L 13 R 4144/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 8 RA 199/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 4144/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 19. März 2003 abgeändert und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. August 2000 in der Fassung des Bescheides vom 27. Februar 2001 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2001 verpflichtet, die Beschäftigung des Klägers im Zeitraumm vom 1. Januar 1974 bis 23. August 1982 der Qualifikationsgruppe 2, Wirtschaftsbereich 10, der Anlage 13 und 14 zum SGB VI, zuzuordnen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger 4/5 der außergerichtlichen Kosten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Zuordnung einer vom Kläger in Rumänien ausgeübten Tätigkeit zur Qualifikationsgruppe 2 (statt 3) der Anlage 13 zum Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Der 1941 geborene Kläger übersiedelte am 24. August 1982 aus Rumänien in das damalige Bundesgebiet und ist im Besitz des Bundesvertriebenausweises A. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 4. September 1984 die Zeit vom 15. November 1955 bis 23. August 1982 - bis 30. April 1959 gekürzt auf 5/6 - als Beitragszeit im Sinne des § 15 Fremdrentengesetz (FRG) an.

Auf Antrag des Klägers vom 16. August 1999 stellte die Beklagte die Versicherungszeiten des Klägers neu fest und ordnete u. a. die Beschäftigungszeit vom 12. Juli 1969 bis 31. Dezember 1971 der Qualifikationsgruppe 3 und die Zeit vom 1. Januar 1972 bis 23. August 1982 der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI zu (Bescheid vom 11. August 2000).

Der Kläger hatte hierzu angegeben, er habe von Juli 1955 bis Juli 1958 eine Metzgerlehre absolviert, anschließend bis Juni 1969 als Metzger-Vorarbeiter, bis 1971 als Metzgermeister und ab 1972 als Metzger, Techniker und Haupttechniker (laut früheren Angaben vom 5. Oktober 1982 als Leiter der Wurstwarenherstellung) in einem Schlachthof gearbeitet. Im Registrierschein vom Oktober 1982 ist als Beruf Metzgermeister angegeben.

Nach den von ihm vorgelegten Unterlagen hat der Kläger die achtklassige Mittelschule im August 1963 nach Abendlehrgängen im Schuljahr 62/63 mit der Abiturprüfung abgeschlossen und im Juni 1969 nach zweijährigen Lehrgängen an einer technischen Meisterschule des Lebensmittelministeriums den Titel "Meister für die Herstellung von Wurstwaren und Fleischkonserven" erworben. Laut Arbeitsbuch war der Kläger von 1959 bis Oktober 1962 als Wurstmacher, bis Mai 1967 als Wurstmacher II, bis 1. Januar 1972 (neue Einstufung nach Reorganisation) als Wurstmacher, nach Versetzung wegen Reorganisation als Werkstattleiter mit späterer Entgelterhöhung als Werkstattleiter und technischer Güteprüfer, ab 1. Dezember 1973 als Haupttechniker und technischer Güteprüfer, ab 1. November 1974 als Abteilungsleiter Fleischverarbeitung, ab 1. Juli 1977 als Bereichsleiter, ab 1. Juli 1980 als Stationsleiter Bereich und ab 1. September 1980 als Stationsleiter Fleischverarbeitung beschäftigt. Laut Arbeitsausweis, gültig für die Zeit ab 1979, war der Kläger "Stationsleiter Bereich Fleisch". In einer "Adeverinta" seines damaligen Arbeitgebers vom 24. Mai 1984 wird seine Tätigkeit bis 1972 als Metzger, anschließend als Leiter des Fleischwaren-Sektors bezeichnete.

Der Kläger erhob Widerspruch und beantragte, die Zeit ab 1. Januar 1972 der Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen. Er wies auf die Bezeichnung seiner Tätigkeiten im Arbeitsbuch sowie seine Ausbildung an einer technischen Meisterschule hin und legte einen Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 28. Oktober 1982 vor, mit dem seine Ausbildung (Abschluss der technischen Meisterschule nach zweijährigem Vollzeitbesuch und anschließende mindestens zweijährige einschlägige Tätigkeit) als der deutschen Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker der Fachrichtung Fleischereitechnik gleichwertig anerkannt worden ist sowie einen Bescheid der Zeugnisanerkennungsstelle beim Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in Oberbayern-West vom 21. Januar 1983, mit dem sein Abiturzeugnis als Nachweis der Fachhochschulreife für die Zulassung zum Studium an einer bayerischen Fachhochschule anerkannt worden ist.

Zu seinen Tätigkeiten ab 1. Januar 1972 trug der Kläger vor, er sei bis 30. Oktober 1973 als Sef atelier Chef über die gesamte Wurstfabrik gewesen. Ab 1. Dezember 1973 sei er gleichzeitig noch Chef über den gesamten Schlachthof geworden, was aus der Bezeichnung C.T.C. (Control technic de Calitate) hervorgehe. Ab 1. November 1974 habe er zusätzlich die Fleischbeschau durchgeführt und sei im Labor für Analysen zuständig gewesen. Ab 1. Juli 1977 sei er als Sef sector für weitere Tätigkeiten des Schlachthofs (Einkauf von Lebendvieh sowie Schlachtung und Verarbeitung) verantwortlich gewesen. Ihm seien sämtliche Beschäftigte im Schlachthof und in der Wurstfabrik einschließlich Mechaniker, Schlosser, Elektriker für Gefrieranlagen, Wachdienst, Einkäufer, Veterinärtechniker, Laboranten und Tierarzt unterstellt gewesen. Seine Kenntnisse über Maschinen, Automatisierung, elektrische Anlagen, Planung des Maschineneinsatzes und Planung des Einsatzes der Beschäftigten habe er in einer Prüfung nachgewiesen und sich laufend in Seminaren fortbilden und seine Kenntnisse nach zehn Jahren erneut nachweisen müssen. Er habe perfektes Fachwissen, Buchführung sowie Kenntnisse über die Funktion der Maschinen (Elektrotechnik, Thermotechnik) nachweisen, Lebensmittelchemie und Mikrobiologie beherrschen und Fachwissen über Organisierung und Planifizierung haben müssen. Ab 1972 habe er Kläger die gesamte Firma allein geführt. Die im Arbeitsbuch aufgelisteten Berufe hätten zwar unterschiedliche Bezeichnungen, die leitende Tätigkeit in der Wurstfabrik und im Schlachthof sei jedoch immer gleich gewesen und er habe lediglich dem Ministerium unterstanden.

Die Beklagte half dem Widerspruch teilweise ab und ordnete die Beschäftigungszeit ab 1. Januar 1972 der Qualifikationsgruppe 3 der Anlage 13 zum SGB VI zu (Bescheid vom 27. Februar 2001). Diese Zuordnung legte sie auch einer Rentenauskunft vom selben Tage zu Grunde, die mit Datum vom 4. April 2001 erneut versandt wurde.

Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2001). Die Zuordnung von Tabellenentgelten erfolge nach § 256b Abs. 1 S. 1 SGB VI nicht mehr nach den Grundsätzen für die Leistungsgruppen-Einstufung, sondern nach Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereichen. Die Qualifikationsgruppe 2 umfasse Fachschulabsolventen, die Qualifikationsgruppe 3 Meister. In Ausnahmefällen könne die eigentliche Qualifikation durch gleichwertige, aufgrund langjähriger Berufserfahrung erworbene Fähigkeiten ersetzt werden. Die Ausbildung zum Meister an einer technischen Meisterschule entspreche einer beruflichen Qualifikation im Sinne der Qualifikationsgruppe 3. Zwar seien auch technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" führten, der Qualifikationsgruppe 2 zuzuordnen. Eine der Technikerausbildung vergleichbare Ausbildung liege beim Kläger aber nicht vor. Für ihn gelte der letzte Satz aus der Definition der Qualifikationsgruppe 2, wonach Teilnehmer an einem Fachschulstudium, das nicht zum Fachschulabschluss führe und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte, nicht zu dieser Qualifikationsgruppe gehörten. Außerdem sei zu beachten, dass in Rumänien eine Qualifikation als Meister zur mittleren beruflichen Bildung gehört habe, ebenso wie die als Techniker. Die Ausübung einer Tätigkeit als Techniker durch Personen, die ausschließlich über die Qualifikation als Meister verfügten, führe daher auch nach Erwerb einer langjährigen Berufserfahrung in einer Tätigkeit als Techniker nicht zur Zuordnung der Qualifikationsgruppe 2.

Dagegen hat der Kläger am 17. Juli 2001 (Eingang bei Gericht) beim Sozialgericht Landshut (SG) Klage erhoben und zur Begründung insbesondere auf den erfolgreichen Abschluss der technischen Meisterschule, die im Arbeitsbuch für die Zeit ab 1. Januar 1972 genannten Tätigkeiten und die Beschreibung seiner Tätigkeiten im Schreiben vom 22. Dezember 2000 verwiesen. Er habe von Anfang an technische und Verwaltungsfunktionen ausgeübt und eine dem Techniker gleichgesetzte Berufsbezeichnung erhalten. Er sei als Bereichs-Werkstattleiter, Abteilungsleiter, Abschnittsleiter und Haupttechniker den meisten Beschäftigten vorgesetzt gewesen. Außerdem sei seine Ausbildung als der deutschen Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker in der Fachrichtung Fleischereitechnik gleichwertig anerkannt worden. Da weder in der DDR, an deren Verhältnisse die Qualifikationsgruppen anknüpften, noch in Rumänien zwischen dem Niveau der technischen und nicht technischen Fachschulrichtungen unterschieden worden sei, bestehe kein Anlass, bei der Einstufung in die Qualifikationsgruppen eine solche Differenzierung vorzunehmen. Auch in der DDR sei die Fachschulausbildung jedenfalls in den technischen Fachrichtungen eine Form der Weiterbildung gewesen, die auf einer beruflichen Grundausbildung und entsprechender Berufserfahrung aufbauen konnte. Dies entspreche der vom Kläger absolvierten Ausbildung an der technischen Meisterschule.

Die Beklagte hat dagegen eingewandt, die Gleichwertigkeitsanerkennung sei nicht von Bedeutung, da hierfür auch Praxiserfahrung eine Rolle gespielt habe. In Rumänien hätten grundsätzlich drei Ausbildungsebenen (Hochschulausbildung, mittlere Berufsbildung und Grundausbildung) bestanden. Zur mittleren Berufsbildung habe in erster Linie die Technikerausbildung gehört, wobei der Begriff Techniker nicht als Berufsbezeichnung zu verstehen sei. Er habe vielmehr ein bestimmtes Ausbildungsniveau gekennzeichnet und sei daher auch in nicht technischen Bereichen verwandt worden. Die Ausbildung sei zunächst überwiegend an technischen Mittelschulen, später an Fachlyzeen erfolgt. Ab Mitte der siebziger Jahre sei die Technikerausbildung an Fachlyzeen eingestellt worden. Dieser Abschluss habe nur noch im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen erreicht werden können.

Auch die Meisterausbildung habe zur mittleren Berufsbildung gehört. Diese Qualifikationsstufe habe, aufbauend auf eine berufliche Grundausbildung, nur durch Weiterbildungsmaßnahmen erreicht werden können. Hierfür hätten eigene Meisterschulen bestanden. Die Ausbildung habe aber auch in Form von Qualifizierungskursen absolviert werden können. Eine Rangordnung zwischen der Qualifikation als Meister und als Techniker habe nicht bestanden. Sie stünden vielmehr in etwa auf einer Stufe.

Grundsätzlich könne die zum Technikerniveau führende mittlere Berufsbildung in Rumänien als für die Qualifikationsgruppe 2 ausreichend angesehen werden. Da sich die Absolventen nach Abschluss des Fachlyzeums (ebenso wie Absolventen des Berufslyzeums) häufig zunächst als Facharbeiter bewähren mussten, bevor sie eine ihrer Qualifikation entsprechende Position als Techniker ausüben durften, sei für die Einstufung in die Qualifikationsgruppen darauf zu achten, ab wann tatsächlich eine dem Technikerniveau entsprechende Beschäftigung ausgeübt worden sei. Demgegenüber seien Meister auch dann in die Qualifikationsgruppe 3 einzuordnen, wenn sie eine Technikerfunktion ausgeübt haben. Entsprechend seien auch Techniker dieser Gruppe zuzuordnen, wenn eine Meisterfunktion ausgeübt wurde. Da der Kläger zweifelsfrei eine Qualifikation als Meister erlangt habe, komme für ihn nur die Qualifikationsgruppe 3 in Betracht. Dass er im Anschluss an die erworbene Qualifikation eine Tätigkeit im Sinne der Qualifikationsgruppe 2 ausgeübt habe, sei hierbei unbeachtlich. Der Kläger sei auch nicht aufgrund langjähriger Berufserfahrung einer höheren Qualifikationsgruppe zuzuordnen, da hierfür eine mindestens zehnjährige Tätigkeit erforderlich sei.

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. März 2003). Die Tätigkeit des Klägers sei aufgrund der nachgewiesenen Ausbildung zum Meister zutreffend der Qualifikationsgruppe 3 zugeordnet worden. Hierzu gehörten Personen, die einen urkundlichen Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister besitzen, beziehungsweise denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister zuerkannt worden sei. Der Erwerb der Qualifikation als "Techniker" sei auch durch die im Arbeitsbuch verwendeten Tätigkeitsbezeichnungen nicht glaubhaft gemacht. Insoweit handle es sich nur um Funktionsbezeichnungen, die nicht den Erwerb einer Berufsqualifikationen ersetzen könnten. Im übrigen entspreche die vom Kläger geschilderte Tätigkeit als Leiter der Wurstfabrik und des Schlachthofs genau den Tätigkeiten, die in Rumänien üblicherweise von Personen mit der Berufsqualifikation Meister oder Meister des Handwerks ausgeübt worden seien, nämlich Tätigkeiten als verantwortlicher Leiter von Produktionsbereichen oder Arbeitskollektiven.

Gegen das am 18. Juni 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Juli 2003 (Eingang beim SG) Berufung einlegen lassen. Er hat erneut auf den erfolgreichen Abschluss der technischen Meisterschule, die im Arbeitsbuch eingetragenen Tätigkeitsbezeichnungen, die anerkannte Gleichwertigkeit seiner Ausbildung mit der deutschen Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker in der Fachrichtung Fleischereitechnik und die Schilderung seiner Tätigkeiten im Schreiben vom 22. Dezember 2000 hingewiesen. Dass er den Titel "Techniker" zu Recht geführt habe, ergebe sich auch aus den höheren Gehältern ab 1. Januar 1972. Dementsprechend sei seine Tätigkeit ab 1. Januar 1972 nach Ziff. 4 der Definition der Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI dieser Qualifikationsgruppe zuzuordnen.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 19. März 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. August 2000 in der Fassung des Bescheides vom 27. Februar 2001 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2001 zu verurteilen, seine Tätigkeit im Zeitraum vom 1. Januar 1972 bis 23. August 1982 der Qualifikationsgruppe 2, Wirtschaftsbereich 10, nach Anlagen 13 und 14 zum SGB VI zuzuordnen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und ihr Vorbringen vor dem SG.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 144, 145, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG-) und teilweise begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Zuordnung seiner in Rumänien in der Zeit vom 1. Januar 1974 bis 23. August 1982 ausgeübten Tätigkeit zur Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 11. August 2000 in der Fassung des Bescheides vom 27. Februar 2001 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2001, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, die in Rumänien in der Zeit vom 1. Januar 1972 bis 23. August 1982 ausgeübte Tätigkeit der Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI zuzuordnen. Der Bescheid vom 4. April 2001 (Rentenauskunft) ist, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Für die gemäß § 15 Fremdrentengesetz (FRG) bei der Beklagten als Beitragszeiten bei einem nichtdeutschen Rentenversicherungsträger anerkannten Zeiten der Beschäftigung in Rumänien ab 1. Januar 1972 werden gemäß § 22 Abs. 1 FRG i.V.m. § 256b Abs. 1 HS. 1 SGB VI Entgeltpunkte ermittelt, indem als Beitragsbemessungsgrundlage für ein Kalenderjahr einer Vollzeitbeschäftigung die Durchschnittsverdienste berücksichtigt werden, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 zum SGB VI genannten Qualifikationsgruppen und nach Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 zum SGB VI genannten Bereiche für dieses Kalenderjahr ergeben (Abs. 1 S. 1).

Dass die Tätigkeit des Klägers dem Wirtschaftsbereich 10 (Lebensmittelindustrie) der Anlage 14 zuzuordnen ist, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Streitig ist lediglich, ob die ausgeübte Beschäftigung der Qualifikation Gruppe 2 oder 3 der Anlage 13 zuzuordnen ist.

Nach dem der Definition der Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI vorangestellten Satz 1 sind Versicherte in eine der Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Nach Satz 2 erfolgt die Einstufung in eine höhere Qualifikationsgruppe auch dann, wenn Versicherte auf Grund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben haben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen. Beide vorangestellten Sätze sind, ebenso wie die Merkmale der fünf Qualifikationsgruppen, letztlich Tatbestandsmerkmale des § 22 Abs. 1 FRG, wobei das Erfordernis der gleichzeitigen Ausübung einer der jeweiligen Qualifikationsgruppe "entsprechenden Tätigkeit" nicht in einem Vorrang-/Nachrangverhältnis zur erworbenen Qualifikation steht, sondern ein gleichberechtigtes Tatbestandsmerkmal ist (vgl. BSG SozR 4-5050 § 22 Nr. 3).

Die Qualifikationsgruppe 2 umfasst Fachschulabsolventen. Dies sind nach S. 1

- Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist (Nr. 1), - denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss beziehungsweise eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist (Nr. 2), - die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen (Nr. 3) sowie - technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem "Techniker" gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z.B. Topograph, Grubensteiger) führten (Nr. 4).

Zu den Fachschulabsolventen zählen nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, dass nicht zum Fachschulabschluss führte, und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte (S. 2).

Die Qualifikationsgruppe 3 umfasst Meister. Dies sind nach S. 1 Personen, die einen urkundlichen Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister bzw. als Meister des Handwerks besitzen beziehungsweise denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister zuerkannt wurde.

Hierzu zählen nach S. 2 nicht in Meisterfunktion eingesetzte oder den Begriff "Meister" als Tätigkeitsbezeichnung führende Personen, die einen Meisterabschluss nicht haben (z.B. Platzmeister, Wagenmeister).

Der Kläger ist nach S. 1 Nr. 4 der Definition der Qualifikationsgruppe 2 dieser Qualifikationsgruppe zuzuordnen. Er hat mit dem Abschluss der technischen Meisterschule die Qualifikation als Meister für die Herstellung von Wurstwaren und Fleischkonserven erworben, die von der Regierung von Niederbayern nach Ablauf einer anschließenden zweijährigen beruflichen Tätigkeit als der Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker in der Fachrichtung Fleischereitechnik gleichwertig anerkannt worden ist. Da der Kläger nach eigenen Angaben - insoweit übereinstimmend mit den Angaben im Arbeitsbuch, nach denen er von 1959 bis 1971 durchgehend als Wurstmacher tätig war - erst ab 1. Januar 1972 eine der Ausbildung entsprechende Tätigkeit aufgenommen hat, verfügt der Kläger seit 1. Januar 1974 über eine der deutschen Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker vergleichbare Berufsausbildung.

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Regierung von Niederbayern mit Tatbestandswirkung für die Beklagte und den Senat (vgl. BSG SozR 3-2600 § 1 Nr. 7, SozR 3-2500 § 175 Nr. 1) die Gleichwertigkeit der vom Kläger absolvierten Ausbildung mit einer deutschen Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker anerkannt hat, die Ausbildung zum Techniker und zum Meister in Rumänien zum selben (mittleren) Ausbildungsniveau gehören und der Kläger auch nach Ansicht der Beklagten ab 1. Januar 1972 stets eine der Qualifikationsgruppe 2 entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat, ist eine Zuordnung nur zur Qualifikationsgruppe 3 nicht gerechtfertigt.

Anlage 13 zum SGB VI knüpft an das berufliche Bildungssystem der ehemaligen DDR und die dortigen Gegebenheiten an. Bei Anwendung auf Ausbildungsabschlüsse und Tätigkeiten außerhalb der ehemaligen DDR kommt daher nur eine analoge Anwendung in Betracht (vgl. BSG a.a.O.). Dabei kann nicht außer acht bleiben, dass das System der beruflichen Bildung in Rumänien nach eigener Darstellung der Beklagten bezüglich der hier in Streit stehenden Berufe eines Technikers und eines Meisters nicht zu einem unterschiedlichen beruflichen Qualifikationsniveau führte, wie es den Definitionen der Qualifikationsgruppen 2 und 3 zu Grunde liegt. Wie die Beklagte weiter ausgeführt hat, gehörten beide Ausbildungen zum Bereich der mittleren Bildung und standen im Wesentlichen auf einer gemeinsamen Stufe. In diesem Fall kommt aber der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit für die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 oder 3 besondere Bedeutung zu. Hat der Versicherte - wie hier - tatsächlich eine Tätigkeit ausgeübt, die dem Ausbildungsniveau der Qualifikationsgruppe 2 entspricht, so ist es auch unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes nicht zu rechtfertigen, dass diese Tätigkeit ausgehend vom formal erworbenen Abschluss als Meister oder als Techniker unterschiedlichen Qualifikationsgruppen zugeordnet wird (zum gleichgelagerten Fall einer erst durch ergänzende berufliche Tätigkeit - Praktikantenzeit - erworbenen Qualifikation als Fachschulabsolvent in Polen vgl. BSG a.a.O.).

Ob die vom Klägerbevollmächtigten im Schreiben vom 22. (nicht 18.) Dezember 2000 gemachten Angaben zur Tätigkeit des Klägers der Wahrheit entsprechen, kann dahinstehen. Soweit die beantragte Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 bereits aufgrund der aktenkundigen Beschäftigungsnachweise, insb. des Arbeitsbuches, gerechtfertigt ist, ist eine Überprüfung der gemachten Angaben nicht erforderlich. Allerdings hat der Kläger selbst bis zum Dezember 2000 zu keinen Zeitpunkt vorgetragen, Leiter des Schlachthofes und der Wurstfabrik gewesen zu sein. Die nunmehr behauptete umfassende betriebsleitende Funktion ab 1. Januar 1972 entspricht auch nicht den im Arbeitsbuch angegebenen Berufsbezeichnungen und ist, ausgehend von der für die Zeit von 1959 bis 1971 bescheinigten Beschäftigung als Wurstmacher, unter Berücksichtigung der 1969 erworbenen Meisterqualifikation als einziger berufsqualifizierender Maßnahme nicht nachvollziehbar. Es liegen auch keine Nachweise oder objektiven Anhaltspunkte für die behaupteten umfassenden Leitungsfunktionen, umfangreichen Zusatzqualifikationen und Prüfungen vor.

Soweit der Kläger auch für die Zeit vom 01. Januar 1972 bis 31. Dezember 1973 eine Zuordnung seiner Tätigkeit zur Qualifikationsgruppe 2 (statt 3) beantragt, war die Berufung zurückzuweisen. Für die Zeit vor dem 1. Januar 1974 fehlt - wie dargelegt - eine ausreichende berufliche Qualifikation des Klägers. Hieran würde auch eine über das Qualifikationsniveau der Qualifikationsgruppe 2 hinausgehende Beschäftigung des Klägers nichts ändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Aufgrund des weitgehenden Erfolges der Berufung hat die Beklagte dem Kläger 4/5 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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