L 6 R 514/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 RJ 467/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 514/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Die 1948 geborene Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, war vom 14. bis zum 21. Lebensjahr als Arbeiterin in der Landwirtschaft und anschließend als Hausfrau im eigenen Haushalt tätig. Im Zeitraum vom 01.06.1995 bis 31.03.1997 arbeitete sie im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses als Haushaltshilfe. Seither war die Klägerin nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt.

Mit Bescheid vom 01.04.2003 und Widerspruchsbescheid vom 26.06. 2003 lehnte die Beklagte den am 05.02.2003 gestellten Antrag der Klägerin auf Zahlung von Rente wegen Erwerbsminderung ab. Zwar seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum 04.02.2003 erfüllt, die Klägerin könne jedoch mit dem noch vorhandenen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen würden nicht dazu führen, dass arbeitsmarktübliche Tätigkeiten nicht mehr in Betracht kommen würden. Auch wenn die bisherige Berufstätigkeit nicht mehr ausgeübt werden könne, liege Berufsunfähigkeit noch nicht vor, denn die Klägerin könne auf alle ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden. Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen entnahm die Beklagte dem Rentengutachten des Arztes für Innere Medizin, Sozialmedizin Dr.P. vom 18.03.2003 sowie dem nervenärztlichen Zusatzgutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.S. vom 12.03.2003 aufgrund der Untersuchungen am 25.02.2003 und 12.03.2003.

Gegen die Entscheidung der Beklagten richtet sich die am 29.07.2003 zum Sozialgericht Regensburg erhobene Klage mit der Begründung, die Klägerin sei bei den vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen als ungelernte Kraft nicht mehr einsetzbar.

Das Sozialgericht zog die Verwaltungsakten der Beklagten sowie einen Befundbericht des Hausarztes der Klägerin Dr.G. mit medizinischen Unterlagen von weiteren behandelnden Ärzten bei, veranlasste eine fachorthopädisch-schmerztherapeutische Begutachtung der Klägerin durch Dr.B. (Gutachten vom 23.12.2003) und holte dessen ergänzende Stellungnahme vom 26.03.2004 ein. Der Sachverständige stellte als Gesundheitsstörungen eine Schmerzkrankheit im Chronifizierungsstadium III fest, weiter eine chronisch-entzündliche Grundkrankheit letztlich noch nicht geklärter Ätiologie, wobei der Gutachter als Differentialdiagnose Mischkollagenose und Polymyositis nennt, ein degeneratives und fehlstatisches Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei thorakolumbal links und hochthorakal rechtskonvexer Skoliose, Hohlrundrücken und abgelaufenem Morbus Scheuermann mit Spondylarthrose praesacral und Osteochondrose cervical, einen Knick-Senk-Spreizfuß mit Hallux valgus und beginnendem Hallux rigidus links sowie Metatarsalgie, einen episodischen Spannungskopfschmerz, Periarthropathia humeroscapularis rechts mehr als links, ein diskretes Karpaltunnel-Syndrom beidseits sowie einen schnellenden Mittelfinger rechts. Außerdem weist der Gutachter auf eine Überlagerung mit anhaltender somatoformer Schmerzstörung bei belastender Biographie hin. Die Klägerin wurde von Dr.B. für fähig erachtet, leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Zu vermeiden seien schwere körperliche Arbeiten, Arbeiten in gebückter Zwangshaltung, Arbeiten über Kopf, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die manuelle Geschicklichkeit und mit besonderer Belastung der Hände sowie Arbeiten in Nässe, Kälte und Zugluft. Die Klägerin könne länger als sechs Stunden arbeiten, sie sei aber nicht in der Lage, einen ganzen Arbeitstag ohne die Gelegenheit von Pausen im Umfang von dreimal 15 Minuten durchzustehen. Im Beruf als Haushaltshilfe sei die Klägerin in einem zeitlichen Umfang von drei bis sechs Stunden täglich arbeitsfähig. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Die Klägerin könne sich auch noch auf eine neue Berufstätigkeit umstellen.

Mit Urteil vom 18.06.2004 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Klägerin sei nicht berufsunfähig im Sinne des § 240 Abs.2 SGB VI. Sie könne zumutbar auf alle tariflich erfassten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Ihre Erwerbsfähigkeit sei zwar herabgesetzt, sie sei jedoch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen leichte bis gelegentlich auch mittelschwere körperliche Arbeiten zu leisten. Für eine Reduzierung der täglich noch möglichen Arbeitszeit auf unter sechs Stunden bestünden keine Anhaltspunkte. Dr.B. habe lediglich das Durchhaltevermögen für einen Acht-Stunden-Tag infrage gestellt und eine zusätzliche Pause von 15 Minuten für erforderlich gehalten. Bei betriebsüblicher Pausenregelung von 30 Minuten bei sechs Stunden täglicher Arbeitszeit sei das Durchhaltevermögen der Klägerin nicht eingeschränkt.

Am 19.08.2004 ging die Berufung der Klägerin gegen dieses ihr am 24.07.2004 zugestellte Urteil beim Sozialgericht Regensburg ein. Zur Begründung trug sie vor, dass sich ihr Gesundheitszustand inzwischen gravierend verschlechtert habe. Einen Arbeitstag von acht Stunden könne sie nicht bewältigen.

Der Senat beauftragte den Arzt für Orthopädie Dr.F. , das Gutachten vom 15.12.2004, die Ärztin für Psychiatrie, Psychotherapie, Sozialmedizin Dr.M. , das Gutachten vom 11.01.2005 sowie den Internisten Dr.E. , das Gutachten vom 14.01.2005 zu erstellen. Die medizinischen Sachverständigen stellten bei der Klägerin als Gesundheitsstörungen seit Februar 2003 fest, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, hals- und lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden ohne neurologische Funktionsausfälle, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule bei einem Bandscheibenschaden im Bereich der Halswirbelsäule, eine leichte Arthrose der Ileosacralgelenke sowie eine beginnende Arthrose der Fingergelenke. Zusammenfassend führte Dr.E. zum beruflichen Leistungsvermögen aus, die Klägerin könne unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses weiterhin acht Stunden täglich arbeiten. Sie sei in der Lage, leichte und gelegentlich auch mittelschwere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und ohne Zeitdruck auszuüben. Zu vermeiden seien das Heben und Tragen schwerer Las-ten, Tätigkeiten mit häufigem Bücken und Arbeiten, die eine dauernde Streckhaltung der Halswirbelsäule erfordern würden. Nicht mehr möglich seien Nacht- und Wechselschichten sowie Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die manuelle Geschicklichkeit. Die Klägerin könne Wegstrecken von mehr als 500 m in angemessener Geschwindigkeit zurücklegen, um die Entfernungen zwischen Wohnung, öffentlichem Verkehrsmittel und Arbeitsplatz vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende zu überwinden. Sie sei in der Lage, sich auf eine andere als die bisher ausgeübte Erwerbstätigkeit umstellen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 18.06.2004 sowie des Bescheides vom 01.04. 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06. 2003 zu verurteilen, ihr aufgrund des Antrages vom 05.02. 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise, wegen teilweiser Erwerbsminderung zu leisten, weiter hilfsweise, Vertagung der mündlichen Verhandlung und Einholung von Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz von Dr.med. P. E. A. und Chefarzt Dr.B., Leiter der Neurologischen Abteilung der Klinik A.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Regensburg und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, denn die Klägerin ist nicht wenigstens berufsunfähig.

Nach § 240 Abs.1 SGB VI können Versicherte, die wie die Klägerin vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit erhalten. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken ist. Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (§ 240 Abs.2 SGB VI). Diese zur Anerkennung von Berufsunfähigkeit erforderlichen Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.

Zwar ist das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin bereits eingeschränkt. Die Klägerin ist aber unter Berücksichtigung der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen in der Lage, noch mehr als sechs Stunden täglich und ohne unübliche längere Pausen leichte und gelegentlich auch mittelschwere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und ohne Zeitdruck auszuüben. Zu vermeiden sind das Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Tätigkeiten mit häufigem Bücken oder solche, die eine dauernde Streckhaltung der Halswirbelsäule erfordern. Nicht mehr zumutbar sind Nacht- und Wechselschichten sowie Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die manuelle Geschicklichkeit. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte liegen nicht vor, weil die durchschnittlich erforderlichen Fußwege zurückgelegt werden können (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr.10). Dieses berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ergibt sich vor allem aus den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Orthopädie Dr.F. , der Ärztin für Psychiatrie, Psychotherapie, Sozialmedizin Dr.M. und des Internisten Dr.E ... Der Senat schließt sich den Aussagen dieser schlüssigen und überzeugenden Gutachten an. Sie bestätigen im Wesentlichen auch die Ergebnisse der im erstinstanzlichen und im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten.

Als wesentliche Gesundheitsstörungen stellten die im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, hals- und lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden bei degenerativen Veränderungen und einem Bandscheibenschaden im Halswirbelsäulenbereich fest, eine leichte Arthrose der Ileosacralgelenke und eine beginnende Arthrose der Fingergelenke.

Die Klägerin gab im Zuge der Begutachtungen an, sie leide an Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, außerdem in den Sehnen sowie Knochen der Hände und Füße. Bei den Funktionsprüfungen wurden in fast sämtlichen Gelenken Schmerzen geäußert sowie über eine Druckschmerzhaftigkeit geklagt. Die Funktionen der Gelenke der oberen Extremitäten zeigten sich aber bis auf eine leichte Funktionsstörung von Mittelgelenken einzelner Langfinger unauffällig. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule ist eingeschränkt und es liegt auch ein deutlicher Bandscheibenschaden zwischen dem fünften bis sechsten Halswirbelkörper vor. Die Bandscheiben zwischen dem siebten und neunten Brustwirbel sind lediglich eingeengt und im Bereich der Lendenwirbelsäule besteht eine nur partielle Einengung der vierten Bandscheibe. Dr.F. stellte außerdem eine Fehlhaltung der Halswirbelsäule und eine leichtgradige seitliche Verbiegung der Brust- und Lendenwirbelsäule fest. Neurologische Funktionsausfälle oder Zeichen einer Nervenwurzelirritation bestehen aber nicht. Allein wegen der Wirbelsäulenschäden ist damit die von der Klägerin angegebene Schmerzsymptomatik nicht zu erklären. Aus orthopädischer Sicht lässt sich also aufgrund der erhobenen Befunde eine rentenbegründende Erwerbsminderung nicht rechtfertigen. Dr.M. weist darauf hin, dass bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung vorliegt, bei der das Schmerzerleben am Muskel-Sehen-Apparat subjektiv im Vordergrund steht. Durch die Schmerzen wirkt die Klägerin zwar in ihrer psychischen, nervlichen und körperlichen Belastbarkeit beeinträchtigt, allerdings bestehen keine belangvollen Störungen wie Depressivität oder eine Angststörung. Es kann zwar auch eine organische Mitverursachung der chronischen Schmerzsymptomatik aufgrund der degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenksveränderungen angenommen werden, die Schmerzsymptomatik korreliert jedoch nicht mit den objektiv feststellbaren Befunden. Nach den Feststellungen der Sachverständigen bestehen somit keine Gesundheitsstörungen, die für die Klägerin eine vollschichtige Tätigkeit bei Beachtung der oben genannnten qualitativen Leistungseinschränkungen als unzumutbar erscheinen lassen.

Entgegen den Feststellungen von Dr.B. sehen die vom Senat gehörten Gutachter auch keine medizinisch begründbare Notwendigkeit von zusätzlichen Arbeitspausen. Dr.B. begründete diese Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens insbesondere auch mit seiner Diagnose einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung. Bei der internistischen Untersuchung durch Dr.E. konnte aber eine chronisch-entzündliche Grunderkrankung, die gegebenenfalls die Schmerzsymptomatik erklären könnte, nicht bestätigt werden. Bei der in diesem Zusammenhang von Dr.B. vorgenommenen Einschätzung ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass dieser die Einschränkung des Leistungsvermögens wegen zusätzlich erforderlicher Pausen auf einen Acht-Stunden-Tag bezogen hat. Berufsunfähigkeit liegt aber nach § 240 Abs.2 Satz 4, 1.Halbsatz SGB VI schon dann nicht vor, wenn der Versicherte in der Lage ist, eine zumutbare Tätigkeit sechs Stunden täglich auszuüben.

Neben dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung von Berufsunfähigkeit der Hauptberuf der Klägerin. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr.21 ff. m.w.N.). Nach den Angaben der Klägerin hat diese zuletzt als Haushaltshilfe bzw. Putzfrau versicherungspflichtig gearbeitet.

Die Klägerin kann zwar aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen nicht mehr in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden als Haushaltshilfe arbeiten. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es aber nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können. Vielmehr sind gemäß § 240 Abs.2 SGB VI Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten auch aus sozialen Gründen nicht mehr zumutbar ist (BSG SozR 2200 § 1246 Nr.138). Danach beurteilt sich die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Als ungelernter Arbeiterin sind der Klägerin alle Berufstätigkeiten sozial zumutbar, denen sie körperlich, geistig und seelisch gewachsen ist. Der Benennung eines konkreten Verweisungsberufs bedarf es grundsätzlich nicht. Auch liegt bei der Klägerin weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auch bei einem ungelernten Versicherten erforderlich machen würde. Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, denn das Risiko der Arbeitsvermittlung trägt nicht die gesetzliche Rentenversicherung, sondern die gesetzliche Arbeitslosenversicherung. Dementsprechend bestimmt § 240 Abs.2 Satz 4 SGB VI, dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. BSG SozR 3-2600 § 44 Nr.8).

Die Klägerin, die keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat, hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI. Denn erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann (§ 43 Abs.3 SGB VI).

Dem Antrag gemäß § 109 SGG, zwei weitere Sachverständigengutachten einzuholen, war gemäß § 109 Abs.2 SGG nicht zu entsprechen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht den Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

Der Senat hat der Klägerin mit Schreiben vom 25.01.2005 die Gutachten von Dr.E. , Dr.F. und Dr.M. mit dem Hinweis zugesandt, dass nach den Ausführungen der Sachverständigen eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu begründen und die Beweisaufnahme abgeschlossen sei sowie um Stellungnahme bis 25.02. 2005 gebeten. Mit Schriftsatz vom 21.02.2005 teilte die Klägerin mit, sie werde die Berufung aufrecht erhalten. Mit Schriftsatz vom 01.03.2005 übersandte sie ein Attest des Hausarztes vom 25.02.2005 zu, in dem es ohne einer Angabe einer Diagnose lediglich heißt, die Klägerin sei multimorbid krank und nicht arbeitsfähig. Der Senat hat den auf den 17.05.2005 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung auf Wunsch des Prozessbevollmächtigten abgesetzt und ihm Akteneinsicht gewährt.

Der Antrag war wegen grober Nachlässigkeit abzulehnen, weil hier außer Acht gelassen worden ist, was von einem sorgfältig Prozessführenden erwartet werden kann. Die Klägerin hat trotz des Hinweises des Senats vom 25.01.2004 bei angemessener Fristsetzung zur Stellungnahme erst circa vier Monate nach Erhalt dieser Mitteilung den Antrag gemäß § 109 SGG ohne eine Begründung für das lange passive Verhalten gestellt; die spätere Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten rechtfertigt eine Fristverlängerung nicht. Hinzu kommt, dass die Klägerin erst im Termin zur mündlichen Verhandlung und damit zum prozessual letztmöglichen Zeitpunkt das Antragsrechts nach § 109 SGG beansprucht hat.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 18.06.2004 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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