L 11 B 244/05 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 SO 50/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 244/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 18.04.2005 wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um den Bezug von Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die Antragstellerin (Ast) beantragte am 07.02.2005 beim Sozialgericht München sinngemäß die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Auszahlung der Pflegekosten für den Monat Januar 2005 zu verpflichten.

Sie habe schon mehrfach bei den zuständigen "Trägern der Pflegekosten" um Vorschuss gebeten und darauf hingewiesen, dass die von ihr beschäftigten Pflegekräfte spätestens am Monatsanfang des Folgemonats (spätestens 3. Werktag) zu bezahlen seien. Nachdem sie mit der Bezahlung ihrer Pflegekräfte in Verzug gekommen sei, müsste auch die Antragsgegnerin (Ag) davon ausgehen, dass eine weitere Pflege der Ast ohne Ausbezahlung der Pflegekosten für Januar 2005 nicht sichergestellt werden könne. Sie bestehe auf der Einhaltung der vorläufigen Regelung vom 17.11.2004.

Die Ag beantragt, den Antrag abzulehnen.

Bei ihr sei bislang kein Antrag auf Vorschussleistungen nach § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) der Ast eingegangen. Zudem seien die Voraussetzungen für eine solche Vorschussleistung nicht gegeben. Sie habe die Ast nunmehr schon wiederholt darauf hingewiesen, dass für eine Kostenübernahme die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen vorliegen müssten, insbesondere Belege und Nachweise über den Einsatz und die Qualifikation von Helfern, über die geleisteten Pflegestunden, den Zeitraum der Krankenhausaufenthalte und die Entscheidung der Krankenkasse für das 3. und 4. Quartal.

Mit weiteren Schreiben vom 02.03.2005, vom 07.03.2005 und vom 16.03.2005 reichte die Ast Unterlagen nach.

Auf dem Erörterungstermin vor dem Sozialgericht München (SG) wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 18.04.2005 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der Antrag sei unzulässig, weil der Ast das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Sie habe die Möglichkeit, ihre Rechte außerprozessual durchzusetzen. Sie müsse dazu die von der Ast zur Verfügung gestellten Formblätter ordnungsgemäß ausfüllen und von den Helfern die tatsächlich geleisteten Helferstunden gegenzeichnen lassen. Die von ihr vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, an die Stelle der von der Ag geforderten Angaben zu treten. Darüberhinaus habe die Ast Pflegegeld und Krankenkassenleistungen für das 4. Quartal 2004 und für Januar 2005 bereits erhalten, so dass sie hieraus die Kosten für den Pflegebedarf im Januar 2005 abdecken könne.

Hiergegen wendet sich die Ast mit ihrer am 23.05.2005 beim SG eingegangenen Beschwerde. Die Ag verweigere mutwillig die Leistungen. Obwohl sie - die Ast - die Kostenübernahme für Pflegeleistungen ab 01.07.2004 wiederholt beantragt habe, wolle die Ag weder einen Bescheid erlassen noch die Pflegeleistungen bezahlen. Ohne Bezahlung der Pflegekräfte könne sie aber ihre Pflege nicht mehr sicherstellen.

Zudem beantragt die Ast die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Die Ag nimmt Bezug auf ihre bisherigen Ausführungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen und auf die Gerichtsakten im Verfahren Az: L 11 SO 1/05 Bezug genommen.

II.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde der Ast ist jedoch unbegründet, weil es das SG zu Recht abgelehnt hat, die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zur Übernahme der Pflegekosten für Januar 2005 zu verpflichten.

Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Ast ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl 2005, RdNr 643).

Eine solche Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass die Ast Angaben zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den sie ihr Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86 b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Abs 1 Zivilprozessordnung - ZPO -; Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 8.Auflage 2005, § 86b RdNr 41).).

Bei der hier erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (vgl BVerfGE vom 12.05.2005 Az: 1 BvR 569/05) zeigt sich, das der Ast schon kein Anordnungsgrund im oben genannte Sinn zur Seite steht.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens eines Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens, insbesondere also auch noch im Beschwerdeverfahren, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Soweit die Ast allein für den Zeitraum Januar 2005 die Übernahme der Pflegekosten im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes verlangt, sieht der Senat eine solche Eilbedürftigkeit nicht als gegeben.

Es entspricht zum einen der ständigen Rechtsprechung auch im Recht der Sozialhilfe, dass vorläufige Regelungen von Leistungsansprüchen, die abgelaufene Bewilligungszeiträume betreffen, regelmäßig nicht mehr nötig sind, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Der Ast ist es unbenommen, diesen allein auf Januar 2005 bezogenen Anspruch in einem Hauptsacheverfahren weiterzuverfolgen und die Fragen, welche Unterlagen sie nun endlich einreichen muss und kann, dort zu klären.

Dabei verkennt der Senat auch nicht den Einwand der Ast, sie müsse ihre Pflegekräfte bezahlen, weil diese sonst ihre Tätigkeiten nicht weiter fortsetzen würden. Dazu ist es aber nicht notwendig, die Pflegekosten für Januar 2005 zuzusprechen. Da die Ag wiederholt und überzeugend erklärt hat, dass sie einen Anspruch der Ast dem Grunde nach anerkennt (vgl. z.B. die ausführliche Stellungnahme der Ag vom 23.03.2005), ist der Senat der Auffassung, dass die Ast ihre gegenwärtige Pflege etwa dadurch sicherstellen kann, dass sie hinsichtlich des jeweils aktuellen Bewilligungszeitraumes Vorschüsse gemäß § 42 SGB I geltend macht. Leitet sie solche Vorschüsse unmittelbar an die Pflegekräfte weiter, besteht - jedenfalls aus derzeitiger Sicht - keine Gefahr für die Fortdauer der Pflegeleistungen. Der Behandlung streitiger Fragen zum Nachweis von Pflegeleistungen in der Vergangenheit bedarf es mithin nicht.

Der Ast fehlt es zudem an einem Anordnungsanspruch. Gleichgültig, ob sie für Januar 2005 nur vorläufige Leistungen nach § 42 SGB I oder die ihr vermeintlich zustehenden Leistungen nach dem SGB XII geltend machen will, kann sie die Bewilligung der Leistung regelmäßig erst dann mit Erfolg geltend machen, wenn sie die hierfür erforderlichen Angaben gegenüber der Ag gemacht hat. Sie hat damit ihrer Obliegenheit nachzukommen, der Ag gegenüber alle für die Entscheidung über einen Hilfeantrag erforderlichen Angaben zu machen (§ 60 Abs 1 Satz 1 Nr 1, § 66 SGB I).

Dem wiederholten Hinweis der Ag, dass die Ast bereits Vorschussleistungen gemäß § 42 SGB I bislang nicht, nicht hinreichend oder aber nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, ist diese im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht substanziiert entgegengetreten. Für eine Obliegenheitsverletzung der Ag ergeben sich derzeit noch keine Anhaltspunkte (siehe dazu BSGE 75, 56).

Die im Eilverfahren vorzunehmende umfassende Güter- und Folgenabwägung führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis, weil es der Ast unbenommen bleibt, durch Nachreichen der geforderten Angaben zeitnah die begehrte Hilfe zu erhalten.

Die Beschwerde kann nach alledem keinen Erfolg haben.

2. Der Antrag auf Bewilligung von PKH für dieses Beschwerdeverfahren ist abzulehnen.

Aus den oben unter Nr 1 angeführten Gründen ergibt sich, dass das Beschwerdeverfahren, für das die Ast PKH beantragt hat, von Anfang an keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 73a SGG iVm §§ 114 ff ZPO hatte.

Auf die Frage der Mutwilligkeit und der subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen für die PKH kommt es nach alledem ebenfalls nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Verfahren der PKH ist kostenfrei.

4. Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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