L 4 B 41/05 KR ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 29 KR 1822/04 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 B 41/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 17. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der 1936 geborene Antragsteller führt vor dem Sozialgericht München Az.: S 3 KR 1440/04 einen Rechtsstreit gegen die Antragsgegnerin wegen Beendigung der Pflichtmitgliedschaft. Der Antragsteller ist seit 04.11.1957 Mitglied der Beklagten und war bis 31.03.2002 unter anderem wegen Bezugs von Versorgungsbezügen nach seiner 1998 verstorbenen Ehefrau freiwillig versichert. Er ist beihilfeberechtigt. Seit 01.04.2002 ist er in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert, sein Wahlrecht, freiwillig versichert zu bleiben, hat er nicht ausgeübt. Nachdem er von der Beihilfeberechtigung erfahren hatte, hat er mit Schreiben vom 01.02.2004 die Mitgliedschaft bei der Antragsgegnerin gekündigt und sich privat krankenversichert. Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 15.09.2004 festgestellt, dass die Pflichtmitgliedschaft nicht durch Kündigung beendet ist. Im Laufe des Klageverfahrens beantragte der Antragsteller am 13.12.2004, ihn im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig von der Beitragspflicht zu befreien. Er sei seit 01.03.2004 privat versichert, es bedeute für ihn eine große Härte, bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren an beide Krankenkassen Beiträge leisten zu müssen.

Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 17.01.2005 abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 86b Abs.2 SGG lägen nicht vor. Es bestünden bereits Zweifel, ob eine gerichtliche Regelung überhaupt notwendig sei (Anordnungsgrund) weil vertragliche Zusatzvereinbarung mit der privaten Krankenversicherung etwa im Sinne des Ruhenlassens des Vertrages oder seine Kündigung denkbar seien. Es fehle jedoch auch an einem Anordnungsanspruch. Es bestünden entscheidende Zweifel daran, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren seinen Anspruch durchsetzen könne. Die Möglichkeit für die Beibehaltung einer freiwilligen Mitgliedschaft zu votieren, habe der Antragsteller nicht genutzt. Ein Herstellungsanspruch gegen die Antragsgegnerin liege wegen fehlender Beratungspflicht nicht vor. Erst aus der Kombination der fehlenden Kenntnis des Antragstellers über seine Beihilfeberechtigung und der dadurch nicht richtig eingeschätzten Bedeutung eines Votums für die freiwillige Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner sei die vorliegende Situtation entstanden. Über die Beihilfeberechtigung hätte aber der Dienstherr der Ehefrau Auskunft geben müssen. Eine Fehlberatung der Antragsgegnerin sei nicht ersichtlich. Als Pflichtmitglied steht dem Antragsteller nur ein Wechsel in eine andere gesetzliche Krankenkasse zu Gebote, keinesfalls aber zu einer privaten Krankenversicherung.

Hiergegen richtet sich die am 03.02.2005 beim Sozialgericht eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Er habe sein Wahlrecht nicht ausüben können, weil ihm die Antragsgegnerin seinerzeit mitgeteilt habe, die KVdR sei finanziell für ihn die günstigste Lösung. Er wäre niemals in die KVdR gegangen, hätte er von der Beihilfeberechtigung Kenntnis gehabt. Er verstehe nicht, dass einem normalen Bürger nicht das Recht eingeräumt werde, sich aufgrund seines gesundheitlichen Bewusstseins eigenverantwortlich da zu versichern, wo es für ihn am besten sei. Der Zwang, den nicht mehr Berufstätigen in eine Pflichtversicherung zu zwingen, habe nach seiner Auffassung mit Demokratie nicht viel gemein. Es sei ungerecht, in seinem Fall für ein Versicherungssystem zu entscheiden, ohne die private Eigenverantwortlichkeit zu berücksichtigen.

Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts München vom 17.01.2005 aufzuheben und ihn vorläufig von der Beitragspflicht zur Antragsgegnerin zu befreien.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der angefochtene Beschluss enthalte nach ihrer Auffassung eine zutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhalts.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist zulässig (§§ 172, 173, 174 SGG), sie erweist sich aber als unbegründet. Das Sozialgericht hat zutreffend abgelehnt, eine einstweilige Anordnung zu erlassen.

Gemäß § 86b Abs.2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Beide Arten einstweiliger Anordnung setzen einen Anordnungsanspruch - dies ist der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht - und einen Anordnungsgrund voraus, der insbesondere in der Eilbedürftikeit einer vorläufigen Regelung besteht. Beide Voraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs.2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs.2 ZPO). Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht ist. Nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist es nicht wahrscheinlich, dass die Pflichtmitgliedschaft des Antragstellers bei der Antragsgegnerin durch die mit Schreiben vom 01.02.2004 ausgesprochene Kündigung beendet wurde. Wann eine Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet, ist in § 190 SGB V abschließend geregelt. Die Voraussetzungen sind nicht gegeben. Ein Wahlrecht besteht nur zwischen gesetzlichen Krankenkassen, nicht jedoch zu einer privaten Krankenversicherung (§§ 173 f. SGB V). Dem Sozialgericht ist auch zuzustimmen, wenn es darlegt, dass die Beendigung der Mitgliedschaft auch nicht über einen Herstellungsanspruch erreicht werden kann, weil die Antragsgegnerin keine Beratungspflicht verletzt hat. Es entspricht dem Wesen einer Pflichtversicherung, dass sie nicht vom Willen des Versicherten abhängt. Da aus der Mitgliedschaft die Beitragpflicht folgt (§§ 249a, 250 Abs.1 SGB V), sind für den Antragsteller weiterhin, Beiträge zu bezahlen (§§ 255, 256 SGB V).

Da Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund kumuliert vorliegen müssen, ist nicht entscheidungserheblich, dass der Antragsteller durch die Beitragszahlung sowohl an die private Krankenkasse wie an die Antragsgegnerin finanziell belastet ist und ob ein Anordnungsgrund bestehen könnte.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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