L 8 AL 206/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 379/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 206/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 12. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses (EGZ) dem Grunde nach streitig.

Der Kläger ist Inhaber der Firma "B. Verleih K.D."; das Gewerbe wurde zum 30.09.1999 angemeldet. Der Kläger beantragte am 13.03.2001 die Bewilligung eines EGZ für die Einstellung seines am 14.07.1945 geborenen Vaters B.K ... Er legte einen mit diesem am 19.03.2001 geschlossenen Arbeitsvertrag über eine Einstellung ab 01.04.2001 als Maschinist vor, ebenso eine Bescheinigung des Amtes für Versorgung und Familienförderung Landshut - Versorgungsamt - vom 20.09.1996, wonach bei seinem Vater ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 v.H. festgestellt ist.

Der Vater des Klägers durchlief von 1959 bis 1962 eine Ausbildung als Landmaschinenmechaniker und war zuletzt vom 01.02.1990 bis 03.05.1996 als Autokranführer, vom 04.05.1996 bis 30.05.1997 als Lkw-Fahrer und vom 01.06.1997 bis 15.07.1999 wiederum als Autokranführer beschäftigt, anschließend war er arbeitsunfähig krank. Am 11.09.1999 meldete er sich arbeitslos und war anschließend vom 04.10. bis 28.12.1999 und nach einer weiteren Zeit der Arbeitslosigkeit und Krankheit vom 28.02. bis 15.12.2000 bei der Firma M. in R. als Betriebsschlosser beschäftigt, wobei dem Arbeitgeber ein EGZ bewilligt worden war. Er meldete sich am 22.12.2000 arbeitslos und gab an, im Frühjahr wieder eingestellt zu werden. Am 16.01.2001 erkundigte er sich wegen Umschulungsmöglichkeiten und gab an, aus gesundheitlichen Gründen die Tätigkeit beim bisherigen Arbeitgeber auf Dauer nicht mehr verrichten zu können. Vom 22.01. bis 02.02.2001 besuchte er auf eigene Kosten einen Güterfachlehrgang und erkundigte sich am 13.03.2001 nach der Möglichkeit, der Bewilligung eines EGZ im Falle der Einstellung durch seinen Sohn.

Mit Bescheid vom 28.06.2001 lehnte die Beklagte die Bewilligung eines EGZ mit der Begründung ab, ein Arbeitsverhältnis bei Verwandten könne nur gefördert werden, wenn die Initiative zur Einstellung vom Arbeitsamt ausgegangen sei, was hier nicht der Fall sei. In seinem Widerspruch verwies der Kläger auf die Bewilligung des EGZ für die Einstellung bei der Firma M. , die zeige, dass für seinen Vater grundsätzlich ein EGZ bewilligt werden könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessung sei es sachgerecht, die Leistungen so zu begrenzen, dass eine größere Anzahl von Antragstellern gefördert werden könne. Grundsätzlich fördere die Beklagte nicht die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses bei Ehegatten, Eltern und sonstigen Verwandten. Eine solche Förderung wäre ausnahmsweise möglich, wenn die Initiative zur Einstellung vom Arbeitsamt ausgehe und anderweitige Vermittlungsbemühungen wiederholt erfolglos gewesen seien sowie für den zu besetzenden Arbeitsplatz ein Vermittlungsauftrag des Arbeitgebers ohne Beschränkung auf bestimmte Personen erteilt worden sei; diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.

Mit seiner zum Sozialgericht Landshut (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, es dürfe keine Rolle spielen, ob sein Vater in seiner Firma oder in einer Drittfirma beschäftigt werde. In beiden Fällen werde die Beklagte von Alg-Zahlungen an einen 56-jährigen Arbeitslosen, der zu 40 % behindert und kaum vermittelbar sei, entlastet.

Mit Urteil vom 12.02.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Vater des Klägers gehöre zwar auf Grund seines Alters und des festgestellten GdB von 40 v.H. grundsätzlich zum förderungsfähigen Personenkreis im Sinne des § 218 SGB III. Die Gewährung des EGZ stehe jedoch im Ermessen der Beklagten. Nach deren Dienstanweisungen sei die Förderung eines Arbeitsverhältnisses bei Verwandten ausnahmsweise möglich, wenn die Initiative zur Einstellung vom Arbeitsamt ausgehe und andere Vermittlungsbemühungen wiederholt erfolglos geblieben seien sowie für den zu besetzenden Arbeitsplatz der Vermittlungsauftrag ohne Beschränkung auf bestimmte Personen erteilt worden sei; diese Voraussetzungen seien hier offenbar nicht gegeben.

Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus, die starre Anwendung der Dienstanweisung verstoße gegen Art.6 des Grundgesetzes (GG). Es wäre blanker Formalismus, vom Kläger zu fordern, erst einen Vermittlungsauftrag zu erteilen, um dann die Entscheidung der Beklagten abzuwarten. Nachdem er einen Arbeitnehmer habe einstellen müssen, habe es auf der Hand gelegen, den Vater zu Bedingungen einzustellen, wie sie für jeden dritten Interessenten gegolten hätten. Wenn die Beklagte einen EGZ ablehne, obwohl für die Einstellung beim Ziegelwerk R. ein Jahr zuvor ein solcher gewährt worden sei, liege die unterschiedliche Handlung allein in dem Verwandtschaftsverhältnis und verstöße gegen Art.6 GG.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 12.02.2004 und den Bescheid vom 28.06.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Bewilligung eines Eingliederungszuschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger könne nicht verlangen, dass sein Fall in gleicher Weise behandelt werde wie jener, in welchem diverse andere Gründe zu einer ermessensfehlerfreien Förderung der Einstellung geführt hätten. Der Vater des Klägers sei hier nicht von der Beklagten vermittelt worden, ihr sei eine offene Stelle auch erst gar nicht gemeldet worden. Die angesprochene Weisungslage diene in erster Linie dazu, für eine einheitliche Rechtsanwendung bei der Ausübung des Ermessens zu sorgen. Verfassungsrechtliche Bedenken könnten allenfalls gegen die Gesetzesnorm selbst, nicht jedoch gegen die Handlungsanweisungen im Rahmen des Ermessensspielraums vorgebracht werden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und frisgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da die angefochtene Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden ist.

Es kann dahinstehen, ob der Vater des Klägers zum förderungsfähigen Personenkreis im Sinne des § 218 SGB III in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung zählt; in Betracht kommt § 218 Abs.1 Nr.2, wonach EGZ erbracht werden können, wenn Arbeitnehmer, insbesondere Langzeitarbeitslose, Schwerbehinderte oder sonstige Behinderte, wegen in ihrer Person liegender Umstände nur erschwert vermittelt werden können. Denn darüber hinaus ist im Einzelfall der Nachweis erforderlich, dass die Voraussetzungen des § 217 SGB III in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung vorliegen. Danach können Arbeitgeber zur Eingliederung von förderungsbedürftigen Arbeitnehmern Zuschüsse zu den Arbeitsentgelten zum Ausgleich von Minderleistungen erhalten. Förderungsbedürftig sind Arbeitnehmer, die ohne die Leistung nicht oder nicht dauerhaft in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können.

Im vorliegenden Fall ist fraglich, ob beim Vater des Klägers Minderleistungen zu erwarten waren, die eines Ausgleiches in Form des EGZ bedurften. Denn offensichtlich verfügte er aufgrund seiner Ausbildung und der beruflichen Erfahrung in verschiedenen Tätigkeiten über die Qualifikation, die für die ab 01.04.2001 ausgeübte Tätigkeit erforderlich war. Hierzu diente offensichtlich auch der von ihm auf eigene Kosten vom 22.01. bis 02.02.2001 besuchte Güterfachlehrgang. Zudem ist nach § 217 Satz 2 SGB III in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung der Nachweis erforderlich, dass der Vater des Klägers ohne die Leistung nicht oder nicht dauerhaft in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden konnte. Dies setzt den Nachweis voraus, dass ohne die Gewährung des Zuschusses die konkrete Einstellung zum 01.04. 2001 nicht zustande gekommen wäre. Hieran bestehen in der Tat aufgrund der familiären Bindungen Zweifel, da es nahe liegt, dass das verwandtschaftliche Moment überwiegend für die Einstellung des Vaters ursächlich war.

Jedoch kann letztlich dahinstehen, ob aus den dargelegten Gründen bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 217 SGB III in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung zu verneinen sind. Denn die Bewilligung des EGZ steht im Ermessen der Beklagten, das heißt, sie ist selbst bei Erfüllung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen nicht verpflichtet, den Zuschuss zu bewilligen. Eine solche Verpflichtung kann auch nicht aus der Tatsache hergeleitet werden, dass für die Einstellung des Vaters des Klägers bei der Firma Maier & Kunze ein solcher Zuschuss bewilligt wurde. Zum einen wurde diese Entscheidung auf den Boden der damals gegebenen Arbeitsmarktsituation getroffen. Zum anderen hätte gerade die Tatsache, dass für den Vater des Klägers bereits ein solcher Zuschuss gewährt worden war, die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessenentscheidung wohl berechtigt, schon aus diesem Grund eine erneute Förderung zu versagen. Wesentlich ist jedoch, dass die Beklagte berechtigt ist, innerhalb des förderungsbedürftigen Personenkreises eine Auswahl zu treffen, und hierbei bei engen verwandtschaftlichen Beziehungen eine Förderung abzulehnen, da in solchen Fällen die Annahme nahe liegt, dass ein Arbeitsverhältnis auch ohne Förderung zustande kommt. Hierbei liegt kein Verstoß gegen Art.6 GG vor, da gerade die verwandtschaftlichen Beziehungen es nahe legen, dass der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, durch die Gewährung eines Zuschusses eine Eingliederung zu erreichen, die ohne diesen nicht zustande käme, aus den dargelegten Gründen nicht gegeben ist.

Es ist nicht ermessenswidrig, wenn die Beklagte in Fällen dieser Art eine Einstellung nur fördert, wenn diese durch ihre Vermittlung zustande kommt und der Arbeitgeber zuvor einen Vermittlungsauftrag erteilt hatte, weil in einem solchen Fall nicht die verwandtschaftlichen Beziehungen allein, sondern die Vermittlungstätigkeit der Beklagten einerseits und die Eröffnung einer Vermittlungsmöglichkeit durch den Arbeitgeber andererseits wenigstens mitursächlich für die Einstellung sind.

Somit war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 12.02.2004 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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