L 3 U 277/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 U 5040/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 277/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 05.02.2004 wird zurückgewiesen und die Klage gegen die Bescheide vom 04.03.2004 und 26.02.2005 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger niedrigere Beiträge an die Beklagte zu entrichten hat, als diese in den Beitragsbescheiden ab 2001 von ihm forderte. Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünden Bundesmittel zu, die zur Senkung seiner Beitraglast eingesetzt werden müßten.

Der 1968 geb. Kläger, von Beruf Landwirt und Zimmerer, pachtete am 30.12.1998 Grundstücke mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 7,94 ha, einem Forst von 2.12 ha und einer Hoffläche von 0,21 ha. Die Beklagte nahm den Kläger mit Bescheid vom 05.03.1999 in ihr Unternehmerverzeichnis auf. Der Grundstücksbestand änderte sich zum 11.07.2001, wobei sich die landwirtschaftliche Fläche auf 4,85 ha verringerte.

Mit Bescheid vom 27.02.2002 forderte die Beklagte für das Umlagejahr 2001 einen Beitrag in Höhe von 263,83 Euro. Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und beantragte zugleich, ihm - wie in den Jahren davor - Bundesmittelanteile zur Verfügung zu stellen, die seine Beitragsschuld senken. Es sei nicht rechtens, wenn die "kleinen Landwirte" von Bundesmitteln ausgeschlossen würden. Es müsse gleiches Recht für alle gelten. Die Beklagte wies den Widerspruch am 08.05.2002 mit der Begründung zurück, im Zuwendungsbescheid des Bundesministers für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL) vom 28.12.2001 sei die Untergrenze des Beitrags, ab der Bundeszuschüsse gewährt werden könnten, von bisher 150 DM auf 305 Euro angehoben worden. Sie sei daher gehalten den Bruttobeitrag, d.h. ohne Anrechnung von Bundesmitteln auf die Beitragsschuld, einzufordern.

Dagegen hat der Kläger am 04.06.2002 beim Sozialgericht Regensburg (SG) Klage erhoben und beantragt, den Beitragsbescheid vom 27.02.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2002 aufzuheben bzw. abzuändern und einen niedrigeren Beitrag unter Berücksichtigung von Bundeszuschüssen zu berechnen. Das SG hat beim BMVEL angefragt, unter welchen Bedingungen Bundesmittel zur Beitragssenkung Verwendung finden könnten und die Beklagte gebeten, ihre Satzung und den Zuweisungsbescheid des BMVEL vorzulegen. Es hat den Geschäftsführer der Beklagten am 05.02.2004 als Zeugen einvernommen. Auf die Sitzungniederschrift wird gem. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen. Ferner hat es das Verfahren mit dem eines anderen Klägers, der ebenfalls Klage mit dem Ziel, niedrigere Beiträge durch Zuwendung von Bundeszuschüssen zu erreichen, erhoben hat, verbunden.

Nach Klageerhebung erteilte die Beklagte am 05.03.2003 einen weiteren Beitragsbescheide für das folgende Umlagejahr 2002 über 270,03 Euro.

Mit Urteil vom 05.02.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat einen Anspruch des Klägers auf Gewährung beitragsmindernder Zuschüsse aus keinem Rechtsgrund für begründet gesehen.

Am 06.04.2004 hat der Kläger Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt und geltend gemacht, es sei ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG), wenn "kleinen Landwirten" keine Bundeszuschüsse zukommen und den größeren Betrieben, die gut von ihren Einnahmen leben könnten, schon. Zu der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung über das Verhältnis von Beitragaufkommen zu Leistungsaufwendungen in den Umlagejahren 2002 und 2003 hat der Kläger gemeint, diese Zahlen seien nicht aussagekräftig. Er verlange eine Aufstellung nach den verschiedenen Unternehmensgruppen, geordnet nach Großlandwirten, die Nettozahler mit Flächenwertermäßigung seien, Nettobeitragszahlern, deren Beiträge durch Bundesmittel verringert werden, und Bruttobeitragszahlern, wie er selbst. Zudem müssten die Zahl der Unternehmer, die Leistungsaufwendungen pro Jahr und das Beitragsaufkommen pro Jahr aufgeführt werden. Bei einem danach anzustellenden Vergleich werde sich zeigen, wie ungerecht die Beitragslast verteilt sei.

Am 04.03.2004 forderte die Beklagte Beiträge für 2003 in Höhe von 274,18 Euro und am 26.02.2005 für 2004 in Höhe von 281,34 Euro.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 05.02.2004 und den Bescheid der Beklagten vom 27.02.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2002 sowie die Folgebescheide vom 05.03.2003, 04.03.2004 und 26.02.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Beitragsbescheide ab dem Umlagejahr 2001 unter Berücksichtigung von Bundesmitteln mit niedrigeren Beiträgen zu erteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 05.02.2004 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 04.03.2004 abzuweisen.

Der Senat hat die vom SG verbundenen Verfahren getrennt.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gem. § 136 Abs. 2 SGG auf die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten der Beklagten und des Gerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Beitragsbescheide, die dem mit der Klage angefochtenen Bescheid bezüglich der nächsten Jahre folgen, werden nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; vom 28.09.1999 - B 2 U 40 /98 R; vom 14.12.1999 - B 2 U 38/98 R und B 2 U 48/98 R) gem. § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Für die Zulässigkeit der Berufung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG sind die einzelnen Beitragssummen nach § 5 Zivilprozessordnung (ZPO) zusammenzurechnen. Damit wird die Berufungssumme von 500 Euro überschritten und die Berufung ist zulässig.

Der nach Urteilsverkündung und vor Berufungseinlegung erlassene Beitragsbescheid vom 04.03.2004 ist ebenso wie der Beitragsbescheid vom 26.02.2005 gem. §§ 156, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden; über ihn hatte der Senat im Klageverfahren zu entscheiden.

Die angefochtenen Bescheide erweisen sich als rechtmäßig. Für den Anspruch des Klägers, unter Einsatz von Bundesmitteln einen niedrigeren Jahresbeitrag ab dem Umlagejahr 2001 festzusetzen, findet sich keine Rechtsgrundlage.

Maßgebendes Recht sind die ab dem Haushaltsjahr 1997 geltenden Vorschriften des Siebten Sozialgesetzbuchs (SGB VII). Für die Berechnung der Beitragshöhe sind die §§ 182, 183 SGB VII in Verbindung mit der Satzung der Beklagten anzuwenden. Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht, Bestimmungen des SGB VII oder Satzungsrecht ist nicht zu erkennen.

Streitbefangen ist zum einen die Frage, ob die Beklagte die Bundeszuschüsse im Falle des Klägers zur Beitragsminderung hätte verwenden müssen und zum anderen, ob sie in ihrer Satzung einen Ausgleich für die faktische Beitragserhöhung infolge des Wegfalls solcher Mittel hätte schaffen müssen.

Das Vorgehen der Beklagten stellt keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG dar. Die Beklagte hat sich an die Vorgaben des Subventionsgebers gehalten. Dessen Zweckbestimmung der Bundeszuschüsse ist nicht willkürlich, sondern zielt darauf ab, jeden landwirtschaftlichen Unternehmer grundsätzlich mit einem gleich hohen Mindestbeitrag an der Solidarversicherung zu beteiligen. Eine Senkung unter diesen Mindestbeitrag soll vermieden werden. Dies ist nach Auffassung des Senats eine sachgerechte Vorgabe zur Verwendung von Subventionen, auf die ohnehin kein Anspruch besteht. Wenn der Staat nicht deshalb Leistungen gewährt, um eine dringliche soziale Notlage zu steuern oder eine mindestens moralische Verpflichtung der Gemeinschaft zu erfüllen, sondern aus freien Stücken durch finanzielle Zuwendungen ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördert, das ihm aus wirtschafts-, sozial- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist, kann der Gesetzgeber nicht nur bestimmen, welche Beträge er hierfür im Haushaltsplan insgesamt bereitstellen will; er ist auch weitgehend frei in seiner Entscheidung, wie er die Mittel einsetzen und verteilen will (Leibholz-Rinck-Hesselberger, Grundgesetz-Kommentar, Art. 3 GG Anm. 76). Zwar bleibt er auch dann an den Gleichheitssatz gebunden, aber nur mit der Verpflichtung, nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten oder willkürlich zu verteilen. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote. Solange sich die Regelung auf eine der Lebenserfahrung nicht gerade widersprechende Würdigung stützt, insbesondere den Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgrenzt, kann sie von der Verfassung her nicht beanstandet werden (Leibholz-Rinck-Hesselberger, a.a.O.). Bei Subventionen kann es deshalb, worauf auch die Beklagte hinweist, durchaus mit dem Gleichheitssatz vereinbar sein, begrenzte öffentliche Mittel nicht nach dem "Gießkannenprinzip" zu verteilen, sondern gezielt - unter Bevorzugung einzelner und Benachteiligung anderer Personengruppen - einzusetzen (BVerfGE 75,72). Unter Beachtung dieser verfassungsrechtlichen Anforderungen sieht der Senat keinen Ansatz, die Beitragsfestsetzung der Beklagten ab 2001 zu beanstanden.

Ebensowenig vermag der Senat einen Verstoß gegen Bestimmungen des SGB VII, die die Beitragsgestaltung betreffen, zu erkennen. Die Beklagte hat sich an die hierfür maßgebenden §§ 182, 183 SGB VII gehalten. Die von ihr vorgelegten Zahlen zum Deckungsverhältnis zwischen Beitragsaufkommen und Leistungsumfang der landwirtschaftlichen Unternehmen, die der Betriebsgröße des klägerischen Unternehmens entsprechen, verdeutlichen, dass keine Umverteilung zu Gunsten eines von der Subvention begünstigten Personenkreises stattfindet. Dass mit dem Wegfall der Bundeszuschüsse seine Existenz gefährdet wäre, trägt der Kläger selbst nicht einmal vor. Einer Existenzgefährdung wirkte der Subventionsgeber ohnehin dadurch entgegen, dass er Personen, deren Lebensgrundlage von ihrem landwirtschaftlichen Betrieb abhängt, vom Wegfall der Subvention ausnahm, wie landwirtschaftliche Unternehmen mit einer Mindest-(Existenz-)Größe (§ 1 Abs. 5 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 2 Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte ). Zu diesen privilegierten Personen gehört der Kläger nicht. Eine Verpflichtung des Subventionsgebers oder der Beklagten, es bei der früheren Bezuschussung zu belassen, kann der Senat nicht erkennen, zumal Einsparungen aus haushaltsrechtlichen Gesichtpunkten umzusetzen waren. Von einer willkürlichen Handhabung bzw. einem Verstoß gegen Art. 3 GG oder einem Verstoß gegen Bestimmungen des SGB VII kann keine Rede sein.

Bereits nach dem Vorbringen des Klägers kommt auch kein Verstoß gegen geltendes Satzungsrecht in Betracht. Vielmehr will der Kläger Einfluss auf die Satzungsgestaltung nehmen, was jedoch nur über die an der Satzungsgebung befassten Organe, nämlich über die hierfür gem. § 33 des Vierten Sozialgesetzbuchs (SGB IV) allein zuständige Vertreterversammlung, gelingen und nicht Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung sein kann. Die von Unfallversicherungsträgern erlassenen Satzungsbestimmungen stellen autonomes Recht dar und sind von den Gerichten nur eingeschränkt überprüfbar. Geprüft werden kann insoweit nur, ob sie mit dem Gesetz, auf dem die Ermächtigung des Satzungsgebers beruht, und mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (BSG, Urteil vom 20.02.2001 - B 2 U 2/00 R). Festzustellen, ob die Satzung die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte.

Der Senat kommt damit zum Ergebnis, dass die Berechnung der Beiträge durch die Beklagte ab dem Umlagejahr 2001 der Sach- und Rechtslage entspricht. Mit seiner Berufung bzw. seiner Klage über die gem. §§ 156, 96 SGG Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheide konnte der Kläger keinen Erfolg haben. Die Berufung war zurückzuweisen und die Klage war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da das Verfahren vor Inkrafttreten des § 197 a SGG begonnen hat.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung im Streit stehen und der Senat nicht von der höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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