L 14 R 4011/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RA 1361/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 4011/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. Juli 2002 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2001 abgewiesen.
II. Außergerichtiche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, zu deren Zahlung das Sozialgericht die Beklagte verurteilt hat.

Die im Jahre 1948 geborene Klägerin hat eine im August 1962 begonnene Ausbildung als Friseuse mit Gesellenprüfung vom 12.07. 1965 abgeschlossen und war dann in diesem Beruf bis Dezember 1968 versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Zeiten der Schwangerschaft, des Mutterschutzes und der Kindererziehung (05.12.1968 bis 20.08.1973) war sie ab 01.12.1976 als Verkäuferin tätig und wurde zum 15.10.1985 von der Firma M.-Aktiengesellschaft, Unternehmensbereich Nutzfahrzeuge, als Datentypistin in der Abteilung "Material/Datenverarbeitung Organisation" angestellt (Arbeitsvertrag vom 09.10.1985) und ab 01.07.1997 als Datentypistin/Sachbearbeiterin im Bereich Kundendienst und Ersatzteile versetzt. Das Arbeitsverhältnis endete zum 30.09.2001 durch Aufhebungsvertrag mit einer Abfindung von 39.279,60 DM. Nach Auskunft des Arbeitgebers vom 24.05.2002 übte die Klägerin ihre Tätigkeit in geschlossenen Räumen zu 90 % im Sitzen (bis zu sechs Stunden täglich an Büromaschinen) aus und wurde nach Tarifgruppe III, 4. Beschäftigungsjahr, des Manteltarifvertrags für die Angestellten der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie entlohnt.

In den letzten Jahren der Beschäftigung sind nur drei längere Zeiten des Krankengeld- bzw. Übergangsgeldbezugs vom 16.03. bis 31.10.2000 (bei Arbeitsunfähigkeit vom 03.02.2000), vom 14.12. 2000 bis 10.02.2001 (bei Arbeitsunfähigkeit vom 02.11.2000) und vom 17.07. bis 14.09.2001 verzeichnet; nach Ruhen des Arbeitslosengelds vom 01.10. bis 23.12.2001 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld bis zum 11.02.2004 und dann Arbeitslosenhilfe.

Am 07.07.2000 stellte sie bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, nachdem sie vom 13.05. bis 08.06.2000 ein Heilverfahren (Anschluss-Heilbehandlung) mit den Diagnosen "zementfreie Hüft-TEP links bei Coxarthrose am 08.05.2000, Hypercolesterinämie und Adipositas" durchlaufen hatte. Bei angegebener völliger Beschwerdefreiheit seitens der operierten Hüfte links - die Klägerin sah auch keine Probleme, bei fehlender Hebe- und Tragearbeit die Erwerbstätigkeit weiter auszuüben - war sie als "vorerst weiterhin arbeitsunfähig" mit der Eignung für vollschichtige leichte Arbeiten im Wechselrhythmus ohne Heben und Tragen schwerer Lasten entlassen worden.

Die Beklagte ließ die Klägerin vom Orthopäden Dr. B. untersuchen. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 27.09. 2000 Restbeschwerden nach TEP Implantation linke Hüfte, Coxarthrose Grad 2 linke Hüfte (gemeint wohl rechte Hüfte) bei guter Beweglichkeit, Spondylose der Lendenwirbelsäule, Übergewicht und Verdacht auf Meniscusläsion rechtes Knie. Er wies daraufhin, dass die objektivierbaren Befunde regelrecht seien und das Gangbild der Klägerin durch Ängstlichkeit und Trainingsmangel geprägt sei, aber ein Grund für das Führen einer Gehstütze (Unterarmkrücke) nicht erkennbar sei. Die Klägerin könne vollschichtig in ihrem bisherigen Beruf erwerbstätig sein.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12.10.2000 eine Rentengewährung ab, weil die Klägerin trotz degenerativer Veränderungen der Hüftgelenke, Zustand nach Operation links mit Funktionseinschränkung und degenerativen Lendenwirbelsäulen-Veränderungen mit Funktionseinschränkungen vollschichtig im bisherigen Berufsbereich und auf dem allgemeinen Arbeitsfeld tätig sein könne. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihr sei das Gehen mit der Krücke erschwert und längeres Sitzen nicht möglich; jetzt gebe es auch Probleme mit dem rechten Knie, das voraussichtlich wegen des Meniscus am 20.12.2000 operiert werde. Die Widerspruchsstelle der Beklagten zog weitere ärztliche Unterlagen bei, u.a. den Operationsbericht des Orthopäden Dr. G. vom 21.12.2000 (Innenmeniscusteilresektion rechtes Knie, sparsames Knorpelshaving am mittleren Femurcondylus) und ließ vom Orthopäden Dr. L. das Gutachten vom 28.07.2001 erstellen. Dieser diagnostizierte bei insgesamt geringen bis - z.B. hinsichtlich der Kniegelenke - fehlenden Beweglichkeitseinschränkungen der Wirbelsäule und der Extremitäten bei einer Muskelminderung um 2 cm am rechten Oberschenkel und bei einwandfreiem Sitz der Totalendoprothese: "Rezidivierendes HWS-Syndrom mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits mit Myogelosen der Schultergürtel und HWS-Muskulatur bei C7-Blockade links-rotationsempfindlich, altersüblicher Spondylose und Uncovertebralarthrose der mittleren und unteren Halswirbelsäule; rezidivierendes LWS-Syndrom mit Myogelosen der Rückenstrecker bei S1-Blockade linksseitig, im oberen altersüblichen Normrahmen liegender Spondylose und Osteochondrose der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule; beginnende Coxarthrose rechtsseitig mit Myogelosen und Muskelverkürzung der Gesäß- und Oberschenkelmuskulatur rechtsseitig, arthroskopisch und klinisch mediale Gonarthrose rechts; Zustand nach zementloser Totalendoprothesenimplantation des linken Hüftgelenkes mit noch bestehender Muskelminderung des gesamten linken Beines; Knick-Senk-Spreizfuß beidseits; Verdacht auf Tarsaltunnelsyndrom rechts; Adipositas und Struma. Dr. L. hielt die Leistungsfähigkeit der Klägerin im zuletzt ausgeübten Beruf nicht für eingeschränkt und sah die Fähigkeit gegeben, leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, ohne Klettern auf Leitern und regelmäßiges Treppensteigen, ohne ständig einseitig oder gebückte Körperhaltung, ohne regelmäßiges Tragen von Lasten über 10 kg sechs Stunden und mehr zu verrichten. Auf dieser Grundlage wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den eingelegten Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.2001 zurück.

Im anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht München zog dieses die Akten des Arbeitsamtes M. und des Amts für Versorgung und Familienförderung L. (GdB 40 laut Bescheid vom 16.03.1993; die Neufeststellungsanträge vom 23.01.1996, 28.07.1998 und 26.06.2000 wurden abgelehnt, und die Klagen S 11 Vs 1276/96 und S 14 SB 121/01 hatten keinen Erfolg) sowie ärztliche Unterlagen bei und holte die Arbeitgeberauskunft vom 24.05.2002 ein. Am Tag der mündlichen Verhandlung erstellte der zum Sachverständigen ernannte Unfallchirurg Dr. M. das Gutachten vom 10.07.2002. Diesem gegenüber gab die Klägerin an, dass nach ihren Knie- und Hüftgelenksoperationen eine echte Stabilisierung nicht eingetreten sei. Sie habe häufig, wenn auch nicht täglich Schmerzen in beiden Beinen, insbesondere in der rechten Hüfte und im rechten Knieglenk. Größere Wegstrecken könne sie nicht zurücklegen; zur Sicherheit benutze sie häufig eine Unterarmstütze, zur Besserung und Kräftigung würde sie vieles unternehmen, Schwimmen, Radfahren und anderes. Schmerzen bestünden u.a. auch seitens der Wirbelsäule.

Dr. M. beschrieb geringe Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule, des rechten Hüftgelenks und des rechten Kniegelenks und diagnostizierte degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, insbesondere im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich mit ausstrahlenden Schmerzen, muskulären Verspannungen und Bewegungseinschränkung aller Wirbelsäulenabschnitte, ferner degenerative und verformende Veränderungen beider Hüftgelenke mit totalendoprothetischem Hüftgelenksersatz links sowie degenerative und verformende Veränderungen beider Kniegelenke mit ausgeprägtem Knorpelschaden am rechten Kniegelenk. Der Sachverständige war der Ansicht, wegen Minderbelastbarkeit und gebotener Schonung des Geh- und Stehapparates habe die Klägerin seit dem 01.01.2001 (gemeint wohl laut Vorgabe in der Beweisordnung: seit 01.02.2001) und auch schon vorher nicht mehr vollschichtig erwerbstätig sein können, sondern nur sechs bis unter acht Stunden. Außerdem sei die Wegefähigkeit eingeschränkt. Zwar könne die Klägerin noch etwa 500 m in 20 Minuten zurücklegen, klage dann aber über erhebliche Kniegelenksschmerzen, so dass die Wegefähigkeit auf weniger als 500 m einfache Wegstrecke vermindert sei. In der mündlichen Verhandlung befragt erklärte Dr. M. , dass die Klägerin "seit der Arbeitsunfähigkeit 1998" nicht mehr vollschichtig hätte arbeiten können. Der Vertreter der Beklagten wies im Zusammenhang damit darauf hin, dass die Klägerin erst sei 15.03.2000 arbeitsunfähig geworden sei.

Das Sozialgericht verurteilte am 10.07.2002 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2001, "bei der Klägerin Erwerbsunfähigkeit auf Dauer mit Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit 1998 anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen hieraus zu erbringen". Nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe nahm das Sozialgericht ab dem 01.07.2000 einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß "§ 43 Abs. 2 SGB VI" an, weil die Klägerin seit 1998 nur mehr halb- bis unter vollschichtig habe arbeiten können. Ein genauer "Versicherungsfall" (gemeint wohl: Leistungsfall) habe sich nicht festlegen lassen, jedoch müsse davon ausgegangen werden, dass die Klägerin spätestens seit ca. September 1999 (zwei Jahre vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses) auf Kosten der Gesundheit gearbeitet habe und damit der "Versicherungsfall" im Jahre 1999 eingetreten sei. Im vorliegenden Rechtsstreit komme als zusätzliche Erschwernis hinzu, dass die Klägerin keine 500 m Wegstrecke mehr zurücklegen könne.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung bringt die Beklagte vor, eine Arbeitsunfähigkeit habe wegen des Hüftgelenksleidens erst seit Februar 2000 und laut Dr. B. wegen Knie- und Hüftschmerzen seit Juni 2001 bestanden. Anhand aller Gutachten sei weder eine quantitative Leistungsminderung noch eine "Wegeunfähigkeit" nachvollziehbar.

Der Senat hat die Versichertenakte der Beklagten, die Klageakten des Sozialgerichts München S 12 RA 1361/01 und S 14 SB 121/01, die Leistungsakte des Arbeitsamtes M. (D.), die Schwerbehindertenakte des Amts für Versorgung und Familienförderung L. (mit zwei Handverfahrensakten) sowie 27 Röntgenfilme beigezogen. Eingeholt worden sind Befundberichte der Dres. R./O. u. Collegen und der Dr. P. , weiterhin der Krankenbericht des Krankenhauses D. (jetzt: A.-Kliniken AG) zum stationären Aufenthalt der Klägerin vom 02. bis 18.05.2000 mit Operationsbericht. Der Senat hat ferner einen Krankheitslistenauszug der Betriebskrankenkasse M. und M. für die Zeit von 1994 bis 2003, die Beschreibung der Tarifgruppen Ia bis VII zu den für die Klägerin geltenden Manteltarifvertrag (Zeitraum 2000 bis 2002) sowie die Lohngruppenbeschreibung nach der Anlage 1a zum Bundesangestelltentarifvertrag beigezogen. Anschließend wurde der Orthopäde Dr. F. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt.

Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 08.04.2004 "Spondylochondrose C5 bis C7, Uncovertebralarthrose, leichte Fehlhaltung der Halswirbelsäule, beginnende Osteopenie; spondylochondrotische Veränderungen der mittleren Brustwirbelsäule, Costotransversalarthrose; ausgeprägte Spondylochondrose L4/L5, Baastrup-Syndrom, beginnende Degeneration L3/L4, Iliosacralgelenksarthrose; totalendoprothetischer Ersatz der linken Hüfte, Coxarthrose rechts und Gonarthrose rechts sowie als Nebendiagnosen Varikose mit mäßigen Ödemen, Spreiz-Senk-Füße, initiale Heberden-Arthrose und ausgeprägte Übergewichtigkeit". Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, die Klägerin könne vollschichtig leichte Arbeiten, nicht pausenlos im Sitzen oder im Stehen (gelegentlicher Wechsel der Körperposition), nicht dauernd mit vorgestrecktem Kopf, ohne Heben und Tragen von Lasten und ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten im Knien, Hocken, auf Leitern und Treppen sowie am Fließband verrichten. Das Gehvermögen sei kaum durch die Endoprothese des linken Hüftgelenks, sondern wegen der rechten Hüfte und des rechten Knies beeinträchtigt, aber noch erhalten; gegebenenfalls könne die Klägerin einen Stock benutzen. Deren Gesundheitszustand sei seit Mai 1998 (bzw. Juli 2000) hinsichtlich des linken Hüftgelenks gebessert und etwas verschlechtert wegen der Veränderungen am rechten Knie und an der Halswirbelsäule. Insgesamt gesehen sei eine wesentliche Änderung nicht eingetreten. Eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit lasse sich nur begründen, sofern die Klägerin mindestens drei Stunden und ohne Unterbrechung sitzen müsste.

Zum Ergebnis der Beweisaufnahme nimmt die Beklagte dahingehend Stellung, dass die Klägerin als Datentypistin und kaufmännische Sachbearbeiterin zu 90 % im Sitzen gearbeitet und auch andere als reine PC-Arbeiten, die die Möglichkeit zum Haltungswechsel böten, verrichtet habe. Dies besage auch schon die Verordnung über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz an Bildschirmgeräten vom 04.12.1996 in der geänderten Fassung vom 29.10.2001; zu berücksichtigen sei auch noch die persönliche Verteilzeit von 12 % bei Bürotätigkeiten, die den Wechsel der Körperposition nach den persönlichen Bedürfnissen zuließen. Die Klägerin könne daher noch als Datentypistin eingesetzt werden. Lediglich hilfsweise werde sie als Angelernte im oberen Bereich auf Bürohilfsarbeiten nach der Vergütungsgruppe IX BAT in Behörden und vergleichbaren Institutionen verweisbar. Zu den Pausen während der Arbeitszeit und den einzelnen Bürotätigkeiten von kaufmännischen Angestellten auf verschieden qualifizierter Ebene verwies die Beklagte u.a. auf das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 24.08.1993 - 1 ANBf 27/92- und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26.05.1999 - L 6 A 104/97 -; sie legte ferner ein berufskundliches Gutachten zur Tätigkeit einer Industriekauffrau vor.

Die Klagepartei vertritt die Meinung, gegenüber den fachlich fundierten Ausführungen des Dr. M. , u.a. zur eingeschränkten Wegefähigkeit der Klägerin, hätten die Schlussfolgerungen des Dr. F. keinen Bestand, so dass von Erwerbsunfähigkeit auszugehen sei. Vorsorglich werde auch darauf hingewiesen, dass wenigstens eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zustehe. Die Klägerin sei mit ihrer Tätigkeit zumindest in den oberen angelernten Bereich einzuordnen. Den bisherigen Beruf könne sie nicht mehr ausüben, weil die Tätigkeiten im Gehen und Stehen nicht so auf den Arbeitstag zu verteilen seien, dass ein Wechsel von der sitzenden Tätigkeit (90 % der Zeit) spätestens alle drei Stunden möglich sei. Auch die Tätigkeit einer Bürohilfskraft nach BAT IX sei wegen der Gesundheitsstörungen nicht zumutbar, weil z.B. hier Akten zu bewegen und Treppen zu steigen seien.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.07.2002 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 12.10.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.10.2001 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die oben genannten beigezogenen Unterlagen vor. Hierauf wird zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Inhalts der ärztlichen Unterlagen, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die fristgerecht eingelegte (§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Der Klägerin steht der vom Sozialgericht zuerkannte Rentenanspruch wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit ab 01.07.2000 nicht zu, ebensowenig ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Das Urteil des Sozialgerichts stimmt nicht mit den gesetzlich normierten Leistungsvoraussetzungen überein, wäre im Übrigen auch wegen Unausführbarkeit aufzuheben gewesen. Eine "Arbeitsunfähigkeit 1998" existiert nicht. Zutreffend wurde bei der Urteilsabsetzung bemerkt, dass in den vorhandenen Akten der Beklagten, des Arbeitsamts M. , des Amts für Versorgung und Familienförderung L. und des Sozialgerichts nichts zu Zeiten der Arbeitsunfähigkeit im Jahre 1998 vermerkt ist; auch der vorhandene Versicherungsverlauf gab keine Hinweise auf einen Krankengeldbezug in diesem Zeitraum, vielmehr waren vom 01.01. bis 31.12. 1998 durchgehend Pflichtbeiträge wegen Beschäftigung eingetragen. Im Gegensatz hierzu ist mehrmals in den ärztlichen Unterlagen und auch sonst in den Akten eine lange Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab 03.02.2000 (Krankengeldbezug vom 16.03. bis 31.10.2000) vermerkt, worauf die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hingewiesen hatte. Vorsorglich nachträgliche Ermittlungen des Senats ergaben laut der beigezogenen Liste der Arbeitsunfähigkeitsfälle der Betriebskrankenkasse M. und M. M. vom 17.10.2003, dass im Jahre 1998 Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen Gastritis (04. bis 24.02.1998), Lumboischialgie (11. bis 15.05.1998) und grippalen Infekts/Bronchitis (06. bis 16.10.1998) vorgelegen haben und die Kürze der Zeiten keine Anhaltspunkte für den Beginn einer andauernden Erwerbsunfähigkeit hergibt.

Nachdem die "Arbeitsunfähigkeit 1998" dem Sozialgericht (und auch Dr. M.) nicht bekannt sein konnte, ist nachträglich in den Urteilsgründen (eine Arbeitsunfähigkeit 1998 sei nicht feststellbar, zumindest seit 1999, wohl September 1999, soll Erwerbsunfähigkeit wegen Arbeit auf Kosten der Gesundheit vorgelegen haben) eine Begründung nachgeschoben worden, die - unabhängig von der fehlenden Stichhaltigkeit - nicht durch die Beratung der erkennenden Kammer gedeckt sein konnte (Verstoß gegen §§ 129, 128 Abs. 1 Satz 2 SGG) und im Übrigen wegen der vagen zeitlichen Bezeichnung auch nicht eine Rentenberechnung zulässt.

Weiterhin erschien dem Senat zunächst ein Widerspruch zwischen Urteilsspruch und Urteilsbegründung zu bestehen. Laut Urteilstenor wurde die Beklagte zu einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit verurteilt, die nach § 44 des Sozialgesetzbuchs in der vom 01.01.1992 bis 31.12.2000 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) möglich ist. Im Gegensatz hierzu ist am Anfang der Urteilsbegründung zu lesen: "Nach § 43 Abs. 2 SGB VI besteht Erwerbsunfähigkeit, wenn die Versicherte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses zu arbeiten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann die Klägerin noch leichte Arbeiten sechs bis acht Stunden täglich ... verrichten". § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. enthält jedoch die Definition der Berufsunfähigkeit nach altem Recht, und § 43 Abs. 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (SGB VI n.F.) regelt die Rente wegen voller Erwerbsminderung bei einem Leistungsvermögen unter drei Stunden, die an Stelle der bisherigen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit getreten ist. In Anbetracht des Rentenantrags vom 07.07.2000 und des (nur in den Entscheidungsgründen genannten) Rentenbeginns vom 01.07.2000 geht der Senat davon aus, dass das Sozialgericht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 SGB VI a.F. meinte, zumal an einer weiteren Stelle in den Entscheidungsgründen allgemein die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bei einem halb- bis unter vollschichtigem Leistungsvermögen erläutert worden sind.

Für die Anwendung des alten und neuen Rechts gilt seit 1992 nicht mehr das Versicherungsfallprinzip ("Der Versicherungfall bestimmt das anzuwendende Recht"); das Wort Versicherungsfall wird auch nicht mehr im SGB VI verwendet. Vielmehr ist grundsätzlich auf die Rentenbezugszeit bzw. den Beginn der Rentenleistung abzustellen (§ 300 Abs. 1 und 2 SGB VI a.F. und n.F.). Damit kommen vorliegend bei Einsetzen eines Rentenanspruchs vor dem 31.12.2000 die Vorschriften des SGB VI a.F. und bei Beginn der Rentenleistungen erst ab 01.01.2001 die Vorschriften des SGB VI n.F. zur Anwendung.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (§ 43 Abs. 2 Sätze 1, 2 und 4 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung).

Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße bzw. monatlich 630,00 DM übersteigt; erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 SGB VI in den vom 01.01.1992 bis 31.12. 2000 geltenden Fassungen).

Teilweise erwerbsgemindert ist der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, und voll erwerbsgemindert der Versicherte, der unter den gleichen Voraussetzungen außer Stande ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung). Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsfähigkeit erhält auch der Versicherte, der vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist (Übergangsvorschrift des § 240 Abs. 1 SGB VI n.F.).

Die genannten Voraussetzungen für eine Berentung der Klägerin sind nicht erfüllt. Der Senat hat seine Überzeugung auf das orthopädische Gutachtten des Dr. F. vom 08.04.2000 gestützt, weiterhin auf die im Wege des Urkundsbeweises ausgewerteten Gutachten des Dr. L. vom 28.07.2001 und des Dr. B. vom 27.09.2000; herangezogen wurde weiterhin das sehr ausführliche Gutachten des Dr. T. vom 22.04.2002 im Rechtsstreit der Klägerin wegen Feststellung der Schwerbehinderung sowie alle ärztlichen Befunde, auch die des Dr. M. im Gutachten vom 10.07.2002. Dessen Schlussfolgerungen waren alledings für den Senat nicht nachvollziehbar. Sie stehen nicht nur im Widerspruch zu den Gutachten der Dres. F. , B. und L. und im Übrigen auch zu dem Gutachten des Dr. T. , der nahezu zeitgleich festgestellt hat, dass die Klägerin nicht erheblich gehbehindert im Sinne des Schwerbehindertengesetzes (Fähigkeit zur Zurücklegung von Wegstrecken von 2.000 m innerhalb von 30 Minuten) ist. Sie sind auch nicht anhand der von Dr. M. selbst festgestellten, ziemlich belanglosen Befunde begründbar. Dieser Sachverständige konnte nicht mehr als eine Schonungsbedürftigkeit zur Begründung eines zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögens und nicht mehr als subjektive Angaben der Klägerin zur Begründung eines Gehvermögens unter 500 m anführen. Hinzu kommt, dass Dr. M. - wohl wegen Zeitnot infolge Erstellung mehrere Sitzungsgutachten - sich nicht voll orientiert über den Sachverhalt zeigte. Erkennbare Flüchtigkeitsfehler (auf Bl. 4 des Gutachtens wurde das linke Knie mit dem rechten verwechselt, auf Bl. 6 des Gutachtens wurde der vorgegebene Beurteilungszeitraum ab 01.02.2001 in 01.01.2001 umbenannt) mögen noch hingehen. Soweit es aber um die wichtige Frage der "Vorverlegung" des Zeitpunkts der Erwerbsunfähigkeit um zwei bis drei Jahre vor dem 01.02.2001 geht, erschien der Sachverständige über Krankheitsverlauf und Auftreten wesentlicher Beschwerden und Gesundheitsstörungen nicht informiert.

Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen der Klägerin stehen Behinderungen auf orthopädischem Gebiet, soweit sie die Hüftgelenke beidseits, das rechte Kniegelenk und die Wirbelsäule betreffen. Bereits bei Stellung des Rentenantrags vom 07.07.2000 waren wesentliche verbleibende Gesundheitsstörungen am linken Hüftgelenk der Klägerin nicht mehr vorhanden. Am 03.05.2000 erfolgte wegen Arthrose die zementfreie Implantation einer Totalendoprothese mit sehr gutem Ergebnis; ab Juli 2000 bis heute ergaben sich weder Lockerungszeichen noch nennenswerte Bewegungseinschränkungen. Bereits bei Abschluss des Heilverfahrens am 08.06.2000 bestand völlige Beschwerdefreiheit, und vom behandelnden Arzt sollte der "Belastungsaufbau" (bis zum 14.06.2000 Vollbelastung) erfolgen. Hinsichtlich des rechten Hüftgelenks wurde ab Juli 2001 eine beginnende Coxarthrose rechts (vgl. Gutachten des Dr. L. vom 28.07.2001) festgestellt, die sich im Laufe der Jahre etwas verschlechterte (etwas entrundeter Hüftkopf rechts, Verschmälerung des Gelenkspalts, aber noch ausreichend hoch, arthrotische Vorwölbung des Pfannenerkers nach einem Letztstand laut Gutachten des Dr. F. vom 08.04.2004). Wesentliche funktionelle Störungen ergaben sich ab Juli 2000 hinsichtlich beider Hüftgelenke nicht. Dr. B. (Gutachten vom 27.09.2000) stellte eine freie Beweglichkeit beider Gelenke bei symmetrischer Oberschenkelmuskulatur (53 cm) fest, Dr. L. (Gutachten vom 28.07.2001) eine geringe Einschränkung der Beweglichkeit rechts gegenüber links (bei Muskelminderung am linken Oberschenkel um 2 cm), wobei aber die funktionellen Messwerte rechts und links völlig identisch waren, so dass der Sachverständige die Beweglichkeitseinschränkung rechts wohl nur wegen der von der Klägerin angegebenen Bewegungsschmerzen angenommen hatte. Dr. M. (Gutachten vom 10.07.2002) teilte ohne Anführung von Messwerten mit, dass das Hüftgelenk links frei beweglich und rechts endgradig bei Beugung und Außen- sowie Innenrotation eingeschränkt gewesen sei, wobei Zeichen einer Schonhaltung nicht beschrieben sind (Fußsohlenbeschwielung annähernd seitengleich, desgleichen die Gebrauchsspuren an den Schuhen). Dr. T. beschrieb in seinem Gutachten vom 22.04.2002 die stärksten Bewegungseinschränkungen bei leicht verminderter Oberschenkelmuskulatur links (Extension/Flexion rechts 100 Grad, links 120 Grad; Abduktion/Adduktion beidseits gleich; Innen-/Außenrotation rechts 0-0-30 Grad, links 30-0-40 Grad), wobei die Behinderung sich aber im Wesentlichen in den Endgraden abspielte und daher nicht sonderlich gewichtig war. Bei Dr. F. (Gutachten vom 08.04.2004) ergaben sich wiederum rechts und links eine uneingeschränkte Beweglichkeit bei Minderung der Oberschenkelmuskulatur links um 2 cm.

Die Messwerte zeigen auf, dass seit Juli 2000 so gut wie keine funktionelle Behinderung hinsichtlich des linken Hüftgelenks und seit Juli 2001 des öfteren eine mäßige, in den Endgraden auch schmerzhafte Einschränkung der Beweglichkeit rechts bestand. Eine einseitige Haltung bzw. Schonhaltung ist hierbei nicht objektivierbar. Zwar haben die tätig gewordenen Sachverständigen in der Zeit ab Juli 2001 eine Minderung der Oberschenkelmuskulatur, gemessen in der Mitte, von 2 cm links gegenüber rechts festgestellt. Es muss aber hier berücksichtigt werden, dass bei Rechtshändigkeit der Klägerin und damit bei "Rechtsseitigkeit" die Muskulatur an den linken Extremitäten häufig etwas schwächer entwickelt ist. Zudem wäre eher zu erwarten gewesen, dass wegen der Beschwerden hinsichtlich des rechten, nicht operierten Hüftgelenks und hinsichtlich des rechten Kniegelenks (letzteres soll nach Angaben der Klägerin gegenüber Dr. B. im Gutachten vom 27.09.2000 das Hauptproblem seit Juli 2000 gewesen sein) eher ein Schonverhalten im Bezug auf das rechte Bein und demzufolge eine Muskelminderung dort zu erwarten gewesen wäre.

Auch hinsichtlich des rechten Kniegelenks der Klägerin bestanden nie gravierende Befunde, und zwar weder vor noch nach der Operation am 21.12.2000, als eine Innenmeniscusteilresektion und die Beseitigung einiger kleiner Knorpelfransen am Belag des mittleren Femurcondylus erfolgten. Die Funktion des Kniegelenks wurde im September 2000 ebenso beschrieben wie im Juli 2001 (vgl. die Gutachten des Dr. B. und des Dr. L.). Das Kniegelenk rechts war frei beweglich wie das linke, der Bandapparat zeigte sich intakt und Hinweise auf einen Erguss bestanden nicht. Im Wesentlichen ergab sich einmal ein Druckschmerz medial rechtsseitig; später hatte die Klägerin Schmerzen beim Überstrecken und starker Beugung des Gelenks angegeben. Bei Dr. T. waren beide Kniegelenke im April 2002 frei beweglich. Dr. M. beschrieb im Juli 2002 bei im Übrigen unauffälligen Befunden eine rechts nur bei Beugung minimal eingeschränkte Beweglichkeit (115 Grad links gegenüber 130 Grad rechts), was Dr. F. im Jahre 2004 bestätigte (120 Grad links gegenüber 130 Grad rechts). Auch bei den Dres. T. , M. und F. erschien der Bandapparat des Kniegelenks fest und zeigten sich kein Erguss oder sonstige auffällige Zeichen; anhand von Röntgenfilmen war seit April 2002 bis zuletzt ein im geringen Umfang verschmälerter medialer Gelenkspalt zu sehen, daneben im Jahre 2004 zusätzlich arthrotische Anlagerungen, was zur Diagnose einer Gonarthrose rechts durch Dr. F. führte.

Auch hinsichtlich der Wirbelsäule bestanden keine gravierenden Befunde. Röntgenologisch ergaben sich in der Zeit ab Juli 2000 altersentsprechende degenerative Veränderungen sowie eine um ca. 50 % verschmälerte vierte Bandscheibe der Lendenwirbelsäule. Die Halswirbelsäule war ausweislich mehrerer Gutachten nicht oder nur unwesentlich in den Bewegungsendgraden eingeschränkt. Die Lendenwirbelsäule zeigte eine erstaunlich gute Funktion; so betrug z.B. der Finger-Boden-Abstand laut den von 2000 bis 2002 erstellten vier Gutachten zwischen 2 und 13 cm, bewegte sich also im altersüblichen Normbereich von 0 bis 20 cm. Auch bei Dr. F. ist - der Finger-Boden-Abstand wurde nicht angeführt - eine ausreichende Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule angegeben (Schober 10:13 und Seitneigung und Rumpfdrehung beidseits jeweils bis 40 Grad, interpretiert von Dr. F. mit einer um 2/5 reduzierten Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule nur beim Vorbeugen). Nachdem Wurzelreizerscheinungen nie festgestellt worden sind, ist die Klägerin hinsichtlich der Wirbelsäule sowohl bei stehenden als auch bei sitzenden Tätigkeiten kaum eingeschränkt, mehr als ein gelegentlicher kurzzeitiger Haltungswechsel nach drei Stunden zur Entlastung des Achsenorgans ist nicht begründbar. Da die Gelenkspalthöhe sowohl im rechten Hüftgelenk als auch im rechten Kniegelenk noch ausreichend weit und das linke Hüftgelenk mit gutem Erfolg operiert worden ist, ist die Klägerin noch in der Lage, einen Wechsel zwischen Sitzen und Stehen durchzuführen. Aus Gründen der Schonung sollte sie nur mehr leichte körperliche Arbeiten (ohne Heben und Tragen von Lasten) in geschlossenen Räumen, ohne häufiges Bücken, Treppensteigen und ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten verrichten. Alle Gesundheitsstörungen sind nicht so gravierend, als dass eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens zu rechtfertigen wäre.

Auch aus den langen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit kann nichts anderes abgeleitet werden. Abgesehen davon, dass Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit Begriffe mit verschiedenen Inhalt darstellen, insbesondere bezieht sich die Arbeitsunfähigkeit nur auf die zuletzt konkret ausgeübte Tätigkeit, sind die langen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin in den Jahren 2000 und 2001 (03.02. bis 31.10.2000, 02.11.2000 bis 10.02.2001 und 17.07. bis 14.09.2001) nicht überzeugend nachvollziehbar. Bei der Arbeitsunfähigkeit vom 03.02. bis 31.10.2000 hat die Betriebskrankenkasse nach Inhalt der Arbeitsunfähigkeits-Meldungen eingetragen: "Komplikation der Gelenkendoprothese links; sonst. priv. Coxarthrose; Hüft TEP, Coxarthrose; Heilverfahren vom 18.05. bis 08.06.; Arthrose des Hüftgelenks; Osteochondrose der Wirbelsäule; akuter Schmerz bei Coxarthrose beidseits". Eine Komplikation der Gelenkendoprothese hat sich aber nie zugetragen (vgl. Bericht zum Heilverfahren vom 18.05. bis 08.06.2000 und die nachfolgenden ärztlichen Unterlagen), und eine Coxarthrose rechts war - damals nur beginnend und mäßiger Art - nicht geeignet, derart lange Zeiten der Arbeitsunfähigkeit zu verursachen; dies hat die Klägerin selbst auch so gesehen, als sie gegenüber Dr. B. angegeben hat, seit Juli 2000 hätten die Beschwerden im rechten Kniegelenk im Vordergrund gestanden; hiervon ist aber wiederum nichts von der Krankenkasse vermerkt worden. Zum Zeitraum 02.11.2000 bis 10.02.2001 (Anmerkung: Operation des Kniegelenks rechts am 21.12.2000) ist von der Krankenkasse festgehalten: "Arthritis, n.n.bez. RE., sonstige Meniscusschäden rechts". Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit vermag anhand der ärztlichen Unterlagen verständlich sein, wenn auch die Zeit bereits wegen ihrer Kürze nicht geeignet war, anhaltende Erwerbsunfähigkeit zu begründen. Nicht aber durchschaubar wiederum ist die Zeit der Arbeitsunfähigkeit vom 05.06. bis 14.09.2001, in der verschiedene Krankschreibungen erfolgten wegen "Coxarthrose, Arthrose rechtes Hüftgelenk; orthostatische Hypertonie; sonstige Meniscusschädigungen: Vorderhorn des Außenmeniscus; mechanische Komplikation durch eine Gelenkendoprothese; Zustand nach Außenmeniscus rechts; TEP links". Hierzu ist wiederum zu vermerken, dass eine mechanische Komplikation der Endoprothese links nicht gegeben war und nach Operation des rechten Kniegelenks am 21.12.2000 durch arthroskopischen Eingriff der Grund für wesentliche Beschwerden behoben war. Die angegebenen Gründe für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vermögen umso weniger zu überzeugen, als in dieser Zeit der Orthopäde Dr. L. die Klägerin untersucht und relativ belanglose Befunde festgestellt hat, wohingegen die Klägerin bei Erwähnung der Krankschreibung (gegenüber Dr. L. gab sie Arbeitsunfähigkeit nur wegen des rechten Knies und des rechten- sitzen. Die nachfolgenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit vom 22. bis 25.01.2002 wegen "akuter Bronchitis und Kopfschmerz" sowie vom 20.03. bis 02.04.2003 wegen "Osteochondrose der Wirbelsäule, nicht näher bezeichnet" sind auch nicht aussagekräftig. Insgesamt spricht einiges dafür, dass die Klägerin vorzeitig in Rente gehen wollte und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.04.2001 durch erhebliche Zeiten der Arbeitsunfähigkeit forciert wurde, obwohl eine der Ursachen durch Operation des linken Hüftgelenks bereits vor Stellung des Rentenantrags behoben war und eine zweite Ursache, das im Dezember 2001 operierte rechte Kniegelenk, in der Zeit von 2001 bis 2004 auch keine bedeutende Rolle spielte. Zu Recht hat Dr. F. festgestellt, dass sich das Leistungsvermögen der Klägerin seit 01.05.1998 - bei geringer Zunahme der degenerativen Veränderungen an der Halswirbelsäule und am rechten Knie und Besserung der Beschwerden am linken Hüftgelenk durch Endoprothese - im Wesentlichen nicht gravierend geändert hat. Eine gewisse Bestätigung findet diese Ansicht auch in dem Verlauf der Schwerbehindertenangelegenheit der Klägerin, wobei anhand von Gutachten festgestellt worden ist, dass seit dem Bescheid vom 16.09.1993 (GdB 40) trotz Hinzutretens von Gesundheitsstörungen eine wesentliche Verschlechterung bis Mai 2002 nicht eingetreten und das Begehren der Klägerin auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und des Merkzeichens "G" nicht begründbar gewesen ist.

Eine wesentliche Einschränkung der Gehfähigkeit im Sinne der Rentenversicherung bemisst sich im Übrigen im Gegensatz zum Merkzeichen "G" nach erheblich strengeren Bedingungen. Die Versicherte muss außerstande sein, viermal am Tag eine Wegstrecke von etwas mehr als 500 m unter Verwendung von Hilfsmitteln (u.a. Gehstock) mit zumutbarem Zeitaufwand (einschließlich kurzer Erholungspausen ca. 18 Minuten) zurückzulegen und zweimal am Tag öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen (vgl. u.a. BSG vom 19.08.1997 - 13 RJ 89/89). Bei der von der Klägerin gegenüber Dr. F. behaupteten Gehleistung von 10 Minuten würde die Klägerin bei normalem Tempo von 4 km/Stunde bereits 660 m zurückgelegt haben. Bei langsamem Gehen (nur 3 km/Stunde) würde sie z.B. für 600 m 12 Minuten benötigen, wobei noch zweimal 4 Minuten für Erholungspausen blieben, ohne dass die zumutbare Gehzeit überschritten wäre. Angesichts der guten Funktionsfähigkeit der Gelenke und der Wirbelsäule liegt die Gehleistung der Klägerin jedoch weitaus höher, was alle Sachverständigen außer Dr. M. bestätigt haben. Ein erhebliches Schmerzsyndrom oder unzumutbare Schmerzen bei langsamer Zurücklegung der Wegstrecke mit Pausen konnte die Klägerin auch nicht glaubhaft dartun. Der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln steht auch nichts entgegen, so dass die Gehfähigkeit im Sinne der Rentenversicherung gewahrt ist.

Mit ihrem eingeschränkten Leistungsvermögen kann die Klägerin ihre Tätigkeit als Sachbearbeiterin/Datentypistin vollschichtig verrichten. Nach ihren Angaben gegenüber der Beklagten hatte sie, beschäftigt im Bereich Kundendienst und Ersatzteile, vorrangig telefonische Auskünfte zu geben und Aufträge entgegenzunehmen, wobei sie die Daten per Bildschirm abrief; auch andersartige Tätigkeiten am Schreibtisch fielen noch an. Unterbrochen war die so umschriebene sitzende Tätigkeit zu 10 % durch Holen von micro fiches und sonstigen Unterlagen aus anderen Räumen, Bearbeiten dieser fiches an einem Sichtgerät mit Kopierer, Kopieren von Bauvorschriften und Aufsuchen mehrerer Räume für Nachfragen. Am Ende des Arbeitstages waren die bearbeiteten Unterlagen in Schriftform zu sammeln und ins ca. 100 m entfernte Ersatzteillager zu den Auslieferungsstellen für die Kunden zu tragen. Die Schilderung der Arbeitsvorgänge erschien dem Senat sehr akzentuiert, zumal die Klägerin sogar vortrug, das Verteilen der Unterlagen bei den Auslieferungsstellen sei für sie sehr mühsam, weil sie mit vielen Kisten und Autoersatzteilen konfrontiert gewesen sei und auch auf Stapelfahrer und Trollis habe achten müssen; offensichtlich wurden hier alle möglichen subjektiv empfundenen Beschwernisse oder Ärgernisse vorgetragen, wobei aber kein Ansatzpunkt erkennbar ist, dass Gesundheitsstörungen die Verteilung von Unterlagen wesentlich erschwert, geschweige denn unzumutbar gemacht haben. Das von der Klägerin geschilderte Bücken zum Herausholen von Unterlagen hingegen mag beschwerlich gewesen sein, aber es ist zu berücksichtigen, dass unzumutbares häufiges Bücken nicht angefallen ist. Ebenso führt das sich Strecken zum Heraussuchen von Unterlagen aus einem Regal nicht zur Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung; die Klägerin sollte nämlich wegen der degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule nur lang andauernde Streckhaltungen vermeiden. Das gelegentliche Benutzen einer Trittleiter erscheint dem Senat ebenfalls möglich; die Klägerin muss hier ja nur kurzzeitig zum Holen von Unterlagen eine Trittleiter benutzen; dies ist nicht vergleichbar mit unzumutbaren Arbeiten, die bei Besteigen oder während des Stehens auf Leitern ausgeführt werden.

Nicht zuletzt erscheint auch die nachträgliche Behauptung der Klägerin, sie könne ihre Tätigkeit wegen der Weisungsgebundenheit nicht so einrichten, dass sie spätestens nach drei Stunden die Haltung wechseln könne, als reine Schutzbehauptung. Der Arbeitgeber hat die Tätigkeit der Beschäftigten so zu organisieren, dass die tägliche Arbeit an Bildschirmgeräten regelmäßig durch andere Tätigkeiten oder durch Pausen unterbrochen wird, um jeweils die Belastung durch Arbeit am Bildschirmgerät zu verringern (§ 6 der Bildschirmarbeitsverordnung). Die Klägerin hat nicht dargetan, dass der Arbeitgeber durch Anweisungen einen Haltungswechsel, noch dazu spätestens nach drei Stunden, verhindert hätte. Sie übte laut Tarifvertrag (Tarifgruppe III im Anhang zum Manteltarifvertrag) eine Tätigkeit schwieriger Art aus, die nach allgemeinen Weisungen in beachtlichem Umfang selbstständig ausgeführt wird, im Gegensatz zu Tätigkeiten einfacher, schematischer, gleichbleibender Art, für die Ablauf und Ausführung festgelegt sind (vgl. hierzu die Definition in Gehaltsgruppe Ia). Die Klägerin hat darüber hinaus selbst vorgetragen, dass immer wieder das Verlassen des Arbeitsplatzes wegen Holens von Unterlagen, Nachfragens und Kopierens erforderlich gewesen sei, und insoweit ist auch eine eigenständige Koordination und Zusammenfassung der sitzenden und stehenden/gehenden Tätigkeiten in Zeitabschnitten möglich. Ob und in welcher Reihenfolge die Klägerin Aufträge oder zumindest einen Teil der Aufträge bearbeitet, die sie erst abends gesammelt abgibt, ist nicht in Einzelheiten festlegbar und kann von der Klägerin selbst eigenständig bestimmt werden. Darüber hinaus hat sie bei der vom Arbeitsamt M. veranlassten ärztlichen Untersuchung auch im Fragebogen vom 23.10.2001 zu den besonderen Belastungen am Arbeitsplatz an erster Stelle das ständige Aufstehen, um etwas herauszusuchen, angegeben, und dies bei einer Belastung durch Sitzen von 90 % und durch Stehen/Gehen von 10 %. Hieraus entnimmt der Senat, dass die Klägerin keineswegs gezwungen war, drei Stunden und mehr durchgehend im Sitzen zu verbringen, sondern dass sie häufige Unterbrechungen hatte, so dass sie sich nahezu belästigt durch das (gesundheitlich zuträgliche) häufige Aufstehen und Gehen sah. Im Übrigen war und ist der Klägerin ein Haltungswechsel (innerhalb von drei Stunden) auch während der persönlichen Verteilzeit möglich, die erfahrungsgemäß bei gehobenen Büroarbeiten zugestanden wird. Das Max-Planck-Institut für Arbeitsphysiologie hat für Büroarbeiten die von den Arbeitgebern den Arbeitnehmern zugestandene persönliche Verteilzeit (zusätzliche Arbeitsunterbrechungen neben Pausen nach der Arbeitszeitordnung, z.B. Wege zum Waschraum, zur Kaffeeküche, bewusst oder unbewusst eingelegte Pausen aufgrund eingetretener Ermüdungserscheinungen) mit 12 % der tariflich festgestellten Arbeitszeit angesetzt, wobei sich bei einer tariflichen Arbeitszeit von acht Stunden täglich eine persönliche Verteilzeit von etwa einer Stunde ergibt (vgl. Rosenkranz, Das rationelle Büro, Dezember 1976, 14 und das von der Beklagten vorgelegte Gutachten der Frau H., Sachverständige für Berufskunde, vom 24.07.1995). Unter Würdigung aller Umstände war und ist der Klägerin seit Juli 2000 die Ausübung der bisherigen Berufstätigkeit möglich und zumutbar, so dass eine Berufsunfähigkeit im Sinne von § 43 SGB IV a.F. und damit erst recht eine Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 44 SGB VI a.F. zu verneinen ist. Damit sind auch die strengeren Voraussetzungen der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 240 SGB VI n.F. nicht erfüllt.

Zur Berufsunfähigkeit verweist der Senat die Klägerin aus gegebenem Anlass daraufhin, dass es bei der Tätigkeit Sachbearbeiterin/Datentypistin nicht allein um die konkret bei der Firma M. verrichtete Tätigkeit geht, sondern allgemein hin um gleiche oder ähnliche, gleichartige Tätigkeiten; auf Besonderheiten am letzten Arbeitsplatz kommt es nicht an. Im Übrigen wäre die Klägerin auch innerhalb des vom Bundessozialgericht herausgearbeiteten Berufsgruppenschemas (Fachangestellte mit einer regelmäßigen Ausbildung von 3 Jahren, Angestellte mit anerkannter Ausbildung von 3 bis 24 Monaten oder mit entsprechendem theoretischem Wissen und praktischen Fähigkeiten aufgrund einer längeren Einarbeitungs- und Anlernzeit und Angelernte mit einer Einarbeitungs- oder Anlernzeit bis zu 3 Monaten) auf ungelernte Bürotätigkeiten in der Vergütungsgruppe IX der Anlage 1a zum Bundesangestelltentarifvertrag verweisbar; denn die Klägerin kann allenfalls als Angelernte im oberen Bereich (Ausbildung von 1-2 Jahren) eingestuft werden und ist damit zumutbar auf ungelernte Tätigkeiten nicht allereinfachster Art verweisbar, wo sie noch wenigstens die Hälfte des bisherigen Einkommens erzielen kann. Ihr kommt der Berufsschutz für Fachangestellte nicht zugute. Sie verfügt über keine einschlägige anerkannte Berufsausbildung und kann sich auch aufgrund ihrer relativ einseitigen und fachlich beschränkten Tätigkeit nicht umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten einer vielseitig ausgebildeten und damit vielseitig einsetzbaren Fachangestellten erworben haben. Die tarifliche Einstufung in die Lohngruppe III der Angestellten hilft hier nicht weiter.

Die Klägerin war als Auftragssachbearbeiterin und Datentypistin tätig, wobei unter letzterem nicht das "geläufige und formgerechte Maschineschreiben nach Diktat oder Tonträger" (Lohngruppe II) zu verstehen war. Sie hatte vielmehr Daten abgerufen oder bearbeitet, sei es zur Auskunft (Vorbereitung von Aufträgen) oder zur Erstellung eines konkreten Auftrags, und diese Aufträge geschrieben und zusammengefasst. Ihre Tätigkeit wird vor allem von dem Punkt "Bearbeiten von Einkaufs- und Verkaufsvorgängen" (Lohngruppe III) erfasst.

Die Tätigkeiten in der Lohngruppe II sind tariflich allgemein umschrieben mit "Tätigkeiten unterschiedlicher Art, die nach Anweisung ausgeübt werden. Sie erfordern Kenntnisse, wie sie in der Regel durch einschlägige zweijährige Berufsausbildung mit Abschluss erworben werden, oder gleichwertige, auf andere Weise erworbene Kenntnisse". Die Tätigkeiten in den Lohngruppen III und IV sind tariflich bestimmt als "Tätigkeiten schwieriger Art, die nach allgemeinen Anweisungen in beachtlichem Umfang selbständig ausgeführt werden. Sie erfordern Kenntnisse, wie sie in der Regel durch eine einschlägige, mehr als zweijährige Berufsausbildung mit Abschluss erworben werden, oder gleichwertige auf andere Weise erworbene Kenntnisse". Bei der Lohngruppe IV ist darüber hinaus noch festgelegt, dass zusätzlich Fachkenntnisse gefordert werden, wie sie in der Regel durch Berufserfahrung und/oder berufliche Weiterbildung erworben werden. Die Lohngruppen III und IV erscheinen damit prima facie als typische Lohngruppen für Fachangestellte. Allerdings wird dieser Eindruck dadurch gestört, dass nach der allgemeinen Umschreibung der beruflichen Qualifikation Einzeltätigkeiten aufgeführt sind, wie sie nicht nur von voll ausgebildeten Angestellten, sondern auch von Angelernten verrichtet werden können, die nicht über eine umfassende vielseitige Ausbildung verfügen, sondern nur speziell im Teilbereich einer voll ausgebildeten Kraft eingearbeitet worden sind. So sind z.B. das "Führen und Auswerten verschiedenartig gegliederter Karteien", das "geläufige und formgerechte Maschineschreiben nach Diktat oder Tonträger", das "Ausführen von Werkstattschreibarbeiten" oder das "Bedienen von Fernsprechanlagen" (so Tätigkeitsbeispiele aus der Lohngruppe II) nicht zwingend Tätigkeiten, für die eine abgeschlossene Ausbildung von zwei Jahren vorausgesetzt oder benötigt wird; ebensowenig befähigt die Ausübung einer der in den Tätigkeitsbeispielen genannten Verrichtungen zu allen Arbeiten, für die eine Ausbildung von zwei Jahren benötigt wird.

Dasselbe gilt entsprechend für die in der Lohngruppe III angeführten Tätigkeitsbeispiele. Das "Anfertigen von Preislisten", das "Kontieren von Belegen" und das "Prüfen von Werkstoffen nach vorgegebenen Verfahren" spricht, auch wenn diese Tätigkeiten schwieriger Art sind und auf hochqualifizierter Ebene ausgeführt werden, noch nicht dafür, dass eine umfassende Berufsausbildung vorliegen und eine vielseitige Einsetzbarkeit bestehen muss. Erfasst werden hiervon z.B. eng begrenzte Tätigkeiten aus dem Feld einer Büro-, Außen- und Großhandels- oder Industriekauffrau. Wer aber nur in einem begrenzten Teilbereich Tätigkeiten einer Fachangestellten verrichtet, ist im Rentenversicherungsrecht nicht als Fachangestellte einzustufen (BSG vom 11.07.1985 - 5b RJ 88/84 in SozR 2200 § 1246 Nr. 129). Die von der Klägerin zuletzt ausgeübte Tätigkeit lässt sich zwanglos als eine von vielen Tätigkeiten einer Industriekauffrau verstehen. Dieser Beruf ist aber wesentlich weiter zu fassen als die Kenntnisse und Fähigkeiten der Klägerin reichen. Nach dem berufskundlichen Gutachten der Sachverständigen H. gliedert sich das Aufgabengebiet einer ausgebildeten Industriekauffrau in die Bereiche Einkauf (einschließlich Planung, Kalkulation, Rechnungskontrolle usw.), Lagerverwaltung, Verkauf (Verkaufsplanung, Bearbeitung von Kundenanfragen und -aufträgen, Auftragsbestätigungen, Terminsverfolgung, Versand und Zahlungsabwicklung sowie Reklamationsbearbeitung), Personalwesen, Lohn- und Gehaltsabrechnung und Rechnungswesen. Hieran gemessen ist die Klägerin in einem kleinen Abschnitt des Teilbereichs Verkauf tätig gewesen, und die Gleichstellung mit einer Angelernten im oberen Bereich erscheint nahezu überzogen wohlwollend. Als Angelernte im oberen Bereich ist die Klägerin jedenfalls auf Tätigkeiten einer Bürohilfskraft, beispielsweise nach der Vergütungsgruppe IX BAT in Behörden und vergleichbaren Institutionen verweisbar, wie die Beklagte richtigerweise und detailliert ausgeführt hat.

Bürohilfskräfte sind je nach vorhandenen Kenntnissen und Fähigkeiten mit verschiedenen, meist nicht qualifizierten Aufgaben betraut. Diese sind einfache, wiederkehrende, schematische und nach Anweisung auszuübende Tätigkeiten. So erledigen sie beispielsweise Schreib- und Verwaltungsarbeiten, geben Daten ein und kopieren Unterlagen, führen Kontrolllisten und Karteikarten, nehmen einfache Arbeiten in der Rechnungsprüfung und Auftragsbearbeitung vor, erstellen Tabellen und Listen, ordnen Akten und leiten sie weiter, ordnen Schriftgut und legen es ab und führen Hilfs- und Zuarbeiten für Fachkräfte aus. Aus dem beschriebenen Aufgabenumfang ergibt sich, dass die Tätigkeit von Bürohilfskräften in wesentlich größerem Maße die Möglichkeit zum Haltungswechsel beinhaltet, da die PC-gebundenen Arbeiten hier einen viel kleineren Raum einnehmen. Der orthopädisch geforderte Haltungswechsel bei Bürohilfstätigkeiten ist noch eher realisierbar. Auch wenn nahezu ausschließlich oder überwiegend im Sitzen gearbeitet wird, besteht im Gegensatz zu ausschließlich maschinengebundenen Berufen für eine Angestellte die Möglichkeit, vom Bürostuhl aufzustehen und die Haltung innerhalb des Raumes frei zu verändern. Häufig ist eingehende Post in Ordnern bzw. Hefter einzufügen, die Ordner sind in Schränken, Regalen oder Registratureinrichtungen aufzubewahren. Es ergeben sich zwangsläufig Wege vom Schreibtisch zu den genannten Einrichtungsgegenständen. Gleichzeitig können Telefonate im Stehen geführt werden, ebenso Rücksprachen mit Kollegen und Vorgesetzten, die Poststelle ist aufzusuchen und ähnliches. Mit der Möglichkeit, sich im Arbeitsraum und auch außerhalb bewegen zu können, ist ein Wechsel zwischen den drei typischen Haltungsarten stets gewährleistet (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.04.1995 - L 6 A 60/94). Dagegen sind längere Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, schweres Tragen und Heben sowie Schichtarbeit dieser Tätigkeit wesensfremd. Außerdem ist es eine Erfahrungstatsache, dass bei Büroarbeiten in der Regel die Möglichkeit besteht, die Arbeiten nach eigenem Ermessen zu unterbrechen und kurze Arbeitspausen einzulegen. Die dem Arbeitnehmer zustehende persönliche Verteilzeit wird mit 12 % der tariflich festgesetzten Arbeitszeit angesetzt. Bei einer tariflich geregelten Vollzeittätigkeit macht das ca. 50 Minuten pro Arbeitstag aus (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 20.12.1984 - L 5 A 33/84 und vom 26.05.1999 - L 6 A 104/97).

Unter Berücksichtigung aller Umstände musste die Berufung der Beklagten Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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