig. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung auch das Verhältnismäßigkeitsgebot und das Gebot des fairen Verfahrens beachtet. Denn der Bevollmächtigte wurde auf den Mangel der Vollmacht hingewiesen. So wurde er mit Schreiben vom 07.02.2002 gebeten, eine schriftliche Vollmacht im Original vorzulegen. Mit weiterem gerichtlichen Schreiben vom 01.10.2003 wurde er an die Übersendung der Vollmacht erinnert. Schließlich enthielt die Ladung den Zusatz, dass der Bevollmächtigte gebeten werde, eine schriftliche Vollmacht im Original bis spätestens zur mündlichen Verhandlung vorzulegen.

An dieser Beurteilung ändert auch nichts die Tatsache, dass die Vollmacht im Berufungsverfahren eingereicht wurde. Denn eine Heilung in der Rechtsmittelinstanz ist nicht mehr möglich, es sei denn, dass die Vollmachtsurkunde schon vor Erlass der Entscheidung ausgestellt war. Dies war hier nicht der Fall, da die im Berufungsverfahren vorgelegte Vollmacht das Datum "09.02. 2004" enthält. Auch die übrigen "Heilungs-Tatbestände" sind nicht vorliegend. So wurde, wie bereits ausgeführt, dem Bevollmächtigten vom SG eine Frist für die Einreichung der Vollmacht gesetzt "spätestens bis zur mündlichen Verhandlung". Auch hat das SG trotz Fehlens der Vollmacht nicht in der Sache entschieden. Die im Vorverfahren vorgelegte Vollmacht ist lediglich eine Kopie.

Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Augsburg vom 29.01.2004 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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