L 1 R 4020/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RA 139/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 4020/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 10. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1946 geborene Klägerin hat von 1960 bis 1963 den Beruf der Einzelhandelskauffrau erlernt und war von 1968 bis 1972 als Verkäuferin sowie von Mai 1994 bis Juli 2002 als Bibliotheksangestellte in der Datenverarbeitung tätig. Als Bibliotheksangestellte war sie in Teilzeit beschäftigt und wurde nach zweijähriger Bewährung in BAT IXb zuletzt nach BAT IXa entlohnt (Arbeitgeberauskunft vom 14. August 2001). Die Tätigkeit bestand nach eigenen Angaben der Klägerin im Einscannen von Büchern, wobei sie die Bücher selbst aus- und einräumte.

Ab 10. Mai 2001 bezog die Klägerin Krankengeld und ab 25. Juli 2002 Leistungen der Bundesanstalt (jetzt Bundesagentur) für Arbeit. Seit 29. Januar 2004 ist bei ihr ein GdB von 50 (nach 40) wegen seelischer Störung, psychovegetativer Störungen, Bluthochdruck, funktionellen Herzbeschwerden, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit degenerativen Veränderungen und muskulären Verspannungen, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke sowie Kopftremor anerkannt.

Am 9. August 2001 beantragte die Klägerin nach Aufforderung durch ihre Krankenkasse bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Seit November 2000 sei sie wegen depressiver Verstimmung und eines Halswirbelsäulensyndroms nicht mehr in der Lage, Arbeiten zu verrichten.

Die Beklagte zog u.a. ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 31. Mai 2001 bei, in dem die Erwerbsfähigkeit der Klägerin als erheblich gefährdet und möglicherweise gemindert beurteilt wurde, sowie den Entlassungsbericht über eine vom 25. Januar bis 15. Februar 2001 wegen Hypertonie, psychovegetativer Erschöpfung und Hypercholesterinämie durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme, aus der die Klägerin als vollschichtig leistungsfähig für die Tätigkeit als Bibliotheksangestellte sowie für leichte bis mittelschwerer Arbeiten überwiegend im Sitzen entlassen wurde, und holte ein Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. K. vom 12. September 2001 ein. Die Sachverständige diagnostizierte ein Zervikalsyndrom sowie eine Somatisierungsstörung und hielt die Klägerin noch für fähig, ihre Tätigkeit als Bibliotheksangestellte täglich sechs Stunden und mehr auszuüben. Zu vermeiden seien schwere Arbeiten, Nachtschicht sowie Tätigkeiten unter Zeitdruck oder mit Zwangshaltung.

Die Beklagte schloss sich der Beurteilung der Sachverständigen an und lehnte den Rentenantrag vom 9. August 2001 ab (Bescheid vom 8. Oktober 2001). Da die Klägerin noch in der Lage sei, vollschichtig in ihrem bisherigen Berufsbereich tätig zu sein, liege keine Erwerbsminderung vor.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, die Tätigkeit in der Datenverarbeitung verschlimmere die seit vier Jahren bestehenden, zunehmenden Schmerzen an der Halswirbelsäule erheblich. Seit November 2000 leide sie zusätzlich an einem Kopftremor.

Der beratungsärztliche Dienst der Beklagten bestätigte nach Auswertung beigezogener Befundberichte des Anästhesisten A., des Allgemeinarztes Dr. R. und des Nervenarztes Dr. M. ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Sie könne noch leichte Arbeiten ohne Nachtschicht, ohne Verantwortung für Personen oder Maschinen, ohne häufiges Bücken, Knien oder Hocken, ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne Zwangshaltung, ohne vermehrten Zeitdruck oder emotionale Belastungen und ohne häufige Überkopfarbeit verrichten.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch wegen fehlender Erwerbsminderung zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. April 2002). Auch die stationäre Rehabilitationsmaßnahme habe diese Leistungsbeurteilung bestätigt.

Dagegen hat die Klägerin am 27. Mai 2002 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht Regensburg (SG) unter Hinweis auf die Beurteilung des Leistungsvermögens durch den MDK Klage erhoben.

Das SG hat unter anderem Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. R. (subjektive Verschlimmerung der Kopfschmerzen nach einer Schädelprellung vom 18. Februar 2003) und Dr. A. beigezogen und ein Gutachten des Neurologen Dr. K. vom 25. Juli 2003 eingeholt. Dieser Sachverständige hat bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt:

- depressive Störung mit Erschöpfungssymptomatik

- degeneratives Wirbelsäulensyndrom

- Funktionsstörung in beiden Knie- und Hüftgelenken bei Arthrose

- essenzieller (Kopf)Tremor leichten Grades

- Hypertonie

- Fettstoffwechselstörung

Die Klägerin könne noch sechs Stunden und mehr leichte Arbeiten in regelmäßigem Wechselrhythmus ohne Heben und Tragen über 6 kg, ohne Sturzgefahr, ohne Zwangshaltung, ohne psychischen Druck, ohne Akkord, Schichtdienst oder Außendienst, ohne Nässe-Kälte-Exposition und nicht ausschließlich am PC verrichteten.

Die Klägerin hat dagegen unter anderem eingewandt, ihre pulmonale Hypertonie sei unberücksichtigt geblieben und sie habe in der Bibliothek durchgehend am PC gearbeitet.

Das SG hat sich der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. K. angeschlossen und die Klage abgewiesen (Urteil vom 10. Dezember 2003). Die Klägerin könne sowohl in ihrem Beruf als Bibliotheksangestellte als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch sechs Stunden täglich tätig sein, zum Beispiel in einer ihr rentenrechtlich zumutbaren Tätigkeit als Bürokauffrau, Telefonistin oder Bürohilfskraft. Diese Leistungsbeurteilung werde unter anderem von den Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. K. , dem Reha-Entlassungsbericht vom Februar 2001 und einem Terminsgutachten des Sachverständigen R. aus einer vom SG beigezogenen Klageakte S 12 SB 1027/01 bestätigt. Demgegenüber sei das MDK-Gutachten zur Frage der Arbeitsfähigkeit erstellt worden, für die andere Verweisungsmöglichkeiten bestünden als im Rentenversicherungsrecht.

Gegen das ihr am 16. Januar 2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 6. Februar 2004 (Eingang beim SG) Berufung eingelegt. Sie habe nach der mündlichen Verhandlung vor dem SG bei einem Verkehrsunfall ein Halswirbelsäulen-Schleudertrauma erlitten und es seien weitere degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule festgestellt worden. Außerdem verschlechterten sich die Kniegelenksbeschwerden von Tag zu Tag.

Der Senat hat unter anderem die Akten des Amtes für Versorgung und Familienförderung R. (AVF) sowie Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr. D. (Orthopäde) und Dr. R. beigezogen und ein Gutachten des Orthopäden Dr. G. vom 30. Dezember 2004 eingeholt. Der Sachverständige hat bei der Klägerin folgende Diagnosen gestellt:

- chronisches Zervikalsyndrom und Lumbalsyndrom mit degene- rativen Veränderungen ohne Hinweise auf eine Wurzelreizsymptomatik

- retropatellarbetonte Gonarthrose rechts mehr als links

- essenzieller (Kopf)Tremor leichten Grades

- depressive Störung mit Erschöpfungssymptomatik

- leichte pulmonale Hypertonie

- Fettstoffwechselstörung

Gegenüber den Vorgutachten habe sich der Zustand der Klägerin im Rahmen der Alterung leicht verschlimmert. Hinweise für Unfallfolgen aufgrund des Sturzes und des Verkehrsunfalls im Jahr 2003 bestünden von orthopädischer Seite nicht. Die Klägerin sei noch fähig, sechs Stunden und mehr leichte, gelegentlich mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen, in geheizten und belüfteten Räumen ohne dauernde Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen über zehn Kilogramm, ohne Zwangshaltung mit Rumpfbeuge, ohne psychischen Druck und ohne Schicht- oder Außendienst zu verrichten. Den Beruf als Bibliotheksangestellte könne die Klägerin nach der von ihr geschilderten wechselnden Tätigkeit noch vollschichtig ausüben. Zeitweises Einräumen oder Einsortieren von Büchern sei ihr möglich.

Die Klägerin hat zur Stellungnahme auf die bisherige Schilderung ihres Gesundheitszustandes und die vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere das Gutachten des MDK und die Berichte ihrer behandelnden Ärzte, Bezug genommen. Konkrete Einwände gegen den Inhalt des Gutachtens hat sie nicht erhoben.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Regensburg vom 10. Dezember 2003 sowie den Bescheid vom 8. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr aufgrund des Antrags vom 9. August 2001 Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Aufgrund des im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren von den Sachverständigen übereinstimmend festgestellten Leistungsvermögens der Klägerin sei ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht gegeben.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, des AVF und des SG sowie den Inhalt der Berufungsakte Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich in einem Erörterungstermin mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG).

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 2002, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin aufgrund ihres Antrags vom 9. August 2001 Rente wegen Erwerbsminderung zu zahlen. Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 10. Dezember 2003 zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Anspruch der Klägerin richtet sich gemäß § 300 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung.

Gemäß § 43 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. teilweise oder voll erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1).

Erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden (teilweise Erwerbsminderung) beziehungsweise mindestens drei Stunden (volle Erwerbsminderung) täglich erwerbstätig zu sein (Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3).

Gemäß § 240 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs auch Versicherte, die vor dem 1. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind (Abs. 1).

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 2 Satz 1, 2 und 4).

Ist der Versicherte nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI, so liegt auch keine Erwerbsminderung i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI vor (vgl. BSG Urteil vom 05.04.2001 - B 13 RJ 61/00 R -).

Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte, nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164). Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes.

Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Nach dem vom BSG hierzu entwickelten Mehrstufenschema ist die Klägerin der Gruppe der Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte) zuzuordnen (vgl. BSGE 55, 45; 57, 291). Sie hat zwar den Beruf der Einzelhandelskauffrau erlernt und war nach einer ersten Familienphase als Verkäuferin sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Von diesem Beruf hat sich die Klägerin aber nach einer weiteren Familienphase durch Aufnahme der zuletzt langjährig ausgeübten Tätigkeit als Bibliotheksangestellte gelöst. Anhaltspunkte für eine gesundheitsbedingte Aufgabe des erlernten Berufes liegen nicht vor. Nach der tariflichen Einstufung in BAT IX ist die Tätigkeit als Bibliotheksangestellte eine einfachere Tätigkeit, die insbesondere keine mehr als zweijährige Ausbildung voraussetzt. Als Angelernte ist die Klägerin sozial (auch) auf ungelernte Tätigkeiten nicht allereinfachster Art verweisbar.

Sie ist nach dem Ergebnis der im gerichtlichen Verfahren eingeholten medizinischen Gutachten auch in der Lage, sowohl in ihrer letzten Tätigkeit als Bibliotheksangestellte als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich aus den Gutachten der Sachverständigen Dr. K. und Dr. G ...

Danach wird das Leistungsvermögen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet vor allem durch ein chronisches Zervikalsyndrom, ein belastungsabhängiges Lumbalsyndrom und eine beiderseitige Kniegelenksarthrose mit belastungsabhängigen Beschwerden beeinträchtigt. Allerdings fanden sich bei den orthopädischen Funktionsprüfungen keine wesentlichen Einschränkungen der Wirbelsäulen- und Gelenkbeweglichkeit und keine Wurzelreizerscheinungen. An der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule besteht eine endgradige Bewegungseinschränkung, am rechten Kniegelenk ein endgradiges Streckdefizit. Eine vom behandelnden Orthopäden Dr. D. anlässlich einer Untersuchung am 17. November 2003 und 18. Februar 2004 infolge akuter Kniebeschwerden festgestellte Veränderung des Gangbildes lag nach zwischenzeitlichem Abklingen der Beschwerden nicht mehr vor. Ellenbogen-, Hand- und Fingergelenke zeigten sich in der Untersuchung bis auf ein leichtes endgradiges Streckdefizit am rechten Mittelfinger unauffällig. Eine Muskel- oder Kraftminderung war nicht festzustellen. Die Hüftgelenke waren bei beginnender Gelenkarthrose frei beweglich, die Funktionsfähigkeit der Schultern durch von der Halswirbelsäule ausstrahlende Beschwerden nur leichtgradig eingeschränkt.

Aufgrund der orthopädischen Gesundheitsstörungen sind der Klägerin noch leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen zumutbar. Zu vermeiden sind das Heben und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen der Wirbelsäule sowie Nässe-Kälte-Expositionen. Im Hinblick auf die Kniebeschwerden dürften auch Arbeiten mit häufigem Knien oder Hocken nicht mehr in Betracht kommen, wobei Dr. G. das zeitweilige Einräumen und Einsortieren von Büchern im Rahmen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit aber ausdrücklich für möglich hält.

Auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet dominiert eine depressive Störung mit Erschöpfungssymptomatik und leichtgradigem Kopftremor (Nein-Nein-Tremor). Die Klägerin wird vom Sachverständigen Dr. K. als leicht depressiv verstimmt und leichtgradig neurasthenisch beschrieben. Anhaltspunkte für eine tiefergehende Depression, eine Psychose oder eine hirnorganische Beeinträchtigung fanden sich, wie bereits bei der Vorbegutachtung durch Dr. K. , nicht. Die beigezogene medizinischen Unterlagen geben ebenfalls keinen Hinweis auf eine weitergehende psychische Gesundheitsstörung, die auch von der Klägerin selbst verneint wird. Eine diesbezügliche nervenärztliche Behandlung ist nicht ersichtlich. Neurologische Ausfallerscheinungen bestanden, wie bei der Vorbegutachtung, ebenfalls nicht. Die Untersuchungsergebnisse stehen im Einklang mit den beigezogenen medizinischen Unterlagen der behandelnden Ärzte und Einrichtungen, wobei lediglich der behandelnde Allgemeinarzt Dr. R. im Verwaltungsverfahren eine endogene Depression und im gerichtlichen Verfahren einen Verdacht auf somatisierte Depression geäußert hat. Entsprechende Befunde wurden aber weder bei der einmaligen Untersuchung durch den Nervenarzt Dr. M. noch bei den Begutachtungen erhobenen. Aufgrund der objektivierbaren psychischen Gesundheitsstörungen sind der Klägerin bei einer Leistungsfähigkeit für mindestens sechs Stunden täglich Tätigkeiten unter psychischem Druck oder emotionaler Belastung sowie in Schicht- und Außendienst nicht zumutbar. Der zeitweilige, leichtgradige, nach Angaben der Klägerin vor allem bei Aufregung auftretende Kopftremor bedingt nach Ansicht der Sachverständigen Dr. K. und Dr. K. keine weitergehende Leistungseinschränkung.

Für eine Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen infolge des Sturzes vom Februar 2003 und des Verkehrsunfalls vom Dezember 2003 liegen keine objektiven Anhaltspunkte vor. Der Bericht über die ambulante Krankenhausbehandlung am 18. Februar 2003 weist bezüglich der beim Sturz erlittenen Schädelprellung keine unfallbedingten pathologischen Befunde aus. Auch den Berichten der behandelnden Ärzte ist lediglich zu entnehmen, dass die Klägerin selbst über zunehmende Halswirbelsäulen- und Kopfschmerzen klagt. Die anlässlich des Verkehrsunfalls festgestellten, nicht unfallbedingten, degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule wurden bei der orthopädischen Begutachtung gewürdigt. Dauerhafte Unfallfolgen sind in den ärztlichen Unterlagen nicht dokumentiert.

Eine weitergehende Begutachtung war in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. G. nicht erforderlich. Insbesondere besteht kein Anlass zu einer internistischen Begutachtung. Die bei der Klägerin seit längerem bekannten Diagnosen einer Fett-stoffwechselstörung und einer geringgradigen pulmonalen Hypertonie (vergleiche hierzu den Bericht des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder vom 25. Juni 2003) haben nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen noch keine dauerhaften Folgeschäden ausgelöst, die Anlass zur Annahme weitergehender quantitativer oder qualitativer Leistungseinschränkungen geben könnten.

Wie insbesondere Dr. G. bestätigt hat, kann die Klägerin ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit für leichte Arbeiten ist die weder in ihren kognitiven Fähigkeiten noch in ihrer Feinmotorik erkennbar eingeschränkte Klägerin im Übrigen ohne Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde (vgl. BSGE 80, 24), liegt nicht vor. Insbesondere ist die Klägerin nach dem Ergebnis der Begutachtung in der Lage, viermal täglich Gehstrecken von über 500 Metern zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Liegt bei der Klägerin, die die allgemeine Wartezeit erfüllt hat (§§ 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI), keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit i.S.d. § 240 SGB VI vor, so ist auch eine teilweise oder volle Erwerbsminderung i.S.d. § 43 SGB VI ausgeschlossen. Einer Prüfung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 241 SGB VI) bedarf es bei dieser Sachlage nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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