L 4 B 445/04 KR ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 47 KR 835/04 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 445/04 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. August 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die 1949 geborene Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin Krankengeld über den 16.11.2003 hinaus. Die Antragsgegnerin hat diese Leistung mit Bescheid vom 12.11.2003 und Widerspruchsbescheid vom 22.04.2004 abgelehnt. Gleichzeitig mit der hiergegen zum Sozialgericht München erhobenen Klage (Az.: S 47 KR 481/04) hat der Bevollmächtigte der Antragstellerin am 25.05.2004 beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung der Antragsgegnerin aufzugeben, der Klägerin auch nach 16.11.2003 Krankengeld zu gewähren. Die Antragstellerin erhalte seit 16.11.2003 von keiner öffentlichen Stelle geldwerte Leistungen. Die Dringlichkeit sei deshalb offensichtlich.

Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 04.08.2004 abgelehnt. Der zulässige Antrag sei nicht begründet, da weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund bestehen. Die Entscheidung sei in der Hauptsache in formeller wie in materieller Hinsicht als offen anzusehen. Im Rahmen der notwendigen Interessenabwägung sei im Ergebnis ein Vorrang der Belange der Öffentlichkeit an der Einstellung der Krankengeldleistung und somit am wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit den Haushaltsmitteln des Sozialversicherungsträgers vor den überwiegend finanziellen Belangen der Antragstellerin anzunehmen. Es bestehe kein Anspruch auf durchgehenden Bezug öffentlicher Leistungen. Darüber hinaus sei auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht. Es fehlten Ausführungen zu den Vermögensverhältnissen der Antragstellerin, über die eventuelle tatsächliche Gewährung einer Unterstützung durch nahe Angehörige oder über die Möglichkeit, andere Sozialleistungen wie Sozialhilfe zu beziehen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich am 07.09.2004 beim Sozialgericht eingegangene Beschwerde. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin legt einen Rentenbescheid vom 29.10.2004 vor, in dem die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) der Antragstellerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.05.2004 gewährt sowie einen weiteren Bescheid vom 05.11.2004, mit dem von der BfA Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.11.2004 zugesprochen wird. Aktenkundig ist ein Schreiben der Antragstellerin an ihren Bevollmächtigten vom 15.11.2004, worin sie ausführt, ab 15.12.2003 sei ihrerseits auf Ausstellung von AU-Bescheinigungen verzichtet worden. Die AU könne bei Bedarf von Dr.S. bestätigt werden. Weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten werden von Februar 2004 bis Juli 2004 geltend gemacht. In der Zeit vom 31.03.2004 bis 06.04.2004 habe die Antragstellerin Arbeitslosengeld erhalten. Der Anspruch sei dann erschöpft gewesen.

Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts München vom 04.08.2004 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, an sie Krankengeld in gesetzlicher Höhe für die Zeitspanne vom 17.11. 2003 bis 21.03.2004 sowie ab 06.04.2004 zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Sozialgericht habe den Erlass einer einstweiligen Anordnung zutreffend abgelehnt, weil weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund gegeben seien. Die Klägerin sei ab 17.11. 2003 arbeitsfähig nach § 119 Abs.3 Nr.1 SGB III gewesen. Damit bestehe kein Anspruch auf Krankengeld. Da nicht glaubhaft gemacht werde, dass das streitige Krankengeld zur Sicherung des Lebensunterhalts existenziell notwendig sei bzw. eine finanzielle Notlage bestehe, müsse auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes verneint werden.

Beigezogen wurden die Akten der Antragsgegnerin und des Sozialgerichts, auf deren Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172, 173, 174 SGG).

Die Beschwerde ist nicht begründet, der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Nach § 86b Abs.2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Änderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Beide Arten der einstweiligen Anordnung setzen einen Anordnungsanspruch - dies ist der materielle Anspruch, für den Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht - und einen Anordnungsgrund voraus, der insbesondere in der Eilbedürftigkeit einer einstweiligen Regelung besteht. Beide Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen.

Ob die Klägerin gemäß § 44 Abs.1 SGB V ab 17.11.2003 Anspruch auf Krankengeld hatte, ist allenfalls für die Vergangenheit nämlich bis 31.10.2004 offen, weil ab Folgetag die Krankengeld- zahlung wegen § 50 Abs.1 Nr.1 SGB V ausgeschlossen ist. Es wird im Hauptsacheverfahren zu überprüfen sein, ob die Antragstellerin arbeitsunfähig war. Ermittlungen hierzu sind im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht erforderlich. Im Fall der Antragstellerin ist jedoch bereits nicht entscheidungerheblich, ob ein Anordnungsanspruch gegeben ist, auf jeden Fall liegt ein Anordnungsgrund nicht vor. Es ist der Antragstellerin zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacherverfahrens abzuwarten, ihr Lebensunterhalt ist nämlich durch die Rentenzahlungen der BfA gesichert. Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Zahlung von Krankengeld für die Vergangenheit, was eine Vorwegnahme der Hauptsache bedeuten würde, kommt deshalb nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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