L 4 B 178/05 KR ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KR 66/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 178/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 31. März 2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die 1950 geborene Antragstellerin erhielt ab 01.10.2004 aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit ein tägliches Arbeitslosengeld in Höhe von 30,63 Euro. Am 09.11.2004 erkrankte sie arbeitsunfähig und bezog ab 21.12.2004 Krankengeld in gleicher Höhe. Die Antragsgegnerin teilte mit Bescheid vom 19.01.2005 der Antragstellerin mit, sie sei nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen ab 24.01.2005 wieder in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 15 Stunden wöchentlich eine leichte Tätigkeit auszuüben. Ab diesem Zeitpunkt liege Arbeitsunfähigkeit nicht mehr vor, die Zahlung von Krankengeld werde daher mit dem 23.01.2005 eingestellt.

Daraufhin meldete die Antragstellerin sich wieder arbeitslos. Die Bundesagentur für Arbeit lehnte mit Bescheid vom 20.02.2005 den Antrag auf Arbeitslosengeld ab; die Antragstellerin stehe aufgrund ihrer Erkrankung der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, sie sei daher nicht arbeitslos und habe keinen Leistungsanspruch. Sie könne aber bei der zuständigen "Arbeitsgemeinschaft SGB II" Arbeitslosengeld II beantragen.

Die Antragstellerin hat am 28.02.2005 bei dem Sozialgericht Regensburg beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr über den 24.01.2005 hinaus weiter Krankengeld gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Der behandelnden Nervenarzt Dr. N. hat am 03.03.2005 und 15.03.2005 Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres bescheinigt. Die Antragsgegnerin hat mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2005 den gegen ihren Bescheid vom 19.01.2005 eingelegten Widerspruch zurückgewiesen; die behandelnden Ärzte hätten bestätigt, dass die Antragstellerin in der Lage sei, mindestens 15 Stunden wöchentlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Das tägliche Leistungsvermögen werde mit mehr als drei Stunden angegeben, eine fachärztliche Therapie auf orthopädischem Gebiet werde nicht durchgeführt.

Mit Beschluss vom 11.03.2005 hat das Sozialgericht Regensburg den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Landshut (SG) verwiesen. Die LVA Niederbayern-Oberpfalz hat mit Bescheid vom 31.03.2005 der Antragstellerin eine stationäre Leistung zur medizinischen Rehabilitation für voraussichtlich fünf Wochen bewilligt. Bei dem SG ist außerdem eine Klage auf Zahlung von Krankengeld anhängig gemacht worden (S 4 KR 59/05).

Das SG hat mit Beschluss vom 31.03.2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es fehle an einem Anordnungsgrund, da die Antragstellerin entweder Sozialhilfe in Anspruch nehmen oder bei der "Arbeitsgemeinschaft SGB II" einen Antrag auf Arbeitslosengeld II stellen könne.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 08.04.2005, der das SG nicht abgeholfen hat. Nach Auffassung der behandelnden Ärzte sei die Antragstellerin über den 24.01.2005 hinaus nicht arbeitsfähig, so dass ihr weiterhin Krankengeld zustehe. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei dringend, da die Antragstellerin seit dem 24.01.2005 keinerlei Sozialleistungen erhalte, aber monatliche Zahlungen wie Miete und so weiter zu leisten habe.

Der Prozessbevollmächtigte hat am 10.05.2005 das Schreiben der Antragsgegnerin vom 04.05.2005 übersandt. Darin hat die Antragsgegnerin Arbeitsunfähigkeit über den 23.01.2005 hinaus weiterhin anerkannt und den Bescheid vom 19.01.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2005 zurückgenommen; Krankengeld werde in Höhe der gesetzlichen Vorschriften weiter bezahlt. Die Nachzahlung des noch ausstehenden Krankengeldes werde in den nächsten Tagen veranlasst. Gegenüber dem SG werde ein entsprechendes Anerkenntnis auch bezüglich der außergerichtlichen Kosten in der Hauptsache abgegeben.

Auf die Anregung des Senats, die Beschwerde zurückzunehmen, hat der Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 18.05.2005 erklärt, er sei bereit, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzunehmen, wenn die Antragsgegnerin ein gleichartiges Anerkenntnis wie im Hauptsacheverfahren abgebe. Die Antragsgegnerin hat das abgelehnt.

Auf den Inhalt der beigezogenen Kassenakte und der Akte des SG wird im Übrigen Bezug genommen.

II.

Die frist-und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 171, 173, 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Beschwerde ist unbegründet.

Gemäß § 86b Abs. 2 SGG i.d.F. des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17.08.2001 (BGB I S. 2144) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund gegeben sind. Der Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch, für den der vorläufige Rechtsschutz geltend gemacht wird; der Anordnungsgrund besteht in der Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung. In diesem Zusammenhang ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung), dass ihm ohne den geltend gemachten vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.

Im maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung des Senats liegen beide Voraussetzungen nicht vor. Denn die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 04.05.2005 den Bescheid vom 19.01.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 09.03.2005 zurückgenommen. Sie hat darüber hinaus Arbeitsunfähigkeit über den 23.01.2005 anerkannt und die Zahlung von Krankengeld in Höhe der gesetzlichen Vorschriften schriftlich zugesichert. Ferner hat sie in dem vor dem SG anhängigen Verfahren der Hauptsache die Übernahme der außergerichtlichen Kosten in voller Höhe zugesichert. Nach den Angaben der Antragsgegnerin hängt die Auszahlung des Krankengelds davon ab, dass die Antragsgegnerin einen vom behandelnden Arzt bestätigten Auszahlschein erhält. Ferner hat die Antragsgegnerin im Schreiben vom 04.05.2005 auch die Nachzahlung des Krankengelds für die zurückliegende Zeit in den nächsten Tagen auf das Konto der Antragstellerin angekündigt. Damit besteht objektiv gesehen kein Anlass, das Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes fortzusetzen bzw. die Erledigungserklärung davon abhängig zu machen, dass die Antragsgegnerin ein gleichartiges Anerkenntnis (offensichtlich gleichfalls mit der Zusicherung der Übernahme der außergerichtlichen Kosten) abgibt. Die Weigerung des Prozessbevollmächtigten, das Verfahren der einstweiligen Anordnung ohne ein Anerkenntnis der Antragsgegnerin für erledigt zu erklären, grenzt an Mutwilligkeit.

Das SGG sieht in diesem Fall vor, dass der Rechtsstreit für erledigt erklärt wird und die Übernahme der außergerichtlichen Kosten durch den Antragsgegner beantragt wird (§§ 193 Abs. 1 S. 2 in Verbindung mit 102 S. 3 SGG). Auch wenn die Antragstellerin mit ihrem Rechtsschutzbegehren obsiegt hat, entspricht es daher nicht der Billigkeit, ihr die außergerichtlichen Kosten in voller Höhe zuzusprechen. Der Senat hält es für angemessen, dass die Antragsgegnerin nur zur Übernahme von zwei Dritteln der außergerichtlichen Kosten verpflichtet ist (§ 193 Abs. 1 S. 1 SGG).

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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